Tumgik
mrsjscreativecorner · 3 years
Note
ngl Hanji and Erwin's friendship is so damn cute
YES! Notice in every official drawing of them together Hanji is talking Erwin’s ear off and Erwin just has this smile on his face like “yup! That’s Hanji for ya! That’s the Hanji I know...”
Case in point:
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And he just finds her endearing and she just smashes the hierarchy (still maintaining her respect for him ofc!) and talks to Erwin like a friend? And Erwin treats her as an equal and thinks the world of her? Ah! My heart!
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Cute. Perfect.
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mrsjscreativecorner · 3 years
Text
Wo Träume vergraben liegen: Chapter 6 - Im Schleier des Verdrängens
Masterlist
Die ältere Frau fiel hart vor meinen Füßen zu Boden, als ein fremder Mann ihr Brot aus den Händen riss und damit floh. Verzweifelt wehrte sie sich, aber als sie am Boden liegend erkannte, dass ihre Essen verloren war, fing sie bitterlich an zu weinen.
    Seit einem Jahr war dies das tägliche Bild von Trost. Ein Jahr war vergangen, seitdem sich die Menschheit wieder daran erinnert hatte, von den Titanen beherrscht zu werden. Ein Jahr lang war unser Bruder Gert schon tot.
    Ich hielt der Geflüchteten meine Hand hin, doch sie schlug sie kreischend weg. Dabei sah ich, dass sie viel jünger war, als ich zunächst dachte. Vermutlich hatte der Schrecken des letzten Jahres sie ergrauen lassen.
    Da ich nicht mehr als meine Hilfe anbieten konnte, ging ich meinen Weg zur Bibliothek weiter. Dabei ignorierte ich das schmerzhafte Magenknurren, denn für mich gab es an jenem Tag auch nur zwei Scheiben Brot.
    Meine Melancholie war schnell vergessen, als ich das Läuten der Glocken vernahm, die das Öffnen der Tore ankündigte. Mit einem deutlichen Gemütsaufschwung lief ich zur Hauptverkehrsstraße, wo ich die Rückkehr des Aufklärungstrupps erwartete. Und somit Elisas.
    Sie wusste gar nicht, wie unfassbar stolz ich auf sie war. Als Elisa sich damals dem Aufklärungstrupp anschloss, war ich ganz krank vor Sorge, denn ich dachte, dass ihr das gleiche Schicksal ereilen würde, wie unserem Vater. Doch sie war bereits als Rekrutin unheimlich talentiert und als ich einmal bei einer Trainingsübung zuschauen durfte, war jeder Zweifel vergessen. Aber ein kleiner Funken der Sorge war stets geblieben, wenn sie sich in das Land der Titanen begab.
    An jenem Tag dachte ich aber keine Sekunde daran, dass ihr etwas Ernstes zugestoßen sein konnte, denn sie hatte sich bei den Expeditionen noch nie schwer verletzt. Es wurde sogar in Erwägung gezogen, dass sie bald Teamleiterin werden könnte. Ich freute mich einfach darauf, gemeinsam den Abend mit ihr zu verbringen, wie wir es immer taten, wenn sie zurückkehrte.
    Endlich durchquerten die Aufklärer das Tor und ritten langsam die Straße an mir vorbei. Die Verluste waren wieder sehr groß. Der graue Schleier über den Augen der Soldaten verbarg das Grauen, was sie zum wiederholten Mal durchleben mussten. Über dieses kollektive Trauma verschwendete ich kaum Gedanken und die abfälligen Kommentare der Bewohner überhörte ich auch. Suchend hielt ich nach Elisa Ausschau, die sich gewiss unter den Heimkommenden befinden musste. Doch je länger die Zeit verstrich, desto nervöser wurde ich. Unter den Wenigen hätte ich sie doch schon längst entdeckt. Hatte ich sie etwa übersehen? Hat sie mich übersehen? Wen sie mich gesehen hätte, wäre sie doch längst zu mir gekommen.
    Erst spät bemerkte ich, wie eine Person vom Pferd stieg und auf mich zutrat. Eine Hand drückte meine Schulter. Ich dachte, dass es Elisa war, die mich endlich gefunden hatte, doch es war ihr Teamleiter Hanji Zoe mit einem finsteren Blick. Hinter ihm stand ein weiterer Soldat, der ein Bündel auf seinem Rücken geschnallt hatte.
    „Du bist Elisas Schwester Cosima, stimmt das?“ Ich nickte. Die tiefrote Farbe des unteren Endes des Bündels weckte meine Aufmerksamkeit, sodass ich an Hanji vorbei zum Soldaten schaute. Oder viel mehr auf Das, was er auf den Rücken geschnallt hatte. Ich schaute weiter hoch zum oberen Ende und durch die Tücher schaute ein blaues Band hervor. Bevor Hanji noch etwas sagen konnte, stolperte ich zum Soldaten und riss das Tuch runter. Während Elisas Haarband langsam zu Boden flatterte, schaute ich fassungslos in ihren grünen Augen, aus denen jegliches Leben erloschen waren. Ich ließ meinen Gehstock fallen und packte mit beiden Händen ihr Gesicht, als müsste ich sie nur wachrütteln. Der Soldat, der Elisa trug, ließ mich dabei stumm gewähren. Meine Atmung wurde immer hektischer, während ich ihr eiskaltes Gesicht aufwärmen versuchte.
    „Elisa, hab keine Angst. Ich werde dir wieder auf die Beine helfen.“, flüsterte ich heiser und tätschelte weiter ihre Wangen. „Ich werde für dich sorgen.“ Doch sie antwortete nicht. Ihre Gesichtszüge waren völlig erschlafft.
    Mein Blick wanderte an ihrem Körper herunter und dort, wo ihr Unterkörper sein sollte, hingen ihre Gedärme lose herunter.
    Mein Blutdruck stürzte mit einem Schlag ab und ich schaute wieder in Elisas Gesicht, das mir schmerzensverzerrt entgegnete. Elisa packte mich an meinen Schultern und schrie so laut, dass es mir das Herz zerriss: „Cosima, HILF MIR!“
Kerzengerade saß ich in meinem Bett, als ich aus diesem Albtraum erwachte. Seit der letzten Expedition suchten mich die Erinnerungen von jenem Tag regelmäßig heim. Ich ließ mich in das Kissen zurückfallen und umklammerte die Bettdecke.
    Die Expedition war katastrophal geendet. Insgesamt 26 Personen mussten mit ihren Leben bezahlen, damit Levis Team mich sicher zurückbringen konnte. Nanaba hatte später berichtet, dass zwei Rekruten desertiert waren, nachdem sie einen abnormalen Titanen erblickt hatten. Dies hatte dazu geführt, dass die Verteidigungslinie um das Waldstück gebrochen wurde und die Titanen ungehindert in das Gebiet eindringen konnten.
    Walter hätte also nicht sterben müssen, wenn diese Rekruten ihr Pflicht erfüllt hätten. Doch ich konnten ihnen nicht wirklich böse sein, denn schließlich waren sie noch Kinder gewesen, wie Walter selbst.
    Auch wenn ich es bereits wusste, sein Tod hatte mir wieder vor Augen geführt, welch qualvollen Tod Elisa erleiden musste. Diese Tatsache ließ sich nicht mehr verdrängen.
    An Schlaf war nicht mehr zu denken. Deshalb zog ich mich an und begab mich zu einer ganz bestimmten Person, von der ich wusste, dass sie in diesen frühen Morgenstunden ebenfalls nicht ruhte.
Im Keller flackerte stets das Licht in Hanjis Arbeitsräumen. Ich schaute vorsichtig rein und sah, wie erwartet, Moblit, der fleißig das schirre Chaos beseitigen wollte. Hanji selbst musste nach einer langen Nacht endlich schlafen gegangen.
    Moblit war ganz vertieft in seiner Arbeit, dass er mein Erscheinen gar nicht bemerkt. Deshalb klopfte ich vorsichtig am Türrahmen, um seine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Er hielt sofort in seinen Bewegungen inne und schaute mich freundlich an.
    „Frau Cosima, du bist ja früh auf. Gibt etwas, was ich für dich tun kann?“
    Vorsichtig trat ich in den Raum ein und staunte nicht schlecht, was für ein Chaos Hanji jeden Tag aufs Neue erzeugen konnte. „Nein, du tust schon mehr als genug. Ich will dich auch nicht lange von deiner Arbeit abhalten.“
    Mir war es ein wenig unangenehm Moblit darauf anzusprechen. Wie konnte ich es so lange vergessen haben, dass er derjenige war, der Elisas Leiche auf seinem Rücken zurückgebracht hatte? Schließlich hatte ich in meinem Schock und der daran anknüpfenden Hysterie ihm sehr grob ihr Körper von seinem Leib in meine Arme gerissen. Doch die letzten Tage hatten diese Erinnerung kristallklar an die Oberfläche befördert.
    „Ich habe mich nie dafür bedankt, dass du meine liebste Schwester wieder nach Hause gebracht hast. Es tut mir furchtbar leid, dass ich dich so lange vergessen habe, aber ich habe vieles von jenem Tag verdrängt. Dir gebührt mein tiefster Dank.“
    Moblit wurde mit einem Schlag ernst und legte langsam die Bücher ab, die er in den Armen hielt. Er lief um den Schreibtisch herum und blieb vor mir stehen. „Du brauchst dich nicht entschuldigen. Elisa war ein geschätztes Mitglied unserer Truppe. Für mich war sie eine Freundin. Daher war es mir sehr wichtig, sie wieder nach Hause zu bringen.“ Er schaute leicht zu Boden. Als er aber wieder zum Sprechen ansetzte, schaute er mir direkt in die Augen. „Du bist ihr sehr ähnlich und ich bin froh, dass ihre Erinnerung weiterlebt“, erklärte er weiter mit einem besonderen Blick auf Elisas Schleife in meinen Haaren. „Sie war eine besondere Person für mich.“
    Erst jetzt verstand ich, wie Moblit zu ihr stand. Ich drückte seine Schulter, bevor ich mich wieder zum Gehen wand. Moblit war in vielerlei Hinsichten ein Mann, der einfach vergessen wurde.
Das Gespräch mit Moblit hatte mir eine große Last von meinen Schultern genommen. Bis zum Dienstbeginn waren es aber noch mehrere Stunden. Daher entschloss ich mich, mir draußen ein wenig die Füße zu vertreten, um meinen Kopf etwas leerer zu bekommen. Glücklicherweise hatte sich auch wieder mein Klumpfuß von der Expedition erholt, sodass ich weitestgehend schmerzfrei meinen Weg antreten konnte.
    Der Winter war nun angebrochen. Es war eisigkalt und es konnte nicht mehr lange dauern, bis der erste Schnee fiel. Obwohl ich mich dick eingekleidet hatte, fror ich bis auf die Knochen. Doch diese Kälte war seltsamerweise angenehm belebend für mich.
    Ich verließ das Hauptquartier in Trost und begab ich mich in die Richtung der Mauer, die von Weitem gut erkennbar emporragte. Zwar befand ich mich auf der Hauptverkehrsstraße, aber diese war zu dieser Uhrzeit wie leer gefegt. Zumindest glaubte ich es, denn eine bekannte Stimme ließ mich bald aufhorchen. „Cosima, was machst du hier?“
    Ich drehte mich um und sah Erwin, der zu mir aufschloss. Seinen Ausdruck konnte ich wie so oft nicht richtig deuten. Daran hatte ich mich aber schon längst gewöhnt. „Ich mache einen Spaziergang. Wonach sieht es denn sonst aus?“
    Auf meine ungewöhnlich freche Frage meinte ich sogar ein leichtes Schmunzeln zu sehen, ehe er wieder seinen undurchschaubaren Ausdruck aufsetzte.
    „Ich kann es nicht empfehlen, um diese Uhrzeit alleine hier unterwegs zu sein.“
    „Nun, was machst du dann hier so kurz vor fünf?“, fragte ich stattdessen mit gehobenen Augenbrauen.
    „Ich beginne immer meinen Arbeitstag mit einem morgendlichen Spaziergang. Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich dich gerne begleiten.“
    „Natürlich“, meinte ich etwas verunsichert und ließ es zu, dass Erwin neben mir her lief.
    Eigentlich hatte ich darauf gehofft, auf meinem Spaziergang für mich alleine sein zu können. Erwin aber passte sich meinem Tempo an und zwang uns keine belanglose Gespräche auf, sodass ich seine Anwesenheit sogar als sehr angenehm empfand.
    Im Gegensatz zu mir, schien Erwin überhaupt nicht zu frieren. Als wir fast die Mauer erreicht hatten, ergriff er dann doch das Wort.
    „Ich habe deinen Bericht von der letzten Expedition gelesen. Die Erkenntnisse aus den Funden sind wirklich interessant. Ich habe daher beschlossen, dass du die Dokumente für die Forschung veröffentlichen darfst.“
    „Hast du wirklich alles gelesen?“, erwiderte ich erstaunt. Schließlich waren das über 300 Seiten, die ich geschrieben hatte.
    „Selbstverständlich. Es ist sehr schade, dass wir nicht die Möglichkeit haben, die Höhle genauer zu untersuchen.“
    Auf Erwins Bemerkung seufzte ich, denn er hatte Recht. Es gab noch viele ungelöste Fragen rund um den Kannibalenstamm, aber der Aufklärungstrupp hat kein Ermittlungsinteresse in diesem Fall mehr. Wenigstens konnte das Verschwinden von hunderten Personen aufgeklärt werden.
    „Konntest du dich von der Expedition erholen?“, fragte er nun und musterte mich dabei genau. Ich war überrascht, dass er sich nach meinem Wohlbefinden erkundigte, aber ich dachte mir dabei nichts.
    „Es geht mittlerweile wieder. Mein Bein hat mir für zwei Wochen das Leben zur Hölle gemacht, aber die Schmerzen haben wieder nachgelassen.“
    „Das bedauere ich sehr, Cosima“, sagte Erwin sehr ernst.
    „Ach, ich bin das gewohnt“, erwiderte ich beschwichtigend. „Außerdem komme ich jederzeit wieder mit, wenn ihr mich braucht.“
    Irgendwie verhielt sich Erwin anders als sonst, denn der sonst so selbstsichere Kommandant zögerte häufiger mit seinen Antworten.
    „Diesbezüglich habe ich mir auch Gedanken gemacht.“ Er hielt inne und zwang mich so zum Stehenbleiben. „Ich möchte dir von den neuen Rekruten zwei als deine neuen Assistenten anvertrauen. Du sollst sie nach besten Möglichkeiten ausbilden, damit sie auf den Expeditionen deine Aufgaben übernehmen können. So lässt es sich in Zukunft möglichst vermeiden, dass du uns begleiten muss und wir müssen keine zusätzliche Ressourcen aufwenden, um dich zu schützen.“
    Erwins Vorschlag kam unerwartet, daher schaute ich mit großen Augen zu ihm hoch. Ich fasste mich aber wieder schnell und antwortete: „Das klingt doch gut. Ich freue mich darauf, mit den Rekruten zusammenzuarbeiten. Gibt es schon welche, von denen du denkst, dass sie geeignet sein könnten?“
    „Ich bin mir noch nicht ganz sicher, weil ich dich bei der Entscheidung einbinden möchte. Es müssen auf jeden Fall Leute sein, die die nächsten Jahre überleben können.“
    Erwin merkte selbst, dass seine letzte Bemerkung die Atmosphäre eisiger machte, als sie es schon war, weshalb er mit einem Lächeln das Thema wechselte. „Lasst uns so früh am Morgen nicht so viel über die Arbeit reden. Cosima, du hast nie erzählt, wie du überhaupt Archäologin werden konntest. Welchen Weg musstest du dafür gehen?“
    Daraufhin musste ich kichern. Mittlerweile hatten wir die hohe Mauer erreicht, wo wir langsam entlang gingen. „Das ist eine lustige Geschichte. Nun, wo soll ich anfangen?“, überlegte ich laut. Dabei fuhr ich mit meiner freien Hand über das Gemäuer.
    „Da ich mich nach der Volksschule nicht für die Trainingsbrigade melden konnte, hat meine Mutter ihre alten Verbindungen aus Utopia genutzt, um mir eine Lehrstelle bei einer Putzmacherin zu besorgen. Jedenfalls habe ich mich dort sehr schnell gelangweilt, und es hat mich gestört, dass ich nicht mehr zur Schule gehen konnte. Deshalb habe ich eines Tages beim Rektor des ansässigen Gymnasiums gebettelt, dass ich den Unterricht besuchen durfte. Er wollte mich zuerst nicht aufnehmen, weil ich ein Mädchen war. Er bot mir aber an, als Reinigungskraft dort zu arbeiten, sodass ich doch die Erlaubnis bekam, dem Unterricht beizuwohnen. Die Bedingungen waren insgesamt sehr unfair, aber drei Jahre später schloss ich als Jahrgangsbeste die Maturität ab.“
    „Und was hat deine Mutter dazu gesagt, dass du die Lehre abgebrochen hast?“, fragte Erwin mich. Dabei merkte ich fast gar nicht, wie interessiert er mich anschaute.
    „In Shiganshina haben meine Eltern lange nicht bemerkt, was ich eigentlich in Utopia trieb. Es kam erst heraus, als meine Mutter meiner Lehrmeisterin persönlich schrieb. Da waren aber zwei Jahre schon vergangen. Mutter war ganz außer sich, und verweigerte sogar eine Zeit lang den Kontakt. Vater hat es nicht so eng gesehen.“
    Das Gehen wurde mir langsam zu anstrengend. Daher begab ich mich zu der nächsten Sitzgelegenheit. Erwin folgte mir und nahm neben mir Platz. Es war sternenklare Nacht, weshalb ich fasziniert gen Himmel starrte.
    „Mit der Maturität konnte ich schließlich Geschichtswissenschaften an der Universität studieren. Nach ein paar Jahren wollte ich das Studium schon abbrechen, weil die Geschichtslehre sich immer nur im Kreis drehte. Dann traf ich aber Dr. Schaefer, der diesen neuen Ansatz der Archäologie verfolgte.“
    „Hast du deshalb Kurse in Chemie und Biologie belegt?“
    „In der Tat. Wenn ich so zurückdenke, habe ich mich ziemlich gelangweilt.“ Erst ein paar Sekunden später fiel mir auf, dass Erwin von meinen alten Studien in diesen Wissenschaften nichts wissen konnte. Verwundert schaute ich zu ihm. „Woher weißt du davon? Ich hab davon nie erzählt.“
    „Ich weiß sehr viele Dinge über dich. Schließlich musste ich sichergehen, dass du keine Spionin bist.“ Bei jeder anderen Person wäre ich aufgebracht gewesen, aber Erwins stoische Ruhe besänftigte mich mehr, als ich wollte. Trotzdem fühlte ich mich etwas hintergangen, obwohl ich mir hätte denken können, dass man mich ausspionierte.
    „Du hast dich aber als unverdächtig erwiesen. Deshalb wirst du schon seit ein paar Monaten nicht mehr beschattet“, erklärte Erwin mit einem schmalen Lächeln.
    Die Kälte wurde mir doch langsam unangenehm, weshalb ich meinen Schal enger um mich schlang.
    „Warum fragst du mich dann überhaupt, wenn du eh schon alles weißt?“, erwiderte ich mit gekränkter Stimme.
    Daraufhin drehte Erwin sich mir zu und sein Lächeln zeichnete sich im Mond nun deutlicher ab. „Ich wollte die Geschichte aus deiner Perspektive hören. Außerdem war mir der Teil von der Putzmacherin auch neu.“
    Mit diesen Worten wurde es mir allmählich klar. Mein Herz machte einen Satz und glühende Hitze stieg in meinen Wangen auf. Ich war froh, dass Erwin in der Dunkelheit meine Röte nicht sehen konnte. Konnte es wirklich sein, dass er Gefühle für mich entwickelt hatte? Wie soll ich sonst seine übermäßige Neugier erklären? Mir war zwar selbst nicht entgangen, wie Erwin und ich uns in den letzten Monaten außergewöhnlich gut verstanden. Ich war sogar erstaunt, dass er mir die Geschichte seines Vaters anvertraut hatte, aber ich hatte es stets auf den Umstand geschoben, dass wir beide ungefähr das gleiche Alter besaßen, anders als der größte Rest des Aufklärungstrupps.
    Ich stand auf und lief weiter, um meiner Nervosität Luft zu machen. Erwin zögerte nicht und folgte mir sofort. Ich hätte gelogen, wenn ich gesagt hätte, dass ich Erwin nicht für attraktiv hielt. Aber ich hätte niemals mit den Gedanken gespielt, dass ein Verhältnis zwischen uns bestehen könnte.
    Ich schaute zu ihm hoch und sah sein Gesicht, das im Mondlicht gleichmäßig bestrahlt wurde. Sein kantiges Gesicht sah so weicher aus, als es eigentlich war. Das Blau seiner Augen harmonierte sehr gut im kühlen Licht der Sterne. Ich dachte, dass ich in das berechnete Gesicht eines Kommandanten schauen würde, aber ich sah nur einen Mann, der mit mir einen morgendlichen Spaziergang genoss. Geistig schüttelte ich den Kopf. Nein, nein, ich interpretierte zu viel in Erwins Worte hinein.
    „Ist alles in Ordnung bei dir?“, fragte er nun schließlich. Meine Anspannung ist ihm offensichtlich nicht entgangen. In seiner Stimme schwang ein leicht besorgter Unterton mit, den ich so noch gar nicht kannte.
    Ich wich seinem Blick aus, aus Angst er könnte herausfinden, was ich in dem Moment dachte. „Nichts, nichts.“, nuschelte ich leicht abwesend und versuchte meine Gedanken auf Anderes zu lenken. Es hatte aktuell keinen Zweck, mir darüber den Kopf zu zerbrechen. „Ich möchte den Weg zurück antreten. Sonst fange ich zu spät mit dem Dienst an“, meinte ich nun mit festerer Stimme, um der Situation irgendwie zu entkommen. Ich stampfte bereits los, da stoppte Erwin mich, indem er meinen Arm ergriff. Nun gab es keinen Zweifel mehr für mich.
    „Warte kurz, Cosima.“ Erwin ließ mich los und ich zwang mich, stehen zu bleiben und ihm in die Augen zu schauen. Ich hasste ihn nicht, noch war mir seine Anwesenheit unangenehm. Ganz im Gegenteil, denn ich verbrachte sehr gerne Zeit mit ihm. Doch hätte ich nie im Traum daran geglaubt, dass ausgerechnet der Kommandant tiefere Gefühle für mich empfinden könnte. Ich hatte die Befürchtung, dass das uns noch im Weg stehen könnte.
    „Bevor du gehst, wollte ich dir noch sagen, dass du mir alles anvertrauen kannst, was dich berührt. Ich bin beeindruckt, dass du dich kaum verändert hast, seitdem du beim Trupp bist, obwohl du mehr als genug mit dem Tod konfrontiert warst. Dennoch wird jeder in dieser Einheit früh oder später mit seinen schlimmsten Albträumen konfrontiert sein. Ich werde helfen, wo ich nur kann.“
    „Danke, Erwin. Das weiß ich zu schätzen. Du brauchst dir aber wegen mir nicht so viele Sorgen machen“, versuchte ich irgendwie geschickt aus der Situation zu kommen. Doch sein fester Blick hielt mich an Ort und Stelle fest.
    „Das ist doch meine Pflicht, mich um meine Kameraden zu sorgen.“ Bevor ich reagieren konnte, strich Erwin mit einer Hand über meine Haare bis sie schließlich warm auf meiner Wange verweilte. Meine Hand krallte sich am Gehstock fest und mit weit geöffneten Augen blickte ich zu ihm hoch, nicht wissend wie ich reagieren sollte.
    Ruhig erwiderte er meinen Blick, doch ruckartig nahm er die Hand von meinem Gesicht und wich ein paar Schritte zurück. Nun war er derjenige, der meinen Blick mied. „Verzeihung, das war nicht anständig von mir.“
    Peinlich berührt, blickte ich zu Boden und drehte mich schließlich um. „Ich sollte jetzt wirklich gehen“, antwortete ich kühl und ging. Meine schweren Schritte waren nun das Einzige, was durch die dunklen Straßen hallte.
Mit einem kurzen Blick nach hinten versicherte ich mir, dass Erwin mir nicht folgte. Denn nun benötigte ich wirklich Zeit für mich alleine, um meine Gedanken zu ordnen. Ich ging so schnell, wie es mir möglich war. Als könnte ich vor dieser unbequemen Situation wegrennen. Dabei gab es keinen Weg mehr, die Augen vor der Tatsache zu verschließen, dass in Erwin Gefühle aufgeflammt waren, mit denen ich niemals gerechnet hätte.
    Wütend schnaubte ich und mein kondensierter Atem vernebelte mir die Sicht. Er wusste doch selbst, dass dies nicht sein durfte. Schließlich war ich nur ein einfache Aufklärerin, die noch nicht mal durch militärisches Können in den Trupp gekommen war. Mein Wissen war der einzige Grund, warum ich mit ihnen zusammenarbeiten durfte und nun fühlte der Kommandant etwas, was unsere ganze Zusammenarbeit erschweren könnte.
    Enttäuscht schüttelte ich den Kopf. Das hätte ich nun wirklich nicht von Erwin erwartet und eigentlich dachte ich, dass er seine Emotionen besser unter Kontrolle hätte.
    Nun stellte sich bloß die Frage, wie ich eigentlich dazu stand. Hastig verwarf ich den Gedanken, bevor er in meinem Geiste reifen konnte. Nein, so durfte ich nicht denken. Es war gewiss, dass ich die Distanz wahren musste. Der Kommandant wird dies ganz sicher verstehen und die Berührung ein einzelner Fauxpas bleiben.
    Fast hatte ich die Hauptverkehrsstraße erreicht, um mit eiligen Schritten zum Hauptquartier zurückzukehren, da hörte ich aggressive Stimmen aus einem anliegenden Haus schallen. Ich stoppte in meinem Gang und sah ausgerechnet aus Frau Rosenbaums Haus Licht scheinen. Für den Moment war mein Ärger wie ausgelöscht und langsam näherte ich mich der Haustür, um dem Lärm auf den Grund zu gehen.
    Bevor ich etwas genaueres hören konnte, wurde die Tür harsch aufgerissen und Frau Rosenbaum schritt rückwärts und mit erhobenen Händen heraus.
    „Das ist unerhört was hier passiert. Mein ganzes Leben habe ich mir nichts zu Schulden kommen lassen, war eine vorbildliche Bürgerin, und nun werde ich mitten in der Nacht so überfallen“, rief sie empört aus.
    So hatte ich die ältere Dame noch nie erlebt. Auf das Gesicht der sonst so freundlichen Frau hat sich ein wutentbrannter Ausdruck gelegt. Das ergraute Haare war nur grob in einem Knoten zusammengefasst und einzelne Strähnen standen merkwürdig vom Kopf ab. Ein Schlafrock schützte sie nur dürftig vor der Kälte. Es schien, als würde sie regelrecht aus dem Bett gezogen worden sein.
    Das Zerbrechen von Porzellan klang aus dem Haus und Frau Rosenbaums Zornesfalte wurde immer tiefer. „Hören sie sofort auf!“
    Meine Anwesenheit hatte sie noch nicht bemerkt, weshalb ich vorsichtig meine Hand auf ihre Schulter legte. „Was geht hier vor?“
    Als sie mich sah, geschah etwas Unerwartetes. Frau Rosenbaum wich verärgert von mir zurück und verschränkte wütend die Arme.
    „Fräulein Schliemann, in was für ein Schlamassel haben sie mich gebracht?“
    Verwirrt schaute ich sie an. Wovon sprach sie? Bevor ich dem auf den Grund gehen konnte, traten  zwei Männer aus der Tür. Zuerst konnte ich die beiden Gestalten nicht richtig ausmachen, denn das Licht aus Frau Rosenbaums Haus warf dunkle Schatten auf ihren Gesichtern. Anhand ihrer Uniform hielt ich sie zunächst für Aufklärer, aber dann sah ich das Emblem eines grünen Pferdes an ihrer Lederjacke aufgenäht.
    Was hatte die Militärpolizei hier verloren?
    Der Erste hatte einen sehr markanten Schnauzer und während er uns herablassend musterte, aß er genüsslich Frau Rosenbaums teures Fleisch. Der Andere sah etwas professioneller aus, aber betrachtete uns nicht weniger hämisch.
    „Ihr Ferkel, seht zu, dass ihr aus meinem Haus herauskommt!“ Auch wenn Frau Rosenbaum bereits sehr alt war, plötzlich richtete sie sich auf und trat selbstsicher auf die beiden Militärpolizisten zu. „Was ihr tut, kann nicht rechtens sein.“
    „Gute Frau, wie oft sollen wir es noch erklären? Ihr Haus ist beschlagnahmt, weil es ein Beweisstück eines Verbrechens ist. Es besteht der Verdacht, dass in ihrem Keller terroristische Machenschaften zugange waren“, sprach nun der Erste, während er weiter von ihrem Rindfleisch aß.
    „Terroristische Machenschaften? Wenn das so ist, vernehmen sie gefälligst Fräulein Schliemann. Denn sie war in den letzten zwei Jahren die einzige Person, die in meinem Keller gearbeitet hat“, erklärte sie nun aufgebracht und deutete auf mich.
    Nun fügte sich langsam ein Bild zusammen, auch wenn ich es nicht so richtig glauben konnte. War die Militärpolizei wirklich für meine Ausgrabungen gekommen? Ich hatte niemals die Intention, Frau Rosenbaum mit meinen Arbeiten in Schwierigkeiten zu bringen.
    Die beiden Herren der Militärpolizei schauten sich überrascht an, denn mit meinem Erscheinen hatten sie offensichtlich nicht gerechnet. „Cosima Schliemann also.“ Der Erste beugte sich so weit vor, dass ich seinen fiesen Atem riechen konnte. „Sie wissen, dass Beschädigung der Mauer eine ernste Straftat ist?“
    „Das Haus steht zwanzig Meter von der Mauer entfernt. Ich wüsste nicht, wie meine Ausgrabungen im Haus einer alten Dame die Mauer beschädigen sollte.“, erwiderte ich schroff und wich keinen Zentimeter zurück.
    „Die Militärpolizei suchte bereits nach Ihnen. Da wir sie jetzt aufgefunden haben, können sie uns zur Zeugenvernehmung begleiten“, fügte der Zweite trocken hinzu.
    „Ich weiß nicht, ob ich sie einfach zur Zeugenvernehmung begleiten kann. Dafür müsste die Militärpolizei zuerst Rücksprache mit meinen Kommandanten halten.“ Unter keinen Umständen würde ich mich diesen beiden Männern anvertrauen. Erwins mahnende Worte klangen wieder in meinem Hinterkopf und ich hatte die Sorge, dass es nicht bei einer bloßen Zeugenvernehmung bleiben würde.
    „Kommandant?“, fragte der vor mir Stehende verdutzt und erblickte endlich das Emblem des Aufklärungstrupps an meiner Brust. Dann brach er in schallendem Gelächter aus. „Kein Wunder, dass der Aufklärungstrupp nichts erreicht, wenn Smith Krüppel anheuert.“
    Der Zweite ließ sich von seinem Lachen anstecken und während die Beiden abgelenkt schienen, nutzte Frau Rosenbaum den Moment, um sich den beiden zu nähern. „Schluss mit diesem Theater! Lassen sie mich gefälligst in das Haus zurück!“
    Der Erstere hörte abrupt auf zu lachen und versetzte Frau Rosenbaum einen Stoß, sodass sie zurück stolperte und zu Boden fiel. Die alte Dame stöhnte mit schmerzverzerrtem Gesicht auf und hielt die Hände vor dem Gesicht, gefasst weiter attackiert zu werden.
    Und von diesen Moment an sah ich rot.
    Der bärtige Militärpolizist wollte bereits zu einem Witz ansetzen, weil er offenbar das Bild einer verletzten alten Frau am Boden urkomisch fand. Doch so weit kam er nicht, denn ich holte mit meinem Gehstock aus und schlug ihm mit voller Wucht mehrere Zähne aus. Der Schlag sendete ihn sofort neben Frau Rosenbaum zu Boden, wo er mit einer Mischung aus Blut und Speichel die Straße beschmutzte.
    Frau Rosenbaum hatte sich dies ungläubig angeschaut. Bevor ich ihr aber aufhelfen konnte, schrie sie erschrocken auf. „Pass auf!“
    Der verbliebene Militärpolizist packte mich an den Schultern, und warf mich gegen die Hauswand. Der Aufprall presste meinen gesamten Atem aus den Lungenflügeln und bevor ich Luft schnappen konnte, griff er mit einer Hand nach meinem Hals und schnürte mir die Atemwege ab. Natürlich hätte ich damit rechnen müssen, dass mein Schlag unmittelbare Konsequenzen haben würde. Allerdings setzte in meiner rasenden Wut mein Verstand aus, weshalb ich diese völlig unberücksichtigt ließ.
    Ich krallte meine Fingernägel in seine Handgelenke hinein und obwohl es mir gelang, seine Haut vom Fleisch zu kratzen, ließ er nicht locker. Nur sein Griff am Hals vermochte es, mich auf den Beinen zu halten. „Erbärmlich. Sowas wie du darf sich Teil des Aufklärungstrupps nennen?“ Derweil kam aus meinem Mund nur ein unverständliches Keuchen und je länger er mir die Atemweg abdrückte, desto mehr verließen mich die Kräfte. Schwarze Punkte tanzten vor meinem Blickfeld und kündigten meine baldige Ohnmacht an.
    „Ist dir gar nicht bewusst, was du eigentlich anrichtest?“, fragte er mich nun aufgebracht. Die Bedeutung seiner Worte konnte ich schon gar nicht mehr ausmachen, so benommen war ich bereits von seinem Würgegriff.
    Plötzlich zog er die Hand abrupt zurück und hätte ich nicht die Wand an meinem Rücken gehabt, wäre ich geradewegs zu Boden gegangen. Schlagartig spürte ich zudem, wie das Blut in meinem Kopf zurückkehrte und mir das Denken wieder erleichterte.
    Während ich nach Luft schnappte, blickte ich auf und sah, dass Erwin neben dem Militärpolizist stand und seine Hand festhielt. Er hatte offensichtlich ein Nerv getroffen, denn die Hand, die mir zuvor noch fest die Luft abgedrückt hatte, zuckte nun empfindlich vor Schmerzen. Erwin ließ seine Hand los und der Militärpolizist trat mehrere Schritte zurück.
    „Kommandant Smith?“
    Erwins Augenbrauen zogen sich verärgert zusammen und sein kalter Blick fixiert nun den Militärpolizisten. „Name und Einheit!“
    „Hauptmann Djel Sannes und Oberleutnant Ralph Scherer. Erste innere Einheit der Militärpolizei.“ Auf Sannes Gesicht brach Schweiß aus, denn er wusste genau, dass er gegen Erwin nichts ausrichten konnte.
    Während Erwin ihn vernahm, schleppte ich mich vorsichtig zu Frau Rosenbaum, um ihr endlich aufzuhelfen. Ralph rappelte sich mittlerweile auch stöhnend auf.
     „Hauptmann, was haben sie hier zu suchen?“
    „Wir haben eine Durchsuchung gegen Anneliese Rosenbaum vollstreckt. Es besteht der Verdacht, dass ihr Haus Treffpunkt einer terroristischen Vereinigung war.“
    „Die Militärpolizei darf nur Verhaftungen und Durchsuchungen außerhalb von Mauer Sina durchführen, wenn es vom Kommandant des jeweiligen Militärbezirks genehmigt wurde. Es gab kein Ersuchen der Militärpolizei bezüglich Frau Rosenbaum. Folglich dürfen sie gar nicht hier sein.“
    „Nicht, wenn Gefahr in Vollzug ist!“
Daraufhin schaute Erwin zu Frau Rosenbaum, wie sie sich gerade an meinen Schultern abstützte, um nicht wieder umzufallen. „Hat ihr Kamerad deshalb eine alte Dame zu Boden geworfen? Und haben sie deshalb Leutnant Schliemann gewürgt?“
    Sannes biss sein Kiefer zusammen und bedachte Erwin mit einem verächtlichen Blick. „Sie haben ja noch nicht einmal ihre eigenen Leute im Griff. Sehen sie nicht, wie Schliemann Scherer zugerichtet hat?“
    „Das Eine macht das Andere nicht besser. Ich werde mit Kommandant Dok Kontakt aufnehmen und eine Übereinkunft für diesen Vorfall finden. Solange haben sie beide keine Erlaubnis, sich in Trost aufzuhalten. Abtreten!“
    Sannes wollte glatt noch etwas erwidern, aber Erwins Blick schien so vernichtend, dass er den blutenden Scherer packte und mit ihm verschwand.
    Frau Rosenbaum, ganz leichenblass, schaute ihnen lange hinterher, bis sie sich von mir löste und Erwins Hände ergriff. „Kommandant, ich weiß nicht, wie ich ihnen danken soll. Aber so sagen sie mir, wird die Militärpolizei wieder zurückkehren? Sie haben sich in meinem Heim wie Barbaren aufgeführt.“
    „Das kann ich noch nicht sagen. Wissen sie aber, wonach sie gesucht haben?“
    „Das ist meine Schuld, Erwin“, schaltete ich mich nun krächzend ein. Von der Attacke habe ich mich noch nicht ganz erholt. „Ich habe hier vor einiger Zeit Ausgrabungen durchgeführt. Als sie mich gesehen haben, wollten sie mich mitnehmen.“
    Er zog eine Augenbraue nach oben. „Verstehe“, sagte er nüchtern und wandte sich wieder Frau Rosenbaum zu, deren Hand er noch immer hielt. „Ich kann unverzüglich Kadetten zu ihnen schicken, die ihnen dabei helfen, das Chaos zu beseitigen.“
    „Danke, Kommandant. Das werde ich aber alleine bewerkstelligen können. Ich habe nur Angst, dass die Militärpolizei wiederkehren könnte.“
    „Sie dürfen sich jederzeit an den Aufklärungstrupp wenden und wir werden dann für sie da sein.“
    Ächzend hob ich meinen Gehstock auf und versicherte mir anschließend, dass Frau Rosenbaum unversehrt war. „Es war nie meine Absicht, sie in Gefahr zu bringen. Hätte ich gewusst, dass die Militärpolizei kommen würde, hätte ich niemals das Fundament ausgegraben. Es tut mir furchtbar leid.“
    Daraufhin ließ Frau Rosenbaum Erwins Hand los, um mir die Wange zu tätscheln. „Es ist schon gut, liebes Fräulein. Du bist wahrscheinlich auch nur ein Opfer des Systems.“
    Erwin und ich stellten noch sicher, dass die Dame sicher wieder in ihr Haus einkehrte, dann gingen wir gemeinsam zum Hauptquartier zurück. Aus dem Augenwinkel vernahm ich das Zuziehen der Gardinen in den benachbarten Häusern, deren Bewohner nach der Darbietung zurück ins Bett kehrten.
    Während Erwin auf dem Hinweg sehr darauf bedacht war, nicht zu schnell zu laufen, musste ich nun ziemlich spurten, damit ich mit ihm Schritt halten konnte. Wir schwiegen den gesamten Weg, bis wir das Hauptquartier endlich erreicht hatten. Im Innenhof blieb er vor mir stehen und schaute verärgert auf mich herab.
    „Ich will nicht noch einmal erleben, dass du dich eigenmächtig mit der Militärpolizei anlegst.“, maßregelte er mich mit kräftiger Stimme.
    „Was hätte ich tun sollen? Ich habe gesehen, wie sie Frau Rosenbaum bedrängt haben. Da konnte ich sie nicht alleine lassen“, antwortete ich zurück. Meine Stimme hatte bei Weitem noch nicht ihre ursprüngliche Stimmlage wiedergefunden.
    „Es wäre besser gewesen, dir Hilfe zu suchen. Jetzt hat die Militärpolizei ein handfestes Begehen, was sie dir anlasten können, auch wenn es vielleicht gerechtfertigt war.“
    Ich schnaubte erbost, musste aber dann Husten, weil meine Atemwege noch immer gereizt waren. Erwin ließ sich davon nicht beeindrucken.
    „Wir wissen jetzt sicher, dass die Militärpolizei wegen dir ermittelt. Es ist besser, wenn du dich die nächste Zeit nicht alleine außerhalb des Quartiers aufhältst.“
    „Erwin, das ist doch unsinnig für mich-“
    „Das ist ein Befehl.“, unterbrach er mich harsch und drehte sich daraufhin um, um in seine Räumlichkeiten zu gehen. Ich blieb im Schein der Fackeln überrumpelt stehen und versuchte aus seinem Verhalten schlau zu werden. Ich war so sehr mitgenommen, dass Frau Rosenbaum von der Militärpolizei überfallen wurde, dass ich ganz vergaß, dass ich mich selbst bereits in Gefahr befand.
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Wo Träume vergraben liegen: Chapter 5 - Ästhetik des Todes
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Je fester ich es mir vornahm, einzuschlafen, desto schwerer fiel es mir, überhaupt die Augen zu schließen. Irgendwann rasten die Gedanken so durch meinen Kopf, dass ich es irgendwann vollständig aufgab, Ruhe zu finden. Deshalb stand ich auf und zog mich fertig für den Tag an.
Es waren noch einige Stunden bis zum Sonnenaufgang und auf meiner Runde durch die Gänge des Quartiers begegnete ich nur sehr wenige Soldaten. Es war außergewöhnlich ruhig und nur meine unstetigen Schritte störten diese Stille. Allerdings glaubte ich keine Sekunde, dass alle anderen seelenruhig schlafen konnten.
Mein Weg führte mich langsam zum Aufenthaltsraum, wo ich mir die letzten Stunden vertreiben wollte. Obwohl ich hoffte, dass ich dort nicht allein sein werde, um mich dort mit jemanden unterhalten zu können, wollte ich wieder gehen, als ich Kapitän Levi als einzige Person in dem Raum sitzen sah. „Verzeihung, ich wollte nicht stören“, bemerkte ich leise und wollte schon wieder umdrehen.
„Hey, hau nicht ab. Du kannst dich ruhig zu mir setzen“, sagte er bestimmend und deutete auf den Platz neben sich. Er trank Tee und seine Beine lagen überschlagen, sodass er eine Ruhe ausstrahlte, die mir bei Weitem fehlte. Ich gesellte mich also zu ihm, schaute aber betreten zu Boden.
„Du kannst nicht schlafen“, stellte er nüchtern fest und ich nickte bestätigend. Anstatt aber eine bissige Bemerkung zu machen, holte er eine zweite Tasse und schüttete mir Tee ein. Vorsichtig nahm ich einen Schluck und prägte mir das Aroma des Schwarzen Tees ein. „Vielen Dank“, sagte ich und lächelte ein wenig über diese nette Geste.
„Du wirst aber heute unterwegs nicht durchdrehen, oder?“, fragte Levi drohend und musterte mich genau von oben bis unten. Erschrocken verschluckte ich mich fast am Tee. „Auf gar keinen Fall! So einfach würde ich euch doch nicht in Gefahr bringen wollen.“
„Du wärst nicht die Erste, und wir hatten schon oft Soldaten, die einfach desertiert sind. Ich werde dich jedenfalls den Titanen zum Fraß vorwerfen, wenn du dich nicht zusammenreißen solltest“, erklärte Levi stumpf, während er weiter den Tee genoss.
Seine Worte klangen furchteinflößend, aber es zeigte mir nochmal deutlich, dass ich den heutigen Tag nicht vermasseln durfte. Wir tranken gemeinsam schweigend den Tee und er konnte mich zumindest nicht allzu schlecht finden, wenn er mich sogar an seiner Seite duldete. Die Stille tat gut und so kam ich zu dem Schluss, dass er gar nicht so ein übler Zeitgenosse war, wie viele behaupteten.
Als sich am Himmel allmählich die Morgenröte ankündigte und sie den Raum purpur färbte, war dies für alle das Signal die letzten Vorbereitungen zu treffen. Levi und ich verabschiedeten uns wortlos und ich begab mich ein letztes Mal zu meinem Zimmer, um meine Utensilien für die Expedition abzuholen. Sorgsam überprüfte ich den Zustand des Grabungsbestecks, bevor ich die Ledertasche um die Schulter schwang. Daraufhin blieb mir nur noch der moosgrüne Umhang, der auf der Stuhllehne hing und auf mich wartete, angezogen zu werden. Etwas zögerlich nahm ich den Stoff an mich und betrachtete mir die zwei verschränkten Flügel des Aufklärungstrupps. Es war nicht das erste Mal, dass ich diesen Umhang trug, aber irgendwie fühlte es sich dieses Mal ganz anders an. Als würde ich das erste Mal richtig zu ihnen dazugehören.
Mit Schwung warf ich den Umhang über meine Schultern, fest entschlossen meine Pflicht zu erfüllen. Das Adrenalin wurde nach und nach durch meine Adern gepumpt und als ich zum restlichen Trupp auf der Hauptstraße Krolvas dazustoß, war jede Angst für den Augenblick verschwunden.
Fokussiert kontrollierte ich die Ausrüstung in den Planwagen und natürlich begrüßte mich noch Hanji überschwänglich, die sich in einer noch viel potenzierteren Hochstimmung befand als sonst. Und dann kam auch schon Eld zu mir und schickte mich auf mein Pferd Penelope zur Mitte der Aufstellung.
Ab da ging es plötzlich ganz schnell. Levis Team stellte sich rund um mich auf und ließen dabei keinen Raum offen, der mich ungeschützt gelassen hätte.
„Noch eine Minute!“, hörte ich Erwin von weit vorne rufen. Es war bemerkenswert, dass seine Stimme laut genug sein konnte, um die aberdutzenden Pferde zu übertönen, und doch nicht zitterte. Nun kam Levi mit seinem schwarzen Ross zu unserer Aufstellung und platzierte sich vor mir.
„Das Tor hebt sich in 30 Sekunden. Macht euch alle bereit!“ Die Glocken ertönten und spätestens jetzt saßen alle bereit auf ihren Pferden. Ich schaute rechts und links zum Team, was ich bisher vor Aufregung so wenig beachtet hatte. In ihren Augen sah ich die tiefe Entschlossenheit, ihre Aufgabe erfolgreich zu erfüllen, und ich war ihnen so dankbar dafür. Petra, die rechts von mir war, sah meinen Blick und obwohl sie stets konzentriert war, lächelte sie zuversichtlich zurück.
Die Räder des Tores wurden angetrieben und die eisernen Ketten spannten sich. Langsam bewegte sich das Tor nach oben und von den hölzernen Pfählen, die zuvor tief im Boden versenkt waren, bröckelte die Erde ab.
„Die 39. Expedition startet jetzt. Vorwärts!“, rief Erwin und ein Ruck ging durch den ganzen Trupp. Ich trieb Penelope an und immer schneller näherten wir uns dem Licht, das durch das öffnende Tor strahlte. Es geschah wirklich! Ich betrat nun das Reich der Titanen, was mir immer so unerreichbar schien.
Mittlerweile galoppierte ich dicht hinter Levi und kurz bevor wir das Tor passierten, schloss ich die Augen und hielt die Luft an, weil ich nicht wusste, was nun geschehen würde.
Wenn ich glaubte, dass mit dem Überschreiten der Mauer eine Zäsur in meinem Leben gemacht wurde, habe ich mich gewaltig geirrt, denn es passierte zunächst gar nichts. Ich öffnete die Augen, sah das gleiche Licht wie vorher und atmete auch die selbe Luft, und obwohl die heruntergekommenen Häuser, an denen ich vorbei sauste, das leidvolle Schicksal ihrer alten Bewohner erzählten, fühlte ich mich zunächst nicht anders.
Doch als wir nach kurzer Zeit unbeschadet die Stadt verließen und sich vor uns die weite Landschaft in seiner gesamten Schönheit öffnete, fühlte ich mich lebendiger als je zuvor. Als hätte ich mein Leben bis zu diesem Zeitpunkt nie richtig gelebt. Dieses Gefühl ließ sich nicht in Kategorien von positiv und negativ einteilen, denn es war viel mehr die Erkenntnis, was es bedeutete, Mensch zu sein: Die Unterworfenheit einer wunderschön, grausamen Welt, die wir begreifen wollten, aber nicht in Ansätzen verstanden.
Erst Erwins laute Stimme, ließ mich wieder die Soldaten rund um mich herum wahrnehmen. „Geht in die Fernaufklärungs-Formation! Los!“ Dynamisch fragmentierte sich der Trupp zu einem riesigen Kompass, der uns alle möglichst sicher an die Titanen vorbeiführen sollte.
„Bis nachher!“, verabschiedete sich Hanji beschwingt, bevor auch sie mit ihrem Pferd an Geschwindigkeit zu legte und uns vorausritt. Schon bald befanden wir uns sehr einsam im Zentrum der Formation.
„Hey Cosima, habe ich da etwa ein Funkeln in deinen Augen gesehen? Kann es sein, dass dir die Expedition gefällt?“, fragte Oluo mich neckisch, als etwas Ruhe eingekehrt war.
„Ich denke, es ist noch zu früh, sich ein Urteil zu bilden“, antwortete ich wahrheitsgemäß, musste dennoch auf seine spitze Bemerkung hin schief lächeln. Doch das Lächeln verging wieder schnell, als ich einen weit entfernten Knall hörte und von der rechten Flanke rote Rauchgeschosse aufsteigen sah. „Jetzt schon?“, fragte ich viel mehr mich selbst, als den anderen und starrte in den rot gefärbten Himmel.
„Kapitän, ich feuer schon ab“, rief Gunther zu Levi, der unbeirrt uns weiter anführte. Der laute Knall hinter mir, ließ mich zusammenzucken und auch über uns färbte sich der Himmel rot. Nur wenige Sekunden später wurde weit vor uns von Erwin eine grüne Rauchgranate abgefeuert, die sich südwestlich von der Gefahr im Nordwesten abwandte. Levi passte sofort den Kurs an und ich zog an Penelopes Zügeln, um ihm unverzüglich zu folgen.
„Wir müssen uns alle erst Sorgen machen, wenn wir für längere Zeit keine Rauchschwaden sehen“, rief mir Gunther nun zu, nachdem er ein grünes Geschoss in die selbe Richtung schickte. „Es zeigt, dass Erwins Strategie funktioniert.“
„Verstehe“, rief ich zurück und verließ mich auf seine Worte, weshalb ich dem Farbenspiel von Rot und Grün eine gewisse Eleganz abgewinnen konnte.
Dementsprechend dauert es, bis wir das bergige Land erreichten. Es kündigte sich schon lange mit seinen von Schnee bedeckten Spitzen an, doch die Titanen zwangen uns fast schon im Zickzack uns den steilen Bergen zu nähern. Letztendlich lief aber alles nach Plan.
Als der Vonousberg uns schließlich unausweichlich bevorstand und uns imposant überragte, wurde der nächste Schritt des Planes eingeleitet. Erwin schoss ein grünes Geschoss senkrecht in den Himmel, was uns das Zeichen gab stehen zu bleiben. Jedenfalls blieben wir, die Mitte, und der innere Zirkel stehen. Der äußerste Zirkel zog los, um das Gebiet rund um den Fundort zu sichern. Dies war der heikelste Teil, denn es verdammte uns an Ort und Stelle zu bleiben. Es galt als sicher, dass sich Titanen nähern werden. Dies war aber der sicherere Weg, als direkt zur Ausgrabung zu reiten.
Die Stimmung war zum Reißen gespannt. Zwar befanden sich um uns einige Bäume, sodass der Trupp es deutlich einfacher hatte, die Titanen zu erledigen. Trotzdem konnte die Existenz dieser Bäume nicht die unmittelbare Gefahr wettmachen.
Das Team hat sich um mich herum positioniert und ich merkte, dass selbst Levi hoch fokussiert die Umgebung beobachtete und dabei sein Schwert bereit hielt.
Dann geschah es und es wurde nicht sehr weit von uns ein schwarzes Rauchsignal abgefeuert. Ein Abnormaler. Ohne es zu merken, suchte ich Beruhigung in Penelopes Fell, das ich stetig kraulte. Doch auch das beruhigte mein Herz nicht, das schmerzhaft gegen meinen Brustkorb klopfte.
„Eld, wenn der Titan auftaucht, bringe Cosima drüben auf den Baum und bleibe dort bei ihr! So hoch kann kein Abnormaler springen“, befahl Levi und nickte zu einer Tanne links von uns.
„Jawohl.“
Automatisch zog ich meinen gesunden Fuß aus dem Bügel und ließ mit meinen Händen von Penelopes Fell ab. Eld kam mir nun auch näher, bereit mich sofort zu packen und aus der Gefahrensituation zu bringen. Ich biss mir auf die Lippe, um die beängstigende Anspannung zu kompensieren.
Ich war bereit in jeder Sekunden einen Titanen zu erblicken. Stattdessen hörte ich nur ein entferntes Rumsen, was den Boden leicht aufbeben und Krähen aufschrecken ließ. Petra atmete leise auf und auch Eld neben mir entspannte sich leicht.
„So klingt es, wenn ein Titan fällt“, erklärte Oluo mir leise, während das Team weiterhin konzentrierte die Umgebung bewachte.
Es folgten noch zwei rote Geschosse, aber nach zermürbenden Minuten war klar, dass keiner der Titanen an dem Zirkel um uns vorbeikam.
Niemand sagte noch etwas, bis Erwins grünes Geschoss am Himmel zu sehen war und uns aus unserer unvorteilhaften Lage befreite. Der Fundort war gesichert.
Levi spornte daraufhin sofort sein Pferd an und galoppierte los. „Vorwärts, lasst uns keine Zeit verlieren!“
Eine alter Handelsweg führte den Berg hoch, wo wir uns mit dem restlichen Teil des Trupps, der zurückgeblieben war, aufeinandertrafen. Keiner von ihnen ließ sich anmerken, dass sie so eben gegen Titanen gekämpft haben.
Glücklicherweise lag die Fundstelle nicht all zu weit hoch, denn wäre der Aufstieg doch beschwerlich geworden. So erreichten wir schnell und problemlos die Grabungsstätte und mit Erleichterung stellte ich fest, dass kein Schnee gefallen war, der uns die Ausgrabung unnötig erschwerte hätte. Auch war die Temperatur noch warm genug, dass wir nicht mit Bodenfrost rechnen mussten.
Hanjis Team war kurz vor uns eingetroffen. Sie machten sich bereits daran, an den von mir vorher angewiesenen Stellen den Boden frei zu schaufeln. Ich stieg vom Pferd ab und machte mir ein gutes Bild von der Umgebung, bevor ich mich auf die ersten Funde stürzte. Der Ort wurde von zwei Hängen eingekesselt, wobei der eine hoch und der andere runter führte. Bis auf den Pfad, der auch bereits bewuchert war, war der Boden von Gras und Moos bedeckt. Etwas weiter war das Gebiet bewaldet und ich konnte sehen, wie hoch in den Bäumen Soldaten Stellung bezogen.
Levi war sofort bei mir und schaute mir leicht angewidert zu, wie ich in die Hocke ging und Erde durch meine Hand rieseln ließ. Lehm also.
„Hey, da seid ihr ja endlich!“ Hanji kam mit strahlenden Augen auf uns zugerannt und schwang dabei mit einem, wohlgemerkt, spitzen Bohrstock, womit sie Bodenproben entnehmen wollte.
„Laufen die Untersuchungen an, wie wir es besprochen haben?“, fragte ich sie, während ich mich etwas schwerfällig aufrichtete.
„Ohne eine Komplikation“, erwiderte sie mir mit einem breitem Grinsen.
„Wo ist Erwin?“, fragte nun Levi mit üblich grimmiger Miene. Hinter uns positionierte sich das restliche Team, um im Ernstfall ebenfalls einzuschreiten.
„Er trifft noch einige Vorkehrungen im Wald dort drüben, aber er wird sicherlich noch hier auftauchen. Jetzt aber genug geschnattert. Cosima, ich will dich endlich zu den Leichen bringen.“ Hanji schaute mich mit großen, funkelnden Augen an und ich konnte meinen Enthusiasmus auch kaum noch für mich behalten.
Wie bereits geschildert wurde, war die Erddecke von einem Titan aufgerissen worden, dessen Überreste den Hang heruntergestürzt waren. Daher musste ich davon ausgehen, dass diese Funde bereits beschädigt waren. So musste ich darauf hoffen, dass die Kameraden noch weitere Knochen ausgraben werden, damit ich diese vergleichen konnte.
Ein normaler Mensch hätte den Anblick der zerkleinerten Knochen als schaurig empfunden. Ich hingegen fühlte nichts, als ich die Ansammlung der teils zersplitterten Knochen sah, auch wenn ich mir nicht vorstellen wollte, welch grausamen Tod diese Menschen erlitten hatten.
„Titanen besitzen kein Verdauungssystem, weshalb sie sich erbrechen müssen. Wenn die Leichen erbrochen werden, befinden sie sich in einer schleimigen Substanz, die aber mit den Körpern verwest. Je weniger Menschen auf einmal erbrochen werden, desto weniger dieser klebrigen Substanzen wird ausgespuckt. Ich konnte jedenfalls keine Überreste davon entdecken“, erklärte Hanji mir knapp, bevor sie sich zum Gehen wandte.
„Danke dir. Ich werde dich holen, falls ich derartiges entdecken sollte“, bedankte ich mich bei ihr, ehe ich mich auf den Boden legte, um die Knochen genauer zu begutachten. Direkt bei mir standen nur Levi und Walter, eine junger Rekrut, der von Hanji zu mir abgeordnet wurde, um mir tatkräftig zu assistieren.
An der ersten von vier Fundstellen, befanden sich die Überreste von zwei Personen. Da die Knochen, so ineinander verstreut waren, konnte ich vor Ort die Überbleibsel nicht den einzelnen Personen zuordnen. Da die Anordnung der Knochen eh zerstört war, nahm ich einen Oberschenkelknochen in die Hand und pinselte diesen behutsam ab. Es zeichneten sich längliche Einkerbungen ab, die dort normalerweise nichts zu suchen hatten.
Ich hielt den Knochen zu Walter, den er sofort an sich nahm. „Als Fundstück für den Transport sichern und mit '1.1 linker Oberschenkelknochen' beschriften.“
Walter verschwand zügig mit dem Knochen und ich begutachtete mir nun das, was sich grob als Kleidung identifizieren lassen konnte. Derweil trat Levi näher an mich heran, der konzentriert die Umgebung beobachtete.
„Was meinst du, wie lange du hier brauchst?“, fragte er mich forsch. Mit Blicken alleine kommuniziert er mit dem Team, was etwas weiter um uns herum stand.
„Das kann ich noch nicht sagen. Wir sind gerade eine halbe Stunde hier.“ Ich legte die Überreste eines Hemdes für Walter auf Seite, damit er sie für den Abtransport verpacken konnte. Dabei schaute ich zu ihm hoch. „Gibt es Probleme?“
Levis Blick war ernst, ernster als bisher. Als würde er eine unmittelbare Gefahr wahrnehmen. Als er dann zu mir runterschaute, sagte er aber stattdessen: „Ich kann es einfach nicht ertragen, einer Person zuzuschauen, die sich freiwillig im Dreck wälzt.“
Ich verdrehte die Augen und arbeitete weiter, auch wenn ich glaubte, dass Levi doch etwas verbarg. Dachte er, dass die Zeit nicht reichen wird, bevor Titanen zu uns vordringen werden? Ich klammerte diese Fragen aus, um mich voll und ganz auf die Knochen zu konzentrieren. Ich betrachtete mir ein Teil eines zersplitterten Knochens unter einer Lupe und stellte fest, dass das Knochenmark komplett verschwunden war.
Wie war dies möglich? Selbst nach einem langen Verwesungsprozess müsste noch das Knochenmark vorhanden sein. Außerdem war da noch eine zweite Sache, die ich überaus verdächtig fand: Wo waren die Köpfe der Leichen?
Ich rappelte mich schon wieder auf, um bei der nächsten Fundstelle nach Indizien zu suchen, da ließ Hanjis lautes Jubeln uns aufhorchen. „Cosima, schau, was wir hier gefunden haben!“
Mit Levi im Schlepptau humpelte ich zu ihr, wie sie freudestrahlend mit einer Schaufel winkte. Ich war erstaunt, wie schnell die Soldaten ein so großes Loch im Boden ausheben konnten, auch wenn es nicht besonders verwunderlich war. Sie waren schließlich darauf trainiert, in kürzester Zeit einen derartigen Kraftakt zu vollführen.
Als ich schließlich bei ihr war und in dieses Erdloch hinunterblickte, hatte ich Hanji zum ersten Mal für wahrhaftig verrückt gehalten, denn selbst mir wurde ganz unwohl im Magen. Weitere Überreste von Menschen wurden sukzessiv von den Rekruten ausgegraben, doch dieses Mal war es die schiere Menge der Knochen, die mich entsetzte. Das mussten die Überreste von mindestens zehn Personen sein.
„Vierauge, wie kannst du nur so fröhlich sein?“, fragte Levi, der genauso fassungslos, wie ich schien.
Verwundert blickte sie zu uns, als würde Hanji seine Frage überhaupt nicht verstehen. „Hilft das nicht Cosima bei ihrer Arbeit?“
„In der Tat“, antwortete ich nüchtern darauf und warf meinen Gehstock zu Boden, um vorsichtig in das Loch zu rutschen.
„Hey, tu dir nicht weh!“, maßregelte Levi mich und packte mich dabei grob am Arm, sodass ich etwas sanfter wieder auf die Füße kam.
„So unbeholfen bin ich nicht“, erwiderte ich dezidiert, aber souverän und ging in die Knie, um meine Arbeit fortzuführen.
Leichtfüßig sprang Levi das kleine Stück runter, sichtlich genervt mit mir in dieser dreckigen Grube ausharren zu müssen. „Meine Aufgabe ist es, jeden Kratzer von dir abzuwenden. Glaub ja nicht, dass ich zurück in Rose deine Leibgarde spielen werde.“
Ich verdrehte leicht die Augen und fokussierte mich wieder ganz auf die Knochen vor mir. Endlich sah ich etwas, was uns der Wahrheit näher bringen sollte. Ich wickelte ein Tuch, was ich genau für diese Fälle immer dabei hatte um Mund und Nase und räumte die oberen Knochenstücke auf Seite. Dann hob ich aus dem Meer der Verstorbenen einen Kopf heraus. Anders als die restlichen Knochen, war der Verwesungsprozess gestoppt, sodass noch recht gut die Gesichtszüge der Person zu erkennen waren. Die Haut war ocker verfärbt und Augen- und Nasenhöhlen eingefallen. Zudem hing noch braunes Haar an der Kopfhaut.
Während ich mir den Schädel anschaute, konnte ich den Ekel der Rekruten hören, die daraufhin angeregt tuschelten. Auch Levi hielt sich einen Taschentuch vor den Mund und Hanji war euphorisch, wie eh und je. „Sehen so etwa Mumien aus?“
„Nein, das ist eine Wachsleiche“, antwortete ich. „Der Lehmboden verhindert den Verwesungsprozess der Leiche. Die Frage ist nur, warum bis auf den Kopf hier trotzdem alles verwest ist.“
Das machte für mich nur noch schwerer, einen Todeszeitpunkt zu ermitteln. Ich klappte vorsichtig den Mund auf, um mir die Zähne anzuschauen. Bis auf zwei Backenzähnen, die fehlten, waren sie in einem erstaunlich guten Zustand.
Offenbar konnte jemand diesen Anblick nicht ertragen, denn etwas weiter war das Würgen und Brechen eines Kameraden zu hören. Ich verstand es nicht ganz. Waren sie nicht normalerweise schlimmeres gewohnt?
„Wie sieht die Lage hier aus?“ Levi und ich schauten uns beide um und sahen hoch oben Erwin neben Hanji stehen. Sein Gesicht sah ruhig und beherrscht aus und wenn er Erstaunen oder Entsetzen über diesen Berg an Leichen fühlte, ließ er es sich nicht anmerken. „Das hier ist neu.“
„Ich konnte schon wichtige Informationen sammeln, aber ich kann noch nicht sagen, ob es Menschen oder andere Wesen waren. Allein die Masse der Knochen lassen einen Tod durch menschliche Hand unglaublich wirken. Allerdings bin ich auf einige Ungereimtheiten gestoßen“, erklärte ich und deutete auf den Schädel, den ich einem überforderten Walter in Obhut gab.
„Wie sieht die Lage an der Verteidigungslinie aus?“, fragte nun Levi energisch, bevor Erwin auf mich reagieren konnte.
„Drei Kameraden sind bei der Verteidigung gestorben. Die Soldaten sitzen jetzt aber sicher in den Bäumen und ködern die Titanen, damit die nicht in das Innere des Zirkels laufen. Es läuft also alles nach Plan“, erklärte er ohne Emotion und richtete wieder seinen Blick auf mich. Dabei ging er in die Hocke, sodass sein Angesicht doch nicht so fern schien. „Bei der Säuberung haben wir eine Höhle entdeckt mit menschlichen Überbleibsel. Wir wissen nicht, ob sie im Zusammenhang mit den Leichen hier stehen, aber vermutlich musst du dir das anschauen.“
„Auf jeden Fall, muss ich dorthin!“ Ich richtete mich auf und riss das Tuch von meinem Gesicht ab. Bevor ich aus dem Loch klettern konnte, stoppte mich Levi, indem er mich wieder am Arm packte. „Nicht so schnell. Wenn Titanen den Zirkel durchbrechen, sind wir in der Höhle gefangen und dann kann selbst ich nichts mehr ausrichten. Das ist zu riskant, wenn Cosima heute überleben soll.“
„Das Risiko ist nicht höher als in Phase 2, während ihr vor dem Gebirge ausharren musstet. Daher soll Cosima die Höhle betreten, wenn sie es für notwendig hält.“ Erwin hielt mir daraufhin seine Hand hin. Ich ergriff sie und ohne zu zögern, half er mir aus der Grube raus. Somit hat er das letzte Wort in der Diskussion gehabt und Levi blieb nicht anderes übrig, als grimmig dreinzuschauen.
Die Höhle war etwa fünf Minuten mit dem Pferd zu erreichen. Sie lag tief im Wald und die schwarze Dunkelheit, die der Höhleneingang aussendete, war wenig einladend. Dichtes Moos wucherte an den Wänden und vom Gestein tropfte es. Eld, Gunther und Petra positionierten sich draußen auf zwei Fichten. Levi, Oluo und Walter begleiteten mich.
Normalerweise würde ich mich nicht so leichtfertig in eine Höhle hineinbegeben, weil loses Geröll eine tödliche Gefahr bergen können. Bei dieser einmaligen Chancen durfte ich aber nicht hadern.
Walter lief voraus und hielt eine Öllampe in der Hand, um den Raum um uns zu erleuchten. Er fühlte sich offensichtlich nicht wohl in dieser Situation und auch mir wurde es nach und nach klaustrophobisch. Als der Eingang wie ein kleines Schlüsselloch einer Tür durchschien, erreichten wir endlich das Ende des Höhlenganges. Ich nahm Walter die Öllampe ab und versuchte mit dem wenigen Licht etwas zu erkennen.
Meine Augen blieben an Einmeißelungen rechts und links von mir hängen. Es sahen wir Darstellungen von Tieren aus. Ich gab Walter meinen Notizbuch, damit er diese dokumentieren konnte. Während er damit beschäftigt war, schaute ich mir die verschiedenen Habseligkeiten an, die auf dem steinigen Boden verstreut lagen. Die Menschen, die an diesem Ort gelebt hatten, konnten kaum freiwillig gegangen sein, denn niemand würde sein Heim, selbst sein einfaches Lager so chaotisch hinterlassen. Tief im Inneren der Höhle war die Luftfeuchtigkeit deutlich geringer, sodass die Gegenstände hier noch sehr gut erhalten waren. Decken aus Wolle lagen verteilt auf dem Boden, Ringe wiesen auf kleine Feuerstellen hin und sogar Holzspielzeug fand ich vor. Das alleine deutete auf eine Kultur hin, die mir nie zuvor unter die Augen gekommen war. Wer waren diese Menschen? Es war fast schon eine Schande, diesen Ort vermutlich für immer verlassen zu müssen, denn er barg einige diskursverändernde Erkenntnisse. Doch ich musste mich auf das Wesentliche konzentrieren.
Fast wollte ich diese Menschengruppe als einen primitiven Stamm klassifizieren, da fand ich etwas weiter eine große Ansammlung von Messern, Beilen und Äxten. Hatten diese Menschen etwa doch die Möglichkeit zur Eisenproduktion? Walter gab mir meinen Notizbuch zurück und machte sich auf, Gegenstände für den Transport zu verpacken. Einige der Töpfe und Kübel bestanden auch aus Metall, andere wiederum aus Stein.
Ich verstand es nicht. Konnten es vielleicht Rekruten der Rückeroberung von Mauer Maria von vor zwei Jahren gewesen sein? Das war aber nicht möglich, dafür waren die Hinterlassenschaften einfach zu alt. Meine Gedanken rasten und ich wusste nicht, wie diese Menschen in Zusammenhang mit den Leichenfunden standen. Sind diese Menschen vielleicht Titanen zu Opfern gefallen? Sind die Menschen, die in den Gruben ihr Ende gefunden haben, vielleicht die alten Bewohner dieser Höhle?
Meine Gedanken rasten und noch immer hatte ich keine zufriedenstellende Antwort gefunden. Erst Walters zitternde Stimme ließ mich aufhorchen. „Frau- Frau Cosima, schauen sie sich mal das an.“ Er wies auf eine kleine Holzkiste, von der er den Deckel abgenommen hatte. Ich sah darin etwas im Schein der Lampe funkeln, und als ich reinguckte, erblickte ich einen Haufen Gold und Zähne. Zahngold.
Und plötzlich war alles klar. Die Puzzleteile haben sich zu einem vollständigen Bild zusammengefügt und es bestand keine Zweifel mehr. „Es waren Menschen.“
Levi und Oluo, die bisher teilnahmslos dastanden, schauten nun fragend zu mir. „Wie bitte?“
„Es waren Menschen. Menschen haben all diese Menschen umgebracht.“
„Bist du dir sicher? Wie sollen das Menschen bewerkstelligen können?“, fragte Levi monoton mit großen Augen.
„Es waren eine Gruppe von Kannibalen, vielleicht ein Stamm, der sie getötet hat. Die Opfer sind ihnen über einem längeren Zeitraum zu Opfer gefallen und ich befürchte, dass da noch viel mehr Leichen draußen vergraben liegen. Details erkläre ich später, wenn wir wieder in Krolva sind. Walter, sicher die Kiste und einige der Messer und dann lasst uns gehen. Das hier ist nicht das Feld des Aufklärungstrupps.“
Oluo und Walter schauten mich verblüfft an und auch Levi schien überrascht davon. Schnell fasste er sich wieder und schnauzte Walter neben mir an: „Du hast sie gehört. Beweg deinen Arsch, damit wir verschwinden können!“
„Ja, Si- Si- Sir“, stotterte Walter und machte sich an die Arbeit. Nachdenklich schweiften meine Augen über das Kinderspielzeug und hatte das Gefühl, auf die Abgründe menschlicher Existenz getroffen zu sein. Ich erinnerte mich an alte Beschreibungen von einem Stamm, das vor 80 Jahren hier in dieser Bergregion gelebt hatte. Es hieß, dass sie sich geweigert hätten, mit der Außenwelt zu kommunizieren, bis sie von Truppen der Militärpolizei vertrieben worden waren, damit das Gebiet für die Forstwirtschaft erschlossen werden konnte. Die Dokumente dazu waren rar gesät und niemals hätte ich erwartet, dass dieser Stamm dafür verantwortlich sein könnte.
Die großen Mengen an Zahngold waren der eindeutige Hinweis, dass sie aus den Kiefern der Opfer gezogen wurden. Vielleicht war das auch der Grund, warum dem Leichenkopf an der Grabungsstätte Zähne fehlten. Dies war der ausschlaggebende Beweis, dass die Bewohner dieser Höhle in Morden verstrickt waren. Zudem mussten sie sich an den Habseligkeiten ihrer Opfer bedient haben. Anders konnten sie nicht über Metallwerkzeug verfügt haben.
Die Leichen bargen die grausamen Praktiken dieses Stammes. Die ganzen Einkerbungen an den Knochen zeigten, wie das Fleisch vom Knochen abgeschabt wurde. Es lässt sich nur hoffen, dass die Menschen bereits tot waren. Dies geht mit dem unterschiedlichen Verwesungsstadium mit dem Kopf einher, was vermutlich abgetrennt wurde, wie bei einem Fisch, bevor dieser gekocht wurde. Wieso waren dann einige Knochen zersplittert? Hier vermutete ich, dass sie zerkleinert wurden, damit sie für eine Brühe ausgekocht werden konnten. Dies würde zumindest erklären, warum ich kein Knochenmark ausmachen konnte.
Erst nach und nach wurde mir die Bedeutung dieser grauenhaften Taten bewusst und ich war mir nicht mehr sicher, ob ich so erleichtert sein konnte, dass nun doch nicht Titanen dahintersteckten, sondern Menschen. Ich fühlte mich schon fast in meinem Menschsein abgestoßen.
Glücklicherweise hat Walter schnell seine Aufgaben erledigt und die Funde auf seinem Rücken verpackt, sodass wir uns zum Ausgang aufmachten und diesen fürchterlichen Ort hinter uns lassen konnten. Der junge Kadett nahm mir wieder die Öllampe ab und lief uns voraus. Ich folgte ihm direkt mit Levi und Oluo in meinem Rücken. Walter war offensichtlich erleichtert, dass wir nun bald den Heimweg zurück in die Mauern antreten konnten, denn nun sprach er etwas losgelöster.
„Immerhin sind Titanen doch nicht so schlau und übergeben sich nicht in Mustern.“ Sein Lachen klang zwanghaft und ich spürte Levis Blick im Nacken, der verhieß, dass er einfach die Klappe halten sollte.
„Leider konnten wir heute nichts über Titanen herausfinden“, gab ich wahrheitsgemäß zu.
„Gemessen an all den anderen Mission, waren wir heute sehr erfolgreich. Insbesondere unsere Verluste waren bis jetzt sehr gering.“, wand Oluo belustigt ein.
„Bis jetzt. Wir müssen noch den Heimweg antreten“, fügte Levi nüchtern hinzu, worauf es still wurde.
Der Höhleneingang kam näher und nun war es hell genug, damit Walter die Lampe abstellen konnte.
„Du hast heute sehr sauber gearbeitet und hast mir damit sehr bei meiner Arbeit geholfen, Walter. Das werde ich im Abschlussbericht vermerken“, lobte ich aufrichtig den jungen Mann, der daraufhin zurückschaute und mich glücklich anlächelte.
„Danke, Frau Cosima. Sobald wir wieder zurück sind, werde ich meiner Mutter schreiben und hiervon erzählen. So schlimm wie es ist, sie liest in ihrer Freizeit gerne Kriminalromane“, begann er nun zu plaudern.
Als Erster trat er in das helle Licht. „Wenn sie hiervon wüsste, wäre sie hin und weg.“ Das schiefe Lächeln konnte ich nur erahnen, da er den Rücken zu mir gekehrt hatte.
Eine Hand reichte vom Himmel herab und hob Walter von seinen Füßen hoch. Meine Augen folgten ihm 10, 15 Meter hoch zu einem riesigen Menschen, dessen Gesicht schmerzhaft grinsend auf Walter herabstarrte. Nur, dass er kein Mensch war, aber das verstand ich noch nicht. Der Titan hat Walter in seiner Hand so gedreht, dass er auf mich hinabschauen konnte. Er lächelte immer noch, aber aus seinen Augen sprach das blanke Entsetzen. „Mutter, hilf mir!“, rief er mir zu und schaute mich flehend an.
Es war ganz still, selbst kein Vogelzwitschern konnte ich vernehmen. Walter hatte mich fest im Blick, als der Titan seinen Kopf zwischen seinen Zähnen führte. Ein unverkennbares Splittern schallte durch den Wald und roter Sturzregen bedeckte mich von Kopf bis Fuß.
Als Walter von diesem Titanen zerbissen wurde und sein Blut über den Kinn des Titanen auf mich herabtropfte, konnte ich nur darüber nachdenken, wie schade es doch war, dass wir uns in einem Nadelwald befanden. Denn das Rot von Walters Blut würde wunderschön mit den Farben des Herbstlaubes harmonieren. Nichts anderes befand sich in meinem Verstand. Nur die absolute Schönheit der Farbe Rot.
All dies musste innerhalb weniger Sekunden geschehen sein, denn Levi riss mich an meiner Schulter zurück, sodass mir Gehstock und Notizbuch aus der Hand glitten und ich rücklings in Oluos Armen fiel. Levis Hacken versenkten sich in die Beinen des Titanen und mit einer geschmeidigen Bewegung zerschnitt er ihm die Fußgelenke, sodass dieser wie ein Baum umfiel.
Als der Titan am Boden lag und Levi ihm endgültig den Garaus machte, nutzte Oluo die Gelegenheit und flüchtete mit mir in eine nahegelegene Kiefer. Der scharfe Zugwind, die durch starke Beschleunigung des 3DMAs verursacht wurde, brachte mich allmählich in das Hier und Jetzt zurück und oben auf den Ast angekommen, realisierte ich allmählich, was überhaupt passiert war. Eiskalter Schweiß brach auf meiner Stirn aus und ein stummer Schrei des blanken Horrors bildete sich auf meinem Gesicht. Hätte Oluo mich nicht fest im Griff gehabt, wäre ich geradewegs den Baum runtergestürzt.
„Verdammt nochmal, wo sind die Anderen?“, fragte Oluo wütend und hielt nach Eld, Petra und Gunther Ausschau. Derweil zwang ich mich meine Atmung zu kontrollieren und einen kühlen Kopf zu bewahren. Es war jetzt ganz wichtig, dass ich mich beruhigte und alles tue, was das Team mir sagte.
Mein Blick, der zuvor zitternd auf meinen blutüberströmten Händen lag, richtete sich nun auch in den Wald hinaus. Ich bereute es sofort, denn um uns schritten mehrere haushohe Titanen, nackte Kreaturen, deren Gesichter zu grotesken Fratzen verzogen waren. Die unzähligen Schilderungen von Titanen klangen grausig genug, aber sie in echt zu sehen, übertraf sie alle.
Oluo wandte sich nun in südliche Richtung und rief: „Da seid ihr ja!“ Und auch ich sah, wie das restliche Team sich zwischen den Titanen zu uns hangelte. Levi sprang ebenfalls auf einen benachbarten Ast und wischte von seiner Wange das dampfende Titanenblut ab. „Könnt ihr mir erklären, wie zur Hölle Titanen hier her kommen konnten?“
„Wir wurden selbst von den Titanen überrascht. Wir haben drei getötet, aber einer ist uns durchgekommen“, sprach Petra als Erstes mit ernster Miene.
„Wir wissen selbst auch nicht, was passiert ist. Vermutlich wurde an der südwestlichen Flanke der Verteidigungszirkel durchbrochen, weil aus der Richtung die Titanen herkommen.“, fügte Eld hinzu.
Während wir sprachen, näherten sich von zwei Seiten mindestens zehn Meter hohe Titanen, die uns unheilvoll angrinsten. Ich spürte wieder die Panik in mir aufsteigen, aber da die anderen noch sehr ruhig erschienen, versuchte ich mich ebenfalls zu beruhigen, auch wenn es mir schwer fiel. Als der Erste uns gefährlich nah kam, sprang Gunther vom Baum und besiegte ihn mühelos. Ich konnte fast meinen Augen nicht trauen, wie Menschen diese Macht beherrschen konnten, einen Titanen zu Fall zu bringen.
„Hat Erwin den Rückzug angeordnet?“, fragte Levi nun, ohne den Titanen um uns herum Beachtung zu schenken.
Eld wollte bereits darauf antworten, da wurde auch der zweite Titan zu Fall gebracht. Nicht aber durch ein Teammitglied, sondern von Mike, der mit einer ungeheuren Geschwindigkeit auf uns zu flog. Ihm folgte Erwin, kontrolliert und finster. Sekunden später waren sie bei uns.
Erwin schaute mich als prüfend an. Bedeckt mit Walters Blut und mit einem halbirren Blick, musste ich wahrlich ein jämmerliches Bild abgeben. Ohne große Umschweif begann er zu sprechen: „Zieht euch zum östlichen Waldrand zurück. Bis dorthin sind die Titanen noch nicht gekommen. Dort werdet ihr euch mit Hanjis Soldaten zusammenschließen.“
„Wann ziehen wir uns nach Krolva zurück?“, erwiderte Levi nun harsch. Um uns herum sausten weitere Aufklärer, die irgendwie versuchten Herr der Lage zu werden.
„Das hängt ganz von der Tatsache ab, was Cosima hier noch untersuchen muss.“, antwortete er stumpf und schaute wieder zu mir. Ich schaute Erwin mit großen Augen an, dann keuchte ich: „Es waren Menschen. Ich bin mir dessen ganz sicher. Bitte Erwin, lasst uns hier verschwinden. Es sind schon genug gestorben.“ Mit meinen letzten Worten flehte ich ihn an und nun flossen doch ein paar Tränen über meine Wange. In Erwins berechneten Blick sah keine einzige Regung. Ohne weiter auf meine Worte einzugehen, streckte er einen Arm in die Höhe und schoss eine blaues Rauchsignal ab, was weit über die Bäume hinauszusehen war. Der Knall war so laut, dass mein Trommelfell schmerzhaft vibrierte. Der Befehl zum Rückzug.
„Geht östlich und begebt euch von dort aus unverzüglich Richtung Krolva!“, befahl nun Erwin. „Wir werden euch bald folgen.“
Levi sah nun zufriedengestellt aus, auch wenn ein Mundwinkel noch grimmig nach unten hing. „Petra, Gunther, ihr nehmt unsere Pferde. Eld, Oluo und ich werden uns mit Cosima zum Waldrand hangeln. Ich gehe voraus.“ Mit diesen Worten sprang Levi vom Baum und ehe ich es kognitiv verarbeiten konnte, hatte sich Oluo mit mir in die Tiefe gestürzt. Der freie Fall, die abrupten Beschleunigungen und die Titanen, die nacheinander von Levi niedergemäht wurden, lösten bei mir fast einen Herzkasper aus. Schluchzend hielt ich mich an Oluo fest und vergrub mein Gesicht an seiner Schulter. So konnte ich wenigstens das Optische ausblenden, aber das scharfe Geräusch der Klingen und Erwins ständige Rufe des Rückzuges waren nicht zu überhören.
„Mensch Cosima, bis jetzt sind wir doch ganz gut weggekommen. Kein Grund durchzudrehen. Eijeijeij.“ Oluo bremste scharf ab und schoss mit uns einige Meter hoch. Das aufeinander Klappen von Zähnen drang an mein Ohr und ein deutlicher Luftstoß durch das Schnappen eines riesigen Gebisses umwehte meine Füße.
Alles wirkte wie ein einziger Albtraum und ich wünschte, ich könnte glauben, dass ich einfach nur aufwachen musste. Die Realität war aber unausweichlich und traf mich härter, als je zuvor.
Plötzlich ließ Oluo mich los und ich fiel haltlos.
Panisch öffnete ich meine Augen, aber da landete ich schon unsanft auf Penelope, die aufgeregt wieherte. Das restliche Team saß auch schon bereit auf den Pferden und Levi verlor keine Zeit. Er spornte sein Pferd an und wir galoppierten gemeinsam vom Wald weg, den Berg hinunter. Unterwegs kamen wir an sich auflösenden Körpern von Titanen vorbei, die bereits von Hanjis Team vor uns getötet sein mussten. Doch viel mehr als das nahm ich schon gar nicht mehr wahr, denn mein Verstand begab sich in einen Überlebensmodus mit einem starren Tunnelblick zu Levi.
Mein ganzer Schmerz verabschiedete sich in die hinterste Ecke meiner Vernunft und hinterließ ein implodierendes Vakuum. So empfand ich auch nichts, außer Wille zum Überleben, als ein Titan rechts angesprungen kam und wir scharf ausweichen mussten.
Schließlich befanden wir uns auf der freien Landschaft und es gelang uns, den Titanen davon zureiten.
Ich realisierte erst, dass wir uns wieder innerhalb von Mauer Rose befanden, als ich eine Mutter sah, die ihrem Kind die Augen zu hielt, als es mich erblickte. Daraufhin sah ich an mich herab, sah Walters getrocknetes Blut an meinen ganzen Körper kleben. Ich sah auf meine Hände, wo es bereits wie Dreck abbröckelte. Schmutzig fühlte ich mich. Doch insbesondere das Gefühl der Schuld traf mich völlig unerwartet.
Ich stieg von Penelope ab und lief fast schon besinnungslos drauf los, wobei ich sie einfach zurückließ. Ohne Gehhilfe schwankte ich schwer, sodass ich mich an Wänden abstützte, wo ich eine dreckige Blutspur hinterließ. Mein Klumpfuß machte sich auch bemerkbar und jeder Schritt erinnerte mich daran, dass ich noch am Leben war, auch wenn ich es in diesem Augenblick nicht sein wollte.
Obwohl ich blind losgelaufen war, habe ich es doch in meinen privaten Raum geschafft. Ich rutschte an der Wand zwischen einen Haufen Bücher zu Boden. Auf einmal erschien mir dieses Wissen einfach nur wertlos. Was nützte es mir, wenn ich damit keine Menschen vor den grausamsten Tod bewahren konnte?
Schreiend schlug ich die Bücher weg, bis nur noch die Wand in meinem Rücken war. Als ich mich von meinem cholerischen Anfall beruhigt habe, umschlang ich meine Beine und lehnte meine Stirn an meine Knie. Ich fühlte mich einzig und allein wie ein Nichtsnutz, das den Trupp in Gefahr gebracht hatte.
Die Tür öffnete sich und ich hörte zwei Personen eintreten. Ich schaute nicht, denn es war mir herzlich egal, wer mich missliche Gestalt sah.
„Sei nicht so eine Heulsuse. Geh dich lieber waschen. Du bist dreckiger als jedes Schwein“, hörte ich Levis Stimme aus einer Ferne sagen, obwohl er direkt vor mir stehen musste.
„Sei nicht so streng mit ihr. Haben wir nicht alle nach unserer ersten Mission geweint?“, erwiderte Hanji aus der gleichen Ferne. „Levi, hat aber Recht. So ein Bad hilft, um mit dem Schmerz fertig zu werden.“
„Das sagst ausgerechnet du. Dann nehme ich an, dass du dich gleich auch erst einmal waschen wirst.“
„Aber ich habe noch so viel zu tun!“
Ich hörte gar nicht richtig zu. Den Wortwechsel der beiden vernahm ich wie ein simples Rauschen, denn ich war gefangen in der Verzweiflung meiner Selbst. Meine Finger krallten sich in das Fleisch meiner Arme, um mich wieder aus meiner Apathie herauszuholen. Erfolglos.
Die Tür öffnete sich erneut und eine dritte Person trat in den Raum. Hanji war gerade damit beschäftigt, ausführlich von ihrer ersten Expedition zu erzählen und wie sie ihren Kummer in jeglichen Kneipen ertrinken wollte, als sie schroff unterbrochen wurde.
„Ruhe.“
Ein warme Hand umfasste meine Schulter und drückte sie beständig. „Du hast heute gute Arbeit geleistet.“ Anders als Hanji und Levi, war Erwins Stimme mir so nah. Sie bewegte mich, vorsichtig hochzuschauen, und da sah ich ihn, wie er sich vor mir kniete. Und obwohl seine blauen Augen die übliche Kälte ausstrahlten, sah ich auch darin die Wärme, die mitschwang. Er hielt mir ein kleines Buch hin und sofort konnte ich es als mein Notizbuch identifizieren, auch wenn es ganz von Walters Blut bedeckt war. Zögerlich nahm ich es an.
„Wie hast du es gefunden?“, fragte ich mit heiserer Stimme.
„Ich habe es vor der Höhle entdeckt und direkt mitgenommen. Deine harte Arbeit soll ja auch schließlich Früchte tragen.“ Nicht ganz überzeugt, wich ich seinen Blick aus, woraufhin er den Druck auf meiner Schulter sanft verstärkte. „Ich habe mir einen Blick hinein erlaubt. Du hast in zweieinhalb Stunden sehr wichtige und hilfreiche Kenntnisse sammeln können.“
„Wir haben heute aber nichts herausgefunden, was uns im Kampf gegen die Titanen helfen könnte.“
„Das stimmt nicht.“ Überrascht schaute ich wieder in Erwins Gesichts und die Wärme in seinem Ausdruck intensivierte sich.
„Auch wenn die Kenntnisse sich nicht auf Titanen beziehen, wissen wir jetzt, dass der Tod dieser Menschen, nicht durch Titanen verursacht wurde. Wir können daher uns nun zügig neuen Orten widmen, wo wir nach neuen Informationen suchen können. Du hast also unsere Arbeit massiv beschleunigt und so auch Leben von Soldaten gerettet. Gerade du als Wissenschaftlerin solltest wissen, dass Aufklärung nicht nur im Herausfinden, sondern auch im Ausschließen besteht.“
Er half mir dabei, wieder auf die Füße zukommen, und ging auch wieder zügig, da er noch wichtigere Dinge zu erledigen hatte. Auch Hanji und Levi gingen, nachdem sie sich versicherte hatte, dass ich nun alleine klar kam. Ich fühlte mich zwar immer noch wie das Elend persönlich, aber Erwin hat mit die Hoffnung gemacht, dass meine Arbeit und somit mein Dasein doch nicht vergebens war.
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Wo Träume vergraben liegen: Chapter 4 - Die Alltäglichkeit der Angst
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Am nächsten Tag brachen wir gemeinsam westlich nach Distrikt Krolva auf, wo die Expedition starten soll. Unter dem Trupp war über die gesamte Reise dorthin eine bedrückte Stimmung und als wir am Bezirk ankamen, verlor niemand Zeit und die letzten Vorbereitungen zum Aufbruch wurden eingeleitet.
Im dortigen Quartier konnte ich meinen provisorischen Arbeitsplatz einrichten, auch wenn noch nicht klar, ob ich bei dieser Expedition behilflich sein könnte. Als der Trupp am nächsten Morgen aufbrach, blieb mir nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass sie möglichst unbeschadet zurückkehren. Es war aber bereits garantiert, dass es einige nicht mehr zurückschaffen würden. Während sie weg waren, versuchte ich mich, so gut wie möglich, abzulenken. Dieses Unterfangen gestaltete sich als schwierig, denn mir blieb nicht viel Arbeit, solange niemand da war. Ein kleiner Lichtblick war Hanji, der mir voller Euphorie angekündigt hatte, mir genauestens von der Expedition zu berichten, sobald sie wieder in Krolva waren. Solange er sein Lächeln nicht verlor, so redete ich mir ein, konnte alles nur halb so schlimm sein.
Hanji sollte Recht behalten. Die Glocken ertönten bereits zur nächsten Abenddämmerung und als ich die Truppe in Empfang nahm, hatten es bis auf ein paar Wenige wieder alle zurückgeschafft. Ich wollte mich schon aufmachen und bei der Versorgung der Verwundeten helfen, da kam Hanji bereits mit einer unglaublichen Geschwindigkeit auf mich zugerannt. „Cosima!“, rief er unüberhörbar und winkte mir dabei wild zu. Seine Kleidung war voll mit Titanenblut, was ihm aber nicht im Geringsten störte. Bei mir angekommen, schloss er mich in die Arme und wirbelte mich dabei im Kreis umher, sodass mir die Luft wegblieb.
„Cosima, du wirst nicht glauben, was wir gefunden haben! Ich bin so aufgeregt, was wir noch alles darüber herausfinden können! Dir wird es garantiert gefallen!“ Bevor er weiterreden konnte, war Levi an uns herangetreten, der Hanji mürrisch von oben bis unten betrachtete. „Du solltest dich waschen, bevor du anderen um den Hals fällst, Vieraugen“, sagte dieser, während sein Blick sich nun auf die Blutflecken richtete, die er auf meiner Kleidung hinterlassen hatte. „Erwin hat in einer Stunde ein Treffen mit den Teamleitern angeordnet. Er will dich auch dabei haben, Cosima“, fügte er noch hinzu, bevor er weiterging.
„Um was geht es denn?“, fragte ich Hanji neugierig.
„Vorfreude ist die bester aller Freuden“, erwiderte er nur mit einem breiten Grinsen und lief ebenfalls weiter.
Somit wurde ich bis zum Treffen von ihm auf die Folter gespannt. Als ich im Versammlungsraum eintraf, waren Hanji, Levi und Dita Ness bereits anwesend. Dita und ich stellten uns einander vor, da wir beide uns bisher nur flüchtig kannten. Seine herzliche Art nahm mir jede Nervosität, die ich vor diesem Treffen hatte. Viel Zeit mit ihm zu sprechen, hatte ich nicht, denn da kam auch der Letzte der Teamleiter hinzu, Mike Zacharias. Auch ihn kannte ich nur bisher vom Sehen her, weshalb ich ihm die Hand zur Begrüßung hin hielt. Aber anstatt sie zu schütteln, kam dieser überaus große Mann mir immer näher und näher. Nicht wissend, was mit mir geschah, wich ich zurück, aber nach wenigen Schritten war bereits ein Regal in meinem Rücken. Mike beugte sich vor und roch an meinen Haaren. Als er sich wieder aufrichtete, bildete sich ein schiefes Lächeln auf seinem Gesicht. Schlagartig wurde es mir heiß und kalt und ehe ich auch nur eine Sekunde darüber nachdenken konnte, landete meine flache Hand in Mikes rechte Gesichtshälfte. Die Schelle schallte im gesamten Raum, und bis auf Levi waren alle Anwesenden regelrecht schockiert, mich eingeschlossen. Dita fasste sich an sein Bandana und Hanji hielt sich eine Hand vor seinen Mund.
Mit geballten Fäusten beugte ich mich vor, in der Hoffnung, dass so mein rotes Gesicht nicht so auffällt. „Sir, Verzeihung, dass mir die Hand ausgerutscht ist, aber ihr Verhalten war unanständig“, brachte ich mit lauter Stimme aus mich heraus.
Nun preschte Hanji zu mir vor und tätschelte beruhigend meine Schulter, als ich mich langsam wieder
aufrichtete. „Keine Angst, Mike beschnüffelt jeden, den er neu kennenlernt. Wir hätten dich vorwarnen müssen“, erklärte er und musste nun wieder lachen. Mike rieb sich seine Wange, wo sich nun mein Handabdruck abzeichnete. „Es ist mir eine Ehre“, nuschelte er. Levi schaute sich das Spektakel ruhig im Hintergrund an und nach einer Weile lächelte er mich sogar anerkennend an.
Die Hitze war aus meinem Gesicht nicht ganz verschwunden, als der Kommandant eintrat. Sein Blick ging kurz zwischen Mike und mir hin und her, ehe er verstehend zu seinem Platz ging. In seinen Händen hielt er einen Gegenstand, das in einem Tuch eingewickelt war.
Somit nahmen wir ebenfalls am Konferenztisch Platz, ich zwischen Hanji und Dita. Alle anderen sahen noch sehr geschlaucht von der Expedition aus, und mit meinen Blutflecken an meiner Kleidung, fügte ich mich dem Gesamtbild gut ein.
Erwin rollte das Tuch auf und darin offenbarte sich ein Knochen in Größe eines Unterarmes. Um genauer zu sein, es handelte sich dabei tatsächlich um den Unterarmknochen eines Menschen.
„Am Vounosberg haben wir die Überreste von sieben menschlichen Leichen entdeckt. Wir hatten nicht viel Zeit, das Gebiet zu untersuchen, weil wir dort von Titanen angegriffen wurden“, sprach nun Erwin ohne Umschweif. Auch er sah sehr erschöpft aus und einzelne Strähnen lösten sich unordentlich aus seiner Frisur. Trotz allem sah er sehr konzentriert aus, während er das Geschehene erläuterte.
„Es ist nicht ganz klar, ob diese Menschen durch Titanen oder andere Menschen zu Tode gekommen sind. Kannst du vielleicht durch das Alter des Knochen einen Titanenangriff ausschließen, Leutnant Schliemann?“ Erwin schob mir den Knochen zu. Hastig nahm ich aus meiner Rocktasche eine kleine Lupe und ein Tuch, womit ich den Knochen vorsichtig anfasste. Mit der Lupe versuchte ich genauere Spuren der Verwesung zu ermitteln. Doch ich konnte nichts Handfestes erkennen.
„Ich bin keine Expertin auf dem Gebiet der Anthropologie. Um Genaues sagen zu können, muss ich aber wissen, wie die Bodenbeschaffenheit war und wie tief die Leichenteile sich in der Erde befanden.“
„Die Knochen befanden sich etwa einen Meter tief in der Erde. Wir haben die Überreste auch nur entdeckt, indem wir einen Titan besiegt haben und dieser beim Aufprall die Bodendecke aufgerissen hat“, antwortete Hanji, der ebenfalls gebannt auf den Knochen starrte.
„Trotzdem benötige ich genaue Informationen von der klimatischen Umgebung und der Zusammensetzung des Erdreiches, um ein zuverlässiges Alter bestimmen zu können. Ich verstehe aber noch nicht ganz... Selbst wenn diese Person durch einen Titan umgekommen sein sollte, was ist an diesem Fund so außergewöhnlich? Innerhalb der Mauer Maria sind doch bereits viele Menschen den Titanen zum Opfer gefallen“, fragte ich und schaute wieder direkt zu Erwin. Dieser nahm nun ein Stück Papier und zeichnete vier Kreuze ein, die verbunden ein Quadrat ergeben hätten.
„Auffällig ist, dass die Leichenreste in regelmäßigen Abständen zueinander vergraben lagen. Dass sie zudem sich unter der Erde befanden, würde eher für einen menschlichen Ursprung sprechen. Die Art und Weise, wie die Leichen zugerichtet waren, unter Berücksichtigung der natürlichen Verwesung, deutet aber stark auf einen Tod durch Titanen hin.“
Levi, der bisher nur teilnahmslos zuhörte, schaute nun grimmiger als sonst aus. „Erwin, möchtest du damit sagen, dass Titanen intelligenter sein könnten, als gedacht?“
„Das müssen wir herausfinden.“
Auch Mike und Dita sahen nicht besonders glücklich über Erwins Verdacht aus, während Hanji sich kaum zusammenreißen konnte, nicht laut los zu jubeln.
Angestrengt betrachtete ich mir den Knochen, um doch einen kleinen Hinweis zu erhalten, aber ich war nicht erfolgreich damit. Seufzend legte ich es zurück und hüllte es in das Tuch wieder ein.
„Ist dieser Knochen das Einzige, was ihr bergen konntet?“
„Wir mussten uns schnell zurückziehen, um größere Verluste zu vermeiden“, antwortete nun Mike, der schräg gegenüber von mir saß. Ich nickte und dachte nach, was ich nun tun konnte. Doch mit dem Knochen alleine konnte ich nichts anfangen.
„Ich benötige mehr Daten, um eine Aussage über diese Leichen treffen zu können.“
„Das habe ich bereits gedacht. Gibt es eine Möglichkeit, dass du Soldaten schulen kannst, damit diese den Fund auf einer zweiten Expedition untersuchen können?“, fragte Erwin nun ernst und verschränkte seine Hände ineinander. Mittlerweile war es draußen finster und das Licht der Kerzen flackerte über unsere Gesichter.
„Mit meinen Methoden lässt sich nur ein menschlicher Ursprung ausschließen oder bestätigen. Über Titanen können wir damit keine Aussagen treffen. Ich kann zwar Soldaten darin unterrichten, welche Daten sie erheben müssen und wie sie es machen müssen. Allerdings hängt die Untersuchung viel davon ab, was man überhaupt am Fundort sieht, und dies erfordert ein geschultes Auge, um keine wichtigen Details zu übersehen. Dies kann man aber nicht in wenigen Tagen oder Wochen erlernen. Um wirklich sichere Erkenntnisse zu haben, müsste ich den Fundort mit eigenen Augen sehen.“
„Du weißt selbst, dass das nicht möglich ist, Cosima“, schaltete Levi sich energisch ein.
„Ich weiß. So sind nur leider die Tatsachen.“
Während jeder über eine mögliche Lösung nachdachte, blieb es still im Raum. Einzig und alleine das Klappern von Pferdehufen schallte von draußen leise zu uns. Erwin war wieder der Erste, der diese Stille brach. „Ich denke schon, dass es möglich sein könnte, Leutnant Cosima mitzunehmen.“
Daraufhin blieb mir kurz das Herz stehen und auch die Restlichen der Runde schauten verunsichert. Levi blickte sogar verärgert zu Erwin.
„Möchtest du wirklich ihr Leben auf's Spiel setzen für diesen dummen Fund?“
„Frau Cosimas Sicherheit hat höchste Priorität. Genauso müssen wir aber auch herausfinden, was es mit diesen Leichen auf sich hat“, erklärte der Kommandant, ohne mich dabei aus den Augen zu verlieren. Ich schluckte schwer und schon wieder hat Erwin mir die Sprache verschlagen. Doch dieses Mal bekam ich es mit der Angst zu tun.
Dita bemerkte meine Nervosität und und ich spürte seinen mitfühlenden Blick neben mir. Auch die Restlichen, einschließlich Erwin, konnten meine Überforderung unmöglich übersehen. Kalter Schweiß sammelte sich auf meiner Stirn.
„Cosima, wärst du denn bereit, uns bei der nächsten Expedition zu begleiten? Aufgrund deines Zustandes war es eine Bedingung für deine Verpflichtung, dass du den Trupp nicht auf Expeditionen begleitest. Daher werde ich deine Anwesenheit nicht anordnen. Du kannst dich also frei gegen die Expedition entscheiden.“ Gegen Ende wurde Erwins kalter Ausdruck immer sanftmütiger. Daher hatte ich nicht das Gefühl, dass ich irgendwie durch den Kommandanten oder den Offizieren unter Druck gesetzt wurde, mitzukommen. Im Gegenteil, Levi lehnte es sogar ab, mich in die Expedition zu involvieren.
Die Vorstellung, dass ich auf Titanen treffen könnte, jagte mir einen Schauer über meinen Rücken. Ich verstand aber auch, wie wichtig dieser Fund war und ich war auch wirklich neugierig, was überhaupt vorzufinden war. Ich wusste nicht ganz, was in mich gefahren war, und vermutlich siegte meine Neugierde über meine Angst. Also fasste ich mich ans Herz und stimmte zu: „Ich bin bereit mitzukommen. Ich will nur nicht, dass Soldaten durch mich in Gefahr gebracht werden.“
„Deine Anwesenheit wird die Soldaten nicht mehr in Gefahr bringen, als sonst auch“, sagte Erwin. „Ich kann dir versichern, dass deine Sicherheit auf der gesamten Mission an höchster Stelle stehen wird.“
„Wie soll ihre Sicherheit an höchster Stelle stehen, wenn du sie unbedingt bis zur Fundstelle bringen möchtest? Allein der Weg dorthin dauert zwei Stunden“, wandte Levi giftig ein. „Du gehst mal wieder zu weit.“
Endlich wandte sich Erwin von mir ab und schaute Levi direkt an, der neben ihm saß. „Deshalb möchte ich dein Team einsetzen, um sie zu beschützen.“ Levi sah immer noch nicht glücklich aus, aber er wirkte nun weniger grimmig.
„Wenn Cosimas Unversehrtheit in Gefahr ist, müssen wir die Mission abbrechen. Solange aber die Möglichkeit besteht, die Fundstelle zu untersuchen, müssen wir diese Gelegenheit nutzen“, erklärte Erwin nun allen. „Frau Cosima, deine Aufgabe vor der Expedition wird es sein, Hanjis Team für die Ausgrabung vorzubereiten, damit es dich vor Ort möglichst effektiv unterstützen kann.“
Nun platzte es aus Hanji heraus und er riss jubelnd die Arme in die Höhe. „Das wird richtig spassig! Und mach dir keine Sorgen, Cosima. Ich werde auch ein Auge auf dich haben, dass dir nichts passiert.“
Bevor der Kommandant seinen Plan weiter ausführen konnte, musste ich noch eine wichtige Frage klären.
„Wie lange werde ich vor Ort Zeit haben?“
„Maximal vier Stunden. Je nachdem, wie die Situation ist, sogar weniger. Wir müssen vor der Dunkelheit wieder in Krolva zurück sein.“
Vier Stunden waren wirklich sportlich, aber gegeben der Umstände, war es das Beste, was wir hätten tun können. Die Ausgrabung musste also perfekt vorbereitet werden, aber da machte ich mir keine Sorgen, dass dies uns gelingen wird. Nein, es war klar, dass es noch zusätzlich auf meine Fähigkeiten am Fundort ankam und dass es die beste Leistung meines Lebens sein musste. Denn Soldaten werden für mich ihr Leben riskieren, damit ich dort arbeiten kann.
„Reicht eine Woche, damit wir uns für die Ausgrabung vorbereiten können?“, fragte Erwin nun mich und zog dabei eine Augenbraue nach oben.
„Ja“, bestätigte ich entschlossen und in diesem Augenblick zweifelte ich keine meiner Entscheidungen mehr an.
In dieser Woche arbeitete ich nahezu pausenlos mit Hanjis Team zusammen, um die Ausgrabung bis in das kleinste Detail zu planen, sodass ich vor Ort kaum noch Anweisungen hätte geben müssen. Ich zeigte ihnen alles, was ich in einer Woche beibringen konnte, und doch hatte ich die Sorge, Wichtiges außen vorgelassen zu haben. Am Ende wussten sie, welche Gesteins- und Erdproben entnommen werden müssen, wie diverse Werkzeuge zu nutzen waren und wie die menschlichen Überreste sicher geborgen werden. Moblit beschaffte für mich die großen Berge an Literatur zur Beschaffenheit und Geschichte der Region, die ich Nacht für Nacht durcharbeitete, um ja keine wichtige Information außer Acht zulassen. Insgesamt war ich sehr erleichtert und zufrieden, was das Team in der kurzen Zeit gelernt hat. Hanji freute sich sowieso die ganze Woche darauf, als würden wir auf einen lustigen Tagesausflug gehen.
Mindestens genauso häufig traf ich mich mit Levis Team. Es gab mir ein gutes Gefühl Eld, Oluo, Petra und Gunther näher kennenzulernen und ich merkte schnell, dass sie ein eingespieltes Team waren. Ich fühlte mich in sehr sicheren Hände bei ihnen.
Levi ließ sich kaum blicken, doch seine Anwesenheit war überhaupt nicht notwendig. Sie erklärten mir bis ins kleinste Detail , was ich für die Expedition beachten musste und wie die Fernaufklärungs-Formation funktionierte. Vorab wurde ich auch mit Rauchgranaten ausgestattet, die ich aber nur im absoluten Notfall abfeuern durfte. Alles andere musste ich dem Team überlassen.
So verging die Woche viel schneller, als es mir lieb war. Am letzten Tag waren alle Vorbereitungen fertig abgeschlossen, sodass ich mich mit Hanjis Team das letzte Mal zusammensetzte und das Wichtigste für den morgigen Tag zusammenfasste. Gleiches tat ich mit Levis Team, das mir ausführlich die Strategie des Trupps erklärte. Sie entließen mich früh am Nachmittag und sagten mir, dass ich früh zu Bett gehen sollte, um ausgeruht zu sein.
So kam es, dass ich das erste Mal nach einer Woche wieder Zeit hatte, in Ruhe nachzudenken. Nach einem frühen Abendessen, zog ich mich in mein provisorisches Arbeitszimmer zurück und legte meinen Fuß hoch. Der morgige Tag wird meinem Fuß sehr viel Kraft kosten, aber bis zum Abend wird er es aushalten können.
Eigentlich wollte ich noch etwas in der Literatur blättern, die Moblit mir netterweise beschafft hat, aber nach wenigen Minuten kam ich zu der Erkenntnis, dass es nutzlos war. Ich konnte über nichts anderes mehr nachdenken als über das, was morgen passieren wird. Über die gesamte Woche hinweg war es mir gelungen, meine Gedanken und Gefühle zu verdrängen, aber dies war nicht mehr möglich. Es traf mich härter, als gedacht.
Es war vermutlich das Verrückteste in meinem
Leben, dem ich je zugestimmt hatte, als Erwin Smith mich gefragt hatte, ob ich die Expedition begleiten würde. Es war wirklich irrsinnig, dass ich mitkommen sollte. Erwin musste große Hoffnungen auf mich setzen, dass er einen Krüppel, wie mich, unbedingt mitnehmen wollte.
Tatsächlich fühlte ich mich ein bisschen gekränkt, dass er dafür die Möglichkeit meines Todes so einfach einkalkulierte, obwohl er es anfangs anders versprochen hatte. Für diesen Gedanken fühlte ich mich schlecht, denn mir war bewusst, dass alle anderen im Aufklärungstrupp ständig ihr Leben riskierten. Und für Erwin gehörte der Tod zu seiner alltäglichen Arbeit.
Ich wusste nicht, ob ich Angst fühlte. In den vergangenen Tagen hatte ich kaum irgendetwas gespürt. Ich merkte nur, wie mein Magen sich zusammenzog und meine Hände und Füße kalt wurden. Auch wenn ich der Überzeugung war, dass Levis Team alles Erdenkliche tun wird, um mich wieder sicher nach Krolva zu bringen, könnte dies mein letzter Abend sein. Noch nie zuvor hatte ich den Tod, so nah an mir spüren können. Hatte sich Elisa so gefühlt, wenn sie zur Expedition aufgebrochen war? Fühlten sich die Soldaten immer so, wenn eine Mission bevorstand?
Obwohl ich darüber nachdachte, dass meine Arbeit morgen einen wichtigen Zweck erfüllen wird, wurde ich dieses beängstigende Gefühl nicht los.
Mein Gesicht war tief in meinen Händen vergraben, als es leise an meiner Tür klopfte. Schnell zog ich meine Hände weg und straffte meine Schultern, bevor ich den unerwarteten Besucher hereinbat.
Dieser Besuch war in der Tat unerwartet, denn es war der Kommandant, der eintrat.
„Verzeihung, dass ich dich jetzt noch störe. Du willst sicherlich früh zu Bett gehen“, sagte dieser ruhig. Auch er sah aus, als hätte er die Arbeit für den Tag beendet, denn seine Uniform-Jacke hatte er bereits abgelegt und trug leger ein weißes Hemd.
„Kommandant Erwin, du brauchst dich doch noch entschuldigen. Was gibt es denn?“, antwortete ich und versuchte meine Anspannung zu verbergen.
Erwin schloss hinter sich die Tür und nahm auf einem Stuhl mir gegenüber Platz. Ein kleiner Tisch befand sich zwischen uns, wo sich die Bücher hoch türmten. Zügig räumte ich diese auf Seite, damit sie nicht den Blick versperrten. Erwin half mir dabei. Erst dann sprach er weiter. „Ich wollte vor der Abreise sicherstellen, dass alles in Ordnung bei dir ist.“
„Ich denke schon. Die Vorbereitungen waren erfolgreich und wir wissen alle, was morgen zu tun ist“, berichtete ich, aber er schüttelte den Kopf.
„Das meine ich nicht. Geht es dir gut mit dem, was morgen ansteht?“ Erwin schaute mich wieder mal so intensiv an und schon wieder bekam ich das Gefühl nicht los, dass er mich bis auf meine Seele durchschaut hat.
Ich schaute verlegen auf meine Hände, die ich nervös in meinen Schoß verschränkt hatte. „Nun, wem geht es schon gut vor so einer Expedition?“, erklärte ich ausweichend. Erwin sagte daraufhin erst einmal nichts und ich empfand das Schweigen sogar als sehr angenehm. Denn auf Manches gab es keine direkten Antworten.
„Ich habe großen Respekt vor dem, was du tust“, sagte Erwin nach einer Weile, sodass ich überrascht aufschaute und unsere Blicke sich direkt trafen. „Ohne militärische Ausbildung eine Expedition zu begleiten, erfordert sehr viel Mut.“
Ein Mundwinkel von mir zuckte leicht nach oben, aber das war es auch schon mit meinem Lächeln. „Nicht doch. Wenn ich morgen helfen kann, empfinde ich das als meine persönliche Pflicht. Aber Erwin, ich habe eine Frage an dich. Vermutlich ist es eine sehr Persönliche.“ Geduldig wartete er, während ich versuchte meine Worte zu sammeln. „Empfindest du Angst kurz vor jeder deiner Expeditionen oder verschwindet dieses Gefühl mit der Zeit?“ Meine Hände drückten dieses Gefühl der unmittelbaren Angst aus, indem sie sich auf meinen Bauch legten und dort verkrampften.
Erwin senkte den Kopf und ich konnte ihm genau ansehen, dass er darüber nachdachte. Als er seinen Kopf wieder hob und mich anschaute, antwortete er: „Ja, ich habe jedes Mal Angst. Ich habe mich aber schon lange an dieses Gefühl gewöhnt.“
Ich nickte ihm zu und nun schaute ich tief in seine Augen. „Ich verstehe. Davor habe ich Respekt, Kommandant.“ Nun konnte ich mir doch ein aufrichtiges Lächeln abgewinnen und auf Erwins Lippen bildete sich auch ein Schmunzeln.
„Es ist völlig in Ordnung und normal, Angst zu empfinden.“ Mit diesen Worten erhob er sich. Ich wollte auch aufstehen, aber mit einem Blick auf meinen Fuß, gebot er mir, sitzen zu bleiben. „Du solltest trotzdem versuchen, etwas zu schlafen, auch wenn es schwerfällt.“
Bevor er die Tür öffnete und ging, drehte er sich noch einmal zu mir um. „Um dich selbst brauchst du dich wirklich nicht fürchten. Levi und sein Team sind exzellente Soldaten, sogar die besten der Menschheit. Gute Nacht, Cosima.“
„Das weiß ich, Sir. Gute Nacht“, verabschiedete ich mich, als Erwin mich verließ. Zwar fühlte ich immer noch die Angst, die sich in meinem Margen niederließ, jedoch konnte ich nun besser mit diesem Gefühl umgehen.
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Wo Träume vergraben liegen: Chapter 3 - Eine andere Seite
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Die folgenden Wochen und Monate war ich vorwiegend mit Reisen beschäftigt. Ich suchte alle Archive und Bibliotheken innerhalb der Mauern auf, um nach schriftlichen Überlieferungen von abnormen Titanen zu suchen, die den Titanen auf der Kupferplatte entsprechen könnten. Dafür hat der Kommandant mir sogar eine offizielle Durchsuchungsanordnung ausgestellt, falls ich an manchen Orten auf Widerstand treffen sollte. Diese kam nur in den wenigsten Fällen bei kirchlichen Einrichtungen zum Einsatz.
Auf meinen Reisen wurde ich von zwei jungen Rekruten begleitet, die darüber mehr als glücklich waren, da es für sie bedeutete, nicht auf den Expeditionen mitgehen zu müssen. Sie wussten selbstverständlich nicht, wonach ich wirklich suchte, und glaubten, dass es aufwendige Recherchearbeiten zu den bekannten abnormalen Titanen waren. Darüber hinaus interessierten sie sich auch nicht sonderlich dafür. Stattdessen unterstützten sie mich tatkräftig, falls ein Priester mir zu unbequem wurde und mich aus den Archiven werfen wollte.
So kamen wir sogar bis nach Mitras, wo ich sogar Zutritt zu den königlichen Archiven bekam, und wären Carolin und Ernst nicht dabei gewesen, hätte ich nach den vielen Orten, die ich bereits in meinem Leben bereist hatte fast vergessen, wie magisch das Innere von Mauer Sina aussah. Als wir einreisten, kamen die beiden aus den Staunen nicht mehr raus.
Umso deprimierender war es dann, als wir unsere Mission ohne Erfolg beenden mussten und nach Distrikt Trost zurückkehrten.
Die Tage wurden kälter und die Blätter verfärbten sich bereits rot. Als wir am späten Nachmittag ankamen, bereitete der Aufklärungstrupp sich für eine Expedition am nächsten Tag vor. Während ich weg war, war der Trupp bereits auf zwei weiteren Expeditionen und ich hatte ein wenig Angst vor dem Gefühl, wenn ich bestimmte Kameraden nicht mehr wieder treffen sollte. Doch es war ein Gefühl, womit ich umgehen lernen musste.
Nachdem ich mein Pferd Penelope in den Stall brachte und sie für ihre gute Arbeit lobte, machte ich mich auf den Weg zum Büro des Kommandanten, um Bericht zu erstatten. Mir gefiel die Tatsache nicht, dass ich keine brauchbaren Informationen erhalten konnte, und ich fragte mich, wie Kommandant Erwin darauf reagieren würde. Andererseits hatten wir in den letzten Monaten regelmäßigen Briefverkehr gehabt, sodass er den Fehlschlag der Mission vermutlich schon erwartete.
Als ich in sein Büro eintrat, war Kommandant Smith tief versunken in zahlreichen Karten und Plänen, worin er die Strategie der kommenden Expedition aufzeichnete. Obwohl er schon lange arbeiten musste, sah er sehr wach und konzentriert aus. Es dämmerte bereits, sodass der Raum von einzelnen Kerzen erhellt wurde. Er schaute erst zu mir hoch, als ich direkt vor dem Schreibtisch stand und ich salutierte.
„Guten Abend, Kommandant Erwin. Ich bin von meiner Mission zurückgekehrt. Leider konnte ich nirgendwo relevante Informationen finden“, berichtete ich knapp.
Der Kommandant nickte und legte seine Feder auf Seite, bevor er seine Hände ineinander verschränkte. „Wie es zu erwarten war. Hanji und ich konnten auf den letzten Expeditionen auch nichts mehr finden. Hattest du denn wenigstens Zugang zu den privaten Archiven des Mauerkults?“
„Ja. Es ist aber sicher, dass sie uns Schriftstücke vorenthalten haben. Da konnten wir zu dritt alleine nichts ausrichten.“
Der Kommandant schaute mich lange nachdenklich an, ehe er darauf antwortete: „Du hast deine Pflicht erfüllt. Nach der Expedition werden wir zusammen mit Hanji das weitere Vorgehen besprechen.“
„Verstanden. Viel Glück bei der Expedition.“ Ich salutierte und wandte mich zum Gehen. Dabei hörte ich hinter mir wieder das schnelle Kratzen von Erwins Feder. Doch bevor ich die Tür nach draußen erreichte, erschien in meinem Geiste eine Frage, die ich mir während meiner Mission so oft gestellt hatte.
Ich blieb vor der Tür stehen und ich konnte hören, wie das Kratzen der Feder aufhörte. „Ist noch etwas, Cosima?“, fragte Erwin mich.
„Verzeihung, wenn die Frage kurz vor der Expedition ungelegen kommt“, begann ich und drehte mich wieder um.
„Ich frage mich aber schon die ganze Zeit, wie es möglich sein kann, dass der Mauerkult so viel Macht haben kann, dass sie sogar dem Militär einfach wichtige Informationen vorenthalten können. Weißt du etwas darüber?“
Er schaute mich lange mit einem unergründlichen Blick an. Dann stand er auf und schob seinen Stuhl auf die andere Seite des Schreibtisches. „Setz dich hin.“
Seine Reaktion kam etwas unerwartet, aber ich tat, was er mir sagte, und stellte mich auf ein längeres Gespräch ein. Er lehnte sich vor mir an den Schreibtisch an und verschränkte seine Arme. Auch wenn ich ihn bereits kannte und wusste, dass er nicht so war, sah er bedrohlicher aus, als ich es mir eingestehen wollte.
„Du führst ein gefährliches Leben, Cosima.“
Ich verstand überhaupt nicht, was er meinte, denn von allen im Aufklärungstrupp war ich diejenige, die es am sichersten hatte. Schließlich musste ich keine Titanangriffe befürchten. Da Erwin seine Worte nicht genauer ausführte und mich nur weiterhin beobachtete, begann ich leise zu lachen. „Ich muss mich wirklich in Acht nehmen“, meinte ich ironisch. Doch sein emotionsloser Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, sodass mein Lachen leise abklang und kurz peinliche Stille herrschte.
„Das war kein Witz von mir“, erklärte sich nun Erwin und schaute mich ernst an. „Cosima, was glaubst du, sind die Gründe, warum wir so wenig Wissen über die letzten 100 Jahre besitzen?“
Irgendwie wurde ich aus Erwin nicht ganz schlau, da er immer nur so vage mit mir sprach. Ich streckte mein rechtes Bein, um die Spannung in den Muskeln loszuwerden und erwiderte: „Ich kann es nicht genau sagen. Bisher habe ich immer angenommen, dass es aus menschlicher Fehlbarkeit dazu gekommen ist und die ständigen Titanangriffe ihren Tribut erfordert haben, sodass die Menschen schlichtweg nicht dazukamen, ihre Kenntnisse richtig zu dokumentieren.“
„Das würde aber nicht erklären, warum dein Funde alle diesem kurzen Zeitraum zu zuordnen sind“, antwortete Erwin mit bestimmter Stimme darauf.
Die meiste Zeit habe ich seinen Blick gemieden, doch nun schaute ich direkt in seine großen blauen Augen. „Erwin, ich begreife nicht, was du mir damit sagen möchtest.“
„Hattest du nie Zweifel daran, dass die Titanen unsere einzigen Feinde sind? Dachtest du, dass alle Menschen in Eintracht zusammenleben und es keine andere Möglichkeit gibt, als uns in den Mauern zu verschanzen?“ Sein Blick intensivierte sich deutlich, als würde er herausfinden wollen, was ich momentan dachte. Auch wenn dieser Blick des Kommandanten mir leichtes Unbehagen bereitete, hielt ich diesem Stand. Doch bevor ich antworten konnte, sprach Erwin auch schon weiter.
„Um auf deine Frage zurückzukommen: Ich weiß selbst nicht genau, wie viel Macht der Mauerkult besitzt. Es ist aber eindeutig, dass sie mächtiger sind, als wir es erahnen können, und mehr über diese Welt wissen, als wir. Sie haben definitiv etwas zu verbergen und sie wissen genau, dass diese Wahrheit unsere gesamte Gesellschaft auf den Kopf stellen würde.“
„Möchtest du mir also sagen, dass es mächtige Parteien gibt, die es aktiv verhindern wollen, dass wir mehr über diese Welt erfahren?“
Er nickte und hob dabei eine Augenbraue. „So ist es. Ich bin nur verwundert, dass du selbst so was Ähnliches noch nie vermutet hast. Gerade Menschen, wie du, könnten ihnen gefährlich werden. Ich schätze, dass du einfach bisher Glück gehabt hast.“
„Was meinst du damit, dass ich Glück gehabt habe? Glaubst du wirklich, dass jemand für meinen Kopf gekommen wäre?“, fragte ich zurück und rollte dabei mit den Augen. Ganz konnte ich den Kommandanten noch nicht ernst nehmen, aber als er daraufhin schwieg und mich nur stumm anschaute, waren mir die Worte doch im Hals stecken geblieben.
Erwin wandte sich von mir ab und lief um seinen Schreibtisch herum, wo er aus einer Schublade ein grünes Notizbuch herausnahm. Er hielt es mir hin und vorsichtig nahm ich es an. Es war schon ganz  zerfleddert und die Seitenränder waren bereits gelb verfärbt.
„Das ist ein altes Notizbuch meines Vaters. Ich besitze längst nicht alles, weil die Militärpolizei das Meiste konfisziert hat. Dieses konnte ich aber vor ihnen retten.“ Er lehnte sich wieder an seinen Schreibtisch und plötzlich schien ich, einen Schimmer der Traurigkeit in seinen Augen zu sehen. Vorsichtig blätterte ich durch die Notizen, während Erwin weitersprach.
„Genau wie du, hat er erkannt, dass die Geschichte der Mauern widersprüchlich ist und nicht so stimmen kann, wie sie in Schulen und Universitäten gelehrt wird. Dafür hatte er eine eigene Theorie. Er vermutete, dass der König vor 105 Jahren die Erinnerungen der Menschen manipuliert hat, sodass sie sich nicht mehr an das Leben davor erinnern konnten. Dies würde auch mit deiner These einhergehen, dass die Mauern und ihre Zivilisation auch erst vor circa 100 Jahren hier erbaut wurde.“
Auch wenn ich tief in den Notizen von Erwins Vater versunken war, hörte ich jedes einzelne Wort, was der Kommandant zu mir sagte. In den Aufzeichnungen befanden sich insbesondere Zitate und Querverweise auf bekannte historische Quellen, die sich einander widersprachen. Außerdem befanden sich darin auch Recherchen zur königlichen Familie.
„Mein Vater musste schließlich deswegen sterben, weil sein dummer Sohn all dies seinen Freunden weitererzählte. Er wurde von der Militärpolizei ermordet, die seinen Tod als einen Unfall inszenierte.“
Ich schaute zu Erwin leicht bestürzt hoch und die Traurigkeit in seinem Gesicht war gänzlich verschwunden. Stattdessen schaute er wieder emotionslos auf mich herunter. „Das tut mir leid.“
„Ja, mir auch. Was ich dir damit sagen will, ist, dass du vorsichtig sein musst. Zum Mauerkult und zur Militärpolizei gehören einflussreiche Menschen, die dich vielleicht schon auf einer Liste stehen haben. Bei unserem ersten Gespräch dachte ich zuerst, dass dies der Grund ist, warum du mit uns kooperieren wolltest.“
Ich klappte das Notizbuch zu und reichte es Erwin, welches er behutsam annahm. „Um mich zu schützen?“
Er nickte. „Wenn ich ehrlich bin, war dies auch einer der Gründe, warum ich dich verpflichten lassen wollte. Ich wollte nicht, dass du durch unsere Zusammenarbeit in Schwierigkeiten kommst. So stehst du unter dem Schutz des Aufklärungstrupps.“
Ich habe nie darüber nachgedacht, dass ich mich durch meine Arbeit in Gefahr bringen könnte, auch wenn einiges nun mehr Sinn ergab. Auch wurde ich nach Erwins Worten nicht das ungute Gefühl los, dass Dr. Schaefers Tod damit in Zusammenhang stehen könnte.
„Zugegebenermaßen, ich habe es nie wirklich in Betracht gezogen, dass meine Arbeit für Andere ein Dorn im Auge sein könnte. Was du mir erzählt hast, verwundert mich aber auch nicht. Ich war vermutlich einfach zu naiv.“
„Hoffentlich bist du nun etwas umsichtiger. Der Aufklärungstrupp kann dir zwar Schutz bieten, aber garantiert ist dieser nicht.“
Ich senkte meinen Blick und ein kleines Lächeln stahl sich auf meinen Lippen. „Danke, Erwin. Das schätze ich wirklich sehr wert. Ich bin sehr glücklich mit so vielen engagierten Menschen hier zusammenarbeiten zu könne.“, erwiderte ich aufrichtig und das Gesicht des Kommandanten hellte sich ebenfalls auf.
Erwin begleitete mich noch zur Tür, doch bevor er den Türknauf umdrehte, stoppte ich ihn, indem ich noch fragte: „Wenn der Mauerkult und die Königsfamilie etwas verheimlichen, warum hast du mich überhaupt auf die Mission geschickt, um in ihren Archiven zu suchen? Ist es dann nicht klar, dass sie mir die Informationen vorenthalten werden?“
„Wenn es Menschen wie dich gibt, dann erscheint es gar nicht mehr so hoffnungslos, dass es auch bei ihnen Personen gibt, die die Wahrheit für die restliche Menschheit zugänglich machen wollen“, erklärte Erwin knapp, als er für mich die Tür öffnete.
Wir salutierten, bevor ich auf den Flur nach draußen ging und er die Tür wieder hinter mir schloss. Dieses Gespräch hatte mich sehr nachdenklich gemacht. Deshalb und wegen der anstehenden Expedition konnte ich kein Auge in jener Nacht schließen. Dennoch wurde ich den Eindruck nicht los, dass ich eine ganz andere Seite des Kommandanten zusehen bekam.
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