Tumgik
#ich liebe gerade word counts
daughterofhecata · 1 year
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Habe gerade die ruhige Zeit bei der Arbeit genutzt, um dieser Reihe noch ein kurzes Ficlet hinzuzufügen, und durfte dann feststellen, dass ich es irgendwie geschafft habe, ohne jede Absicht oder Plan mit vier einfach so, direkt im AO3 Editor runtergeschrieben Fics auf exakt 2000 Wörter zu kommen??? Love that for me.
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skampi835 · 3 years
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Veronica - Pt. 01 (Jean x OC)
Dear english readers:
I hope you won't trow rocks at me, but my english is pretty crappy, so I write an Fanfiction in german. I'm sorry if you can't read it and it may annoy you. I just hope to store some of my mind in here.
So yeah...
Ich versuche mich mal an einer Fanfiktion und das in deutsch, zu einem Genre wo hauptsächlich nur eine englische Community besteht. Aber mein englisch ist leider wirklich viel zu schlecht (wirklich, ich habe es versucht) als dass ich das wirklich in englisch schreiben könnte.
Darum verzeiht mir, dass ih sie in deutsch schreiben und belassen werde. Und da, diese FF ist wieder einmal für etwas länger angelegt. Mal schauen.
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Ikemen Vampire Fanfiction
Language: german
Word count: 2,5k
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Meine Knie gaben unter meinem Gewicht nach und ich ließ mich mit dem Rücken zur Wand auf den Boden gleiten. Es war unmöglich für mich länger zu stehen. Isaac war so stark gewesen. Zu stark für seine schmale Statur und sein bleiches Gesicht. Was war gerade passiert?
Ich lausche den sich entfernenden Schritten, deren Echo in der dunklen Halle von den Wänden verschluckt wurden. Ein leises Schlucken, das doch so laut wirkte, als würde es selbst von den hohen Decken zurückgeworfen werden. Wie zur Hölle bin ich nur hier gelandet? Doch egal wie sehr ich mich auch anstrengte, meine Erinnerungen wollten sich mir nicht enthüllen.
"Wer... wer bist du? Wie bist du hergekommen?"
Ich stand in der langen Halle und starrte auf die Tür, die sich nicht öffnen wollte. Ich musste dort hindurch. Gott weiß warum, doch sie wollte sich nicht öffnen lassen. Dieser Drang durch diese Türe zu kommen, nagte an jeder Zelle meines Seins als mich diese Stimme in die Realität zog und ich herumwirbelte.
Er starrte mich an. Seine Uniform jagte einen Schauer über meinen Rücken und als er schnellen Schrittes zu mir kam, spannte ich mich an. "Du..."
Er streckte seine Hand nach mit aus, doch instinktiv schlug ich sie zur Seite weg. "Fass mich nicht an!"
Kurz sah er mich überrascht an, doch dann starrte er einen weiteren Versuch mich am Arm zu packen zu bekommen. Erneut schlug ich seine Hand weg, daraufhin fasste er mich von der anderen Seite, doch ich drehte mich zur Seite und stieß ihm mit der Schulter hart gegen das Brustbein. Meine Angst war groß, doch nicht groß genug um meine erlernte Selbstverteidigung anzuwenden. Doch zu groß um mich von der Tür wegzubewegen.
Der Mann war zurückgetaumelt und hielt sich überrascht die Brust, wo ich ihn getroffen hatte. "Ich will dir nichts tun.", zischte er. "Du musst hier verschwinden. Keiner darf dich sehen."
"Ich muss zurück." Meine Worte klangen heiser. Keine Ahnung was ich zuvor getan hatte aber meine Stimme klang rau und abgekämpft.
Seine blaugrünen Augen verengten sich etwas. "Du bist durch diese Tür gekommen?", fragte er ungläubig.
Ich starrte ihn an. Seine Frage war so unerwartet für mich und kurz konnte ich mir nicht erklären warum es das war. Es war eine normale Frage für ihn in seiner Position, denn immerhin war ich hier der Eindringling. Gleichzeitig erschütterte mich seine Frage so sehr, dass sich ein Knoten in meiner Brust zuzog. Ich sah nicht mehr den schwarzhaarigen Mann in der Uniform eines Kommandanten. Meine Sicht verschwamm, da mir die Erkenntnis meiner Beunruhigung kam. "Ich... weiß es nicht."
Natürlich blieb mein Auftauchen nicht unentdeckt, nicht zuletzt, weil ich mich beharrlich weigerte mit dem mir Unbekannten einfach mitzugehen. Ich hatte keine Ahnung, wie ich hierher gekommen war, in dieses Anwesen, das einer Villa nicht unähnlich war, doch naiv genug einem Fremden einfach zu vertrauen war ich nun wirklich nicht.
Mehr Residierende tauchten auf unter ihnen Sebastian, ein Butler. Wie viel Klischee war das denn bitte?!
Skeptisch verschränkte ich die Hände in den Ärmeln meines Kimonos und unterwarf mich zunächst meiner Situation zum Abendessen zu bleiben. Mein Blick wanderte über die Barockverzierten Wände, Wandteppiche, Kerzenleuchter. Skeptisch zog ich die Augenbrauen zusammen und stellte mit Verwunderung fest, dass die Kerzen nicht echt waren.
Strom.
Ich wusste instinktiv was es war, doch war es so ungewohnt gewesen, es so zu benennen. Ich hatte das Wort so lange nicht benutzt. Wie merkwürdig, wo doch eigentlich alles aus meiner Vergangenheit mit Strom funktionierte.
Im Speisesaal setzte ich mich auf einen Stuhl. "Wusste gar nicht, dass wir einen Gast erwarten.", murrte jemand als ich nach Sebastian den Speisesaal betrat. An dem großen Tisch saßen bereits ein paar Residenten, von denen mal abgesehen die nach mir den Raum betraten.
"Oh, sie trägt so eine ähnliche Kleidung wie Dazai-san.", sagte ein blonder neben ihm und ein warmes Lächeln zierte seine Lippen. “Es steht dir fabelhaft, wenn ich so offen sprechen darf.”
"Pfft was auch immer.", entgegnete der Braunhaarige und schnaufte. Sie hatten die selben hellblauen Augen die dem Ozean glichen, aber sahen sonst gegenteilig aus. Aber es stimmte was er gesagt hatte. Ich trug einen Kimono, einen breiten Obi, der ihn zusammenhielt und kein anderer trug etwas derartiges.
Es fühlte sich vertraut an, unter Europäern zu sein. Ein merkwürdiges Gefühl von Heimat, doch ich konnte nicht benennen, warum ich so fühlte, wo ich doch so unglaublich deplatziert aussah. Elegant setzte ich mich, als jemand durch das Fenster den Raum betrat. "Ah Dazai, da bist du ja. Kennst du vielleicht diese unglaublich attraktive Dame die heute hier unter uns weilt?"
Mein Blick wanderte zu dem Mann der als einziges wie ich einen Kimono trug und für einen kurzen Augenblick starrte ich ihn an. Seine bernsteinfarbenen Augen riefen verschiedene Gefühle in mir wach. Zwei stachen besonders hervor, Schmerz und Liebe. Es war so überwältigend, dass ich meinen Blick senken musste.
"My, my. Ich habe nicht geglaubt je jemand anderen als Sebastian aus meiner Heimat zu sehen." Sein Blick glich der einer Katze und seine hellen Irdenen ruhten lange auf mir. Es hinterließ ein kühles Gefühl bei mir. Ich sah wieder zu ihm auf, entging allerdings seinem Blick. "Ich wüsste nicht, dass wir und kennen."
"Ja, ich auch nicht.", grinste er und ging an meinem Stuhl vorbei. "Arti, ich habe gerade eine neue Inspiration gefunden."
"Eh? Nichts da, Dazai, diese Schönheit werde ich zu meiner Muse krönen.", antwortete der unglaubliche Flirt und zwinkerte mir zu. Ich tat so, als hätte ich ihn nicht gesehen, was von ihm ein "so kühl. Ich mag es, wenn sie die Unnahbare spielen.", verlauten ließ.
Sie erklärten es mir beim Essen. Oder besser gesagt, sie versuchten es. Als sie sich mit ihren Namen vorstellten, die zu berühmten Figuren aus der Vergangenheit gehörten, hörte mein Gutwille ihnen zuzuhören allerdings auch schon auf.
Später bei einem Gespräch unter vier Augen mit Comte erklärte er mir, dass es allerdings wirklich die Leute waren als die sie dich ausgegeben hatten. "Das hört sich ziemlich unglaublich an.", war mein höhnischer Kommentar. Aber was für eine andere Wahl hatte ich als mich damit abzufinden? Diese Leute gingen mich nichts an.
"Warum kann ich die Tür nicht öffnen und zurückgehen?"
Diese Frage war etwas komplizierter. Laut Comte konnte nur er durch diese Tür gehen und niemand sonst. Aber das war doch die einzige Möglichkeit wie ich hierher gelangen konnte. Warum ließ sie sich also nicht wieder öffnen? "Diese Türe lässt sich nur einmal im Monat öffnen, ma chérie. Sieh." Er deutete auf eine große Sanduhr die in einem Regal an der Wand des Zimmers stand. "Wenn der Sand durch den ersten Kolben komplett durchgerieselt ist, erst dann lässt sie sich wieder öffnen."
Und so lange saß ich hier fest...
Aber was gerade geschehen war...
Ich schluckte. Ich trug nicht mehr meinen Kimono, sondern ein für die Zeit passenden Morgenmantel und darunter ein Nachthemd aus feinem Seidengarn. Ich war in die Küche gegangen, um etwas zu trinken, da ich von einem Albtraum wach geworden war. Ich war mir sicher, dass der Traum etwas mit meiner Vergangenheit zu tun hatte, oder zumindest damit, wie ich durch diese Tür gekommen war.
Doch Sebastian erzählte mir einen Scherz, dass die Residenten Vampire seien. Ja natürlich, weil es so etwas Unglaubliches gab.
Doch was gerade mit Isaac passiert war...
"Du bist immer noch hier?"
Die Stimme erschreckte mich so sehr, dass ich mich gegen die Wand drückte und aufsah. "Jean..." ich holte einen tiefen Atemzug, als der Mann mit der Augenklappe auf mich hinab sah. Seine schwarzen, seidigen Haare fielen wie Wasser in Strähnen über sein Gesicht. Sein Blick hatte die Farbe einer sternenlosen Nacht und er sah unbarmherzig auf mich hinab. "Ich habe dich nicht kommen gehört."
Jean d'Arc oder besser bekannt als Johanna of Orlean war keine Frau, wie man in meiner Zeit behauptet. Ich kann jedoch sehr gut nachvollziehen, wie man zu der Annahme kommen konnte. Jean war groß aber seine Statur war für einen Mann drahtig und sehnig. Wenig muskulös und sein Gesicht hatte die feinen Züge einer Frau. Kein Wunder, dass die Geschichte ihn für eine Frau missverkannten. "Ihr hättet in Eure Gemächer laufen und Euch einsperren sollen."
"Weshalb?" Meine Frage klang selbst für mich naiv, als ich langsam gegen die Wand gestützt wieder aufstand, eine Hand auf meinem Unterbauch. Ich entgegnete stoisch seinem sternenlosen Blick.
"Ihr solltet Euch im klaren sein, in welcher Gesellschaft Ihr Euch hier bewegt, Mademoiselle.", entgegnete Jean und erwiderte meinem Blick ruhig. Ich war kleiner als er. Kein Wunder... ich war klein! Aber in seinen Worten schwang ein Ton mit, der mich groß fühlen ließ. "Heh, meinst du, in der von Vampiren?", fragte ich flachs. Jeans Blick ruhte weiterhin ruhig und ernst auf mir. Er wirkte in dem dunklen Korridor mit dem schwachen Mondlicht von den Fenstern wie ein Bote des Todes. "Scherze nicht mit mir. Fabelwesen wie Vampire oder Dämonen existieren nur in Romanen." Oder Videospielen, überlegte ich mir. Vielleicht war ich gerade von einer Con gekommen? Vielleicht habe ich deshalb einen Kimono getragen.
"... Mademoiselle" Jean bewegte sich so schnell, dass ich nicht reagieren konnte. Es war wie eben bei Isaac. So schnell hatte er sich bewegt und gegen dir Wand gedrückt und jetzt tat Jean dasselbe. Beinahe zärtlich schob er meine Haare mit einer behandschuhten Hand nach hinten über meine Schulter, während die andere mein Kinn gefangen hielt. "... Ihr werdet es glauben müssen, wenn Ihr es am eigenen Leib erfahrt."
Mein Herz schlug bis zum Hals als er sich verbeugte und ohne zu zögern in die Seite meines Halses Biss. Der Schmerz ließ mich aus meiner Starre erwachen. Im Versuch mich loszureißen, drückte ich meine Schulter zurück und schlug mit der flachen Hand gegen sein Ohr so fest ich konnte.
Es klappte und der erhoffte Effekt setzte umgehend ein. Jean zuckte zurück, eine Hand die mich festhielt zuckte zu seinem Ohr und ich konnte mich freikämpfen, wäre da nicht dieses... Gefühl.
Ich versuchte das Stöhnen zu unterdrücken, das über meinem gesamten Körper raste, von der Wunde an meinem Hals ausgehend breitete sich Hitze aus. Keine Hitze wie bei dem Gift, als mich der Pfeil getroffen hatte und es sich durch meine Nerven in meinem Körper ausgebreitet hatte.
Meine Knie gaben nach wenigen Schritten nah und ich versuchte das Stöhnen zu unterdrücken, das aus meiner Kehle drang, als ich auf meine Hände stürzte und mir den Hals hielt. Dieses Gefühl war... vergnüglicher Genuss und er ließ meine Muskeln weich werden.
Jean hatte sich inzwischen von meiner Attacke erholt und ließ sich neben mir auf ein Knie nieder. Ich versuchte seinen Gesichtsausdruck auszumachen, als die Verzweiflung in mir Überhand nahm, weil mir mein Körper nicht gehorchte. "Die Zähne eines Vampirs sind perfekt für die Jagd. Einmal in die Beute geschlagen hinterlassen sie das Gefühl von Wohlgefallen." Seine sonore Stimme klang vollkommen neutral. Wie unpassend eigentlich, dafür, dass er mich gerade zu seiner Beute gemacht hatte.
Mit zittrigem Atem holte ich mit aller Kraft zur Seite aus, doch Jean fing meinen Arm spielend leicht ein. Meine letzte Gegenwehr bröckelte, als er meine Hand zu seinem Mund führte. Meine Atemzüge kamen nur noch stoßweise jeder Atemzug ohne zu stöhnen war ein Kraftakt, meine Sicht war vernebelt und mein Kopf so heiß, dass ich nicht wusste, wie ich noch aufrecht sitzen konnte.
Jean hauchte einen Kuss auf meine Handoberfläche, danach leckte er das Blut davon, dass zuvor noch an seinen Lippen benetzte. Ich verlor die Beherrschung und stöhnte quälend. Seine Zunge entfachte das Feuer unter meiner Haut nur noch weiter. "Pardon, petit possin, ich habe Euch unterschätzt. Ihr seid stärker als ich dachte. Jedoch ist dies nichts im Gegensatz zu dem, was ein Vampir Euch antun würde, wenn er sich wahrhaft nach Euerm Blut verzehrt. Wenn Ihr sicher zurückkehren möchtet, dann müsst Ihr die Gefahr verstehen, in der Ihr Euch befindet."
Meine Sicht verschwamm und meine Kraft versiegte vollends. Alles um mich herum wurde schwarz wie der sternenlose Himmel in seinen Augen, als ich in die Dunkelheit gezogen wurde, die ihn umgab. Nur seine Stimme klang sonor und dunkel in meinen Ohren. "... denn wenn Ihr nicht stärker werdet, werdet Ihr nicht überleben."
Jean fing den kleinen Körper mit seinen Armen auf, den er seiner Lebendigkeit entzogen hatte. Seiner Leidenschaft beraubt hatte. "Ihr müsst stärker werden." Behutsam drehte er sie und beinahe zärtlich drückte er den weiblichen Körper gegen seine Brust. Er fühlte sich schmerzlich schuldig, über das, was er getan hatte. Und schmutzig.
Er hatte sie unterschätzt. Sie war stärker als er angenommen hatte. Selbst als er sie gebissen hatte, war sie noch in der Lage gewesen sich zu wehen. Insgeheim huldigte er diesen Kampfgeist von ihr, doch er würde es ihr niemals sagen können, jetzt wo sie so schwach und zerbrechlich in seinen Armen lag.
Jean biss die Zähne zusammen. Der Geschmack ihres Blutes eisern und schwer auf seinem Gaumen. Er war selbst überrascht über seine Handlung gewesen. Was hatte ihn dazu getrieben, sie zu beißen? Sie zu zwingen zu sehen, was sie waren? Ihr warmes Blut zu schmecken?
Mit ihr auf den Armen stand er auf und betrachtete ihre Gesichtszüge im blassen Mondschein. Er spürte Bedauern, ihren Kampfgeist zu wenig gewürdigt zu haben. Er dachte sie sei naiv, schwach und dumm, dass sie hier blieb im Nest voller Vampire. Hatte er sie gebrochen?
"Jean?"
Der Schock über seine eigene Handlung hatte ausgereicht ihn aus der Haut fahren zu lassen, seine Stimme zu hören jedoch...
Langsam drehte sich Jean mit ihr auf den Armen um. Comte ging mit schnellen Schritten auf ihn zu. Es brauchte nicht viel Zeit für das Reinblut um die Situation zu erkennen. "Ich rieche Blut. Wurde Veronica angegriffen?"
"Ich habe sie gebissen.", antwortete Jean kühl, was Comte dazu brachte vor ihm stehen zu bleiben und ihn fassungslos anzustarren. "Du Jean?", fragte er fassungslos, doch er roch es sicherlich selbst. Ihr Blut haftete an ihm, es zu leugnen wäre zwecklos gewesen und Jean verspürte nicht den Drang deine Tat zu verschleiern.
"Eure Ignoranz ist ohne Zweifel unübertroffen, Comte." Es war beinahe ein Knurren, als Jean sprach. "Ihr zu verheimlichen, dass sie sich in ein Nest voller blutsaugender Vampire begeben hat."
"Es lag nicht an dir, es ihr auf diese Weise zu demonstrieren, Jean! Veronica untersteht meiner Verantwortung!" Comtes Gesichtszüge verhärteten sich, doch Jean blieb weiterhin unbeeindruckt, distanziert und kühl, während er den kleinen Leib gegen seine Brust drückte. "Es war nicht der richtige Zeitpunkt! Dies ist mein Anwesen und es liegt an mir, die Ordnung-"
"Eure Arroganz kennt keine Grenze, le Comte." Jeans Stimme war kalt und klar wie Eis und brachte le Comte zum verstummen. "Wenn Ihr die Ordnung der Dinge wahren wolltet, hätte Ihr es sofort, als sie einen Fuß in dieses Haus setzte, erzählt, was wir sind, Comte. Nichts ist furchteinflößender als Ignoranz." Jean beugte sich mit ihr auf seinen Armen zu Comte. Beinahe aus Reflex übernahm er den schlafenden Körper als Jean seinen Griff von ihrem Rücken und ihren Beinen löste. "Ihr wählt immer den falschen Zeitpunkt, um zu handeln." Damit wandte sich Jean von diesem verhassten Reinblut ab.
"Hasst du mich so sehr, dass ich dich zurückgebracht habe?", hörte er die Worte des Comte wie sie ihn durch den Korridor begleiteten. "Hasst du es so sehr wieder am Leben zu sein?" Jean konnte darauf nur ein kaltes Lachen ausstoßen.
Hass war noch ein viel zu sauberes Wort dafür, was er empfand...
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esabri · 4 years
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German in English wie as ich I seine his dass that er he war was für for auf on sind are mit with sie they sein be bei at ein one haben have dies this aus from durch by heiß hot Wort word aber but was what einige some ist is es it Sie you oder or hatte had die the von of zu to und and ein a bei in wir we können can aus out andere other waren were die which tun do ihre their Zeit time wenn if werden will wie how sagte said ein an jeder each sagen tell tut does Satz set drei three wollen want Luft air gut well auch also spielen play klein small Ende end setzen put Zuhause home lesen read seits hand Hafen port groß large buchstabieren spell hinzufügen add auch even Lande land hier here muss must groß big hoch high so such folgen follow Akt act warum why fragen ask Männer men Veränderung change ging went Licht light Art kind aus off müssen need Haus house Bild picture versuchen try uns us wieder again Tier animal Punkt point Mutter mother Welt world in der Nähe von near bauen build selbst self Erde earth Vater father jeder any neu new Arbeit work Teil part nehmen take erhalten get Ort place gemacht made leben live wo where nach after zurück back wenig little nur only Runde round Mann man Jahr year kam came zeigen show jeder every gut good mir me geben give unsere our unter under Name name sehr very durch through nur just Formular form Satz sentence groß great denken think sagen say Hilfe help niedrig low Linie line abweichen differ wiederum turn Ursache cause viel much bedeuten mean vor before Umzug move Recht right Junge boy alt old zu too gleich same sie she alle all da there wenn when nach oben up Verwendung use Ihre your Weg way über about viele many dann then sie them schreiben write würde would wie like so so diese these sie her lange long machen make Sache thing sehen see ihm him zwei two hat has suchen look mehr more Tag day könnte could gehen go kommen come tat did Anzahl number klingen sound nicht no am meisten most Menschen people meine my über over wissen know Wasser water als than Anruf call erste first die who können may nach unten down Seite side gewesen been jetzt now finden find Kopf head stehen stand besitzen own Seite page sollte should Land country gefunden found Antwort answer Schule school wachsen grow Studie study noch still lernen learn Anlage plant Abdeckung cover Lebensmittel food Sonne sun vier four zwischen between Zustand state halten keep Auge eye nie never letzte last lassen let Gedanken thought Stadt city Baum tree überqueren cross Bauernhof farm schwer hard Beginn start Macht might Geschichte story Säge saw weit far Meer sea ziehen draw links left spät late laufen run unterlassen Sie don’t während while Presse press Schließen close Nacht night realen real Leben life wenige few Norden north Buch book tragen carry nahm took Wissenschaft science essen eat Zimmer room Freund friend begann began Idee idea Fisch fish berg mountain Stopp stop einmal once Basis base hören hear Pferd horse Schnitt cut sicher sure beobachten watch Farbe color Gesicht face Holz wood Haupt- main geöffnet open scheinen seem zusammen together nächste next weiß white Kinder children Start begin bekam got gehen walk Beispiel example erleichtern ease Papier paper Gruppe group immer always Musik music diejenigen those beide both Marke mark oft often Schreiben letter bis until Meile mile Fluss river Auto car Füße feet Pflege care zweite second genug enough Ebene plain Mädchen girl üblich usual jung young bereit ready oben above je ever rot red Liste list obwohl though fühlen feel Vortrag talk Vogel bird bald soon Körper body Hund dog Familie family direkt direct Pose pose verlassen leave Lied song messen measure Tür door Produkt product schwarz black kurz short Zahl numeral Klasse class Wind wind Frage question passieren happen vollständig complete Schiff ship Bereich area Hälfte half Stein rock bestellen order Feuer fire Süden south Problem problem Stück piece sagte told wusste knew passieren pass seit since obere top ganze whole König king Straße street Zoll inch multiplizieren multiply nichts nothing Kurs course bleiben stay Rad wheel voll full Kraft force blau blue Objekt object entscheiden decide Oberfläche surface tief deep Mond moon Insel island Fuß foot System system beschäftigt busy Prüfung test Rekord record Boot boat gemeinsam common goldenen gold möglich possible Flugzeug plane statt stead trocken dry Wunder wonder Lachen laugh tausend thousand vor ago lief ran überprüfen check Spiel game Form shape gleichsetzen equate heiß hot Fehl miss gebracht brought Wärme heat Schnee snow Reifen tire bringen bring ja yes entfernt distant füllen fill Osten east malen paint Sprache language unter among Einheit unit Macht power Stadt town fein fine sicher certain fliegen fly fallen fall führen lead Schrei cry dunkel dark Maschine machine note note warten wait Plan plan Abbildung figure Stern star Kasten box Nomen noun Feld field Rest rest richtig correct fähig able Pfund pound getan done Schönheit beauty Antriebs drive stand stood enthalten contain Front front lehren teach Woche week Finale final gab gave grün green oh oh schnell quick entwickeln develop Ozean ocean warme warm kostenlos free Minute minute stark strong besondere special Geist mind hinter behind klar clear Schwanz tail produzieren produce Tatsache fact Raum space gehört heard beste best Stunde hour besser better wahr true während during hundert hundred fünf five merken remember Schritt step früh early halten hold Westen west Boden ground Interesse interest erreichen reach schnell fast Verbum verb singen sing hören listen sechs six Tabelle table Reise travel weniger less Morgen morning zehn ten einfach simple mehrere several Vokal vowel auf toward Krieg war legen lay gegen against Muster pattern schleppend slow Zentrum center Liebe love Person person Geld money dienen serve erscheinen appear Straße road Karte map regen rain Regel rule regieren govern ziehen pull Kälte cold Hinweis notice Stimme voice Energie energy Jagd hunt wahrscheinlich probable Bett bed Bruder brother Ei egg Fahrt ride Zelle cell glauben believe vielleicht perhaps pflücken pick plötzlich sudden zählen count Platz square Grund reason Dauer length vertreten represent Kunst art Thema subject Region region Größe size variieren vary regeln settle sprechen speak Gewicht weight allgemein general Eis ice Materie matter Kreis circle Paar pair umfassen include Kluft divide Silbe syllable Filz felt groß grand Kugel ball noch yet Welle wave fallen drop Herz heart Uhr am vorhanden present schwer heavy Tanz dance Motor engine Position position Arm arm breit wide Segel sail Material material Fraktion fraction Wald forest sitzen sit Rennen race Fenster window Speicher store Sommer summer Zug train Schlaf sleep beweisen prove einsam lone Bein leg Übung exercise Wand wall Fang catch Berg mount wünschen wish Himmel sky Board board Freude joy Winter winter sa sat geschrieben written wilden wild Instrument instrument gehalten kept Glas glass Gras grass Kuh cow Arbeit job Rand edge Zeichen sign Besuch visit Vergangenheit past weich soft Spaß fun hell bright Gases gas Wetter weather Monat month Million million tragen bear Finish finish glücklich happy hoffen hope blume flower kleiden clothe seltsam strange Vorbei gone Handel trade Melodie melody Reise trip Büro office empfangen receive Reihe row Mund mouth genau exact Zeichen symbol sterben die am wenigsten least Ärger trouble Schrei shout außer except schrieb wrote Samen seed Ton tone beitreten join vorschlagen suggest sauber clean Pause break Dame lady Hof yard steigen rise schlecht bad Schlag blow Öl oil Blut blood berühren touch wuchs grew Cent cent mischen mix Mannschaft team Draht wire Kosten cost verloren lost braun brown tragen wear Garten garden gleich equal gesendet sent wählen choose fiel fell passen fit fließen flow Messe fair Bank bank sammeln collect sparen save Kontrolle control dezimal decimal Ohr ear sonst else ganz quite pleite broke Fall case Mitte middle töten kill Sohn son See lake Moment moment Maßstab scale laut loud Frühling spring beobachten observe Kind child gerade straight Konsonant consonant Nation nation Wörterbuch dictionary milch milk Geschwindigkeit speed Verfahren method Orgel organ zahlen pay Alter age Abschnitt section Kleid dress Wolke cloud Überraschung surprise ruhig quiet Stein stone winzig tiny Aufstieg climb kühlen cool Entwurf design arm poor Menge lot Versuch experiment Boden bottom Schlüssel key Eisen iron Einzel single Stick stick Wohnung flat zwanzig twenty Haut skin Lächeln smile Falte crease Loch hole springen jump Kind baby acht eight Dorf village treffen meet Wurzel root kaufen buy erhöhen raise lösen solve Metall metal ob whether drücken push sieben seven Absatz paragraph dritte third wird shall Hand held Haar hair beschreiben describe Koch cook Boden floor entweder either Ergebnis result brennen burn Hügel hill sicher safe Katze cat Jahrhundert century betrachten consider Typ type Gesetz law Bit bit Küste coast Kopie copy Ausdruck phrase still silent hoch tall Sand sand Boden soil Rolle roll Temperatur temperature Finger finger Industrie industry Wert value Kampf fight Lüge lie schlagen beat begeistern excite natürlich natural Blick view Sinn sense Hauptstadt capital wird nicht won’t Stuhl chair Achtung danger Obst fruit reich rich dick thick Soldat soldier Prozess process betreiben operate Praxis practice trennen separate schwierig difficult Arzt doctor Bitte please schützen protect Mittag noon Ernte crop modernen modern Elementes element treffen hit Schüler student Ecke corner Partei party Versorgung supply deren whose lokalisieren locate Rings ring Charakter character insekt insect gefangen caught Zeit period zeigen indicate Funk radio Speiche spoke Atom atom Mensch human Geschichte history Wirkung effect elektrisch electric erwarten expect Knochen bone Schiene rail vorstellen imagine bieten provide zustimmen agree so thus sanft gentle Frau woman Kapitän captain erraten guess erforderlich necessary scharf sharp Flügel wing schaffen create Nachbar neighbor Wasch wash Fledermaus bat eher rather Menge crowd mais corn vergleichen compare Gedicht poem Schnur string Glocke bell abhängen depend Fleisch meat einreiben rub Rohr tube berühmt famous Dollar dollar Strom stream Angst fear Blick sight dünn thin Dreieck triangle Erde planet Eile hurry Chef chief Kolonie colony Uhr clock Mine mine Krawatte tie eingeben enter Dur major frisch fresh Suche search senden send gelb yellow Pistole gun erlauben allow Druck print tot dead Stelle spot Wüste desert Anzug suit Strom current Aufzug lift stiegen rose ankommen arrive Stamm master Spur track Elternteil parent Ufer shore Teilung division Blatt sheet Substanz substance begünstigen favor verbinden connect nach post verbringen spend Akkord chord Fett fat froh glad Original original Aktie share Station station Papa dad Brot bread aufladen charge richtig proper Leiste bar Angebot offer Segment segment Sklave slave ente duck Augenblick instant Markt market Grad degree besiedeln populate küken chick liebe dear Feind enemy antworten reply Getränk drink auftreten occur Unterstützung support Rede speech Natur nature Angebot range Dampf steam Bewegung motion Weg path Flüssigkeit liquid protokollieren log gemeint meant Quotient quotient Gebiss teeth Schale shell Hals neck Sauerstoff oxygen Zucker sugar Tod death ziemlich pretty Geschicklichkeit skill Frauen women Saison season Lösung solution Magnet magnet Silber silver danken thank Zweig branch Spiel match Suffix suffix insbesondere especially Feige fig ängstlich afraid riesig huge Schwester sister Stahl steel diskutieren discuss vorwärts forward ähnlich similar führen guide Erfahrung experience Partitur score apfel apple gekauft bought geführt led Tonhöhe pitch Mantel coat Masse mass Karte card Band band Seil rope Rutsch slip gewinnen win träumen dream Abend evening Zustand condition Futtermittel feed Werkzeug tool gesamt total Basis basic Geruch smell Tal valley noch nor doppelt double Sitz seat fortsetzen continue Block block Tabelle chart Hut hat verkaufen sell Erfolg success Firma company subtrahieren subtract Veranstaltung event besondere particular viel deal schwimmen swim Begriff term Gegenteil opposite Frau wife Schuh shoe Schulter shoulder Verbreitung spread arrangieren arrange Lager camp erfinden invent Baumwolle cotton geboren born bestimmen determine Quart quart neun nine Lastwagen truck Lärm noise Ebene level Chance chance sammeln gather Geschäft shop Stretch stretch werfen throw Glanz shine Immobilien property Spalte column Molekül molecule wählen select falsch wrong grau gray Wiederholung repeat erfordern require breit broad vorbereiten prepare Salz salt Nase nose mehreren plural Zorn anger Anspruch claim Kontinent continent
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swden-writingcorner · 4 years
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Reward
Kurzbeschreibung: Wilma erkennt ihre Berufung zur Schauspielerin.
Charaktere: Wilma, Melanie, Trude, Matilda, Sprotte, Frieda, Steve, Torte
Pairing: Wilma/Matilda, Sprotte/Fred und Torte/namenlose Freundin
Einordnung: Dezember nach "Wilden Hühner und die Liebe" - spielt ein paar Wochen nach "Talent"
Word Count: 1663
A/N: Da Wilma leider immer nur eine Randfigur bei den Wilden Hühnern spielte (außer vielleicht in "... und die Liebe"), wollte ich mal ein wenig mehr mit ihrem Charakter arbeiten. Es ist nicht wirklich eine Charakterstudie, aber es hilft mir persönlich etwas mehr Einblick zu gewinnen. Auch wenn Wilma wahrscheinlich in den Büchern ganz anders erscheint. Randnotiz: das Stück in dem sie spielt ist auch von Shakespear und heißt "Was immer ihr wollt". Ich hab mir mal eine klassische Zusammenfassung davon angesehen und fand es einfach nur gut. Lag aber vielleicht auch einfach an der Erzählerin. ^^
~ O ~ O ~
Die Aufregung, die einem die Kehle zuschnürt, ehe sich der Vorhang endlich öffnet und einen das grelle Licht dahinter blendet. Das flaue Gefühl im Magen, als säße man in einer Achterbahn, die plötzlich steil zur Erde hinab rauscht und einem die Luft zum Atmen nimmt. Die weichen Knie und zittrigen Hände, während man ein letztes Mal prüft, ob auch die Frisur, die Kleider und das Make-up stimmen. Ob auch alles einfach perfekt ist für den großen Auftritt. Das berauschende Schwindelgefühl, wenn das Licht dann endlich auf einen fällt, alles andere in Schatten taucht und so verschwinden lässt. Wenn alle Augen allein auf einen selber gerichtet sind. Voller knisternder Spannung und Erwartung. Wenn jeder nur auf die ersten gesprochenen Worte wartet. Voller Begeisterung die Figuren im Rampenlicht beobachtet und von der Handlung in eine andere Welt mitgerissen wird. Dann kehrte plötzlich diese Ruhe in Wilmas Körper ein. Ihre Schultern entspannten sich merklich, ihr Körper richtete sich zu ihrer vollen Größe auf und ihre Hände ließen den Stoff ihres Kostüms los, dass sie zwischen ihren ruhelosen Fingern gerieben hatte. Das Rampenlicht machte ihr nichts mehr aus und auch die starrenden Augen des Publikums nahm sie nur noch am Rande wahr. Aber das war nicht immer so gewesen. Die Aufregung vor ihrem großen Auftritt berauschte sie wie jedes Mal, aber früher hatte sie sie auch gelähmt und schon beinahe geängstigt. Irgendwie fühlte es sich immer wie beim ersten Mal an, als sie hinter der Bühne gestanden und mit klopfendem Herzen auf den Beginn der Show gewartet hatte.
Sie kannte jedes einzelne Wort ihrer Figur auswendig, konnte ihren Text selbst im Schlaf aufsagen und sprach selbst einige Passagen ihrer Mitspieler ohne Probleme mit. Sie hatte pausenlos geprobt, im Theaterkurs der Schule, sowie am Wohnwagen der Wilden Hühner und ganz heimlich Zuhause, während ihre Mutter glaubte, dass sie Hausaufgaben machte. Sie hatte ihre Szenen immer und immer wieder mit ihren Freundinnen durchgespielt bis diese schließlich scherzhaft meinten, dass sie nun ebenfalls ohne Probleme im Stück mitspielen konnten. Sie hatte sich Nachmittag um Nachmittag mit Steve getroffen, mal am Baumhaus, mal am Wohnwagen, und gemeinsam mit diesem ihren Text gelernt und geübt. Sie hatte mit Trude zusammen geprobt, die wie immer das ganze Stück auswendig gelernt hatte, obwohl sie diesmal nur eine kleinere Rolle darin erhalten hatte. Sie hatte sich mit Matilda getroffen und gemeinsam ihre Szenen geprobt und sich schließlich sogar mit dem Jungen aus der Parallelklasse getroffen um mit ihm zu üben, damit alles tadellos aussah. Sie war perfekt vorbereitet. Sie war Viola, die ihren Bruder bei einem tragischen Schiffsunglück verloren hatte. Die sich als Junge verkleidet in einen Herzog verliebt, die Aufmerksamkeit einer anderen Frau auf sich zieht und schließlich notgedrungen um deren Gunst kämpfen muss. Sie wusste, dass ihre Freundinnen gespannt im Zuschauerraum hinter dem Vorhang saßen. In der zweiten Reihe, wo sie Sitzplätze für sie alle reserviert hatte. Sie hatte Frieda und Sprotte bereits gesehen, die tuschelnd die Köpfe zusammengesteckt hatten, während Fred, der seinen Arm lässig um Sprotte gelegt hatte, sich mit Willi auf seiner anderen Seite unterhielt. Trude lief nervös wie ein kopfloses Huhn hinter der Bühne umher, nagte an ihrer Lippe herum und schien kurz vor einem Nervenzusammenbruch zu stehen. Oder einer Ohnmacht, wenn man sich ihre blasse Gesichtsfarbe so besah. Torte war ebenfalls leichenblass, während er mit ängstlich aufgerissenen Augen neben seiner Freundin stand und mit viel zu hoher und lauter Stimme dumme Witze riss. Steve stand mit seinem zerfledderten Skript in der Hand neben der Bühne und las lautlos die Wörter durch, die er bereits Wochen zuvor auswendig gelernt hatte. Dabei wechselte seine Gesichtsfarbe immer wieder von Grün zu käsebleich, als müsste er sich im nächsten Moment übergeben oder einfach klanglos umfallen. Melanie lief derweil zwischen ihnen allen umher, rückte die Kostüme zurecht und besserte mit ihrem bewährten Schminkkoffer das Make-up nach, wo durch die Aufregung einiges verwischt war. Hektische rote Flecken waren auf ihren Wangen erschienen und sie schien genauso aufgeregt zu sein, wie die Schauspieler für die sie die Kostüme mit Nora und Frieda zusammen gefertigt hatte. Neben Wilma stand Matilda, die ebenfalls kreidebleich war und sich mit zitternden Händen immer wieder die Haare zurechtrückte, obwohl sie deswegen bereits einen strafenden Blick von Melanie kassiert hatte. Erneut hob sie eine Hand um an den Blumen in ihren Haaren zu spielen, als Wilma sie scherzhaft in die Seite stieß und aufmunternd anlächelte. Ertappt ließ Matilda ihre bebende Hand wieder sinken und lächelte Wilma ebenfalls schüchtern zu, obwohl es ein wenig zu schief und zittrig ausfiel. Es war das erste Mal, dass sie eine größere Rolle erhalten hatte und umso aufgeregter war sie nun kurz vor dem Beginn der Show. Aber Wilma wusste, dass sie es perfekt meistern würde. Für einen Moment streiften sich ihre und Wilmas Hand, wobei sie für einen kurzen Augenblick die Finger im Schatten ihrer Kostüme ineinander verschränkten. Beide lächelten schüchtern, während sie den Blick der anderen mieden und mit roten Wangen in verschiedene Richtungen sahen. Es war noch so neu und aufregend, was sich zwischen ihnen, während all der endlosen Proben, entwickelt hatte. Nicht mal die anderen Wilden Hühner wussten bisher etwas davon, obwohl Wilma sich fest vornahm, es ihnen so bald wie möglich mitzuteilen. Sie brauchte keine Angst mehr zu haben. Egal in wen sie sich verliebte, ihre Freundinnen würden an ihrer Seite bleiben und unterstützen. Kurz drückte sie Matildas Hand noch einmal zur Aufmunterung, ehe sie sie wieder losließ und sich neben Trude stellte, die nun ebenfalls hektisch im Skript blätterte und versuchte etwas zu lernen, was sie ebenfalls bereits vor Monaten gelernt hatte. Dabei redete sie wie ein Wasserfall mit gesenkter Stimme auf sie ein, aber Wilma konnte sie dabei kaum verstehen. Sie versuchte gerade selber ihr klopfendes Herz und schwitzenden Hände unter Kontrolle zu bringen. Doch als ihre Lehrerin sie alle zusammen rief und ihnen Glück wünschte, konnte es Wilma ganz deutlich spüren. Die Anspannung, die in der Luft zwischen ihnen allen knisterte wie Starkstrom. Ihr Blut kochte vor Aufregung und ihr Herz stolperte ein paar endlose Schläge lang, als sich der Vorhang schließlich öffnete und die erste Szene gespielt wurde, in der sie jedoch noch nicht dabei war. Kurz streifte ihr Blick wieder Matilda, die sie aufmunternd anlächelte, ehe sie einmal tief Luft holte und schließlich für ihre Szene auf die Bühne trat. Das Licht brannte auf ihrer Haut, die Luft war dick wie Pudding und wollte einfach nicht richtig in ihre Lungen gelangen. Hunderte von Augen starrten sie an und verurteilten sie und ihre Schauspielkünste. Ihr Kopf war vollkommen leer, kein einziges Wort war mehr darin. Sie war verloren in einem Meer aus starrenden Augen und dem blendenden Licht der Scheinwerfer. Ihr Körper versteifte sich und sie schloss für einen Moment die Augen. Und dann war es plötzlich vorbei. Sie war nicht mehr Wilma, das fünfte Wilde Huhn mit vier besten Freundinnen, die ihr immer zur Seite standen. Das Pistolenhuhn, wie sie die anderen immer nannten. Das Mädchen, das sich in andere Mädchen verliebt, anstatt in die hübschen Jungs wie alle anderen. Sie war Viola, die ihren Zwillingsbruder gerade bei einem tragischen Schiffsunglück verloren hatte und nun sehen musste, wie sie überleben konnte. Die sich in einen Herzog verliebt, der sein Auge bereits auf eine andere geworfen hat. Es gab keine Zuschauer mehr, die sie beobachteten, sondern nur die Figuren im Stück mit denen sie arbeitete. Und so spielte sie im Rampenlicht eine andere Rolle, eine andere Person, die so anders war und dachte als sie selbst. Und als sie Orsino küsste, ihren Zwillingsbruder umarmte und Olivia die Wahrheit über sich offenbarte, da wusste sie es. Als sich das Licht kurzzeitig dimmte, konnte sie es ganz deutlich in sich spüren. Als sie alle gemeinsam den Applaus im Rampenlicht entgegennahmen, wusste sie es dann ohne Zweifel. Der Beifall war berauschend und sie hörte deutlich, wie laut und begeistert ihre Freundinnen für sie klatschten und jubelten. Wie warm und einladend plötzlich das Licht der Scheinwerfer war und wie stolz sie auf die Leistung von sich und ihren Mitschülern war. Sie alle verbeugten sich gemeinsam, ihre Lehrerin und Melanie mit eingeschlossen, und Wilma grinste breit in die Menge. Fest schlossen sich ihre Hände um die von Matilda und Steve, ehe sie gemeinsam mit dem Jungen aus der Parallelklasse nach vorne gingen. Ihr Körper fühlte sich leicht wie eine Feder an, als würde sie im nächsten Moment einfach davonfliegen und nie wieder den Boden berühren. Ob vor Glück oder Erleichterung wusste sie dabei aber selbst nicht genau. Und es war ihr auch egal. Sie wollte nur dieses Gefühl nie wieder verlieren. Den Stolz, die Aufregung, die Freude, das Glück auf der Bühne zu stehen und ein Stück, eine andere Figur zu spielen, die ihr selber so fremd war. Und die sie für andere Menschen Leben einhauchen konnte. Und sie wusste in diesem Moment, dass sie nie wieder etwas anderes tun wollte. Sie wollte für immer auf der Bühne stehen, sich in andere Figuren verwandeln und diese zum Leben erwecken. Es konnte nichts Schöneres, nichts Berauschenderes geben, als tosenden Beifall entgegenzunehmen. Das war ihre Belohnung für ihre harte Arbeit, für die Aufregung und all die schlaflosen Nächte, die hinter ihr liegen. An diesem Hochgefühl hielt sie mit aller Macht fest, während sie mit ihren Freundinnen zusammen im Wohnwagen übernachtete und ihnen mit leuchtenden Augen von Matilda und ihren Gefühlen für sie erzählte. Daran hielt sie fest, als sie entgegen den Wunsch ihrer Mutter kein Medizinstudium begann, sondern auf die Schauspielschule ging, für die sie sich heimlich beworben hatte. Und sie dachte jeden Abend daran, wenn sie im Rampenlicht stand und der Applaus wie eine Welle über ihr zusammenbrach, wenn der Stolz ihr die Luft zum atmen nahm und sich ihr Herz vor Glück schmerzhaft zusammenkrampfte. Es konnte einfach keinen schöneren Ort auf der Welt geben, als die Bühne im Rampenlicht mit all ihren Kollegen an ihrer Seite. Außer vielleicht der alte Wohnwagen im Sonnenlicht, die scharrenden Hühner im Auslauf und ihre vier Freundinnen, die gespannt vor diesem auf ihren Liegen auf sie warteten.
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officialchrissyreed · 7 years
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7. Kapitel: WIND
Upps, ganz schnell noch mal drübergeguckt und raus mit dem Schmand … :’D Warum sind meine Wochenenden so busy, was ist passiert? Nächstes könnte es auch wieder eng werden, weil mein letzten beiden Blockseminartermine sind (ich bekomme Bauchschmerzen vom drüber nachdenken haha, ich hab gar keine Panik vor meinem Referat oder so) Hier passiert jetzt nicht so mega viel? Characterdevelopment und Bonding, das ist eigentlich alles. (So wie jedes Kapitel) Wieso sage ich überhaupt noch was dazu. :’D Alle sind irgendwie in love mit Haru und Hasret, aber das ist ja allgemein bereits bekannt und auch ich zähle mich in diesem Fall zu ‘alle’. (-: Word Count: 12,1k Warnings: (-: keine Ahnung man, es werden so minimal Worte erwähnt, aber ich glaube nicht, dass ich das taggen muss? Nein wirklich (wenn doch sag an)
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Michael Vihre verengte die dunklen Augen zu Schlitzen und schob sich die Brille viermal hintereinander zurück auf den Nasenrücken, nachdem sie viermal nach vorn gerutscht war, weil er seinen Kopf beim Lesen so schräg hielt. Seine Lippen bewegten sich dabei manchmal nachdenklich wie eine Raupe, die in seinem Bart wohnte, als würde er auf etwas kauen, was besondere Geschmackskenntnisse erforderte. »Ich weiß, es ist kurzfristig«, sagte Hasret leise und fuhr mit den Fingern immer wieder ihren Oberarm auf und ab, wie um sich selbst zu beruhigen. »Aber ist das nicht großartig? Meine Noten waren dieses Jahr so gut, dass sie mich dafür ausgesucht haben.« In ihrer Brust hämmerte ein alarmierendes Gefühl gegen ihre Rippen, es sträubte sich alles in ihr dagegen zu lügen, aber sie hatte keine Wahl. »Muss ich gar nichts unterschreiben?« Seine Stimme klang immer, als wäre er ein Geschichtenerzähler, wenn er mit ihr sprach, weise, gutmütig und voraussichtig. Keine Zustimmung, keine Ablehnung. Nur eine Frage. »Ich glaube nicht.« Sie machte eine Pause. Ihr Hals war trocken und von innen heiß. Hasrets Vater kratzte sich geräuschvoll am Kinn und starrte eine lange Zeit auf den Zettel in seiner Hand, las ihn noch einmal von vorne durch, erst gründlicher, dann überflog er ihn, untersuchte die Bedeutung hinter jedem einzelnen Wort. Schließlich machte er ein langes, summendes Geräusch, sodass man im ersten Augenblick meinen könnte, eine Biene sei ins Hinterzimmer geflogen. »Dann wird Richard wohl wieder ein paar Extraschichten einlegen müssen.« Hasret konnte die kleinen Rädchen hinter seiner Stirn rattern sehen, wie er die Wirtschaft für die kommenden sechs Monate neu verplante, jede Einzelheit einkalkulierte und all die Listen durchging, die in seinem Kopf abgespeichert waren. »Schaffst du das denn alles ohne mich?«, entfuhr es dem Mädchen verunsichert, bevor sie sich wieder hinsetzen und auf die Zunge beißen konnte. Es ging nicht anders, ihre Natur konnte sie einfach nicht davon abhalten sich Sorgen zu machen, es fiel ihr zu schwer, fühlte sich nicht richtig und nicht nach ihr an. Es war auffällig. »Ich kann auch …« Sie stockte, doch die Zügel glitten ihr weiter aus den Händen. »Hierbleiben und dir die zusätzliche Arbeit ersparen.« Sie wusste, dass es keine Option war. Aber sie konnte nicht anders als es zu versprechen. Doch ihr Vater schüttelte nur gemächlich den Kopf. »Um Himmels Willen, Hasret. Traust du deinem alten Herrn etwa nicht zu, das Hotel auch so auf den Beinen zu halten?« Seine Tochter lächelte gequält, aber dennoch irgendwie erleichtert. Nein, das tat sie ganz und gar nicht. »D-doch, natürlich … ich meine nur … bald ist wieder Saison, und Halloween in ein paar Tagen, wir haben mit dem Maislabyrinth noch gar nicht angefangen … bald ist Erntezeit. Gerade jetzt …« »Dann sehen wir das eben als Herausforderung an.« Ihr Vater stemmte die Hände auf seine Knie und stand schwerfällig von seinem Stuhl auf. Hatte sie gerade seine Knochen gehört oder war das Einbildung gewesen? »Ich hab doch noch deine Brüder, Richard, Estella, Colin … wir werden das Kind schon schaukeln. Bitte, Hasret, hab nicht das Gefühl, dass du von mir aufgehalten wirst. Wenn schon Alik und Esra ihren Traum aufgeben mussten, weil ihr alter Vater es nicht hinbekommt, allein ein Hotel zu führen, dann möchte ich wenigstens, dass du einen guten Abschluss bekommst und etwas von der Welt siehst. Du möchtest doch nicht ewig hier in Texas bleiben, oder?« Hasret schluckte das fest entschlossene ›Doch!‹ widerwillig herunter und überspielte ihre Verzweiflung mit einem Lächeln und mehreren Kopfbewegungen. »Sicher nicht …« Ein kleiner Teil von ihr hasste diese kleingeistige, engstirnige Stadt und die rassistischen alten Leute hier, doch die Liebe zu ihrem Zuhause, den Feldern und Sonnenuntergängen war stärker als das. Wenn ihr Vater nur wüsste, dass sie das alles für ihn tat … dass sie niemals freiwillig von hier weggehen würde, wenn es ihre Zukunft nicht in trockene Tücher hüllen würde. »Dann ist ja alles gut. Bring uns ein paar schöne Souvenirs aus Europa mit! Die machen sich sicher gut im Restaurant«, lachte er mit holpriger Stimme und verwahrte den Zettel gut bedacht in einem Ordner auf seinem Schreibtisch. Hier gab es keine Unordnung, alles war an seinem Platz und würde sich nicht so einfach verlieren lassen. »Versprochen. Den größten, kitschigsten Eiffelturm, den sie haben«, versicherte Hasret mit einem erlösten Lächeln und feuchten Augen. »Und vergiss nicht ab und zu anzurufen, wenn du Zeit hast. Du weißt ja, wann ich an der Rezeption bin.« Hastig nickte das Mädchen, schniefte leise, kniff die Augen zu und wischte sich mit den Handballen die Tränen weg, die sich in ihren Augenwinkeln gesammelt hatten. In ihrem Herzen war ein Loch, das mit jeder Minute größer wurde, doch bevor es alles um sich herum konsumieren konnte, musste sie sich daran erinnern, was die Zukunft bringen würde. Sie tat das für ihre Familie, ganz egal, was ihre verwirrten Gefühle ihr sagten. »Ich glaube, ich hol schon mal die Vogelscheuche aus dem Keller … sonst bleibt sie wieder in der Tür stecken, wie letztes Jahr.« ▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬ Hasret hatte ein flaues Gefühl im Magen, als sie aufwachte. Sie war noch nie zuvor mit dem Flugzeug geflogen und in Jackbells Privatjet ließ es sich wirklich leben, es gab sogar einen Kaffeeautomaten, aber gewöhnen würde sie sich sicherlich nie an das Gefühl tausende von Metern über den Wolken dahinzugleiten. Sie hatte sich in ihrem Traum ein letztes Mal von ihrer Heimat verabschiedet, von ihrer Familie, ihren Kollegen, Freunden, den Pferden und der Sonne, die stets wie eine liebevolle Mutter über ihren Köpfen gewacht hatte. Bernhards Plan war aufgegangen, alles hatte funktioniert und niemand hatte Verdacht geschöpft, wie es den Eindruck gemacht hatte. Als sie am Morgen mit Koffern und Taschen aus der Tür getreten war, hatte sie ihren Vater und ihre Brüder noch einmal innig in den Arm genommen und sich mindestens fünfmal unter Tränen verabschiedet, sodass Bernhard schon langsam ungeduldig geworden war. Um zehn waren sie in Houston angekommen, hatten Haruki, Cassy und Eli, die ziemlich zerknautscht aussahen, aus dem miefigen Gasthaus abgeholt, in dem sie für die Nacht einquartiert worden waren, und erst zirka anderthalb Stunden später waren sie in die Lüfte abgehoben. Das ekelhafte Gefühl in ihren Ohren und ihrem Hals würde Hasret so schnell nicht wieder vergessen. Der Flug sollte nach Bernhards eigenen Angaben siebzehn Stunden dauern und gerade deswegen, weil dies ihr erster Flug war, war das nicht gerade eine angenehme Art, sie in die Kunst des Ständig-hin-und-her-Fliegens einzuführen, aber er hatte sich das wahrscheinlich auch nicht ausgesucht. Die ersten paar Stunden hatten die Finals noch damit verbracht sich angeregt zu unterhalten, über ihr vorheriges Leben, ihre Eltern, die Schule und Theorien, ob Jackbell vielleicht ein Außerirdischer war, doch nach ein paar Stunden verging ihnen die Lust am Reden langsam. Cassy war als erste eingeschlafen, dicht gefolgt von Eli, und Hasret selbst war nicht mehr lange genug wach geblieben um Haru einnicken zu sehen. Vermutlich war er ganz aus dem Häuschen, seine Heimat früher als gedacht wiederzusehen, zumindest nahm sie an, dass sein zufriedenes Lächeln so viel wie ›Ich bin aus dem Häuschen‹ in seiner Körpersprache bedeutete. Sie war sehr davon überzeugt, dass dieser Mann unheimlich emotional war, nur sein Äußeres hinderte ihn üblicherweise daran, es so theatralisch auszudrücken wie Cassy. Kaum hatte sich Hasret von ihrem Doppelsitz, auf dem sie die letzten Stunden über ausgebreitet gelegen hatte, aufgerappelt, ertönte eine weibliche Stimme durch die Lautsprecheranlage, die verkündete, dass sie bald landen würden. Erst blickte die Texanerin reflexartig aus dem Fenster und wurde gleich von einem bunten Sternenmeer auf der Erde begrüßt, das energisch die anfallende Dunkelheit des Himmels bekämpfte, dann sah sie in den Gang und erkannte die drei anderen Finals, die bereits wach waren und sie zuversichtlich anlächelten. Erst nach ein paar Sekunden begann Hasret sich zu fragen, wer gerade gesprochen hatte – nach Bernhard hatte das eher weniger geklungen –, bis ihr wieder einfiel, wer am Flughafen in Houston zu ihnen gestoßen war. Jackbells vertrauter Bote hatte ihnen am Airport eine Frau namens Lindy Maheshwar als seine heutige Copilotin präsentiert. Bisher war er die Finals stets allein geflogen, da die Strecke nicht allzu lang gewesen und er sich offenbar für ziemlich selbstständig hielt, auch wenn das alles andere als vorschriftsmäßig war und er dafür schon einige Male von seinem Chef den Hintern gerettet bekommen hatte. Aber siebzehn Stunden am Stück, das konnte man selbst dem Superhelden Bernhard nicht zumuten. Seinem zerknautschten Gesicht zufolge hatte Jackbell ihn wohl buchstäblich dazu zwingen müssen. Lindy, eine großgewachsene und drahtige Frau Mitte vierzig mit langen, schwarzen Haaren, war offensichtlich ebenfalls in die Geheimnisse der Finals eingeweiht, oder zumindest stellte sie keine Fragen, und wirkte im Gegensatz zu ihrem barschen Pilotenkollegen wie eine Kindergärtnerin; motiviert, aufgeweckt und mit einem gutgelaunten Lächeln im Gesicht. Die Landung geschah angenehm und ohne Probleme und wie schon bei ihrer Ankunft in Florida klaubte die Gruppe rasch ihr Gepäck zusammen. Hasret überlegte zweimal, ob sie ihr mitgebrachtes Handgepäck mitschleppen sollte, da das wichtigste ja sowieso in Cassys Tasche verstaut war, und entschied sich letztendlich dagegen. Wie erwartet war Haruki derjenige, der als erstes aus der Maschine stürmte, kaum dass die Treppe zum Betreten bereit war, und blieb gleich darauf unten stehen um die Arme auszubreiten, die Luft seiner Heimat einzuatmen und dann am ganzen Körper einen kalten Regenschauer zu spüren. Ein weiterer Klimaschock nach dem schwülen Florida und dem trockenen Texas. Innerhalb von Sekunden hatte der glückliche Japaner seine Fassung wiedergefunden und wartete nun unten auf seine drei Partner, die mit wackligen Beinen aus dem Flugzeug stiegen und mit zusammengekniffenen Augen versuchten, die Stufen vor sich auszumachen und nicht zu stolpern. Die Luft war kühl und feucht und wehte ihnen um die Nase, in Hasrets wuscheligen Locken setzten sich tausende von kleinen, glitzernden Tröpfchen fest, und Eli, der nun wirklich kein Fleisch auf den Knochen hatte, bebte förmlich, als wäre er in Wirklichkeit ein Presslufthammer in Hemd und Hose. Nach ein paar ziemlich frostigen Minuten kam schließlich auch Bernhard mit gewohnt säuerlicher Miene aus dem Cockpit geschlängelt und reichte ihnen wieder einmal einen seiner sagenumwobenen Zettel. Schweren Herzens und mit dem Wissen, dass sie wohl wieder einmal Elis Dechiffrierungsgabe benötigen würden, steckte Cassy das Papier in ihre Tasche. »Diesmal läuft das Ganze etwas anders ab«, begann der ältere Mann mit rauer Stimme, während sein abstehendes Haar sich auf seinem Kopf wog wie das Maisfeld der Vihres und seine Augen hinter seiner dick beschlagenen Brille schon nicht mehr zu sehen war. Er klang ziemlich danach, als wäre er, wie sie selbst, gerade erst aufgewacht. »Ich bin eine Weile nicht mehr für euch da, die Waffe müsst ihr wieder selber abholen und auch der nächste Flug ist per Passagierflugzeug, alle weiteren Anweisungen erhaltet ihr von Jackbell. Ich stoße im nächsten Land dann wieder zu euch. Bevor ich es vergesse …« Er kramte vier Flugtickets aus seiner Mantelinnentasche, in der es – wie auch in Cassys Umhängetasche – einen unendlichen Negativraum geben musste, und drückte sie Eli in die Hand, der gerade freistand. »Das Datum und die Uhrzeit stehen drauf und es sollte ja nicht allzu lange dauern, Mister Okuis Prototypen abzuholen. Lindy und ich müssen wieder los, Jackbell hat seinen Zeitplan ein wenig umgekrempelt und wir haben noch einiges zu erledigen und vorzubereiten … das dient natürlich alles nur dazu, damit ihr schneller an die restlichen drei Finals herankommt und es weniger Komplikationen gibt. Noch irgendwelche Fragen?« »Wie lange bleiben wir hier?«, sprudelte es aus Haruki heraus, der sich ziemlich schwer damit tat, nicht allzu hoffnungsvoll zu klingen, so als wäre er womöglich gerne zuhause. Bernhard gab ein kehliges Knurren von sich. »Zwei, drei Tage, ich weiß nicht genau, achtet einfach auf die Daten auf den Tickets. Wenn es sonst nichts mehr gibt, macht euch aus dem Staub, die Mechaniker kommen.« Die Vorhersage traf ein und die Maschine wurde, kaum waren seine Worte ausgesprochen, auch schon von allen Seiten inspiziert. Wäre Bernhard so stehengeblieben und hätte sich nicht bewegt, wäre vielleicht auch er auf Defekte und Makel geprüft worden, doch in diesem Moment trat auch Lindy zu ihnen und klopfte ihrem Copiloten brüderlich auf die Schulter. »Beweg dich schon, Bernie, wir haben noch zu tun. Lass die Kinder ihren Auftrag erledigen, die schaffen das schon.« Sie lachte herzhaft und Cassy begann plötzlich zu vermuten, dass sie und Bernhard vor langer Zeit einmal ein und dieselbe Person gewesen waren, die von einem mächtigen Zauberer in eine helle und eine dunkle Seite aufgespalten worden waren. Haru übernahm die Führung der Finals und weil er von allen die längsten Beine hatte, war es ziemlich mühevoll für den Rest ihm auch zu folgen ohne auf dem Flugplatz und anschließend in der überdachten Halle verloren zu gehen. Nach einem befriedigenden Blick auf seine neue Uhr stellte Haruki fest, dass es definitiv nicht fünf Uhr morgens war und wartete auf die nächstbeste Möglichkeit, auf Ortszeit umzustellen, die er auch schnell ausmachen konnte. Sechs Uhr abends, gerade der richtige Zeitpunkt für ein herrliches Dinner, doch er musste sich trotz gewaltigem Kohldampf zurückhalten. Noch waren sie nicht in Kawasaki, dafür musste zunächst ein Taxi gerufen werden. Das dürfte kein Problem sein, er erinnerte sich noch genau an diesen Flughafen, den Haneda Airport in Tokyo, erst vor ein paar Monaten war er selbst allein hier gewesen um seinen Flug nach Vancouver zu erwischen. Von hier waren es nur ein paar Kilometer bis in seine Heimatstadt und wenn sie erst einmal da waren, konnte er seinen Kameraden jeden seiner Lieblingsplätze zeigen und wenn er eigenes Geld dabei gehabt hätte, würde er auch allen großzügig die Spezialitäten seines Lieblingsrestaurants spendieren, so musste jedoch Jackbells Geld herhalten. Die Begeisterung des Ältesten schien nicht unbemerkt zu bleiben. »Ich wusste gar nicht, dass Haruki so enthusiastisch aussehen kann«, flüsterte Hasret atemlos in Cassys Richtung, welche nur angestrengt auflachte. »Ich bin auch erschüttert … immerhin kenne ich ihn von euch am längsten.« Zwei oder drei Tage länger als Eli, aber die hatten ausgereicht, um sich sicher zu sein, dass man dem Japaner sein Leben in die Hände legen konnte. »Wie ein Fisch im Wasser.« Eine halbe Stunde später, in der sie in einem Taxi nach Kawasaki gesessen hatten, standen sie vor einer Bank, in welche Haruki im Eiltempo hineinsprintete um schleunigst Jackbells Dollar in Yen umzutauschen, damit sie den Fahrer bezahlen konnten, der mehr oder weniger ungeduldig, aber ohne jegliche Beschwerden vor dem Gebäude wartete. Ganz so wie die drei ausländischen Finals, die wohl als kurzfristiger Pfand herhalten mussten. Sobald das geschafft war, Haru wieder zu ihnen stieß und Cassys übliche Trinkgeldspende mit übernahm, konnte es für ihn losgehen. Er nahm einen tiefen Atemzug, inhalierte den Sprühregen und spürte wie seine trockene Kehle wieder zum Leben erwachte, wie sie sich über die angenehmen Laute seiner Muttersprache freute. Es war schön wieder etwas anderes als Englisch zu sprechen, denn obwohl er es unheimlich gut beherrschte, Japanisch war noch einmal ein ganz anderes Gefühl auf der Zunge. Allerdings machte ihn das auch zum einzigen Final, der auf dieser Reise mit den Einheimischen sprechen konnte, denn die anderen verstanden offensichtlich kein Wort in diesem Land. »Eli, übersetz uns mal bitte den Hotelnamen …«, begann Cassy und wollte gerade den Zettel aus ihrer Hosentasche fummeln, als ihr ältester Teamkamerad mit einem drängenden Räuspern eine hastig abwinkende Geste machte. »Wollen wir nicht vielleicht vorher etwas essen? Ich kenne ein wirklich grandioses Restaurant in der Nähe, ich verspreche euch, ihr werdet begeistert sein!« »Tja, das hört sich doch nicht schlecht an«, stimmte Hasret höflich lächelnd zu und warf ihren beiden Kollegen einen kurzen Blick zu, doch auch Cassy und Eli schienen nichts dagegen zu haben. Gut, vielleicht war ›nichts‹ ein wenig zu radikal ausgedrückt, Elis Einstellung zu Fisch war bekannt und in der typisch japanischen Küche würde es mit Sicherheit eine Menge davon geben, aber nichts läge ihm ferner, als Haru das Herz zu brechen, also willigte auch er ein. Beinahe beschwingt führte er seine Reisegruppe durch die Innenstadt, wobei diese nicht umhin kam, ab und zu einfach stehenzubleiben um die Faszination der Stadt auf sich einwirken zu lassen. Hasret fühlte sich deutlich unwohl zwischen all den Gebäuden, Straßen und Autos, sie war endlose Weiten und eine Menge Himmel gewohnt, hier jedoch schien es, als stünden die Häuser und Läden im Konkurrenzkampf mit dem Horizont, wer den bestehenden Platz einnehmen durfte. Ähnlich ging es auch Cassy, die von den bunt leuchtenden Werbetafeln, unbekannten Schriftzeichen und der aufdringlichen Werbung an jeder Ecke vollkommen überrumpelt war. Ihre Gedanken rotierten nur so, doch sie hoffte innig, dass sich dieses Gefühl bald legen würde. Möglicherweise war es auch nur die Aufregung nach dem langen Flug. Eli hingegen war schier begeistert von Kawasaki und verspürte vor jedem neuen Geschäft einen großen Drang, hineinzugehen und sich mit Comics und dem dazugehörigen Merchandise einzudecken. Nach einem gewissen Fußmarsch durch die Straßen kamen die Finals letztendlich am Bestimmungsort an, einem gemütlichen, traditionell eingerichteten Restaurant in einer Seitengasse, in dem nicht allzu viel los war. Es war angenehm warm nach diesem ungemütlichen Wetter, die Stimmung war erhaben, überall an den Wänden befanden sich altertümliche Malereien von Sagenhelden und Märchen, wie Cassy schätzte, und sie bekamen einen Platz in einer besonders behaglichen kleinen Ecke. Als Haruki sich wie selbstverständlich eine Speisekarte nahm und nichts weiter sagte, blickten die Übriggebliebenen sich nur hilflos an und warfen ebenfalls ein Auge auf das laminierte Papier, doch klüger wurden sie dadurch nicht. Irgendwann traute Hasret sich, das Problem anzusprechen, dass sie leider überhaupt nichts lesen konnten, sodass Haru sich beschämt lachend entschuldigte und gleich darauf seine Empfehlungen aussprach. Er schien tatsächlich so aufgeregt, dass er ganz vergessen hatten, dass das für ihn selbstverständliche Alphabet für die anderen nur wie ein verschnörkeltes Durcheinander aussehen musste. Wie zu erwarten war bestellte sich der Älteste eine Portion seines Lieblingssushi, die Spezialität des Hauses, Cassy schloss sich ihm an, Hasret gab sich mit Miso-Suppe zufrieden und Eli probierte eine Nudelsuppe. Er hatte einige Mühe damit, die Stäbchen zu bedienen und kämpfte mit jeder einzelnen Nudel, sein Sitzplatz verwandelte sich mit jeder Minute mehr in ein Schlachtfeld, während Cassy sich beinahe schon mit dem rohen Fisch im Seetangmantel anfreunden konnte. Die heimische Küche war ganz ausgezeichnet und schmeckte vor allem Eli besser als dieser zunächst angenommen hatte, und sättigte sie für den Abend voll und ganz. Dazu kam noch, dass ihr japanischer Teamkamerad ein guter Lehrer war, was die Essgewohnheiten und richtige Bedienung des Bestecks anbelangte, geduldig und dennoch unmissverständlich. »Und, wie gefällt es euch bisher?«, fragte Haru irgendwann ohne jeglichen Kontext und schaute neugierig in die Runde, versuchte, ganz genau die Gesichter der anderen zu lesen, sodass diese es nicht wagten, ein negatives Wort über Kawasaki zu verlieren. Sein kindliches Strahlen war wirklich ungewohnt, aber es stand ihm nicht schlecht. »Also, das Essen ist gut«, begann Eli mit einer Antwort, die hoffentlich danach von den Mädchen weitergeführt werden würde, während er möglichst diskret eine Nudel mit spitzen Fingern vom Unterteller fischte und sie zurück in die Schüssel beförderte. Fast schon flehend schielte er aus dem Augenwinkel zu Cassy und Hasret, doch die tauschten nur ihre eigenen Blicke aus und mussten milde lachen. »Es ist nichts für mich«, gestand die Texanerin schließlich mit einem entschuldigenden Blinzeln. »Ich meine die Stadtatmosphäre. Aber es ist wirklich motivierend zu sehen, wie glücklich du bist!« Haruki schien plötzlich seine ganze Fassung zu verlieren, presste die Lippen aufeinander und katapultierte ein Sushiröllchen in seinen Mund, um die Zeit zu schinden, die er sich soeben selbst eingebrockt hatte. Dabei wurden sogar seine kantigen Wangen ein wenig rosa. Jetzt konnte auch Eli sich ein breites Grinsen nicht mehr verkneifen. »Aber dafür musst du dich doch nicht schämen, Haru!«, neckte der Jüngste ihn mit säuselndem Ton und piekte dessen Oberarm mit der Rückseite seiner Stäbchen. »Du bist von uns allen schon am längsten von zuhause weg, es ist nur natürlich, dass du dich freust wieder hier zu sein«, beschwichtigte auch Cassandra ihn mit weicher Miene. Langsam hatte der Älteste den Dreh raus, wie er sich wieder in eine lässige, distanzierte und respekteinflößende Person verwandeln konnte. Er schluckte das letzte Stückchen Seetang herunter und räusperte sich. Seine Miene war wieder abgekühlt. »Langsam wird es spät. Lass doch mal Bernhards Zettel sehen, Cassy«, bat er anschließend in seiner vollkommen ruhigen und gewohnt tiefen Stimme, woraufhin die Kanadierin ihm – noch immer mit einem Schmunzeln auf den Lippen – seinen Wunsch erfüllte. Haruki nahm ihr das Papier ab und tat so, als könnte er die bestürzende Handschrift ihres Mentor lesen, doch selbst wenn das Chaos auf seiner Sprache sein sollte, so half ihm das auch kein bisschen. »Ich übernehme das.« Elis Tonlage war hart und stockernst, er bemühte sich, wie ein Geheimagent mit einem glasklaren Ziel zu wirken, hatte jedoch dieses Mal auch Probleme damit, das Gekrakel zu entschlüsseln, da er nicht sicher war, ob es die Worte auch tatsächlich gab, die er zu sehen glaubte. »Yamasaki Inn?«, las er mit einem Fragezeichen auf der Zunge vor und ließ die Augen dabei fragend zu Haru schweifen, welcher zu seiner Erleichterung jedoch wissend nickte. »Ich weiß, wo das ist. Wir können sogar zu Fuß hin, wenn ihr nichts gegen ein paar Schritte im Regen habt.« Grundsätzlich hatten sie das nicht, aber wenn sie neben ihren Tisch blickten, wo sich die vier Koffer türmten, dann sah das mit der Motivation schon ein wenig anders aus. Trotz der unliebsamen Schlepperei fassten sie jedoch den Entschluss, dass es vermutlich länger dauern würde, auf ein Taxi zu warten, und immerhin konnten sie ja auch schon wieder ins Bett, wenn sie erst einmal angekommen waren. Der Regen war stärker geworden und obwohl die Temperatur wohl kaum noch mehr gesunken sein konnte, fühlte sich die Luft schon richtig eisig an. Ihre Koffer wechselten alle paar Minute die Hände, wenn sie zu schwer wurden, und eigentlich war Haruki der Einzige, der wirklich einen Weg einschlug und zielgerichtet ging, der Rest der Finals folgte ihm nur wie eine Schar Entenküken, die die Trockenheit des Nestes suchten. Aus den versprochenen paar Schritten wurden ein, zwei Kilometer und Hasret hatte irgendwann so viel nasses, schweres Haar im Gesicht, dass ihr nichts anderes mehr übrigblieb als beim Laufen auf den Boden zu starren. Endlich in der warmen, hell erleuchteten Lobby angekommen, stellte Cassy für einen kleinen Moment ihr Gepäck ab, drückte die Wirbelsäule durch und strich sich stöhnend über die Schultern, während der älteste Final an der Rezeption nach den Zimmern fragte, die auf den Namen ›Jackbell‹ reserviert waren. Ihre Umhängetasche war zwar nicht besonders prall gefüllt, aber so lange ein Gewicht an derselben Stelle zu tragen wirkte sich irgendwann doch auf die Gelenke aus. Viel Zeit zum Ausruhen hatte sie jedoch nicht, denn Haru klimperte schon wenige Minuten später mit zwei Schlüsseln in seiner Hand und machte eine Kopfbewegung in Richtung Lift. Ein Glück gab es wenigstens so etwas hier … Kaum im zweiten Stockwerk eingetroffen, blieb der Final plötzlich mitten im Gang stehen und die anderen stießen beinahe gegen Harus Rücken, als dieser ohne Vorwarnung seine Schritte unterbrochen hatte. »Wir haben zwei Zimmer für jeweils zwei Leute. Wie möchtet ihr euch aufteilen?« Diese Frage überforderte die Mannschaft völlig. Verwirrt und mit größtenteils offenen Mündern tauschten sie Blicke aus, man hörte geräuschvolles Einatmen, als wollte jemand etwas sagen, aber schließlich wagte es dann doch niemand einen Vorschlag zu machen. Der Jetlag hatte etwas verspätet, aber dafür besonders erbarmungslos zugeschlagen. »Alles klar …«, seufzte Haruki letztendlich resignierend und strich sich mit der freien Hand durch die nassen Haare. »Ich gehe mit Hasret, Eli mit Cassy. Ist das in Ordnung?« Natürlich hatte niemand etwas einzuwenden, was durch ein gemeinschaftliches Schulterzucken und lustloses Nicken unterstrichen wurde. »Das ist bestimmt auch keine schlechte Möglichkeit, um uns untereinander besser kennenzulernen. Ich meine, wir hängen wahrscheinlich noch eine ganze Weile lang zusammen …« Als Cassy die Schlüssel in die Hand gedrückt bekam, schien sie plötzlich doch aus ihrer Lethargie zu erwachen und blinzelte irritiert, als wäre sie gerade ziemlich grob geweckt worden. »Sollen wir zum Frühstück eine Uhrzeit ausmachen? Dann treffen wir uns morgen im Restaurant und können danach gleich den Tag planen.« Hasret nickte müde. »Das klingt gut. Wie wär’s mit neun?« Das Vorgehen war beschlossene Sache. Die Finals wünschten sich noch eine gute Nacht, dann verschwanden Haruki und Hasret in Zimmer 139 und Cassy und Eli in der 140. Mit einem langgezogenen Stöhnen schob die Kanadierin ihren Koffer vor den Schrank und streifte dann mit minimalem Aufwand ihre Schuhe von den Hacken. Das Gepäckstück auch noch auszuleeren würde sich für die zwei oder drei Tage, die sie hier verbringen würden, nicht lohnen. Andererseits war sie selbst jetzt schon eine Woche unterwegs … der Koffer war zwar kompakt, doch es passte eine ganze Menge hinein und an den letzten beiden Stationen ihrer Reise hatte sie ordentlich geschwitzt, ganz zu schweigen von den miefenden Klamotten, die sie in der Kanalisation ruiniert hatten. Morgen würde sie Haru fragen, ob es hier irgendwo einen Waschsalon gab. Eli verschwand mit einem kleinen Wäschehaufen unter dem Arm wortlos im Bad und kam eine halbe Stunde später frisch geduscht und umgezogen wieder heraus. Ein breites, entrücktes Lächeln lag auf seinen blassen Lippen und er machte einen tiefen Atemzug. »Das hauseigene Shampoo riecht … woah … probier es.« Cassy hatte sich auf das Doppelbett gesetzt, ihr ausgewähltes Nachtgewand auf ihrem Schoß liegen und betrachtete ihren Partner und Zimmergenossen eingehend. Sie würde mit ihrem breiten Hintern vielleicht mehr Platz wegnehmen, aber Eli war ein schmales Klappergerüst, das mit ein paar Zentimetern Matratze auskommen würde, zumindest hoffte sie das für ihn. Wieso hatte sich dieser Satz so angehört, als ob er das Zeug getrunken hätte? »Davon will ich mich auch überzeugen«, murmelte sie erschöpft und trat an seiner Stelle in das neblige Bad. Der Spiegel und die Fliesen waren beschlagen und die Luft war warm und reinigte ihre Atemwege. Als Cassy die Kleidung abstreifte, blieb sie noch ein paar Momente so in der feuchten Wärme stehen und tat so, als stünde sie in einer Sauna, dann huschte auch sie unter die Dusche. Eli sollte recht behalten, die Luft duftete nach Hibiskusblüten und Honig und das schaumige rosa Zeug, das dafür verantwortlich war, verlieh auch ihren Haaren diese Note. Sie fühlte sich fast wie in einer Haarpflegewerbung, in der ein Model mit glänzender Wellenmähne in Zeitlupe den Kopf in den Nacken warf. Ästhetisch. Jetzt überkam sie die Erschöpfung endgültig von allen Seiten, Cassys Lider wurden immer schwerer, der süße, heiße Dampf um sie herum lullte sie zusätzlich ein und existenzielle Gedanken fluteten ihr Gehirn. Was mochten die drei unwissenden Finals wohl gerade tun, die sie noch nicht aufgesammelt hatten, wo waren sie und woran dachten sie gerade? Wo mochte Jackbell sitzen, woher wusste er all die Dinge, die er wusste, und wie war es ihm möglich, ihre Umgebung jedes Mal so gezielt zu manipulieren, dass sie problemlos mitten im Schuljahr verschwinden konnten, ohne dass es jemanden störte? Wie mochten Eli und Hasret ihre Abreise wirklich überstanden haben, vermissten sie ihre Familien schon? Welches Land würden sie als nächstes bereisen und was geschah, wenn alle Teammitglieder beisammen waren? Wer war dieser Original, von dem Bernhard gesprochen hatte, was hatte er vor und wie sollten sie ihn finden? Alles was sie bisher erlebt hatte kam ihr mit einem Mal wie ein Traum vor, der viel zu lange dauerte und einfach keine ihrer Fragen beantwortete. Nur mit Mühe schaffte Cassy es sich fertig zu duschen, die Haare zu trocknen und ein T-Shirt überzustreifen, woraufhin sie wie eine Schnecke aus dem Bad schlurfte und todmüde aufs Bett fiel. Eli, der bereits darauf gelegen hatte, wurde ein paar Zentimeter in die Luft und dann an den Rand katapultiert, wenn auch nicht von ihr getroffen. Die Matratze war weich und man konnte darin versinken, und das half ihr nicht unbedingt beim Wachbleiben. »Du willst wahrscheinlich schlafen, oder?«, analysierte der Rotschopf mit einem ganz kleinen Bisschen Enttäuschung in der Stimme, als Cassy sich langsam in eine einfachere Schlafposition quälte und unter der Decke verschwand. Jetzt noch ein längeres Gespräch mit ihm zu führen, dazu hatte sie tatsächlich im Augenblick wenig Lust. »Eigentlich schon.« Das ›Eigentlich‹ ließ Raum für Diskussionen, die sie gar nicht führen wollte und umgehend bereute sie es, das Wort verwendet zu haben. »Haru ist schon süß, wenn er sich so freut«, begann Eli schließlich doch eine Unterhaltung in fast schon beschämt leisem Ton, als fürchtete er, der erwähnte Haru könnte ihn vielleicht hören. Cassy musste müde schmunzeln und ein wohliges, warmes Gefühl strömte von ihrer Körpermitte aus, als sie sich noch tiefer in die Kissen sinken ließ. »Da muss ich dir wohl recht geben«, seufzte sie und zog ihre Decke höher. »Und wie er erst Luftsprünge machen wird, wenn wir seine Waffe finden … auf einmal ist er ein ganz anderer Mensch.« »Er ist so cool, oder?« Eli war plötzlich wieder so energiegeladen, dass er beinahe aufsprang. »Wie er sich als Tourist ausgegeben und völlig zum Affen gemacht hat um mir aus der Klemme zu helfen, als er sich für seine Ausraster entschuldigt hat und man gesehen hat, dass es ihm wirklich leid tat … Haru ist so ein richtiger Anführer. Wir können froh sein, dass wir ihn haben.« Cassandra nickte abwesend. Es war angenehm zu wissen, dass sie nicht die Einzige war, die Haruki für so einen Helden hielt, doch wie Eli ihn anhimmelte, das war wirklich herzerwärmend. Jetzt wo er längere Zeit ohne seinen Vater auskommen musste, konnte er ein männliches Vorbild sicherlich gut gebrauchen. Ob Haru wohl ein guter Vater wäre? Streng, aber liebevoll, mit Sicherheit. Eli brabbelte noch eine Weile lang und Cassy hatte sich kurzerhand dazu entschlossen, nur noch ab und zu mitfühlend zu nicken, sodass dem Amerikaner erst nach einer ganzen Zeit auffiel, dass sie eingeschlafen war. Auch Haruki und Hasret hatten eine Dusche genommen und sich danach in ihren Betten breitgemacht, die im Gegensatz zu den Schlafstätten ihrer Teamkameraden einzeln daherkamen. Nur noch die Nachttischlampen waren eingeschaltet, warfen helle Flecken an die weißen Wände, sowie den bedrohlichen Schatten von Hasrets in die Luft gestreckten Beinen. Die Texanerin lag auf dem Bauch, das Kinn auf ihre Hände gestützt und lächelte ihren Partner amüsiert an. »Ich dachte, ich platze gleich«, beendete Haru seine Geschichte mit einer resignierenden Handbewegung und schüttelte den Kopf. »Und als dann auch noch Eli plötzlich aufgesprungen und in die Dunkelheit gelaufen ist, dachte ich, es ist vorbei. Zum Glück ist dein Vater so ein entspannter Typ, in seiner Nähe vergisst man gleich, dass man eigentlich sauer war. Ich hab mich sofort aufs Bett geworfen, als ich ins Zimmer gefunden habe. Tja, und das war eigentlich alles, was wir erlebt haben, bevor du dazugekommen bist.« Er nahm einen tiefen Atemzug und seine trockene Zunge machte dabei ein schmatzendes Geräusch, so viel am Stück zu reden war anstrengender als er in Erinnerung hatte, doch das war es wert gewesen. Hasret prustete los, als hätte sie das Lachen die letzten Minuten über zurückgehalten. »Tut mir leid, aber ich komme noch immer nicht über die Stewardess hinweg! Da wäre ich echt gerne dabei gewesen«, schmunzelte sie und wischte sich eine kleine Träne aus dem Augenwinkel. Die anderen Finals fühlten sich nach dieser Geschichte gleich viel vertrauter an, als würde sie sie schon länger kennen und nicht erst seit knapp einer Woche. Es war wirklich großes Glück gewesen, dass solche netten Menschen von nun an an ihrer Seite sein würden, sie kannte genügend Leute, mit denen sie einen Trip wie diesen im Leben nicht ausgehalten hätte. »Ganz ehrlich, manchmal liege ich nachts wegen dieser Frau wach und frage mich, ob sie vielleicht nur ein Traum war! Wenn Eli nicht live dabei gewesen wäre, ich weiß nicht, ob ich meinen gesunden Menschenverstand noch beweisen könnte.« Wieder musste sie lachen und vergrub am Ende das Gesicht im Bettlaken unter ihr. Die Dunkelheit war angenehmer in ihren Augen als sie angenommen hatte. Ihre erste Reise mit einem Flugzeug und sie hatte auch noch den Großteil davon geschlafen … gut, was hätte man sonst auch Großartiges tun sollen? Doch je länger sie sich nicht bewegte, desto mehr musste Hasret zugeben, dass sie sich mehr und mehr ausgelaugt fühlte und ihr Kopf und ihre Glieder zu schmerzen begannen. Wahrscheinlich war das nur ein Nebeneffekt des Fliegens. »Bin ich froh, dass ich morgen bis neun Uhr schlafen kann … angezogen ist man ja schnell und dann können wir gleich runtergehen. So spät bin ich seit Jahren nicht aufgestanden«, murmelte sie, nachdem sie ihr Gesicht wieder an die Luft gelassen hatte. Haruki machte große Augen. »Ernsthaft, seit Jahren? Wie lange schläfst du denn normalerweise?« »An Wochentagen steh ich um sechs auf um zur Schule zu gehen, und am Wochenende um fünf bis sechs, je nachdem, wie viel zu tun ist.« Hasret zuckte nur träge mit einer einzelnen Schulter, doch Haru sah wirklich betroffen aus. »Meine Güte, das klingt hart!«, brachte er anerkennend heraus. »Ihr habt echt eine ganze Menge zu tun, wie es aussieht. Wirklich erstaunlich, dass eure Familie das jeden Tag hinbekommt. Hast du keine freien Tage zwischendurch, wenn es was zu Feiern gibt oder so etwas?« »Na ja, ganz allein sind wir ja auch nicht, es gibt tolle Leute, die bei uns arbeiten und auf die man sich verlassen kann. Und meine Ferien bestehen meist darin, dass ich noch ein bisschen Extraarbeit übernehmen, wenn ich nicht zur Schule muss. Vor allem zur Erntezeit oder in der Feriensaison gibt’s eine Menge zu tun, oder wenn es einen neuen Stallmieter gibt.« So leichtfertig wie Hasret darüber sprach konnte Haru nur schlucken, wenn er sich vorstellte, wie viel es in so einem Hotel zu tun geben musste. Auch er hatte im letzten Jahr einiges aufgelastet bekommen, hatte sich eine Wohnung und einen Job suchen und mächtig für die Uni lernen müssen, da war oft nicht viel Zeit für Partys und Schlafen gewesen, und er war im Gegensatz zu vielen, die er kannte, schon ziemlich diszipliniert, aber Hasret hatte wirklich ordentlich zu schuften. Wenn sie ein kurzärmeliges Shirt trug, konnte man die harte Arbeit deutlich an ihren Armen sehen. »Aber denk jetzt nicht, mein Vater würde mich zwingen so viel zu übernehmen!«, fügte die Texanerin schnell hinzu. »Ganz im Gegenteil, er versucht ständig mich davon abzuhalten, damit ich stattdessen in einen Schulclub gehe oder Zeit für meine Freunde habe, aber es ist meine eigene Entscheidung. Es ist kein leichtes Leben, aber ich liebe es. Ich habe genug zu essen, ein Dach über dem Kopf und eine Familie, die mich liebt, da gibt es Menschen, die es viel schlimmer getroffen hat und ich bin dankbar, dass ich einen solchen Segen erfahren habe.« Haruki nickte langsam und respektvoll. Jemanden wie Hasret konnten sie auf ihrer Reise sicherlich gut gebrauchen, und dazu war sie auch noch so freundlich und herzensgut, dass man in ihrer Gegenwart einfach nicht anders konnte als zu lächeln. Aber dennoch betrübte ihn etwas. »Wenn ich das so höre, dann tut es mir echt leid, dass wir dich einfach so aus deinem Alltag gerissen haben … du hängst ja wirklich an deiner Heimat und man scheint dort ziemlich auf dich angewiesen zu sein. Stattdessen musst du jetzt mit uns durch die Welt gurken und dich mit Jackbells Anrufen rumschlagen …« Hasret lächelte beruhigend. »Ihr habt damit ja gar nichts zu tun, dir muss das nicht leidtun. Und wir müssen stets mit der Zukunft im Hinterkopf handeln, vielleicht erschwere ich meiner Familie gerade jetzt im Moment das Leben, aber wenn das alles vorbei ist, werden wir genügend Geld haben um uns nie mehr Sorgen um unser Land zu machen. Mein Vater wird einen sicheren Ruhestand genießen können, meine Brüder können studieren und ich vielleicht auch, mal sehen. Obwohl ich glaube, dass ich meinen Platz mit dem Hotel und den Pferden schon gefunden habe.« Mit einem Seufzen streckte sich der Final und krabbelte dann unter ihre Decke. Haruki hatte irgendwie keine Worte für all das. Er bewunderte Hasret für ihre Stärke und Einstellung, sie war so nobel, dass sie ihr altes Leben dafür aufgab, ihrer Familie die Tage zu erleichtern, und hatte auch noch eine Menge Vertrauen in ihren Auftraggeber. Er hingegen wollte nur selbst über die Runden kommen und gerade jetzt fiel ihm auf, dass er noch nicht ein einziges Mal an seine Eltern gedacht hatte, seit er zurück in Japan war. Die wohnten irgendwo hier und es konnte theoretisch geschehen, dass er ihnen morgen beim Einkaufen in der Stadt über den Weg lief. Er war ein unabhängiger Mensch, kein Einzelgänger, doch nach der Schule hatte er es gar nicht abwarten können, sich sein eigenes Leben aufzubauen, zu tun was er wollte, einen Job anzunehmen und vielleicht eines Tages eine Frau zu finden, mit der er eine Familie gründen könnte. Sein perfektes Leben bestand aus den klassischen Klischees, aber für ihn war dieser Gedanke Vollkommenheit. »Was ist mit dir?«, hörte er Hasret aus der Ferne fragen, als er zurück in die Wirklichkeit kam. Das Licht war ausgeschaltet, beide lagen unter ihren Decken und waren bereit, um von diesem Tag Abschied zu nehmen. »Wie ist deine Familie so?« »Ich wohne schon länger nicht mehr bei meinen Eltern«, antwortete Haruki, nachdem er eine Zeit lang überlegt hatte, wie er es ausformulieren sollte ohne herzlos zu wirken. »Ich hab mich schon damit abgefunden, unabhängig von ihnen zu sein und sie nicht so oft zu sehen. Meine Wohnung ist in Tokio, einige Kilometer weit weg von hier. Aber ich war nie so eng mit ihnen verbunden wie du mit deinem Vater, schätze ich.« »Ich glaube, das bin ich auch nicht«, kam es aus der Dunkelheit vom Fenster. Plötzlich war es so still im Zimmer, es wurde direkt unheimlich. »Abhängig, meine ich. Ich weiß zwar nicht, wie lange ich ohne meine Familie aushalte, bis ich Heimweh oder so bekomme … aber ich weiß, dass alles, was ich tue für sie ist. Ich kann es selber schaffen, wenn ich ein Ziel vor Augen habe. Sie sind diejenigen, die von mir abhängig sind.« Darauf wusste Haru keine Antwort. Sein Blick lag noch eine ganze Weile auf Hasret, stirnrunzelnd, bis er schließlich nur ein zustimmendes Brummen von sich gab und die Augen schloss. Er hatte keine Ahnung wie er das Gespräch weiterführen sollte und es schien ihm klüger es einfach zu beenden. Es war spät und morgen würden sie sich auf die Suche nach seiner Waffe machen … dafür musste er fit wie ein Turnschuh sein. ▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬ Cassy hätte ruhig noch ein paar Stunden weiterschlafen können, doch ganz offensichtlich hatte Eli ein besseres Zeitgefühl als sie und weckte sie pünktlich um viertel vor neun. Er selbst war zu dieser Stunde schon frisch angezogen, gewaschen und grinste sie breit an. Kaum hatte die Kanadierin überhaupt die Möglichkeit bekommen, ihre Augen an das Licht zu gewöhnen und mit der Tatsache klarzukommen, dass sie nun aufstehen musste, da hatte sich ihr Zimmergenosse schon verabschiedet und war aus der Tür verschwunden. Schlaftrunken und mit zerknittertem Gesicht erhob sich der Vampir namens Cassy aus seinem Sarg und blieb ein paar Sekunden lang auf der Bettkante sitzen, bevor sie nach passender Kleidung suchen und sich die Müdigkeit aus dem Gesicht waschen konnte. Sie durfte doch nicht allzu spät eingeschlafen sein, ging es ihr durch den Kopf, aber wahrscheinlich musste sie einfach ein paar Minuten in der Welt der Lebenden verbringen um sich wieder daran zu gewöhnen. Eli war indessen ins Zimmer von Haruki und Hasret verschwunden, beziehungsweise hineingeplatzt, womit er den beiden einen ganz schönen Schrecken eingejagt hatte. Zum Glück waren die zwei Finals schon wach gewesen, doch Haru ließ es sich dennoch nicht nehmen, eine mahnende Standpauke zu halten, während Hasret im Hintergrund kicherte. Die beiden hatten offenbar ebenfalls gut geschlafen, die Texanerin war schon seit einigen Stunden wach, da ihre innere Uhr noch immer auf Arbeit und Schule eingestellt war, und hatte eine ganze Zeit lang tatenlos herumgelegen, was sie überhaupt nicht gewohnt war. Wenig später fanden die vier im Restaurant wieder zueinander und setzten sich gemeinsam an einen Tisch. Glücklicherweise war Haruki bei ihnen um der Kellnerin die Zimmernummern zu verraten und es entstanden keine peinlichen Situationen. Das Frühstück sah nicht nur wunderschön und bunt aus, es schmeckte auch wunderbar. Neben dem kontinentalen Standardangebot wie Brot und Butter, das auch jedem westlichen Besucher schmecken würde, fand sich eine Reihe von regionalen Köstlichkeiten wieder, die Haru begeistert genoss. Er wirkte so entrückt und verträumt, dass seine Teammitglieder sich währenddessen schon wieder kaum trauten etwas zu sagen und ihn womöglich aus seiner Fantasie zu reißen. »Was für ein Gefühl das heute morgen war, einfach mal nichts zu tun und im Bett liegen zu bleiben«, schwärmte Hasret mit einem Seufzen und biss schmunzelnd von einer Scheibe Brot ab. »Ist wirklich Ewigkeiten her.« »Ab und zu mussten wir auch schon früher aufstehen«, beschwerte sich Eli mit einem undeutlichen Murmeln und schielte aus dem Augenwinkel zu Haru und Cassy herüber, als wollte er sich bestätigen lassen. »Aber sicher nicht so früh wie Hasret«, kam es von Cassy. »Und dafür hatten wir auch immer einige Stunden wettgemachte Schlafzeit auf den Flügen.« »Apropos Flüge!«, riss sich Haru selbst aus seiner Frühstückstraumwelt und hatte sofort wieder in Sekundenschnelle ein ernstes Gesicht aufgesetzt. Mittlerweile konnte er damit aber keinen seiner Freunde mehr täuschen. »Ich hab vorhin mal einen Blick auf die Tickets von Bernhard geworfen. Wenn ich richtig gelesen habe, ist unsere nächste Haltestelle Russland und der Flug geht heute Nacht um vier. Das heißt also, heute schleunigst unsere Arbeit erledigen und dann früh ins Bett gehen.« Der Großteil der Finals stöhnte erschöpft auf. Jackbell schickte sie ganz schön herum, einen weiteren Tag hätte er ihnen ruhig noch gönnen dürfen … »Russland«, wiederholte Hasret mit einem sanften Lächeln auf den Lippen. »Das wird sicher kalt um diese Jahreszeit. Hoffentlich hat die Person, die unsere Koffer gepackt hat, auch an ein paar warme Pullover gedacht.« »Hat sie«, bestätigte Eli kurzerhand und dann, als er nur überraschte Blicke zugeworfen bekam, fügte er hinzu: »Ich hab zwischendurch mal ein bisschen drin rumgewühlt, mir war langweilig …« Cassandra verzerrte das Gesicht beim Gedanken an die Kälte, die sie in Russland begrüßen würde, sie war froh gewesen, aus ihrer Heimat vorerst an ein paar wärmere Orte geschickt worden zu sein, aber diese Zeit war wohl vorbei. Ab jetzt ging es nur noch bergab mit der Temperatur. Und wie musste sich das erst auf Eli und Hasret auswirken, die zwei lebten ja praktisch schon auf der Sonne. »Wo wir gerade von Koffern und Pullovern sprechen«, fiel der Kanadierin dann wieder ein und sie wandte sich an Haruki. »Gibt es hier in der Nähe zufällig einen Waschsalon oder so etwas? Wir haben mittlerweile alle, glaube ich, ein bisschen Schmutzwäsche angehäuft und wir beide haben auch noch immer unsere stinkenden Sachen von letzter Woche …« Der Japaner nickte langsam. »Du hast recht, keine schlechte Idee. Es gibt einen ein paar Straßen weiter. Sollen wir jemanden bestimmen, der den Haushalt für uns erledigt?« Er schmunzelte. »Ganz alleine als Amerikaner in Kawasaki?« Eli kniff ein Auge zu und zog eine unglückliche Grimasse. »Andererseits, wenn du gehst, können wir indessen auch nirgendwo hin.« »Immerhin müssen wir niemanden mehr suchen«, merkte Cassy mit bedeckter Stimme an. »Das wäre ja ein schöner Mist gewesen, wenn wir mit unserem Englisch noch einen Japaner hätten auftreiben müssen …« »Ich versuche mich zu beeilen«, versprach Haruki. »Bleibt währenddessen einfach im Zimmer und lasst euch von Jackbell die nächsten Anweisungen geben, seht auf Bernhards Zettel nach, oder was auch immer. Vielleicht gibt es an der Rezeption ja Stadtpläne, dann könnt ihr euch schon mal schlau machen, wohin wir später müssen.« Mit dem Plan waren alle soweit einverstanden und nachdem das Frühstück verspeist war, Haru sämtliche schmutzige Wäsche in die Hand gedrückt bekommen hatte und verschwunden war, sammelten sich die restlichen Finals in Zimmer 140 um das Vorgehen zu planen. Cassy fischte das Handy aus ihrer Tasche und starrte es eine Zeit lang tatenlos an. »Hasret, möchtest du vielleicht mal …?«, fragte sie nach einer Zeit und wandte sich mit zerknautschter Miene an ihre Partnerin, ihre schwarzen Pupillen waren um ein paar Größen geschrumpft, doch Hasret nickte nur grinsend und nahm bereitwillig die Last von Cassys Schultern. Vielleicht würde es sich ja anfühlen, als wäre sie der Präsident, der einen höchst geheimen Auftrag ausführen lassen musste. »Jackbell, wir sind bereit für die nächste Aufgabe!«, grüßte sie ihren Auftraggeber voller Elan und erhielt als Antwort vorerst nur ein bescheidenes Husten. »Miss Vihre, Sie habe ich ja nicht erwartet«, kam ein paar Sekunden darauf die Entgegnung. Auch Jackbell klang beinahe gutgelaunt, obwohl man ihm das nie so richtig anmerken konnte, er war immerhin eine frei schwebende Stimme im Orbit. »Natürlich, die nächste Waffe, Mister Okui … Sie werden sie wie auch zuvor bei einer Privatperson der Stadt abholen können. Der Name der Aufbewahrerin ist Kaori Fujiwara, sie wohnt nicht weit von Ihrem Hotel entfernt und Sie sollten zu Fuß ganz einfach hinkommen. Die Adresse sollte Bernhard Ihnen eigentlich gegeben haben, oder irre ich mich da?« Hasret drehte den Kopf hastig hinter sich und suchte Antwort bei ihren Teamkameraden. Eli, der den besagten Zettel bereits in der Hand hielt, nickte bestätigend. Ganz sicher war er sich zwar nicht, ob er die Buchstaben richtig entziffert hatte, aber Haru würden ihnen später sicher dabei helfen können. »Ja, wir haben die Adresse«, stellte sie klar. »Irgendetwas, was wir beachten müssen? In Rhodesville musste Bernhard eine Sicherheitsfrage beantworten, damit wir die Waffe bekommen haben. Das soll eine Anweisung von Ihnen gewesen sein, die selbst Bernhard nicht kannte, wenn es dieses Mal also wieder so etwas gibt, wäre es vielleicht besser, uns die Antwort jetzt zu verraten.« Jackbell hustete einsichtig. »Ja richtig, das hätte ich beinahe vergessen, gut dass Sie fragen. Halten Sie etwas zum Schreiben bereit.« Eli im Hintergrund hatte schon Kugelschreiber und Notizbuch zur Hand und wartete mit ausgestrecktem Hals auf die Antwort wie ein Vogelküken auf sein Mittagessen. »Die Antwort lautet ›Henrietta‹. Nicht allzu lang.« »Henrietta«, wiederholte Hasret, damit ihr Partner das Wort auch mitschreiben konnte. Sie war gespannt, auf welche Frage dies die Antwort war, wollte aber genauso wenig nachfragen. Sie würde es ja später sowieso erfahren. »Danke, ich glaube, das war alles.« Jackbell verabschiedete sich noch begleitet von einem letzten Husten, dann legte er auf und Hasret stieß einen langgezogenen Seufzer aus. »Mich würde interessieren, wieso er diese Sicherheitsfragen überhaupt so plötzlich eingeführt hat. Hat er vor irgendetwas Angst?« »Könnte wegen Bernadette Sparks aus Florida gewesen sein«, mutmaßte Cassy. »Dieser Einbruch hat ihn verständlicherweise aus dem Konzept gerissen und ich kann mir kaum vorstellen, wie das für jemanden sein muss, der sonst immer alles so perfekt durchplant. Da fällt mir ein, wir hätten auch noch mal nach der alten Frau fragen können …« »Bestimmt informiert er uns schon, wenn er was rausgefunden hat«, überlegte Eli laut und widerstand endgültig dem Drang, das Notizbuch durchzublättern um einen Blick auf den mysteriösen russischen Final zu werfen, indem er es zuklappte. Anschließend ließ er sich rücklings auf das Bett hinter sich fallen und betrachtete die Deckenlampe. Das Hotelzimmer war lange nicht so rustikal und gemütlich wie in Texas, aber auch nicht so luxuriös und pompös eingerichtet wie er erwartet hatte, es war ein einfacher, nüchterner Stil, aber ziemlich modern und designermäßig. »Ich frage mich, wie Harus Waffe aussehen wird. Was meint ihr, was würde zu ihm passen? Und wie wird das Ding heißen?«, murmelte der Rotschopf mit abwesendem Gesichtsausdruck und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Cassy und Hasret tauschten ein paar Blicke aus. »Keine Ahnung, vielleicht ein mächtiger Runenstab«, schmunzelte Cassandra, doch Eli hob den Kopf nur kurz und formte die Augen gekränkt zu Schlitzen. »Ich meine es ernst … der Bogen zum Beispiel passt meiner Meinung nach perfekt zu Hasret. Was ich mit meinen Waffen anfangen soll, das weiß ich noch nicht so recht, aber auf jeden Fall sehen sie cool aus. Haru ist groß und stark, ich wette, er könnte jemandem mit bloßen Händen die Arme ausreißen.« Hasret machte ein Geräusch, das halb erschrocken, halb lachend klang, und hielt sich die Hand vor den Mund. »Sicher könnte er das, aber dafür ist er viel zu nett.« »Er kann auch ganz schön wütend werden«, murmelte Cassy kaum hörbar, ihre Partnerin fuhr jedoch fort. »Vielleicht so etwas wie Schlagringe? Offenbar ist ja alles Mögliche dabei, und so etwas könnte er sicherlich gut bedienen.« »Hört sich super an! Wenn auch unkonventionell«, bestätigte Eli mit einem breiten Grinsen. »Die Planeten, die noch fehlen, sind … lass mal sehen … Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und Pluto. Hm, Jupiter würde passen, oder? Er ist der Größte von uns und so etwas wie der Anführer, darauf haben wir uns wohl alle geeinigt.« »Du weißt eine ganze Menge Zeug, Eli«, fiel Hasret auf und sie lächelte anerkennend. »Mal sehen, ob sich deine Vorhersehungen bestätigen.« »Pluto ist doch der Hund von Mickey Maus …«, war schon der zweite abwesende Kommentar von Cassy in diesem Gespräch und dieses Mal musste Hasret laut auflachen. Der passiv-aggressive Humor und die stets beschämte und irgendwie zurückhaltende Art des blauhaarigen Mädchens machten sie ihr mit jedem Tag sympathischer. Sie versuchte immer, wie eine Mutter an der Seite von Gruppenvater Haruki – oder Göttervater, wie Eli sagen würde – zu wirken, doch sie verlor stattdessen immer wieder selbst den Boden unter den Füßen, ohne dass es dabei schlimm wäre. Hasret hatte ihre neuen Partner wirklich schon lieb gewonnen, und Cassy mochte sie ganz besonders. Vielleicht, weil sie die einzigen Mädchen bisher waren, vielleicht auch, weil es so viel Spaß machte, sich mit ihr zu unterhalten. Einige Zeit später kehrte auch Haruki zu ihnen zurück, in den Armen eine Tüte voll frisch gewaschener und gut duftender Kleidung, die er wie der Nikolaus unter seinen Freunden verteilte. Kurz darauf wurde ihm von dem Gespräch mit Jackbell und den dabei entstandenen Erkenntnissen berichtet. »Kaori Fujiwara, das sagt mir irgendwas … ich glaube, ich war mit ihr auf der Schule«, überlegte er und warf einen Blick auf den hilfreichen Zettel, doch ohne Elis Hilfe konnte er darauf nur Kauderwelsch erkennen. Der Amerikaner kam ihm gleich darauf zur Hilfe und ließ sich die Worte bestätigen, die er schon eifrig übersetzt hatte. »Das überrascht mich ehrlich gesagt nicht«, murmelte Cassandra stirnrunzelnd und verschränkte die Arme. »Bisher hatte jeder der Aufbewahrer eine Verbindung mit dem zur Waffe gehörigen Final, wenn auch nur eine sehr lose. Ich kann mir gut vorstellen, dass Jackbell diese Leute gezielt aussucht, damit man vielleicht nicht so großes Misstrauen gegenüber dem anderen hat.« »Die Adresse ist hier um die Ecke«, fand Haru letztendlich mithilfe seines stolzen Partners heraus. »Auf alle Fälle können wir wieder zu Fuß hingehen.« »Dann lasst uns gleich los!« Hasret sprang voller Tatendrang auf und stand schon beinahe in der Zimmertür. »Ich hole unsere Jacken und dann, auf geht’s!« »Ich hoffe, die Waffe ist nicht so groß wie Terra, ansonsten könnte es schwierig werden, sie ohne Aufsehen zu erregen zurück zum Hotel zu bringen«, dachte Cassy laut nach, während sie sich feste Schuhe über die Füße streifte und nach ihrer Jacke griff. »Aber das hätte uns Jackbell ja gesagt, oder? Oder Bernhard wäre jetzt hier.« »Das glaube ich auch.« Haruki nickte zunächst, blieb dann aber abrupt in der Bewegung stehen und verzerrte stattdessen das Gesicht. »Andererseits hat Bernhard auch vergessen, was Terra überhaupt war, bis er den Bogen wieder gesehen hat.« »Dann hoffen wir eben auf das Beste. Was anderes bleibt uns wohl nicht übrig.« Kaum hatte Eli den Satz beendet, kam Hasret zurück ins Zimmer gestürmt und warf dem Japaner voller Enthusiasmus seine Jacke zu. Mit Cassys Umhängetasche im Schlepptau und abgeschlossenen Türen hinter sich marschierten die Finals die Treppe herunter in den Eingangsbereich und vor das Hotel, wo die gesamte Motivation plötzlich in feuchtem, kaltem Nieselregen ertränkt wurde. Das Wetter war kaum besser als am Abend zuvor, außer dass der Regen nicht mehr allzu stark war. Wie auch zuvor übernahm Haruki die Führung und dirigierte seine Teamkameraden, die wie Entenkinder hinter ihm her dackelten, durch alle möglichen Straßen. Dabei verlief er sich kurzfristig sogar einmal, was ihm aber niemand übel nahm, denn die verwirrenden Symbole auf den Straßenschildern hätten sie selbst nicht viel besser interpretieren können. Immer noch hatte Eli große Lust, sich in dieser Stadt einem Kaufrausch hinzugeben, etwas zu Lesen zu besorgen wäre bestimmt auch keine dumme Idee, wenn man bedachte, wie oft sie noch mit dem Flugzeug unterwegs sein würden. Das Problem war nur, dass er kein Japanisch verstand, und schon gar nicht lesen konnte. Ganz im Gegensatz zu Bernhards Handschrift. Und alles andere würde vermutlich lange nicht zum Einsatz kommen, wenn die nachfolgenden Monate tatsächlich so stressig werden würden wie Jackbell es ihnen versprochen hatte. Vielleicht konnte er ja mit dem verdienten Geld eines Tages wieder nach Japan fliegen und Haru besuchen, wenn all das vorbei war, und nebenbei einen Großeinkauf hier oder in Tokio machen. Eli wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen, als die Gruppe vor einem Mehrfamilienhaus angekommen war. Es war hell gestrichen und sah eng aus, die Fenster standen dicht nebeneinander wie in einem Bus, schön konnte es sich hier nicht wohnen lassen, wie der erste Eindruck vermuten ließ. »Das muss es sein«, verkündete Haruki das Ende ihrer kurzen Reise und suchte die Klingelschilder nach dem entsprechenden Namen ab. Ein Knopfdruck und Abwarten, dann meldete sich aus der Gegensprechanlage eine männliche Stimme, die vermutlich nach dem Besucher fragte. Die Finals tauschten vielsagende Blicke aus, sollte hier nicht eine Frau wohnen? Nun ja, immerhin war irgendwer zuhause und offenbar stand die Wohnung auch nicht verwüstet leer. Haru hatte sich indessen an einer Antwort versucht, mit der er wohl irgendwie erklärte, was sie hier wollten und nach einer Zeit erklang tatsächlich ein schrilles Geräusch, welches das Öffnen der Tür ankündigte. Auf dem Weg nach oben waren die Besucher jeder auf seine Art fasziniert davon, wie schnell und einfach es klang, wenn Haru Japanisch sprach, schon wenn er Englisch redete, war es erstaunlich fließend und akzentfrei, aber hier in Kawasaki war er voll in seinem Element. Cassy, Eli und Hasret waren so begeistert davon, dass sie sich nicht einmal fragten, was die Worte wohl zu bedeuten hatten. An der entsprechenden Tür angekommen öffnete ihnen ein junger Mann mit ziemlich verwirrtem Gesichtsausdruck. Er war um einiges kleiner und schmächtiger als Haruki und sah ziemlich eingeschüchtert von dessen Präsens aus. Der Bewohner stellte eine Frage, woraufhin ihr Anführer einen lockeren Wortschwall entfesselte, der überhaupt nicht gezwungen klang und eher so, als wäre das alles hier ganz selbstverständlich. Als Kaoris Name fiel, ging der Mann – wohl unwillkürlich – in eine Defensivhaltung, nickte aber langsam. Cassy schätzte, dass es sich bei Harus Gesprächspartner um den Freund der Gesuchten handelte, oder zumindest einen Freund oder Bruder, auf alle Fälle schien er sich von dem muskulösen Kerl, der nach seiner Mitbewohnerin fragte, eindeutig bedroht zu fühlen. Nicht ganz unverständlich, dachte sich Cassy. Irgendwann zwischen seinen Worten hatte der Mann auch einen Blick an Haruki vorbei auf seine Anhängsel geworfen, die er fast noch bestürzter beäugte. Sie sahen zwar nicht gerade wie die typischen Japaner aus, aber das war ja kein Grund gleich so angewidert dreinzublicken … Letztendlich, nach einer kurzen Diskussion, wurden sie doch hereingebeten und angehalten, im Flur zu warten. Tatsächlich war die Wohnung ziemlich klein und vier Leute auf einmal hatten kaum Platz im schmalen Durchgang, vor allem, weil etliche Paar Schuhe sich mit ihnen den Boden teilten. Mit einem Flüstern bedeutete Haruki seinen Freunden aus dem Westen, ihre Schuhe ebenfalls auszuziehen, was hier wohl zum guten Ton gehörte, wenn man jemanden besuchte. Eli war noch immer mit seinen Schnürsenkeln beschäftigt, da kam aus einem der Nebenräume eine junge Frau geschlichen, mit langem, glattem, schwarzem Haar, einer schmalen, gestreckten Figur und feinen Gesichtszügen. Mit angespannt gefalteten Händen und ihren braunen Augen blickte sie vorerst misstrauisch drein, schien Haruki aber dann zu erkennen und widmete ihm ein Lächeln und eine Begrüßung. Dieser erwiderte beides und stellte dann auch ohne Umschweife die restlichen Finals vor, die nur geknickt lächeln konnten. Nachdem Cassy mit einer vorsichtigen Verbeugung begonnen hatte, taten es auch Eli und Hasret ihr nach. Haru erklärte indessen den Grund ihres Besuches, zumindest wurde das vermutet, und Kaori schien zu verstehen worum es ging, auch wenn sie noch immer ein wenig ängstlich wirkte. Vielleicht war das ja auch einfach ihre Art. Gut, sie waren immerhin bei der richtigen Person angekommen, die halbe Miete war bezahlt. So langsam begann auch Harukis lässige Fassade zu bröckeln, er fing an zu schwitzen und verhaspelte sich ab und zu, schließlich musste er ganz alleine diese Aufgabe erledigen und konnte nicht auf die Hilfe der anderen hoffen. Kaori schluckte und setzte einen tapferen Blick auf. Haru hingegen drehte sich zu den anderen um und hielt sich, eher aus Gewohnheit, die Hand vor den Mund, damit sein Geflüster nicht belauscht werden konnte. »Sie weiß bescheid über Jackbell und den Koffer, den sie bekommen hat. Es gibt allerdings eine Sicherheitsfrage, die wir vorher beantworten müssen, um ranzukommen. Hat unser Anrufer da irgendetwas erwähnt?« Eli nickte hastig, das war sein Stichwort. »Die Antwort ist ›Henrietta‹!«, zischte er dem Japaner zuversichtlich zu und dieser schob die Augenbrauen zusammen, holte sich mit einem kurzen Blick an die Mädchen eine Bestätigung und wandte sich dann wieder der Aufbewahrerin zu. Sie schien nicht wirklich ein behagliches Gefühl dabei zu haben, den Koffer bei sich zuhause liegen zu haben und nun kamen ein riesiger Kerl und seine verrückt aussehende Truppe in ihre Wohnung und wollten das geheimnisvolle Gepäckstück abholen. Allerdings schien sie mit der Antwort auf die Sicherheitsfrage zufrieden zu sein und bedeutete Haruki mit einer zaghaften Handbewegung, ihm zu folgen. Die restlichen Finals wollten ebenfalls mitkommen, doch der Älteste hielt sie zurück. Er wollte die zerbrechliche junge Frau nicht noch mehr aufregen und die beiden verschwanden in einem der Zimmer. Kaoris Freund tauchte im selben Moment wieder im Türrahmen auf und musterte die übrige Gruppe mit einem höchstargwöhnischen Blick, als hätte er Angst, sie würden das Haus auf den Kopf stellen, sobald er sie aus den Augen ließ. Cassy, Eli und Hasret blieb wohl nichts anderes übrig, als stocksteif im Flur stehenzubleiben und zu hoffen, dass Haru bald zurückkehrte. Dieser stand mittlerweile im Schlafzimmer der beiden Bewohner, das gerade genug Platz für ein Doppelbett zu haben schien, und beobachtete Kaori dabei, wie sie zur Hälfte im Wandschrank steckte und in den Tiefen ihrer Kleidung nach etwas suchte. »Du siehst gut aus, Haruki«, hörte er sie irgendwann in seiner Sprache sagen und sie klang bei den Worten fast etwas traurig. »Ich hab gehört, du studierst in Tokio. Das muss schön sein …« »Es ist anstrengend«, murmelte Haru abwesend und versuchte, sich auf die Einrichtung des Zimmers zu konzentrieren. Dass er gerade auf geheimer Mission unterwegs war um eine gefährliche Waffe aus ihrem Schrank abzuholen, das verschwieg er lieber. »Tut mir leid, dass Satoru so unfreundlich ist, er vertraut selten Leuten, die er nicht kennt, vor allem, wenn sie nach mir suchen. Er ist ein bisschen besitzergreifend, das ist nicht immer einfach.« »Übel kann ich es ihm nicht nehmen. Ist er dein Freund?« Kaori lachte leise und streckte den Kopf wieder aus dem Schrank. Dieses Mal hatte sie einen schwarzen Aktenkoffer in der Hand, der den ersten beiden zum Verwechseln ähnlich sah. »Ja, ich hab ihn auf der Arbeit kennengelernt. Wir wohnen erst seit ein paar Monaten zusammen.« »Er scheint nett zu sein.« Kaori schüttelte mit einem beschämten Lächeln den Kopf, setzte sich aufs Bett und legte den Koffer auf ihren Schoß. »Was hat es mit diesem Koffer auf sich? Er kam mit der Post, begleitet von einem Anruf von einem Kerl, der wollte, dass ich ihn für viel Geld aufbewahre. Uns fehlt noch eine Menge Einrichtung und wir konnten es wirklich gebrauchen, also habe ich den Auftrag angenommen, ohne dass Satoru etwas davon wusste. Ich habe nicht gewusst, dass gerade du kommen würdest, um ihn zu holen.« Sie sah Haruki kurz an, wandten den Blick dann aber schnell wieder zum Koffer auf ihrem Schoß und eine dunkle Wolke erschien vor ihrer Stirn. »Es ist aber nichts Gefährliches darin, oder? Drogen oder Diebesgut … oder eine Bombe oder so etwas. Was sind das für Leute, die du mitgebracht hast? Ich will dir wirklich nicht misstrauen, aber ich bin einfach so verwirrt …« Mit einem sanften Lächeln, aber bestimmter Gestik nahm Haru den Koffer und bedachte Kaori mit einem beruhigenden Blick. Auch wenn sein neutrales Gesicht immer irgendwie angespannt aussah, schaffte er es manchmal, nicht wie ein Fels in der Brandung auszusehen. »Glaub mir, es ist nichts Gefährliches darin.« Was für eine Lüge, vermutlich. »Aber ich kann dir leider nicht sagen, was das Ganze zu bedeuten hat, zum einen, weil es eine Anweisung ist und zum anderen, weil ich mir selbst nicht ganz sicher bin. Ich weiß nur, dass du dir absolut keine Sorgen machen musst, ich bin sicher und du bist es auch. Danke, dass du darauf aufgepasst hast.« »Kannst du mir wirklich nicht sagen, was drin ist?« Sie klang alles andere als überzeugt von seinen Worten, ging aber nicht weiter darauf ein. Das war sein Glück. Haruki schüttelte bedauernd den Kopf und klemmte den Koffer unter den Arm. Er wollte am liebsten jetzt sofort hineinsehen, die Neugier auf seine Waffe war so brennend, aber er musste wohl oder übel warten, bis sie aus der Wohnung raus waren, ansonsten bestand die Gefahr, dass Kaori etwas mitbekam. Er bedankte sich stattdessen noch einmal eindringlich und beide verließen betreten schweigend den Raum. Draußen im Flur standen die noch immer eingefrorenen Finals unter dem strengen Blick von Satoru, der jedoch nachließ, als er seine Freundin und den mysteriösen, gutaussehenden Mann unversehrt aus dem Zimmer kommen sah. »Wir können gehen«, murmelte Haru seinen Freunden zu und zeigte auf den Koffer unter seinem Arm, woraufhin diese große Augen machten und selbst ein wenig ungeduldig wurden, die Schatztruhe zu öffnen. Schuhe wurden wieder angezogen, es wurde sich höflich verabschiedet und Kaori sah tatsächlich ein wenig betrübt aus, ließ es sich aber nicht zu sehr anmerken. Haru warf ihr noch einen letzten Blick zu, als sie wieder durch die Tür gingen und ein Stockwerk nach unten hasteten, bevor die Finals ihren Anführer dazu drängten, den Koffer zu öffnen, als sie in einer unbeobachteten Ecke standen. »Ihr ward mal zusammen, oder? Von wegen ›Ich glaube, die kenne ich‹.« Cassys Lächeln war enttarnend und hatte etwas Teuflisches. Haruki machte nur mehrere, nichtssagende Schulterbewegungen und verzog als Antwort das Gesicht in verschiedene Richtungen, während er am Zahlenschloss des Koffers herumhantierte. »War das so offensichtlich?« »Dafür muss man kein Japanisch können.« Obwohl für sie die Geschichte glasklar zu sein schien, waren Eli und Hasret völlig überrascht von dieser Enthüllung. Vielleicht mussten sie noch ein wenig an ihrer Auffassungsgabe schrauben. Letztendlich knackte Haru den Code und mit einem Klicken öffnete sich der Deckel des Aktenkoffers. Alle vier hielten die Luft an und beugten sich über die Offenbarung, um ja nichts von der neuen Waffe zu verpassen. Haruki entfernte noch rasch und mit wissendem Blick den falschen Boden, unter dem auch schon Venus und Mercury versteckt gewesen waren, bevor das Geheimnis gelüftet werden konnte. Es waren nicht nur eine, sondern sieben. Kurze, gerade Messer, behutsam nebeneinander platziert, mit heller, fast weißer Klinge, und die festen, handlichen Griffe waren, wie auch Cassys Venus, mit größter Vorsicht und Ordentlichkeit bemalt worden. Ein Morgenhimmel mit kleinen, schwarzen Vögeln und bauschigen Wolken war auf jedem einzelnen Dolch zu erkennen, auf allen sieben Griffen anders und jedes Mal voller Sorgfalt. Jemand hatte sich wirklich Mühe damit gegeben. Harus Augen strahlten förmlich, er hatte nicht die leiseste Ahnung, wie die Messer im Kampf zu gebrauchen waren, wenn der Opponent eine Pistole besaß, aber ihre Schönheit raubte ihm buchstäblich den Atem. »Uranus«, las Eli mit leiser, enttäuschter Stimme von den Klingen vor. »Schade, falsch getippt …« »Die sehen echt toll aus«, bestätigte Hasret atemlos und konnte ebenso wenig wie Haru ihre Augen von den künstlerischen Messern nehmen. »Ich frage mich, wer sich so viel Mühe mit dem Design gegeben hat. Vielleicht ist Jackbell ja heimlich ein Künstler.« Sie musste bei dem Gedanken kichern, dass ein gesichtsloser, alter Mann in seiner Küche saß und summend bei einer Tasse Tee Keramikgeschirr bemalte. »Nicht ganz was ich mir vorgestellt hatte.« Haruki warf noch einen letzten Blick auf Uranus, dann schloss er den Koffer wieder und nahm den Griff lässig in die Hand, als würde er ganz gewöhnlich ein paar Akten und Papiere mit sich herumtragen. »Andererseits kann ich auch nicht sagen, was ich mir tatsächlich dabei erhofft habe. Vielleicht eine Bombe oder ein Scharfschützengewehr.« Er schmunzelte und trat den Weg nach unten an. »Also hätten wir das auch geschafft.« »Was mich noch interessiert«, begann Cassy, als sie wieder draußen auf der Straße standen und erleichtert bemerkten, dass der Regen aufgehört hatte. Die Luft begann allerdings nach Gewitter zu riechen. »Auf welche Frage war ›Henrietta‹ die Antwort? Muss ja irgendetwas mit Jackbells Leben zu tun gehabt haben.« »Ich vermute eher Schreibers Leben.« Haru sah sie nicht an und sein Blick galt eher der wertvollen Fracht in seiner Hand. »Die Frage lautete ›Wie war der Zweitname meiner Mutter, so wie mein Vater sie gerne nannte?‹« Die Gruppe beschloss Jackbells Empfehlung zu folgen und den Tag früh ausklingen zu lassen. In der Zwischenzeit zeigte Haruki seinen amerikanischen Freunden ein paar seiner Lieblingsplätze in der Stadt, seine alte Schule, seine Lieblingsgeschäfte, die Parks und ein paar weitere Sehenswürdigkeiten, bis es irgendwann wieder stärker zu regnen begann und sie gezwungen waren, ins Hotel zurückzukehren. Dort wurde am Abend noch einmal fürstlich gespeist – Haru genoss die letzte, gute Portion Sushi für die kommenden Monate – und die Koffer größtenteils gepackt, damit es in der Nacht leichter fiel, für den Flug aufzustehen. Der Auftraggeber wurde ebenfalls benachrichtigt, dass Uranus ohne Komplikationen gefunden worden waren und Jackbell erklärte sich bereit, um zwei Uhr anzurufen, um die Finals zur passenden Zeit zu wecken. Diese Nacht tauschten sie auch ihre Zimmergenossen aus, sodass Hasret in 140 bei Cassy einzog und Eli in der 139 bei Haruki. Die beiden Jungs philosophierten noch eine Weile über das Leben, die Welt und Harukis Exfreundin, von der er allerdings nun wirklich keine besonderen Geschichten erzählen wollte, und so begaben sie sich relativ schnell in Schlafposition, auch wenn es noch ziemlich früh war. Eli konnte lange Zeit nicht einschlafen, weil ihm so viel durch den Kopf ging, das bisher Erlebte, die Waffen, Jackbell, Bernhard und Lindy und all die Leute, die sie auf ihrer Reise noch treffen würden. Was mochte der Russe oder die Russin für ein Mensch sein? Es war jedes Mal so aufregend, wenn ein neuer Final hinzukam und erst einmal überzeugt werden musste sie zu begleiten. Wie konnte sich Jackbell so sicher sein, dass es immer wieder klappen würde, auch wenn es sich kompliziert gestaltete? Hatte er all das auch mit eingeplant, und wenn ja, wie bloß? Letztendlich war von Haruki nur noch ein Schnarchen zu hören, und auch Eli brach irgendwann mitten in seinem Gedankennetz ab und versank stattdessen in einem Traum voller Sushi und Maisfelder. In Cassys und Hasrets Zimmer hingegen herrschte noch eine Weile reger Betrieb und Gelächter lag in der Luft. Die beiden Finals verstanden sich bereits so gut, es wirkte fast wie ein Mädelsabend am Wochenende nach einer langen Schulwoche, wo man sich über alles mögliche lustig machen und tratschen konnte. »Ich war echt überrascht, dass Eli nicht mal ein kleines bisschen gekichert hat, als er den Name von Harus Waffe gesehen hat. Immerhin ist er ein Teenager.« Cassy grinste schelmisch und beobachtete in Hasrets Gesicht, wie sie langsam den Witz hinter der Sache verstand. Prompt begann sie selbst zu lachen. Dass sie selbst nur knapp zwei Jahre älter war, schien sie bewusst zu ignorieren, aber gut, immerhin war der Rotschopf keine eins fünfundsechzig groß, da konnte man sein tatsächliches Alter auch schon mal vergessen. »Daran hab ich erst gar nicht gedacht! Aber jetzt, wo du es erwähnst.« »Nein, das ist nicht witzig, nur kleine Jungs lachen über so etwas!« Mit gespielter Empörung rüttelte die Kanadierin an der Schulter ihrer Zimmergenossin, die aber nur noch weiterkichern musste. Ihr Lachen war so ansteckend und füllte einen mit zischend aufsprudelnder Wohligkeit, dass Cassy nicht anders konnte, als irgendwann mitzumachen. Ihre Mundwinkel hoben sich gegen ihren Willen. Sie war so gerne mit Hasret zusammen und es hatte sich wirklich gelohnt, dass sie so viel aufgebracht hatten um sie letztendlich zu überzeugen. Sie konnte sich kaum erklären, wie die Texanerin es fertig brachte, einem immer wieder mit ihrer bloßen Anwesendheit neuen Mut zu geben. »Man, das muss ganz schön unangenehm für Haru gewesen sein, als er Kaori heute wieder getroffen hat«, murmelte Hasret, als sie sich wieder beruhigt hatte und betrachtete ihre Hände auf der Decke, unter welcher der Rest von ihr verschwunden war. Sie waren lange nicht mehr so sauber gewesen und sie vermisste den Staub ein wenig. »Und dann musste er auch noch ihrem neuen Freund erklären, dass er sie allein sprechen muss. Bei jemandem der so gut aussieht wie er kann man da schon misstrauisch werden.« Cassys Gesicht entgleiste und sie musste schlucken. Die Unterhaltung hatte plötzlich eine rasante Wendung in die Richtung genommen, die sie normalerweise vermied, und das waren Gespräche über Jungs. Wer sah gut aus, wer war angesagt, wer hatte eine Freundin. Und dass Hasret Spaß an so etwas hatte, damit hätte sie nicht gerechnet. »Ja … schon.« »Aber er scheint mir nicht die Art von Mann zu sein, der anderen die Freundin ausspannt, auf jeden Fall nicht, wenn man ihn kennenlernt.« »Haru geht sehr respektvoll mit Frauen um!«, schoss es aus Cassy heraus, als wollte sie ihn vor bösen Worten verteidigen, die niemand ihm angehängt hatte. Hasret musste unwillkürlich schmunzeln. »Mich mit ihm durch die Kanalisation zu kämpfen war das Beste, was mir hätte passieren können. Äh, also, dass ich dabei ihn als Partner erwischt hab und niemand anderen. Und auch als wir später im Motel gelandet sind, hatte ich überhaupt keine Bedenken. Jemanden wie ihn findet man kein zweites Mal.« Das Grinsen auf Hasrets Gesicht wurde exponentiell breiter. »Bist du vielleicht verknallt oder so etwas?« Cassy schaffte es tatsächlich, nicht ein bisschen rot zu werden. Sie schüttelte nur nichtssagend den Kopf und wandte den Blick angestrengt nach vorn auf ihre Füße am anderen Ende des Bettes. Vielleicht war sie das ja tatsächlich. Aber nicht so, wie Hasret vielleicht glaubte. »Eli ist genauso süß«, wechselte ihre Zimmergenossin das Thema, als sie bemerkte, dass Cassy die Sache nicht so behagte. »Er versucht immer zu helfen und dafür, dass er so kopflos ist, hat er die Sache wirklich gut im Griff. Kein Gequengel und kein Babysitting, das hätte ich echt nicht erwartet!« Cassy hatte ebenfalls wieder ein Lächeln auf den Lippen, war aber noch nicht vollkommen von ihren Gedanken befreit. »Eli ist ganz schön tapfer für seine Verhältnisse. Er musste seinen Vater ganz alleine zurücklassen, ich glaube nicht, dass viele das geschafft hätten. Aber du kennst das ja selbst.« Mit einem Mal fühlte sie sich unglaublich verantwortlich für all die schweren Entscheidungen, die ihre Freunde bereits hatten treffen müssen. »Ich hab in meinem Leben schon so viele furchtbare Männer kennengelernt, die man alle in die Tonne treten konnte, aber die beiden sind wirklich anders. Ich glaube, wenn man Haru oder einen älteren Eli als Freund hätte, müsste man sich um nichts mehr Sorgen machen.« In Hasrets Brust machte ihr Herz einen Sprung und ihre sommersprossigen Wangen wurden noch dunkler. »Das glaube ich auch …« »Bei dir ist es dasselbe.« Der Satz war draußen. Cassy versuchte, so wenig wie möglich auf den überraschten Blick ihrer Zimmergenossin zu reagieren und keine Miene zu verziehen. »Ich spreche wahrscheinlich für alle, wenn ich gestehe, dass man mit dir als Freundin um nichts mehr Angst haben müsste. Du bist eine richtige Beschützerin und würdest einen verdammten Drachen töten, wenn er die Leute bedroht, die du liebst … davon gehe ich aus. Bei jemandem wie dir fühlt man sich einfach sicher.« Mit jedem Wort versank Cassy ein wenig mehr unter ihrer Decke und knipste am Ende des Satzes demonstrativ das Licht aus. So musste sie nicht mehr mit ansehen, wie Hasrets erstauntes Gesicht noch dunkler wurde. »D-danke … das hab ich gar nicht so eingeschätzt«, murmelte die Texanerin in die Dunkelheit hinein. »Das ist wirklich süß von dir …« »Schlaf gut, Has …« Cassandra hatte sich mit einem Ruck auf die Seite gedreht und die Decke bis zu den Ohren hochgezogen. Sie wollte nicht weiter nachdenken und bald würden sie wieder aufstehen und aufbrechen müssen. Alles was gesagt werden musste, war gesagt worden, und sie hatte eine große Last von ihrem Herzen geschubst. »Du auch, Cassy«, hörte sie nur noch gedämpft, aber sanft von der anderen Seite des Bettes und erst in diesem Augenblick fiel ihr auf, dass sie schon wieder einen Spitznamen vergeben hatte, ohne vorher gefragt zu haben. Es schien Hasret aber nicht zu stören, sonst hätte sie es erwähnt, oder? Mit einem wohligen Gefühl im Magen schloss auch diese die Augen und umklammerte ihr Kissen mit beiden Armen. Sie konnte nicht sagen warum, aber sie war so aufgeregt, das Land wieder zu verlassen und ein anderes zu besuchen, mit den anderen Finals, mit ihren Freunden. Den Menschen, die sie in so kurzer Zeit so lieb gewonnen hatte. Der Regen aus der Luft befand sich noch immer in den Lungen der Mädchen und ließ rasch sie innerhalb weniger Minuten einschlafen.
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skampi835 · 3 years
Text
Veronica - Pt.05 (Jean x OC)
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Ikemen Vampire Fanfiction
Language: german
Word count: 2,2k+
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Wütend eilte ich durch den langen Gang in den Foyer und trat durch die Eingangstür aus dem Anwesen hinaus. Tief atmete ich die frische Luft ein, einen entschlossenen Ausdruck auf dem Gesicht und stampfte durch den Garten. Ich wusste, dass mein Auftreten gerade alles andere als 'Lady-like' war. Doch ich hatte so viel Frust im Bauch, dass ich explodieren könnte. Außerdem war es mir schlichtweg egal.
Ich war vermutlich wütender auf mich selbst, als auf Jean, obwohl er mit seinen ausweichenden Worten und seiner ablehnenden Haltung  viel - sehr viel! - dazu beigetragen hatte. Warum log er mich an, wenn er mich gestern doch so sehr davon überzeugen wollte, dass dieser Ort und seine Anwohner gefährlich waren?
'... denn wenn Ihr nicht stärker werdet, werdet Ihr nicht überleben.'
'Ihr könnt mein Einschreiten nennen wie Ihr wollt und auch meine Tat in Eurem unglaublichen Idealismus missinterpretieren. Es ändert nicht meine Kernaussage. Eure Anwesenheit hat mich gestört.'
Frustriert ging ich unruhig durch den Garten. Ich fühlte mich rastlos und ungeheuerlich betrogen! Sicherlich, allein dass ich irgendwie - Gott weiß wie! - hier hinein gestolpert bin, war vermutlich eine immense Umstellung für jeden von hier. Kurz hielt ich inne. Stimmt ja, in ihren Augen bin ich nur eine Fremde, ein ungebetener Gast. Das hieß aber noch lange nicht, dass man mich wie ein Objekt einfach nach Belieben herum schieben kann!
Schnaufend fiel mein Blick auf den umrandenden Zaun des Gartens, der das Anwesen umzäumte und die Straße dahinter. Kurz, ganz kurz, hielt ich inne und versuchte mich selbst davon zu überzeugen, dass es keine besonders gute Idee war, die mir soeben in den Kopf schoss. Wie gesagt, ganz kurz.
Entschlossen ging ich auf das Eingangstor zu, öffnete es und wäre auch fast ungesehen nach draußen gehuscht, als jemand nach mir rief: "Veronica? Wo gehst du hin?" Wie naiv von mir zu glauben, dass ich ungesehen verschwinden könnte! Langsam drehte ich meinen Kopf über die Schulter und sah Vincent, der weit entfernt im Garten in der Nähe angelegter Blumenbeete stand. Er kam auf mich zu, einen ernsten, jedoch auch verwunderten Gesichtsausdruck auf seinen Zügen. Er trug eine Schürze, die mit Farbe besprenkelt aber auch eindeutig absichtlich verschmiert war. Die Hände wischte er sich gerade an einem Tuch sauber, das auch irgendwann einmal weiß gewesen sein muss. "Möchtest du in die Stadt? Es kann für dich gefährlich sein, das Anwesen alleine zu verlassen."
Seine strahlenden, blauen Augen wirkten so aufgeschlossen und voller Sorge, dass sie mich an einen Welpen erinnerten, der mich anwinselte nicht zu gehen. "Es ist taghell, Vincent.", versuchte ich mit immer noch unterdrückter Wut im Bauch zu erklären. Sicher, das 19te Jahrhundert Frankreich war nicht so sicher wie meine Zeit in Deutschland, aber ich fühlte mich dem ganzen doch ziemlich gewachsen. Denn, warum auch immer, konnte ich Selbstverteidigung. "Mir wird schon nichts passieren. Ich bin auch bald wieder da. Nur ein kleiner Ausflug.", erklärte ich ihm.
"Aber es ist ziemlich weit bis in die Stadt.", argumentierte Vincent. "Der halbe Wald liegt zwischen dem Anwesen und ihr." Er sah wirklich besorgt aus und nun auch ziemlich unruhig. Vincent sah über die Schulter zu seinen Malerutensilien, die im Garten aufgestellt lagen. Es war ein ganzer Berg, den er auf einen Stuhl, neben dem hölzernen Malerständer gestapelt hatte. Sichtlich nachdenklich rieb er sich den Nacken.
"Na, aber hallo.", unterbrach ein gut gelaunter Singsang seine Gedanken und auch ich sah - ein wenig genervt - zu Arthur, als dieser winkend zu uns geschlendert kam. "So schnell sieht man sich wieder, Liebes. Nachdem du so schnell mit Wolfie den Rückzug angetreten hattest, habe ich meine Hoffnung beinahe verloren. Ich war beinahe ein klein wenig eifersüchtig.", grinste er mich strahlend an.
Ich verkniff mir ein Augenrollen, als erkenntnisreiches Vincent ein: "Natürlich.", von sich gab und sich sogleich an Arthur wandte. "Arthur, wolltest du in die Stadt?" Verwirrt von der plötzlichen Frage, hob Arthur die Augenbrauen und studierte ihn ein paar Augenblicke. "Tatsächlich hatte ich das vor, doch jetzt überlege ich mein Vorhaben vielleicht, wenn mir unsere liebste Veronica dafür Gesellschaft leistet?" Er warf mir ein charmantes sunnyboy Lächeln entgegen, was mich nur rebellisch die Hände vor der Brust verschränken ließ. Ernsthaft, ich habe nie verstanden, was Frauen an einem solchen Typ Mann finden konnten! Sie waren lästig, ärgerlich und in den meisten Fällen einfach nur Zeitverschwendung, da sie mit absolut jedem Mädchen so herzlich umgingen und sie glauben ließen, als seien sie die eine und nur die eine und einzige. "Träum weiter.", gab ich deshalb grob von mir.
"Liebes, mein Herz blutet, wenn du mich so kalt abweist!", seufzte Arthur melodramatisch, doch sein Grinsen war einfach viel zu breit, als dass ich ihn hätte ernst nehmen können.
"Eigentlich wollte Veronica gerade in die Stadt.", erklärte Vincent nach einigen Augenblicken des Schweigens. "Und ich wollte sie nicht alleine dorthin gehen lassen, aber ich bin beschäftigt und Theo ist bereits in der Stadt bei einem Klienten, also kann ich ihn nicht fragen."
"Ah, ich verstehe schon worauf du hinaus willst, Vinc.", schmunzelte Arthur und deutete mit dem Daumen auf sich selbst. "Keine Sorge, ich bin dein Mann wenn es darum geht, eine attraktive Lady auszuführen."
"Oh, das ist wunderbar." Vincent strahlte ein ruhiges und sonniges Lächeln aus, als er sich wieder an mich wandte. "Ist das in Ordnung für dich, Veronica? Dass dich Arthur begleitet?"
‘Nein!’, wollte ich am liebsten rufen, doch stattdessen versank ich ganz langsam in dem strahlenden, hellen blau seiner Irdenen. Vincent wirkte wirklich glücklich darüber, dass er mir ein annehmbares Angebot machen kann und er wäre ohne Zweifel auch um einiges entspannter, wenn ich nicht alleine in die Stadt ginge. Außerdem... wie konnte man zu einem so wundervollen und unschuldigem Lächeln nein sagen? Mit einem Nicken als Zustimmung, ließ ich mich erweichen. "Wunderbar. Vielen Dank, Veronica."
"Nicht dafür.", antwortete kurz angebunden und musste meine Augen von diesem sonnigen Lächeln nehmen. Doch Vincent bemerkte es glücklicherweise ohnehin nicht, da er sich wieder an Arthur wandte. "Pass bitte gut auf Veronica auf, ja Arthur? Und wenn du Beschäftigungen erledigen musst, dann suche Theo. Er sollte in der Nähe des Zentralparks bei einem Klienten sein."
"Verlass dich ruhig auf mich.", grinste Arthur und winkte ab. "Und warum Theo belästigen? Dann müsste ich ihre Aufmerksamkeit ja teilen.", kicherte Arthur leise und gut gelaunt. "Vielen Dank, Arthur.", bedankte sich Vincent auch bei ihm.
"Also, wollen wir, liebste Veronica? Le Comte unterhält einen Kutscher, der uns in sofort in die Stadt bringen kann. Warum, du hattest doch nicht etwa vor den ganzen Weg zu Fuß zu laufen?", deutete er mit einem übertrieben freundlichen Lächeln an, als er eine Hand auf meinen Rücken legte und mich durch das Eingangstor in Richtung Straße schob.
___
"Ich habe nicht erwartet, dass es so schön hier ist!"
Meine vorangegangene und im Nachhinein vollkommen berechtigte Ablehnung gegenüber Arthur hatte sich innerhalb von Sekunden in Luft aufgelöst. Sicherlich, Arthur war ganz der Gentleman gewesen, den sich jede Frau wünschen würde. Er öffnete die Kutschentüre und half mir beim Einsteigen. Er unterhielt sich sogar mit dem Kutscher, um das Ziel abzusprechen, ehe er nach mir in die Kutsche stieg. Arthur hatte sich um alles gekümmert, damit ich mich in aller Seelenruhe zurücklehnen und alles entspannt auf mich zukommen lassen konnte. Wenn er im Anschluss seine Hände bei sich behalten hätte, wäre Arthur ein wirklich angenehmer Mann.
Mehr als einmal musste ich ihn darauf hinweisen, weder meine Knie, noch meine Schultern zu berühren, als er neben mir in der Kutsche saß und durch den Wald fuhren. Aber als er das verstanden hatte, verschränkte Arthur galant die Finger über seinen überschlagenen Beinen und begnügte sich damit, mich mit Fragen zu löchern. Er fand es über die Maße faszinierend, dass ich aus einer anderen Zeit und einem völlig anderen Land stammte. "Deutschland, huh? Interessant. Doch erklärt es nicht, warum du einen Kimono getragen hast."
Darauf hatte ich doch selbst keine Antwort, weshalb ich in Schweigen verfiel und aus dem Fenster auf die Landschaft blickte. Interessanterweise ließ mich Arthur in meinen Gedanken alleine, über die viel zu oft gestellte Frage, was ich letzte Woche gemacht hatte und wie ich hier gelandet war.
Als wir jedoch die Stadt erreichten, waren meine trüben Gedanken und mein Frust über Jean wie weggeblasen und drückte im wahrsten Sinne des Wortes meine Nase an der Scheibe platt. Es sah so wundervoll aus! Ich kann mich nicht erinnern je in Paris gewesen zu sein, obwohl es sicherlich eines meiner Ziele gewesen war. Ob die Notre-Dame schon erbaut wurde? In meiner Zeit war sie abgebrannt und ich habe damals fast geheult, als ich davon gehört hatte. "Also Liebes? Wohin möchtest du?", fragte Arthur mit einem zuvorkommenden Lächeln neben mir.
Ich war noch immer ein wenig skeptisch wegen Arthur, aber vielleicht hat ihn meine Stille auch nur etwas irritiert? Dem scharfen Blick seiner dunkelblauen Augen unterlegen, studierte er jede meiner Regungen, als ich mich zu ihm umdrehte. Und dann wurde mir etwas ganz schlagartig klar, weshalb ich meine Stirn runzeln musste. Der Ärger über mich selbst kehrte zurück.
Plötzlich spürte ich einen sanften Druck auf meiner Stirn, als Arthur mit dem Zeigefinger über meine Stirn strich. Ich zuckte zurück: "Arthur nein! Wir hatten das doch gerade.", meckerte ich, was Arthur nur noch mehr zu amüsieren schien. "Ich bitte um Verzeihung, Liebes. Aber du bekommst eine ziemliche Stirnfalte, wenn du den ganzen Tag grimmig grübelst.", lachte Arthur und tatsächlich konnte ich keine höheren Absichten in seinem Lächeln finden.
Schwach schnaufte ich. "Ich habe vergessen...", begann ich. "... dass ich überhaupt kein Geld habe. Ich bin einfach aus dem Anwesen geeilt ohne nachzudenken." Das war so überhaupt nicht ich. Normalerweise plane ich alles dreifach, bevor ich etwas anpacke. Es sah mir nicht ähnlich, dass ich so verstreut war. Arthur schmunzelte leise. "Mach dir auch darüber bitte keine Sorgen. Solange du mit mir unterwegs bist, lade ich dich natürlich ein. So wie es sich für einen Gentleman gehört."
Wenig überzeugt hob ich eine Augenbraue, doch dann musste ich auch einen Mundwinkel heben. "Sozusagen dein Druckmittel, damit ich bei dir bleibe und nicht stiften gehe?", fragte ich dreist, was Arthur die Luft scharf einziehen ließ. "Niemals würde ich zu solchen Mitteln greifen, Liebes! Wobei du natürlich ein bisschen recht hast.", er zwinkerte mir zu, als die Kutsche am Plaza in der Stadt hielt und öffnete die Türe. "Du bist sehr schlau. Ich mag Frauen die was im Köpfchen haben."
Er stieg aus und streckte mir seine Hand entgegen, um mir aus der Kutsche zu helfen. Ich griff nach ihr und hob mit der anderen mein knöchellanges Kleid an. "Komplimente nehme ich gerne entgegen. Aber ich muss deine Hoffnungen denke ich zerstören, Arthur. Ich bin nur einen Monat hier, wie du weißt."
"Ach, Liebes.", lachte Arthur leise, als ich auf die Straße neben ihn aus der Kutsche getreten war. "Es ist süß wie du Rücksicht auf meine Gefühle nehmen möchtest, aber mach dir um mich keine Sorgen. Denn für mich hat das Spiel gerade erst begonnen."
"Ein Spiel?", fragte ich mit einer hochgezogenen Augenbraue, nachdem Arthur dem Kutscher ein Zeichen gegeben hatte. Langsam bewegte sie sich weiter. "Denkst du, Gefühle sind ein Spiel?"
Arthur schien über die Wendung des Gespräches verwundert zu sein, denn er gab ein nachdenkliches: "Hmm...", von sich, was mich dazu veranlasste ihm mit dem Ellenbogen in die Schulter zu stechen. "Hey, hey, sachte.", lachte er dann. "Deine Frage war nur sehr interessant, liebste Veronica. Um sich zu beantworten: Nein ich denke nicht, dass Gefühle lediglich ein Spiel sind. Doch alles was sie begleitet, ja, das ist ein kleines Spiel und immerzu eine kleine Herausforderung." Er schmunzelte. "Aber was ich eigentlich meinte war, das Spiel ein Lächeln in dieses wunderschöne Gesicht zu zaubern, dass mich immerzu skeptisch anguckt."
Sprachlos blickte ich Arthur von der Seite an, während er mir noch immer eines seiner charmanten Lächeln schenkte. Das Gefühl, dass ich es nicht verdiente überkam mich und ich senkte meinen Blick nachdenklich. Doch bevor ich zu einer Entschuldigung auch nur ansetzen konnte, jammerte Arthur: "Grund gütiger! Nun mach doch nicht so ein Gesicht, Liebes!" Und er nahm meine Hand in seine und führte sie zu seinen Lippen um einen Handkuss anzudeuten. Dabei zwinkerte er mir schelmisch zu: "Es ist mein Spiel süße Frauen zu verwöhnen. Aber bei dir wird es mir sogar ein Fest sein. Ganz einfach, weil du leider in der misslichen Lage bist, mich einen Monat lang zu sehen."
Arthur zwinkerte erneut, als er meine Hand dann wieder frei ließ. Sein charmantes Lächeln immerzu auf seinen Lippen und ein fröhliches Funkeln in seinen dunkelblauen Augen. "Und nun sieh dir diese wunderschöne Stadt an und sag mir, was du sehen möchtest. Bis du dich entschieden hast, gehen wir einfach die Einkaufsstraße entlang. Sicherlich wirst du einige Dinge sehen, die dir zusagen."
Es war interessant, wie dieser Sunnyboy es schaffte, meine düsteren Gedanken abzulehnen. Herrje, er hat meine Auseinandersetzung mit Jean komplett in den Hintergrund gestellt! Sie kam mir im Augenblick so weit entfernt vor, mit Ausblick auf einen historischen Ausflug in das Paris des 19ten Jahrhunderts. Und ich bekam wirklich Lust, meinen Frust einfach hinter mir zu lassen und meine Zeit hier einfach nur zu genießen.
“Na, was ist das?”, fragte Arthur mit einem sanften Lächeln. “Ich sagte doch, dass dir ein Lächeln steht. Du siehst zauberhaft aus, liebste Veronica.” Mir war gar nicht aufgefallen, dass ich gelächelt habe, wenn mich Arthur nicht darauf hingewiesen hätte. Und es stimmte. Ich lächelte und es fühlte sich frei an. “Also gut, Arthur. Das Spiel hast du schon einmal gewonnen. Ich hoffe nun wird es nicht langweilig für dich.”
“Keineswegs, Liebes.”, lachte Arthur. Spielerisch hielt er mir seinen ausgestreckten Arm entgegen und sein unbeschwertes, unwiderstehliches Lächeln machte es mir in diesem Augenblick wirklich schwer, abzulehnen.
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swden-writingcorner · 4 years
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Trauma
Kurzbeschreibung: Ein Unfall passiert.
Charaktere: Sprotte, Frieda, Wilma, Trude, Melanie
Pairing: keins
Einordnung: spielt im Frühling ein Jahr nach "WH und die Liebe"
Warnung: Es werden Blut, Unfall und Schock beschrieben. Und die Folgen nach einem Trauma.
Word Count: 2593
A/N: Mir kam fast sofort die Idee, als ich das Wort vor mir sah. Die Frage war bloss, wer die betreffende Person sein sollte. Ich habe eine ganze Zeit zwischen Melanie, Sprotte und Wilma geschwankt. Aber letztlich fiel die Wahl dann doch leichter, als ich dachte. Es werden hier keine Wunden oder genaue Beschreibungen des Unfalls geschildert. Sondern es geht eher darum, was danach geschieht und wie Personen unterschiedlich darauf reagieren. Da ich leider nicht nur fluffige kleine OS schreiben kann, ist hier dann auch mal Hurt/ Comfort. Der etwas andere Schreibstil rührt daher, weil die Beobachterin selber unter Schock steht. Und da jeder Schock anders wahrnimmt und solche Ereignisse verarbeitet, habe ich mir hier einige Freiheiten rausgenommen.
~ O ~ O ~
Es passierte alles so plötzlich. Es passierte so verdammt rasend schnell, dass sich im Nachhinein keines der Mädchen mehr genau daran erinnern konnte, wie es überhaupt dazu gekommen war. In einem Moment fuhren sie alle fröhlich lachend auf ihren Fahrrädern nebeneinander her. Die Sonne schien warm auf ihre Gesichter, der Wind zerzauste ihre Haare und ließ ihre offenen Jacken wild hinter ihnen her flattern. Sie hatten Ferien, der Stress des Alltags lag weit hinter ihnen und es fühlte sich beinahe so an, als würde die Sonne nur für sie vom Himmel strahlen und ihnen zuwinken. Es war der perfekte Tag gewesen. Sie hatten gemeinsam am Wohnwagen gesessen, Tee getrunken und Kuchen gegessen. Hatten die glucksenden Hühner und die herumtänzelnde Bella beobachtet, stundenlang geredet, Musik gehört und gemeinsam geträumt und gelacht. Nun wollten sie noch gemeinsam ins Kino fahren, um sich den neusten Film dort anzusehen. Keine Pygmäen, keine Freundinnen oder Freunde dabei. Nur die Wilden Hühner unter sich. Sprotte hatte für einen Moment lächelnd die Augen geschlossen. Ihre Hände fest um den Lenker ihres Fahrrades geschlossen, Friedas lachende Stimme in ihrem Ohr und den brausenden Wind in ihren Haaren. Es war fast wie fliegen. Nur noch viel schöner. Die Welt stand still, als hätte jemand ein Foto von ihr und ihren Freundinen gemacht. Als wollte der Moment nie vergehen. Und sie war glücklich, wie schon lange nicht mehr. Doch dann quietschten plötzlich Reifen über den Asphalt, eine Hupe zerschnitt schrill den angenehmen Nachmittag. Ein durchdringender Schrei, voller Schmerz und Panik, ehe er abrupt abbrach. Metall, das auf Metall trifft und sich kreischend verformt, ein dumpfer Aufschlag und dann bebende Stille. Sprotte öffnete langsam die Augen, aber was sie vor sich sah, ergab einfach keinen Sinn. Sie stand allein auf der Straße, ihr Fahrrad lag vergessen hinter ihr. Mitten auf der Straße, wo sich ihre Reifen endlos weiter drehten. Rundherum. Sie hatte keine Ahnung, wie sie überhaupt dahin gekommen war. Ein dunkelblaues Auto stand schräg ein paar Meter vor ihr, versperrte ihr beinahe vollständig den Weg. Die Fahrer und Beifahrertür standen weit offen, aber niemand saß mehr im Wagen. Halb konnte sie noch den zerbeulten Reifen eines Fahrrades und das matte Rot der verbogenen Lenkerstange unter dem Auto erkennen. Um sie herum lagen drei weitere Fahrräder, achtlos hingeworfen und vergessen. Wie ihr Eigenes hinter ihr. Eine kleine Menschentraube hatte sich ein paar Meter vor dem Wagen gebildet. Alle murmelten panisch und gestikulierten. Sie hörten sich an wie ein Schwarm zorniger Wespen, bereit zum Angriff. Sprotte konnte Trude in der Menge erkennen, die haltlos schluchzte und ihre zitternden Hände vor die Augen hielt, während sie sich halb in die andere Richtung drehte. Sich von etwas abwendete. Als könnte sie den Anblick vor sich nicht ertragen. Wilma kniete zu ihren Füßen, das Gesicht weiß wie eine Wand, als hätte sie alles Blut aus ihrem Körper vollständig verlassen. Auch ihre Hände zitterten heftig, während sich ihr Mund ohne Pause endlos bewegte. Auf und zu. Auf und zu. Aber kein Wort, kein Ton schien sie zu verlassen. Als spielte sie in einem Stummfilm mit. Neben ihr hockte Frieda, ebenso blass wie Wilma selbst, aber mit einem entschlossenen Ausdruck in ihren dunklen Augen, während sie etwas zu ihren Füßen vorsichtig abtastete. Ihre blassen Finger leuchteten rötlich, als hätte sie sie in einen Eimer Farbe getunkt. Als wollte sie ein Bild mit diesen malen auf - Sprotte wandte ruckartig ihren Kopf ab und ließ ihren Blick beinahe träumerisch weiter wandern. Bei den beiden knieten ein Mann und eine Frau. Die Frau weinte kläglich, während der Mann hektisch in ein Telefon redete und wild gestikulierte. Weitere Autos hielten neben ihnen, Menschen stiegen aus diesen und sammelten sich um die kleine Gruppe. Wie Motten, die unaufhaltsam vom Licht angezogen werden. Die die Sensation rochen. Oder die Tränen und das Blut - Sie redeten wild aufeinander ein, mit riesigen Augen und dunklen Mündern, die sie wie endlose Löcher aufrissen. Als würden sie alles in ihrem Weg verschlingen wollen. Die Sonne, die Wärme, ihre Freundinnen. Es wirkte alles so unwirklich, so fantastisch wie ein dunkler Traum. Der sie unbarmherzig in seinen Krallen festhielt. Sprotte wollte zu ihnen gehen. Fragen, was passiert war. Wollte helfen. Aber ihr Körper schien ihr nicht länger zu gehorchen. Starr blickte sie auf die Szene vor sich, als würde sie Schauspielern in einem Film zusehen. Ihr Mund war wie ausgetrocknet und sie hörte die Luft laut in ihrer Brust rasseln. Konnte sie deswegen nichts um sich herum hören? Sie blinzelte träge und vor ihr verwandelte sich das Bild zu einem anderen, als sähe sie sich Momentaufnahmen von diesem an. Es passierte abrupt und ohne jede Logik, als hätte jemand einfach den Film ausgewechselt. Dabei hatte sie die erste Szene noch gar nicht verstanden. Sie brauchte noch etwas Zeit... Sie sah, wie sich Wilma ruckartig erhob und sich am Straßenrand heftig übergab. Ihr Haar verbarg ihre aufgerissenen Augen, aber Sprotte konnte die Tränen trotzdem sehen, die ihre Wangen unentwegt hinab liefen. Sie sah, wie Trude hilflos hin und her lief, ihren Blick auf Frieda oder Wilma geheftet. Sie ließ ihn nie zu weit zu Boden gleiten, als hätte sie Angst davor, was sie sehen könnte. Was sie bereits gesehen hatte. Sie sah, wie sich ein Krankenwagen mit blinkenden Lichtern näherte. Lautlos wie ein Geist. Und die Welt abwechselnd rot und blau einfärbte. Wie die Leute schnell zurückwichen und den herbei eilenden Sanitätern darin ehrfürchtig Platz machten. Wie sie den Blick freigaben auf - Sie sah, wie sich Frieda schwerfällig erhob. Ihre Hose war an den Knien dunkel verfärbt. Wie der Mann seine weinende Frau eng an sich zog und ihr Gesicht gegen seine Brust presste. Wie die Rettungshelfer auf die kleine Gruppe zustürmten. Mit einer Trage und einer roten Tasche in einer Hand. Wie sie sich hinknieten und - Sprotte wandte den Blick zum Himmel. Sie würden zu spät zu der Vorstellung kommen. Sie würden den Anfang des Films verpassen. Sie würden all die neuen Trailer für zukünftige Filme verpassen. Es blieb ihnen gerade noch genügend Zeit, um sich Popcorn und Cola zu kaufen. Sie sollten lieber losfahren. Sonst - Ihre Augen hatten sich wie von selbst zum strahlenden Himmel gewandt, wo die Sonne in ihre Augen stach und als sie wieder geradeaus blickte, sah sie Frieda ganz nah vor sich. Sie hatte sie nicht kommen gehört. Oder hatte die Hand auf ihrer Wange gespürt. Verwirrt bemerkte sie, dass sich Friedas Mund bewegte, lautlos Worte formte. Immer mehr, als wollte sie Sprotte darin ertränken. Aber die Welt blieb für sie in endloses Schweigen gehüllt. Das einzige Geräusch war ihr hämmernder Herzschlag in ihrer Brust und das Rauschen ihres Blutes in ihren Ohren. Und der rasselnde Atem, der viel zu schnell und zu laut in der Stille klang. Warum war die Welt nur plötzlich stumm geworden? Sie mussten sich doch beeilen. Der Film fing bald an. Sie waren doch schon fast da. Sie - Plötzlich legte sich etwas wie ein Schraubstock um ihre Brust und nahm ihr völlig die Luft zum Atmen. Sie spürte, wie ihre Beine unter ihr nachgaben, wie sie hart auf dem Asphalt aufschlug. Genauso wie - Aber kein Geräusch begleitete sie hinab. Nicht wie - Ihre Gedanken kreisten und kreisten und sie spürte, wie sich ihr Magen schmerzhaft zusammen zog. Als wollte sie sich übergeben. Ihr Körper zitterte und bebte unkontrollierbar. Ängstlich schlang Sprotte ihre Arme fest um ihren Oberkörper. Heftete ihren wirren Blick auf die ewig drehenden Räder ihres Fahrrades. Die Luft wollte einfach nicht in ihre bebenden Lungen gelangen. Egal wie sehr sie nach Luft schnappte. Sie würde hier sterben! Sie würde hier mitten auf der Straße zwischen all den bunten Autos sterben. Genauso wie - Aber sie mussten doch noch zum Kino fahren. So war es doch abgesprochen gewesen. Frieda hatte extra noch einem passenden Film für sie alle rausgesucht. Und es war doch so ein schöner Tag gewesen. So konnte es einfach nicht enden... Hände legten sich sanft auf ihr klammes Gesicht, hoben es an, damit sie wieder in Friedas dunkle Augen sehen konnte. Voller Angst und Schrecken. Immer noch bewegten sich ihre Lippen unaufhörlich, formten Worte, die keinen Sinn ergaben. Ihr geht es gut. Natürlich ging es ihr gut. Warum sollte es nicht so sein? Sie sollte nicht hier bei ihr sein. Sollte sich nicht um sie kümmern, wenn - Wenn - Sie sollte bei Melanie sein. Melanie, die blutend auf dem warmen Asphalt nur ein paar Meter vor ihnen lag. Ihr blondes Haar wie ein Heiligenschein um sie herum ausgebreitet. Ihre Glieder schlaff und verrenkt, wie von einer kaputten Spielzeugpuppe. Ihr Gesicht blass, ihre Augen geschlossen. Und so viel Blut. In ihrem Haar, ihrem T-Shirt, ihrer Hose. Sie würde die Flecken niemals aus diesem rauskriegen. Dabei war es doch ihr Lieblingsshirt. Voller glitzernder Steinchen, die im Licht der Sonne funkelten und rötlich schimmerten. Wie Rubine. Wie blutende Sterne auf ihrer regungslosen Brust. Wie - Ihre Gedanken kreisten immer schneller wie Satelliten in ihrem Kopf umher, zogen endlose Bahnen, ehe sie plötzlich hilflos zur Erde zurückfielen und verglühten. Die Welt verzerrte sich um sie herum, streckte sich endlos wie Kaugummi und zog sich wieder zusammen. Bis nur noch Frieda mit ihren riesigen Augen der einzige klare Punkt vor ihr war. Ihre warmen Hände auf ihren klammen Wangen und ihre dunklen Augen, die alles andere vor Sprotte verbargen. Die sie festhielten. Sie musste nichts sehen. Musste es nicht sehen, da es keine Rolle spielte. Sie waren doch auf dem Weg zum Kino. Sie mussten nur noch - Und Melanie würde - Und es war doch so ein perfekter Tag gewesen.
Und während die Sanitäter die verletzte Melanie in den blinkenden Krankenwagen schoben und zum Krankenhaus rasten um ihr Leben zu retten. Blieb eine junge Frau zurück und kniete sich neben Frieda hin. Blickte auf das verstörte Mädchen vor sich, das zitterte, abwesend den Blick kreisen ließ und kurz vor einem Zusammenbruch zu stehen schien. Abwesend bewegten sich ihre Lippen, sprach undeutlich von einem Film, den sie sehen wollten. Mit sanfter Gewalt schob die Sanitäterin Frieda von ihr weg, um ihre geschockte Freundin zu beruhigen und zurück in die Wirklichkeit zu holen. Dies war schließlich ihre Aufgabe.
Sprotte konnte später nicht mehr sagen, was genau passiert war. Sie erinnerte sich deutlich an den Moment davor. Die Sonne warm auf ihrer Haut, der Wind in ihren Haaren. Wie Melanie neben ihr gefahren war, die glitzernden Steinchen auf ihrem T-Shirt wie kleine Sterne. Wie sie gemeinsam über etwas lachten. Danach herrschte nichts als erdrückende Leere. Als hätte jemand alles weitere aus ihrem Gedächtnis gelöscht. Bis sie am nächsten Tag in ihrem eigenen Bett aufwachte, ihre Mutter warm gegen ihren Rücken gepresst. Ihre Arme beschützend um Sprotte geschlungen. Und ihre aufgeschürften Knie, die dumpf schmerzten. Sie redeten nicht davon, als ihre Freundinnen bei ihr auftauchten und sie gemeinsam mit Sprottes Mutter ins Krankenhaus fuhren. Als sie Melanie besuchten, die blass, mit einem riesigen Kopfverband und einem eingegipsten Bein und Arm in ihrem Krankenbett lag. Die Hand ihrer Mutter warm um ihre eigene geschlungen, wie eine Rettungsleine. Sie redeten nicht davon, als Melanie entlassen wurde und sie alle gemeinsam in ihrem Zimmer übernachteten. Melanie in ihrem Bett und ihre Freundinnen um das Bett herum verstreut, aber immer in Armeslänge von ihr. Als sie jeden Tag von mindestens eine ihrer Freundinnen besucht wurde. Als würden sie fürchten, dass sie plötzlich verschwinden würde. Als wäre ihre Genesung nichts als ein Traum gewesen. Sie redeten nicht davon, als sie Melanie mit ihrem eingegipsten Arm und Bein zum Wohnwagen fuhren und dort einen gemeinsamen Nachmittag und Abend zusammen verbrachten. Sprotte wollte nicht über diesen winzigen Augenblick nachdenken, als sich die Welt plötzlich neigte und still zu stehen schien. Als ihre Gedanken ein wirres Durcheinander bildeten und sie völlig abschotteten wie in einem Kokon. Und ihr nichts als Leere zurückließen. Und Angst, die ihr manchmal die Luft zum Atmen nahm. Melanie konnte sich nicht mehr daran erinnern, wie es genau geschehen war. Und sie beließ es auch dabei. Sie hatte ihre Freundinnen, die sich um sie scharrten wie richtige Hühner. Sie umgaben und beschützten, als könnte sie plötzlich im nächsten Moment einfach umfallen oder verschwinden, wie bei einem Zaubertrick. Sie mochte die Aufmerksamkeit, die sie von ihren Mitschülern und den Pygmäen bekam, als wäre sie plötzlich ein zerbrechliches Spielzeug. Kein einziges Schimpfwort wurde in ihre Richtung geworfen oder über sie vor vorgehaltener Hand gelästert. Aber noch mehr liebte sie die stützenden und helfenden Hände ihrer Freundinnen, die sie nie wirklich zu verlassen schienen. Trude wollte darüber sprechen. Immer und immer wieder, während sie weinte und weinte. Sprotte mied sie zwei Monate lang und verließ sofort den Raum, wenn Trude erneut das Gespräch auf den Unfall brachte. Und so redeten Trude endlos mit Steve und Frieda darüber. Über ihre Albträume und Ängste und irgendwann tat es nicht mehr so sehr weh. Irgendwann ließ sie es hinter sich, obwohl ihr Herz manchmal noch raste, wenn sie gemeinsam mit Melanie die Straße entlang fuhr. Wenn ein Auto nur etwas zu nah an ihnen vorbei fuhr. Wilma vertraute sich nur Matilda an, die ihr schweigend zuhörte und ihre zittrige Hand in ihrer Eigenen festhielt. Und zum ersten Mal suchte Wima von alleine Melanies Nähe. Es war der Schock und die Angst, die sie näher zusammenbrachte und sie endlich richtige Freundinnen werden ließ. Mit Ecken und Kanten, aber Frieda erwischte sie immer öfter dabei, wie sie alleine beim Wohnwagen saßen, redeten und auf die anderen Mädchen warteten. Das bleiernde Schweigen schien die beiden Mädchen vollständig verlassen zu haben. Und Frieda schwieg. Sie hörte sich Trudes Ängste an, verbrachte jede freie Minute an Melanies Seite und belächelte die heitere aufgesetzte Stimmung, die plötzlich zwischen ihr und Wilma herrschte. Und sie ließ ihren Blick nie zu lange von Sprotte abschweifen. Aber Frieda vergaß nie den Moment, als das Auto Melanie mit sich riss. Wie ihr Körper hart gegen das Auto schlug, ihr Kopf ruckartig zur Seite geworfen wurde und der dumpfe Aufprall danach, als sie über die Straße rollte. Das Knirschen und Kreischen ihres Fahrrads, das unter dem Auto verschwand. Das Blut, das sich um ihren Körper ausgebreitet hatte. Ihr Fahrradhelm, der wie eine Haselnuss aufgebrochen war. Und sie vergaß nicht die beklemmende Angst in ihrer Brust, als sie Melanie leblos auf den Boden liegen sah. Als Melanie mit Blaulicht und Sirene ins Krankenhaus gefahren wurde. Als ihr Blick auf Sprotte fiel, die wie versteinert neben ihrem Fahrrad stand. Ihren leeren Blick, der durch Frieda hindurch ging, ohne sie wirklich zu sehen. Das Zittern, ihr rasselnder hyperventilierender Atem und die wirren gemurmelten Worte. Ihr völliges Zurückziehen von der Wirklichkeit, während Frieda versuchte sie wieder zurückzuholen. Zurück in die Wirklichkeit, zurück in ihre Arme. Die Ferne, die plötzlich zwischen ihnen herrschte und die Frieda nie wirklich zu überbrücken schien. Wie sich Sprotte zurückzog, beschämt über ihre eigene Schwäche und Tatenlosigkeit, während Melanie verletzt zu ihren Füßen lag. Ihre Gedächtnislücke, die jede Erinnerung an den Unfalls völlig vor ihr verbarg. Die sie hartnäckig verdrängte, wie ein Therapeut Sprottes Mutter anvertraute. Sie würde sich diesen irgendwann stellen müssen. Ob sie es wollte oder nicht. Und Frieda hatte noch nie in ihrem Leben solch eine erdrückende Angst verspürt, wie als sie beinahe zwei ihrer Freundinnen verloren hätte. Die anderen Mädchen wollten sich nicht mehr erinnern, aber Frieda konnte es nicht vergessen. Und so wartete sie schweigend, ihr Blick auf Sprotte gerichtet, die alles zu ignorieren versuchte. Und so war sie es auch, die die schluchzende Sprotte Wochen später allein im Wohnwagen fand und fest in ihren Armen hielt, während sie sich gemeinsam erinnerten. An verbogenes Metall, glitzernde Steinchen und einen Film, den sie niemals sahen.
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swden-writingcorner · 4 years
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Kurzbeschreibung: Die Wilden Hühner und Pygmäen verbringen ihren Sommer am Strand.
Charaktere: Sprotte, Frieda, Melanie, Trude, Wilma, Matilda, Fred, Willi, Steve, Torte
Pairing: Sprotte/Fred und Wilma/Matilda
Einordnung: spielt ein Jahr nach Ende "WDH und die Liebe" oder Sommer nach "Belief"
Word Count: 2578
A/N: Und da sind wir wieder. Es ist irgendwie beängstigend und befreiend wieder einen klaren Plan zum Updaten und Schreiben zu haben, an den ich mich halten kann. So entsteht auch endlich keine riesige Pause mehr für mich beim Schreiben. Und es hilft mir kreativer zu sein. Win-Win also. ^^ Dieses Kapitel ist mal ohne große Gefühle oder mein Lieblingspairing im Vordergrund. Nur die Mädchen und Jungen, die Spaß miteinander haben. Auch wenn es schwierig ist 10 Personen irgendwie in ein Kapitel zusammen zu bringen, ohne jemanden völlig zu vergessen. Und die meisten bleiben dabei leider nur Randfiguren. Für mehr ist dann doch kein Platz mehr. Und auch wenn mir der Anfang des Kapitels leicht gefallen ist, war das Ende dabei umso schwieriger. Ich wusste nicht genau, wie ich es enden lassen wollte und bin dann plötzlich in eine andere Richtung als zuvor angenommen umgeschwungen. Es war frustrierend. Deswegen wird die erste und zweite Hälfte irgendwie komisch zusammen aussehen und sich auch so lesen. Tut mir wirklich leid. Ich hoffe, dass es trotzdem erträglich ist und ihr das Gefühl von Sommer, der ja jetzt leider vorbei ist, ein wenig zu spüren bekommt. Denn es war ein schöner Sommer. Trotz Corona. Und wieder durfte ich mich über zwei neue Reviews zum letzten Kapitel freuen. Ihr seid einfach viel zu nett zu mir! Ansonsten wünsche ich meinen Lessern noch einen wunderschönen Abend und bis Donnerstag!
~ O ~ O ~
Die Luft flirrte leicht über ihrem Kopf und roch angenehm nach Salz, Sonne und Entspannung. Die Wellen schlugen gleichmäßig auf den Sand und lullten einen mit ihrem Rauschen langsam in den Schlaf. Die Möwen kreisten am Himmel und kreischten schrill auf der Suche nach Futter unter sich. Die Sonne schien heiß vom wolkenlosen Himmel herab, wärmte den Sand und färbte die Haut der Strandbesucher rötlich. Der Sand war weich und knirschte leise, wenn man sich auf ihm bewegte. Es war der perfekte Sommertag. Die Wilden Hühner und Pygmäen hatten endlich Sommerferien und waren gemeinsam mit dem Zug zum Meer gefahren. Keine Eltern, keine Regeln, keine Schulbücher, kein Stress. Nur Sonne, Wasser, Entspannung und Spaß. Sie wollten im Wald in der Nähe des Strandes zelten, wo ein kleiner aber gepflegter Campingplatz mit Duschen und Toiletten war. Ihre Fahrräder lehnten angeschlossen an den Bäumen und sie hatten ihren Zeltplatz zwischen zwei großen Campingwagen gefunden, wo in einem laut Musik dröhnte und vor dem anderen eine Familie saß und lachend Karten spielte. Ihre Zelte standen bereits fertig aufgebaut in einem Halbkreis zueinander, während in der Mitte ein tragbarer Grill auf sie wartete. Ihre Schlafsäcke und Verpflegung lag gut gesichert in den verschließbaren Zelten und sie hatten nur das Nötigste mit sich an den Strand genommen. Wo Sprotte mit geschlossenen Augen auf einer himmelblauen Decke lag und sich zufrieden die Sonne auf ihren Bauch, Arme und Beine scheinen ließ. Ein breiter Strohhut verdeckte ihr träumendes Gesicht und die neue Sonnenbrille, die ihr Vater ihr vor der Abreise geschenkt hatte. Über ihrem Kopf lag ihre Strandtasche mit fertig geschnittenen Melonenstücken von ihrer Mutter, Flaschen mit Eistee und Wasser und einer Kamera, die ihr Vater ihr geliehen hatte. Kurz zuckten Sprottes Finger träge im Sand, ehe sie sie wieder entspannt in diesen vergrub und tief einatmete. Seit ihr Vater wieder da war und Zeit mit ihr und ihrer Mutter verbrachte, hatte Sprotte ihre eigene Liebe zum Fotografieren gefunden. Sie liebte es neue Motive zu suchen, andere Perspektiven auszuprobieren und Momente für die Ewigkeit festzuhalten. Mit Freude half sie ihrem Vater beim Entwickeln seiner Filme und lernte, wie man ein gutes Bild schoß und die Umgebung zu seinem Vorteil nutzte oder so herrichtete. Wie man das Zubehör richtig verwendete und den richtigen Lichteinfall fand, damit alles perfekt in Szene gesetzt wurde. Die Zugfahrt über hatte sie die Kamera nicht aus der Hand legen können und immer wieder Bilder von ihren Freunden geschossen. Bis Melanie genervt die Augen verdrehte und Frieda spielerisch die Kamera in ihre Tasche packte und sie sicher zwischen ihre Füße stellte. Bevor Melanie sie in die Finger bekommen und einfach aus dem Fenster werfen konnte. Und auch weit weg von Sprotte und ihren ruhelosen Fingern. Und während Sprotte darüber schmollte, zog Fred sie grinsend in seine Arme und küsste ihr Gesicht bis sie ebenfalls wieder lachte und ihn verspielt kitzelte. Sie hatten beinahe ein ganzes Abteil für sich alleine ergattert und so konnten sie laut lachen, reden, rumlaufen und die Plätze tauschen, ohne das sich jemand daran stören konnte. Sprotte hatte entspannt an Fred gelehnt gesessen mit Frieda ihnen im Vierersitz gegenüber. Diese hatte ihre Beine auf den freien Sitz neben sich gelegt und vertieft in einem Buch gelesen. Auf der anderen Seite saßen Trude und Steve nebeneinander und spielten verbissen Karten mit Wilma und Matilda, wobei die Letztere sie alle immer wieder haushoch schlug. Und dabei frech grinste, wenn die anderen verzweifelt aufstöhnten. Hinter ihnen hockte ein mürrischer Willi, der ununterbrochen seiner Freundin schrieb, die sie aufgrund ihrer Sommerjobs nicht begleiten konnte. Und Torte hinter ihm, der immer wieder auf den freien Platz neben Frieda schulte. Melanie hatte diesen genervt geräumt nach einem weiteren Foto durch Sprotte und ihrer klickenden Kamera und sie hatte sich schnell hinter ihr in die Reihe geflüchtet, wo sie Musik hörte und verträumt aus dem Fenster blickte. Die Fahrt war ruhig und entspannt gewesen. Der perfekte Auftakt zu ihrem ersten gemeinsamen Urlaub alleine. Ohne Eltern oder Aufsichtspersonen. Wobei Sprotte nur sehr ungern ihre Mutter allein zurückgelassen hatte. Denn auch diese hatte eifrig Ferienpläne geschmiedet. Und zwar mit ihrem Vater zusammen. Sie wollten gemeinsam zu einem seiner Aufträge in eine größere Stadt fahren und während er arbeitete, wollte ihre Mutter die Stadt erkunden, nett Essen gehen und sich entspannen. So ganz ohne ihre Tochter. Und allein mit einem Mann, den sie immer noch liebte. Sprotte wusste nicht, ob sie darüber froh sein sollte oder lieber verärgert, weil ihre Mutter sich nicht mal schuldig deswegen fühlte, wie sehr sie sich auf die Reise freute. Die nicht mal versuchte, ihre unbändige Begeisterung zu verstecken. So kurz nach der Trennung vom Klugscheißer mit ihrem Vater in den Urlaub zu fahren. Alleine. Und in einem Hotel zusammen zu übernachten. Zusammen Essen zu gehen. Sich zu amüsieren und zu lachen. Und wer weiß was noch. Sprotte hatte ihre Sorgen auch heimlich mit Frieda und Fred geteilt, die aber nur verständnisvoll die Schultern gezuckt hatten. Ihre Mutter war erwachsen. Sie konnte ihre eigenen Entscheidungen treffen und Sprotte musste letztlich damit leben. Und mochte Sprotte ihren Vater nicht auch und wollte, dass ihre Mutter glücklich war? Schließlich machte ihr Vater ihre Mutter doch glücklich, oder? Darauf hatte Sprotte keine Antwort oder Einwand mehr gewusst und betroffen geschwiegen, während die beiden sie wissend angesehen haben. Musste es Sprotte denn trotzdem gefallen, wie viel Zeit ihre Mutter und ihr Vater zusammen verbrachten? Allein? Und wie sie sich ansahen, selbst wenn Sprotte dabei war? Aber all das lag jetzt weit hinter ihnen. In einem anderen Leben sogar. Und so richtete sich Sprotte schwerfällig auf und lugte vorsichtig unter ihrem Sonnenhut hervor, um nach ihren Freunden Ausschau zu halten. Sie konnte einen Großteil ihrer Freunde im Wasser finden, wie sie laut kreischten, herum schwammen und sich gegenseitig ins Wasser warfen. Wilma drückte gerade Torte unter Wasser, der wild mit den Armen ruderte und sich danach hustend und ziemlich lautstark kieksend bei ihr beschwerte. Dafür nahm Willi Wilma einfach auf den Arm und warf sie ein paar Meter weiter ins Wasser, während sie laut aufschrie vor Schreck. Als Wilmas Kopf wieder auftauchte, hielt die vorbeischwimmende Melanie sie geschickt am Arm fest und flüsterte ihr etwas verschwörerisch ins Ohr, was beide breit grinsen ließ. Das verhieß nie etwas Gutes. Trude und Steve schwammen etwas abseits von der Gruppe und ließen sich von den Wellen schaukeln, während sie Händchen hielten, tuschelten und kicherten. Am Strand, nahe beim Wasser, hockten Fred, Frieda und Matilda zusammen und bauten eine riesige Sandburg mit Wassergraben und Muschelverzierungen, die jedoch etwas windschief geraten war und jeden Moment einzustürzen drohte. Sie waren völlig auf ihre Arbeit konzentriert und bemerkten gar nicht, dass Sprotte aufgewacht war und sie beobachtete. Lächelnd griff diese hinter sich und zog ihre Kamera aus dem Beutel, ehe sie die Drei ins Visier nahm. Schnell drückte sie ab, als Frieda einen Turm errichtete, Fred an seiner Brücke aus Eisstilen bastelte und Matilda eifrig einen Eimer voll Wasser in den Burggraben kippte. Sprotte ließ ihre Kamera weiter wandern und fand Trude und Steve im Sucher. Sie drückte ab, als Steve Trude zärtlich an sich zog und ihr etwas ins Ohr flüsterte. Es war schon beinahe kitschig, wie verliebt die beiden ineinander waren. Und es auch noch überall zeigen mussten. Sprotte wandte ihren Blick ihren restlichen Freunden zu und nahm sie grinsend ins Visier. Sie drückte ab, als Melanie eine Qualle nach Torte warf und dieser quietschend versuchte auszuweichen. Aber er war nicht schnell genug und wurde von dieser direkt am Kopf getroffen. Während Wilma mit einem wilden Kampfschrei auf Willis Rücken sprang und sie gemeinsam ins Wasser taumelten. Leise kichernd ließ Sprotte ihre Kamera sinken und beobachtete, wie Willi mit versteinertem Gesicht wieder auftauchte und nach Wilma griff, die jedoch flink wie ein Aal durch seine Finger glitt. Schnell schwammen sie und Melanie auf Trude und Steve zu und versteckten sich kichernd zwischen ihnen. So wurden alle vier Freunde nass, als Willi einen laut protestierenden Torte neben ihnen ins Wasser warf. Und wieder klickte die Kamera leise in Sprottes Händen. Trude kicherte und versteckte sich ebenfalls hinter Steve, der etwas verdutzt da stand, ehe er Willi ebenfalls nass spritzte und eine Wasserschlacht unter ihnen auslöste. Klick. Wilma sprang Steve beherzt zur Seite und machte ihrem Namen als Pistolenhuhn alle Ehre, während sich Melanie tropfend und prustend an den Strand rettete. Trude dicht hinter ihr. Klick. Sie schlichen gemeinsam auf die an der Sandburg tüftelnden Mädchen zu und griffen sich Matilda und Frieda, um sie mit sich ins Wasser zu ziehen. Mit strampelnden Füßen und lauten, entrüsteten Schreien. Klick. Laut prustend tauchten beide Mädchen wieder auf und begannen Trude und Melanie ebenfalls nass zu spritzen, während Fred lauthals vom Strand aus lachte. Die Sonne hell auf seinen rot leuchtenden Haaren. Klick. Schnell schlossen sich die Gruppen zusammen und so standen sich auf der einen Seite Willi, Torte, Frieda und Matilda und auf der anderen Melanie, Trude, Steve und Wilma gegenüber. Alle mit entschlossenen Gesichtern, einem Schwimmbrett, einem Ball und ihren Händen als Waffen gegenüber. Bereit zum Kampf. Klick. »Willst du nicht mitmachen?« Erschrocken zuckte Sprotte zusammen und hätte beinahe ihre Kamera in ihren Schoss fallen lassen. Sie hatte gar nicht gehört, wie sich Fred neben sie gesetzt hatte, während sie die anderen durch ihre Kamera beobachtet hatte. »Nein. Ich glaube, das kriegen die auch gut alleine hin. Findest du nicht?« Grinsend zeigte Sprotte auf ihre Freunde, die sich gegenseitig anfeuerten, kreischten und kicherten, während die anderen Schwimmer ihnen schnell auswichen. Matilda und Frieda zum Schutz hinter Willi versteckt, während Torte waghalsige Vorsprünge ins andere Team versuchte und mehrmals dafür untergetaucht wurde. Und Steve, der stolz jeden Angriff mit vollem Körpereinsatz abfing, während Trude kichernd hinter ihm hockte und Wilma und Melanie immer wieder waghalsige Angriffe auf Willi und die versteckten Mädchen hinter ihm starteten. Wobei Wilma zweimal von Willi aufgegriffen und ins Wasser geschleudert wurde. Klick. »Ja, ich denke, die kommen auch gut ohne uns zurecht.« Schnell griff Fred nach ihrer Kamera und zog Sprotte nah an sich heran, was diese verlegen kichern ließ. »Wenn du schon unbedingt von jeden Bilder machen musst, dann solltest du auch auf ein paar zu sehen sein. Sag Cheese!« Und er hielt die Kamera ausgestreckt vor sich und verzog das Gesicht zu einem breiten Grinsen. Sprotte drückte ihre Wange gegen seine und lächelte ebenfalls, als sie das vertraute Klicken hörte. »Super! Jetzt komm!« Achtlos warf Fred ihre Kamera hinter sich in die Tasche und sprang auf, um ihr seine Hand hinzuhalten. Schnell stellte Sprotte sicher, dass ihre Kamera nicht beschädigt und gut verstaut war, ehe sie seine wartende Hand ergriff. Elegant zog Fred sie an seine Brust, sodass sie zu ihm aufsehen musste und er sie grinsend küssen konnte. Sofort fing Sprottes Herz wieder an zu rasen, so wie immer, wenn Fred sie festhielt oder küsste. Und sie wünschte sich plötzlich, dass jemand ein Bild von ihnen machen würde. So wie sie es bei Trude und Steve gemacht hatte. Wie sahen sie wohl gemeinsam aus? Wie ein perfektes Paar aus einem Film? So fühlte sich Sprotte jedenfalls, als Fred sich von ihr löste und ihren Sonnenhut auf ihre verlassene Decke hinter ihnen warf. Wieder schlossen sich seine Finger um ihre und Sprotte nahm auch ihre Sonnenbrille ab, um sie zu ihrem Hut zu werfen. Der Sand knirschte leise unter ihren Füßen, während sie zusammen auf ihre erschöpften Freunde zuliefen, die kraftlos im Wasser trieben und ihnen erwartungsvoll entgegenblickten. Die Wasserschlacht schien unentschieden ausgegangen zu sein. Sprotte zuckte erschrocken zusammen, als sie ins kühle Wasser trat, während Fred sie allein zurückließ und begeistert zu den anderen Pygmäen lief, um sich in die Wellen zu stürzen und Willi den Ball aus der Hand zu schnappen. Schnell teilte er sein Team auf und sie begannen sich gegenseitig den Ball zuzuwerfen oder nah genug zu treffen, damit das Wasser hoch aufspritzte. Wilma und Matilda beobachteten sie einen Moment dabei, ehe sie an Spotte vorbei schwammen und sich zusammen in Handtücher gewickelt auf die Decke legten. Vorsichtig öffneten sie die Schale mit den Melonenstücken und stellten sie zwischen sich, während sie kichernd aus dieser naschten und die anderen Leute am Strand beobachteten. Frieda schwamm langsam auf Sprotte zu, während diese schnell untertauchte, um kurz vor ihr wieder aufzutauchen und sich das nasse Haar aus den Augen zu wischen. Sie grinsten sich an und Frieda griff unter Wasser nach Sprottes Hand um sie etwas weiter hinauszuziehen, wo ihre Füße nicht mehr den Boden berühren konnten und das Wasser noch kühler wurde. »Und genug Fotos von uns allen gemacht?«, fragte Frieda spielerisch, während sie ruhig nebeneinander schwammen und leicht von den Wellen hin und her geschaukelt wurden. »Wie viele Filme hat dir dein Vater den mitgegeben? Ich wette, die Hälfte hast du bereits verschossen, oder?« »Gar nicht.«, entgegnete Sprotte beleidigt und ließ sich einen Moment auf dem Rücken treiben, die Sonne warm auf ihrer nassen Haut, während sie aus dem Augenwinkel Melanie auf sie zuschwimmen sah. Gemeinsam schwammen alle drei wieder in Richtung Strand und Melanie erzählte ihnen aufgeregt, dass es auf dem Campingplatz in ein paar Tagen eine Strandparty geben sollte, zu der jeder Camper eingeladen war. Sie hatte Flyer dazu an der Wand für Aushängeund Neuigkeiten gesehen und vibrierte beinahe vor Aufregung bei dem Gedanken daran. An das Tanzen und an die hübschen Jungs, die dort auf sie warteten. Es war keine Frage, dass sie dort hingehen würden, auch wenn Sprotte selber wenig begeistert war. Sie würde nur wieder am Rand stehen und sich mit Fred oder Frieda unterhalten oder verlegen mit Fred langsam hin und her schaukeln oder wild mit ihren Freundinnen hin und her hüpfen. Ohne jemals den Rhythmus zu finden. Aber vielleicht konnte sie dort auch ein paar schöne Bilder von ihren Freundinnen machen, wie diese tanzten und lachten und plötzlich fand Sprotte die Idee gar nicht mehr so schrecklich. Denn sie liebte ihre Kamera und die Bilder, die sie damit machte. Auch wenn sie ihre Freunde damit nervte. Schließlich war der Urlaub noch lang und ihr Vorrat an Filmen beinahe unbegrenzt. Aber dafür war auch noch später Zeit und so verdrehte sie nur die Augen, während Frieda fröhlich nickte und versprach, die Jungs und die restlichen Wilden Hühner und Matilda später zu fragen. Schnell schwammen sie an den Strand zurück und setzten sich neben Wilma und Matilda, um die restlichen Melonenstücke mit ihnen zu verputzen. Ehe Sprotte ein Bild von den Jungs im Wasser und ihren Freundinnen auf der Decke machte. Die Kamera liebevoll in ihren Händen und ein breites Grinsen im Gesicht. Während ihre Freundinnen nur ungläubig lachten oder sie aufzogen. Denn der Urlaub war noch lang und Sprottes Kamera nie weit von ihren ruhelosen Fingern entfernt. Und so hingen nach ihrem Urlaub neue Bilder an der Wand im Wohnwagen der Wilden Hühner. Wie sie alle gemeinsam tropfendes Eis aßen. Wie Melanie voll konzentriert ihren Aufschlag beim Volleyball machte, um ihre Mannschaft ohne Probleme zum Sieg zu bringen. Wie sie alle gemeinsam um den glühenden Grill saßen und leicht verkohlte Würstchen aßen und über eine Geschichte von Fred lachten. Wie sie morgens müde aus den Zelten krochen, die Augen halb geschlossen und die Haare ein wildes Durcheinander. Wie sie eine riesige Sandburg mit hohen Türmen und einem tiefen Wassergraben bauten. Wie sie gemeinsam tanzten und Spaß hatten. Mit Sprotte in ihrer Mitte. Wie sie alle im Zug eng nebeneinandersaßen, ihre Haut leicht sonnenverbrannt und ihre Kleidung voll Sand. Wange an Wange gedrückt, damit sie alle zu sehen waren und breit in die Kamera grinsten. Auf dem Weg zurück nach Hause.                            
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swden-writingcorner · 4 years
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Kurzbeschreibung: Sprotte denkt über Frieda und Tortes Beziehung nach und wie unglücklich Frieda ist.
Charaktere: Sprotte, Frieda, Wilma, Trude, Melanie (Torte erwähnt)
Pairing: Torte/Frieda
Einordnung: kurz vor dem Beginn des dritten Buches ("Fuchsalarm")
Word Count: 3454
A/N: Persönlich war ich nie ein Fan von der Beziehung zwischen Frieda und Torte. Im Buch wurde deren Beziehung nie wirklich dargestellt. Er hat ihr zwar Liebesbriefe geschrieben, sie kamen zwischen zwei Büchern zusammen und haben sich zu Anfang des dritten Buches schon wieder getrennt. Was mich aber besonders störte, war Tortes Besessenheit von Frieda (selbst als er bereits eine neue Freundin hatte). Das Benehmen der Mädchen zu seinem Verhalten, wie er Frieda nachstellte, Beleidigungen an ihre Hauswand schrieb und ihr dann plötzlich wieder Liebesbriefe schrieb, empfinde ich nicht unbedingt als lustig oder romantisch. Mir würde so etwas mehr Sorgen machen. Trotzdem glaube ich nicht, dass ihre Beziehung wirklich schrecklich war, aber vielleicht war es besser, als sie sich trennten. Deswegen will ich hier nicht sagen, dass Torte allein an allem Schuld war. Streitereien und Trennungen gehören schließlich zum Leben dazu. Trotzdem war es wahrscheinlich für beide besser, als die Beziehung beendet wurde.
~ O ~ O ~
Als Sprotte mit ihrem Fahrrad keuchend am vereinbarten Treffpunkt ankam, wartete dort bereits Wilma ungeduldig auf sie. Mit einem zerknitterten Block in der Hand und einem zerkauten Bleistift im Mund lehnte sie lässig an einen Gartenzaun. Schnell kritzelte sie noch etwas auf eine Seite, ehe sie beides achtlos in ihren überfüllten Rucksack stopfte und grinsend zu ihrer Freundin aufblickte. »Sind die anderen denn noch nicht da?«, fragte Sprotte ungeduldig, während sie von ihrem Fahrrad stieg und es neben Wilmas an die Hauswand lehnte. Kurz blickte sie auf ihre Armbanduhr mit den leuchtenden Zeigern. Ihre Freundinnen hatten sie ihr als Scherz geschenkt, damit sie keine weiteren Eintragungen mehr im Klassenbuch bei Frau Rose sammelte. Aber helfen tat es trotz allem nicht wirklich. Hinter ihrem Namen standen bereits jetzt schon mindestens fünf dicke rote Kreuze. Sie selbst war bereits einige Minuten zu spät zu dem vereinbarten Bandentreffen, was jedoch nichts Außergewöhnliches war. Aber das weder Frieda noch Melanie oder Trude da waren und auf sie warteten, ließ sie doch ungeduldig die Stirn kraus ziehen. Die anderen waren doch sonst nicht so unpünktlich. Wenigstens musste sie sich diesmal keine neue Ausrede einfallen lassen. Verstimmt verzog Sprotte das Gesicht und blickte sich kurz um, aber keine der anderen Wilden Hühner war bis jetzt in Sicht. Obwohl sie doch ausdrücklich gesagt hatte, dass sie sich eine Stunde nach der letzten Schulstunde treffen sollten! Schließlich war es wichtig! Und dabei hatte sie bereits auf Friedas Treffen in ihrer Umweltgruppe und Wilmas Probe in der Theater-AG in den letzten Tagen Rücksicht genommen und ihr Bandentreffen mehrmals verschoben. Wo blieben die anderen bloß? »Ich wette, dass Torte auf Frieda nach der letzten Stunde gewartet hat und sie jetzt hinter der Schule rumknutschen.« Wilma grinste frech bei diesen Worten, während sie sich einen Kaugummi in den Mund steckte und mit ihrer Wasserpistole in ihrem Ärmel herumspielte. Sie fand das alles immer furchtbar romantisch wie sie gerne sagte. Sprotte verdrehte genervt die Augen, während Wilma bei ihrer Reaktion laut anfing zu kichern. Auch wenn Sprotte der Gedanke störte, so konnte sie Wilmas Worte nicht völlig als Unfug abtun. Torte folgte Frieda überall hin wie ein herrenloser Hund und gerade nach einem ihrer ständigen Streitereien liebte er es, ihr weiter nachzustellen und solange zu küssen bis all der Ärger und ihre Streitlust vergessen waren. Obwohl dies meist nicht klappte, so ließ Frieda sich doch oftmals für kurze Zeit von ihm ablenken und hatte so schon einige ihrer Bandentreffen völlig vergessen. Als würden Tortes Küsse jeden vernünftigen Gedanken aus ihrem Kopf verbannen und nichts als gähnende Leere zurücklassen. Sprotte konnte das beim besten Willen nicht verstehen, aber je mehr sie sich darüber aufregte, desto wissender bedachte Melanie sie mit diesem Blick. Und Sprotte hasste diesen Blick. Besonders wenn Melanie ihn ihr zuwarf und dabei überlegen grinste. Als wäre Sprotte ein Kleinkind, das die Erwachsenen und deren wichtige Probleme einfach nicht verstehen konnte und unliebsame Wutanfälle bekommt, wenn etwas nicht nach ihrer Nase läuft. Als wäre Melanie selbst so erwachsen mit ihrem Make-up und den Glitzerpflastern, die ihre zahlreichen Pickel abdecken sollen. Und das nur weil alle Jungs auf Melanie standen und ihr wie kopflose Hühner hinterliefen, wenn sie sie nur anlächelte. Als bräuchte Sprotte so etwas in ihrem Leben. Nein, danke! Mit gerümpfter Nase schob sie die immer noch lachende Wilma von sich und ließ ihren Rucksack geräuschvoll zu Boden gleiten. Während sie ihn öffnete und darin herum kramte, beruhigte sich Wilma endlich wieder und guckte Sprotte interessiert über die Schulter. Überrascht blickten beide jedoch auf, als ein Fahrrad kurz vor ihnen anhielt und eine schnaufende Trude abstieg. Mit rotem Kopf blieb sie vor den beiden Mädchen stehen und zupfte nervös an ihrem braunen Haar, während sie wieder versuchte zu Atem zu kommen. »Tut mir leid für die Verspätung. Mein Vater war heute Zuhause und wollte ein ernstes Gespräch mit mir führen.« Sie verdrehte kurz die Augen, aber Sprotte und Wilma konnten deutlich sehen, dass sie geweint hatte. So war es immer, wenn Trude Zeit mit ihrem Vater verbrachte. Er nörgelte den lieben langen Tag an Trudes Gewicht, Kleidung, Frisur, Noten und allem möglichen rum, was ihm noch einfiel. Nicht ein Mal hatte Sprotte ein nettes Wort aus seinem Mund gehört, wenn er über Trude sprach. Und seit der Scheidung ihrer Eltern hatte sich dieses Verhalten nur noch verschlimmert. Besonders durch seine neue Freundin, mit der er jetzt zusammenlebte und die Trude für ein wenig unterbelichtet hielt. Sprotte spürte dann jedes Mal dieselbe erstickende Wut in ihrer Brust, wenn Trude mal wieder heulend zu ihnen kam und über all die scheußlichen Sachen erzählte, die ihr Vater ihr an den Kopf geworfen hatte. Sie konnte einfach nicht verstehen, wie jemand so gemein zu seiner Tochter sein konnte. Aber gleichzeitig fragte sie sich auch, ob dies wohl normal für einen Vater war. Schließlich bevorzugte Friedas Vater ihren Bruder auch ständig und ließ ihn alles durchgehen. Und Melanies Vater hatte immer wieder Wutausbrüche, in denen er Sachen aus dem Fenster warf oder laut herumbrüllte bis sich die Nachbarn beschwerten. Nur Wilmas Vater war eher unscheinbar und hatte wegen seiner Frau im Haus und in Sachen Wilma nichts zu sagen. Die Erziehung ihrer Tochter lag völlig in den Händen von Wilmas Mutter. Was nicht unbedingt besser war, wie Sprotte fand. Trude fuhr sich schniefend über die Nase und öffnete erneut den Mund, als plötzlich auch Melanie mit quietschenden Reifen und einer kleinen Staubwolke neben ihnen anhielt und elegant von ihrem Fahrrad sprang. Ihr blondes Haar war windzerzaust und ihr Gesicht vor Anstrengung voller roter Flecken. »He. Tschuldigung für die Verspätung, aber meine blöde Schwester hat mich aufgehalten.« Schwungvoll stellte sie ihr Fahrrad ab und holte ihre kleine Bürste aus ihrem Rucksack, um ihre Haare wieder ordentlich zu bürsten. Sie ließ ihren Blick suchend über die versammelten Mädchen schweifen, ehe sie frech grinste. »Wo ist denn Frieda? Ich dachte, sie wollte gleich nach der Schule hierher kommen, um nicht Babysitter für ihren kleinen Bruder spielen zu müssen.« Sprotte und Wilma zuckten nur ahnungslos mit den Schultern, aber Trude senkte beschämt lächelnd den Blick und wurde knallrot. »Ich hab gesehen, wie Torte sie nach der Schule abgefangen hat und sie sind zusammen auf den Pausenhof gegangen. Ihr wisst doch, sie hatten doch gestern wieder einen großen Streit und Frieda hat ihn den ganzen Tag in der Schule ignoriert.« »Ach ja.«, stöhnte Wilma und machte eine große Kaugummiblase, ehe sie sich lässig von der Wand abstieß. »Er hat doch den ganzen Tag über Briefchen an sie geschrieben und sie ihr immer wieder zugesteckt. Aber die meisten davon hat sie, glaube ich, direkt in den Müll geworfen, oder?« Kurz tippte sie sich nachdenklich gegen das Kinn, ehe sie fragend ihre Freundinnen musterte. Diese zuckten nur ratlos mit den Schultern, obwohl Sprotte es besser wusste. Torte hatte Frieda den ganzen Tag über mindestens zwanzig Briefe geschrieben und sie ihr im Unterricht und in den Pausen heimlich zugesteckt. In ihre Jacke, auf ihren Platz und in ihren offenen Rucksack. Aber keinen von diesen Zetteln hat Frieda auch nur geöffnet, sondern sie einfach wütend zerknüllt und mit einem bösen Blick auf ihn weggeworfen. Sie hatte danach jeden weiteren Blickkontakt zu Torte gemieden und jede Annäherung von ihm abgeblockt. Sprotte wusste selber, wie lange Frieda so etwas durchhalten konnte. Sie hatte diese Behandlung schon von ihrer besten Freundin am eigenen Leib erfahren, wenn sie sich mal heftig gestritten hatten. Und schön waren diese Zeiten nie für Sprotte gewesen. Und doch war Frieda mit dem Urwaldzwerg einfach nach der Schule mitgegangen, als keine ihrer Freundinnen mehr da gewesen ist. Bestimmt hatte er ihr seine unendliche Liebe geschworen und sie wieder mit seinem dämlichen Dackelblick angesehen. Frieda konnte dem einfach nicht widerstehen. Seufzend fuhr sich Sprotte durch die Haare und blickte kurz auf ihre Uhr, ehe sie zum Himmel hinauf blickte. Die Sonne hatte sich bereits hinter einigen Wolken versteckt und ein zugiger Wind fuhr durch ihre dünne Jacke und ließ sie frösteln. »Sollen wir noch weiter auf sie warten?«, fragte sie die anderen unschlüssig und verzog nachdenklich das Gesicht. Frieda war bereits eine halbe Stunde zu spät zu ihrem Treffen und so viel Zeit hatte Sprotte auch nicht mehr. Ihre Mutter fuhr heute nur eine Frühschicht und sie hatten sich zu italienischen Essen und einen Film um Punkt sechs Uhr in ihrem Wohnzimmer verabredet. Es war das erste Mal seit langer Zeit, dass Sprottes Mutter mal nicht abends fahren musste und Sprotte so nicht gezwungen war zu ihrer Großmutter zu gehen. Es kam nicht oft vor, dass ihre Mutter unter der Woche mal abends Zeit für sie hatte. Und Sprotte wollte es auf keinen Fall verpassen. Ihre Freundinnen guckten sich ebenfalls etwas ratlos an. Sie alle wollten nicht ohne Frieda loslegen, aber sie konnten auch nicht ewig auf sie warten. Wer konnte schon wissen, wann sie sich endlich von Tortes Lippen losreißen konnte, um sich wieder an das Treffen zu erinnern. Wieder blickte Sprotte unschlüssig auf ihre Armbanduhr, ehe sie sich ihr Fahrrad schnappte und zögernd aufstieg. Auch die anderen nahmen sich ihre Fahrräder, Wilma warf sich ihren Rucksack auf den Rücken und Melanie packte endlich ihre kleine Bürste weg. Kurz blickten sich noch mal alle vier Mädchen um, als könnte Frieda plötzlich aus dem Nichts in ihrer Mitte auftauchen. Aber sie konnten niemanden sehen, der auf sie zukam und so fuhren sie beinahe gleichzeitig los. Ihr Ziel war der Schrottplatz am Rand des Waldes, wo die Pygmäen auch ihr Baumhaus errichtet hatten. Sie brauchten noch Material für ihr Bandenquartier, was sie langsam aber sicher auf dem kleinen Platz hinter der Schule errichteten. Bisher standen nur ein krummes Gerüst aus verbogenen Stangen und einige Bretter aneinander gelehnt da, aber sie waren ja auch noch ganz am Anfang. Sie wollten ein richtiges kleines Häuschen bauen, wo sie sich treffen konnten und was auch Pygmäen-sicher sein würde. Seit ungefähr zwei Wochen werkelten die fünf Mädchen beinahe schon täglich an ihrem Bandenquartier herum. Mal mit großen, mal mit kleineren Erfolgen. Aber bisher hielt alles noch sehr gut zusammen und war noch nicht einfach zusammengefallen. Auch wenn es sehr windschief und unsicher von außenn aussah. Und so suchten die vier Mädchen auf dem Schrottplatz einige Bretter, zerfledderte Kissen und Kisten zusammen, die sie in den nächsten Tagen gemeinsam zu ihrer kleinen Hütte bringen wollten. Wilma wollte ihren kleinen Handwagen am Wochenende mitbringen, mit dem sie manchmal Zeitung austrug und dann würden sie die Sachen gemeinsam zur Schule beschaffen. Trude wollte dann auch das alte Werkzeug ihres Vaters mitbringen, dass er bei ihrer Mutter zurückgelassen hatte, damit sie alles fest zusammenbauen konnten. Als die Sonne bereits anfing unterzugehen, hatten die Wilden Hühner einige Sachen zusammengetragen und zu einem kleinen Haufen aufeinandergeschichtet, ehe sie sich wieder auf ihre Fahrräder schwangen. Frieda war nicht auf dem Schrottplatz aufgetaucht und so war die Stimmung gedrückter als sonst, obwohl Wilma ihr bestes tat um Sprotte und Trude aufzumuntern. Melanie hatte nur wieder diesen Blick aufgesetzt, als Sprotte das Wort auf Friedas Abwesenheit gebracht hatte, worauf diese das Thema schnell wieder fallen ließ und ihre Suche an anderer Stelle fortsetzte. Melli hatte sich danach ausgiebig über den Dreck auf dem Schrottplatz beschwert, der nun an ihr klebte und dabei ihre Nase kraus gezogen. Trude hatte schweigend neben ihren Freundinnen gesucht, während sie immer wieder sehnsüchtige Blicke in die Ferne geworfen und verstohlen einen Schokoriegel genascht hatte. Schweigend fuhren die Mädchen zurück in die Stadt, wo sie sich dann mit kurzen Worten voneinander verabschiedeten. Melanie, Trude und Wilma fuhren in die eine Richtung und Sprotte allein in die andere. Die Straßenlaternen waren bereits eingeschaltet und Sprotte hangelte sich von einem Lichtkegel zum nächsten, während sie verbissen auf die Straße blickte. Es ärgerte sie immer noch. Friedas Abwesenheit und die angespannte Stimmung, die sich nicht zwischen von den Wilden Hühnern legen wollte. Sprotte war wütend und gleichzeitig krampfte sich etwas schmerzhaft in ihrem Bauch zusammen, als hätte man sie fest getreten. Sie konnte es einfach nicht verstehen. Wieso musste Frieda nur mit diesem Idioten zusammen sein? Wieso hatte sie sich gerade in diesen Urwaldzwerg verliebt und vergaß über ihn alles andere? Warum gerade der blöde Torte mit seinen dummen Witzen, die niemand außer Frieda jemals lustig fand. Es war für Sprotte einfach unbegreiflich. Am Anfang war es noch nicht so schlimm gewesen. Frieda hatte in den Pausen immer irgendwo mit Torte gestanden und ihre Lippen hatten sich erst wieder voneinander gelöst, als es zum Pausenende geklingelt hatte. Sie waren nachmittags meist zusammen gewesen, entweder beim Baumhaus oder bei Torte Zuhause, und Frieda hatte tagelang vor sich hin gegrinst, kleine Herzchen in ihre Hefte gemalt und gedankenverloren vor sich hin gesummt. Sie hatte auf Wolke sieben geschwebt, wie Trude es einmal genannt und ihr dabei einen neidischen Blick zugeworfen hatte. Und wirklich Frieda war mehr geschwebt als irgendwo hingelaufen und ihre gute Laune war irgendwann unerträglich geworden. Es war einfach alles perfekt gewesen in den ersten Wochen. Und Frieda hätte nciht glücklicher sein können. Aber dann hatte sich von einem Tag auf den anderen plötzlich etwas verändert. Frieda war dieser Hilfsorganisation beigetreten und Torte sah in jedem Typen, den sie auch nur anblickte oder mit dem sie sprach, einen Feind. Sie stritten sich täglich, zumeist sogar mehrmals an einem Tag. Aber genau so schnell sah man sie auch wieder in irgendeiner Ecke rumknutschen, als wäre nichts geschehen. Bis sie sich wieder voneinander lösten und der Streit von vorne begann. Sie ging es tagein und tagaus. Immer und immer wieder. Sprotte konnte einfach nicht verstehen, wie Frieda dieses Hin und Her nur aushalten konnte. Sie und Torte konnten kein normales Gespräch führen, ohne das sie sich am Ende anschrien oder Beleidigungen austauschten. Weil sie alles zu ernst nahm. Weil er ständig dumme Witze machte. Weil Frieda nie Zeit für ihn hatte. Weil Frieda mit anderen flirtete. Weil andere Jungen Frieda nett finden. Weil Frieda ... Sprotte hatte bereits aufgehört, die Streitereien zu verfolgen, da es immer wieder um dasselbe ging. Sie drehten sich im Kreis, immer und immer wieder. Streit, Versöhnung, Streit, Versöhnung, Streit... Es schien einfach kein Ende nehmen zu wollen. Wieso sah Frieda nicht, dass etwas in ihrer Beziehung nicht stimmte? Wieso zuckten selbst die anderen Wilden Hühner nur mit den Schultern, wenn Sprotte das Thema anschlug? Konnten sie nicht sehen, wie unglücklich Frieda war? Wollten sie ihr etwas nicht helfen, wo Frieda doch so unglücklich mit Torte sein musste? Oder bildete sich Sprotte alles nur ein? Nur weil Sprotte noch keinen Freund hatte und weithin als Männerhasserin verpönt war, konnte sie doch wohl erkennen, dass Frieda nicht mehr glücklich war. Frieda war schließlich ihre beste Freundin und Sprotte kannte sie besser, als irgendjemand sonst. Die Wolke Sieben hatte Frieda längst hinter sich gelassen. Das blödsinnige Grinsen in ihrem Gesicht war nicht mehr zu finden, es wurden keine Herzchen mehr gemalt und über die blöden Witze von Torte musste Frieda schon lange nicht mehr lachen. Frieda war unglücklich und Sprotte wusste nicht, wie sie ihr helfen konnte. Und dieses Wissen ließ ihr Herz verkrampfen und nahm ihr die Luft zum Atmen. Es war alles irgendwie so verdammt unfair! Frieda verdiente etwas Besseres als Torte, aber Sprotte wusste einfach nicht, wie sie ihr das beweisen sollte. Wie konnte sie ihrer besten Freundin sagen, dass es so nicht weitergehen konnte? Wenn selbst ihre anderen Freundinnen das Ganze für völlig normal hielten. Irrte sich Sprotte etwa so sehr in ihrer Einschätzung? Sie glaubte es nicht und so war sie nicht verwundert, als ihr eine aufgelöste Frieda auf ihrem Fahrrad entgegenkam. Ihr Gesicht war rot gesprenkelt vor Wut, die Lippen zu einem dünnen Strich zusammengepresst und Tränen glitzerten in ihren Augenwinkeln. Ihr Haar flog wild im Fahrtwind und ihr Rucksack hing schief über ihre bebenden Schultern. Ruckartig bremsten beide Mädchen ab und sahen sich einen Moment schweigend an, wenige Meter voneinander entfernt, die sich wie eine ganze Welt anfühlten. Das Licht der Straßenlaterne zwischen ihnen flackerte kurz und ließ dunkle Schatten über Friedas Gesicht huschen, ehe Sprotte sie wieder klar erkennen konnte. Dann lächelte Frieda ihr unsicher zu und fuhr sich nervös über die Augen, als schämte sie sich für ihre Tränen. Oder als wollte sie diese verstecken. Aber Sprotte wusste bereits, was passiert war. Es war alles wie immer. Und es ließ ihr Herz schwer wie ein Stein werden. Frieda und Torte hatten sich getroffen und als sie aufgehört hatten sich zu küssen, als sie anfingen wieder miteinander zu reden, kam es sofort zum Streit zwischen beiden. Frieda war davongestürmt, Torte hatte sie beschimpft. Und morgen würde sie ihn wieder ignorieren, seine Zettel wegwerfen und jeden Kontakt abblocken. Aber sobald er wieder nahe genug an sie herangekommen ist, würde er sie küssen, würde er ihr diesen Blick zuwerfen und alles würde wieder von vorne anfangen. Und das wieder und wieder und wieder. Es war wie ein Spiel, in dem keiner von beiden jemals gewinnen konnte. Und während Sprotte von ihrem Fahrrad abstieg, schweigend neben ihrer besten Freundin herging, Schulter an Schulter, und diese ihr ihr Herz ausschüttete. Da wusste sie, dass sie etwas tun musste. So konnte es nicht weitergehen! Und irgendjemand musste etwas sagen. Sie suchte fieberhaft nach den richtigen Worten, die Frieda die Augen öffnen konnten, während diese immer weiter und weiter erzählte, was Sprotte bereits wusste. Damit sie endlich sah, wie falsch Torte und ihre Beziehung doch für sie war. Dass sie nicht mehr glücklich war. Dass es vielleicht endlich Zeit war einen Schlussstrich zu ziehen. Aber ihr fiel einfach nichts passendes ein und so schwieg sie betreten. Und vielleicht hatte Melanie ja wirklich recht. Vielleicht hatte sie wirklich einfach keine Ahnung von der Liebe, der Arbeit und dem Schmerz, die man da hinein stecken musste. Vielleicht brauchten Frieda und Torte einfach nur ein wenig Zeit, bis sich alles wieder normalisiert hatte. Bis alles wieder rosarot schimmerte und jedes böse Wort zwischen ihnen vergessen war. Und so verabschiedete sie sich schweren Herzens von ihrer Freundin und lief hinauf zu ihrer wartenden Mutter, die sie mit lauwarmen Essen und dem flackernden Fernseher ungeduldig empfing. Aber den ganzen Abend über dachte sie nur an Frieda, ihre roten Augen und das unglückliche Gesicht. Wie sie Sprotte und sich selber überzeugen wollte, dass sie wirklich glücklich war mit Torte. Natürlich war sie das, auch wenn sie nicht so aussah. Und Sprotte hoffte insgeheim, dass sich etwas in den nächsten Tagen oder Wochen ändern würde. Das Frieda aufwachen würde. Das einer ihrer Streits zu einer Trennung führen würde, die länger als ein paar Stunden hielt. Während sie selber immer wieder die Wörter hinunterschluckte, die ihre Kehle aufrissen und sie nachts nicht mehr ruhig schlafen ließen. Denn sie behielt recht in ihrer Überzeugung, dass Frieda glücklicher ohne Torte sein würde. Und als Frieda einen Nachmittag wenige Tage später vor ihrer Tür stand, die Augen rot geschwollen und ein zittriges Zucken auf ihren Lippen, da ließ sie Sprotte ohne ein weiteres Wort in die Wohnung. Sie machte einen wärmenden Tee, während Frieda zusammen gesunken auf ihrem Bett hockte wie ein Häufchen Elend. Sie setzte sich ganz nah neben sie und hörte ruhig zu, als sie ihr gestand, dass sie sich endgültig von Torte getrennt hatte. Dass es endlich vorbei war. Diesmal für immer. Sie legte die Arme schützend um sie und zog sie in eine etwas unbeholfene Umarmung, während Frieda unterdrückt in ihre Schulter weinte. Sie streichelte ihr beruhigend über den Rücken und flüsterte unbedeutende Worte in ihr wildes schwarzes Haar. Und fühlte sich gleichzeitig unglaublich schlecht, weil sie so erleichtert war. Was konnte sie schon in solch einer Situation sagen, damit es Frieda besser ging? Ich hab es dir doch gleich gesagt? Es wird schon wieder? Morgen sieht die Welt schon ganz anders aus? Wir können Torte am nächsten Tag gemeinsam in den kleinen Teich auf dem Schulhof schubsen und über ihn lachen? Nichts schien ihr passend und so schwankte sie nur leicht von einer Seite zur anderen und murmelte unverständliche Worte vor sich hin, die ihre Mutter auch immer gesagt hatte, wenn Sprotte weinte. Und während Frieda ihr gebrochenes Herz an Sprottes Schulter ausweinte, gab diese sich redliche Mühe die aufkeimende Erleichterung nicht zu zeigen, die in ihr brodelte, seit Frieda ihr von der Trennung erzählt hatte. Endlich war es vorbei. Keine Streitereien mehr, keine schmalzigen Liebesbriefe, keine heimlichen Tränen und unglücklichen Gesichter mehr. Sie wusste, dass sie und die anderen Wilden Hühner Frieda durch diese Zeit helfen würden. Dass auch Torte irgendwann erkennen würde, dass es endgültig vorbei war. Dass Frieda irgendwann wieder unbeschwert lachen könnte. Dass sie sich eigentlich schuldig fühlen müsste, weil sie in diesem Moment so verdammt glücklich war, während das Herz ihrer besten Freundin von feinen Rissen durchzogen war. So sollte eine beste Freundin ganz sicher nicht fühlen. Aber für all das war später auch noch genügend Zeit. Denn es war endlich vorbei und beide Freundinnen konnten endlich wieder frei atmen.
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swden-writingcorner · 4 years
Text
Belief
Kurzbeschreibung: Trude erkennt, wer ihre wahre Liebe sein könnte mit der Hilfe ihrer Freundinnen und Steves allwissenden Karten.
Charaktere: Sprotte, Frieda, Wilma, Trude, Melanie, Matilda, Steve (erwähnt)
Pairing: Steve/Trude, Wilma/Matilda (Trennung Willi/Melli und OC/Melli wird kurz erwähnt)
Einordnung: spielt ungefähr ein Jahr nach "Wilden Hühner und die Liebe"
Word Count: 2273
A/N: Das Pairing von Steve und Trude ist glaube ich ein einfaches, wie von Sprotte und Fred zusammen. Sowas wie ein no brainer. Aber da Trude nie wirklich Glück mit ihren Männern hatte (einmal ihr Cousin und Steves spanische Cousins), sollte sie auch mal etwas umworben werden. Auch wenn es nur so nebenbei erwähnt wird. Es sind schließlich ihre Freundinnen und besonders Melanie, die sie darauf stoßen und ihr die Augen öffnen. Und warum sollte Melanie der lieben Trude (die ihr größter Fan für lange Zeit war) nicht den Schubs in die richtige Richtung geben?
~ O ~ O ~
»Ich werde ganz bald meine ganz große Liebe finden!« Überrascht blickten vier Wilde Hühner und Matilda auf und sahen einer selig lächelnden Trude entgegen, die beinahe über dem hohen Gras auf dem Weg zum Wohnwagen zu schweben schien. Sie alle hatten sich für den Nachmittag am Wohnwagen verabredet, um gemeinsam die Schulaufgaben zu erledigen, Tee zu trinken und einfach nur das schöne Wetter zu genießen. Wilma hatte nach Absprache mit den anderen Mädchen Matilda mitgebracht, da sie danach noch gemeinsam ins Kino gehen wollten. Und so kam es, dass Sprotte, Frieda und Wilma gemeinsam an dem wackligen Tisch saßen und mit vereinten Kräften versuchten die Matheaufgaben vor sich zu lösen, während Melanie eine neue Flechtfrisur an Matildas langen Haaren ausprobierte und diese selber in ein spannendes Buch vertieft war. Aber in diesem Augenblick waren alle Blicke auf Trude gerichtet, die freudestrahlend vor ihnen stand und leicht auf ihren Fersen vor und zurück wippte. Ihre Augen leuchteten, ihre Wangen waren gerötet und ihr strahlendes Lächeln machte der Sonne über ihnen schon beinahe Konkurrenz. Schnell setzte sie sich auf den leeren Stuhl am Tisch, der zwischen Wilma und Sprotte stand, ließ ihren Rucksack achtlos zu Boden gleiten und schnappte sich ein Kuchenstück, das auf einen Teller in der Mitte des Tisches lag. »Und wer ist nun deine ganz große Liebe?«, fragte Melanie mit hochgezogenen Augenbrauen, während sie eine lose Haarsträhne mit einer weiteren Haarnadel befestigte. Sie musste bereits über zwanzig davon in Matildas Haare gesteckt haben. »Und wann werden wir ihn endlich kennenlernen?« Sprotte warf Melanie einen warnenden Blick zu, den diese nur schulterzuckend entgegennahm und kritisch ihre Arbeit vor sich beäugte. »Das weiß ich noch nicht. Aber ich war heute nach der Schule bei Steve gewesen. Und der hat in meinen Karten gesehen, dass ich sehr bald meine große Liebe treffen werde. Er meinte sogar, dass es sehr, sehr bald geschehen wird! Ist das nicht aufregend?!« Vor Freude färbte sich Trudes Gesicht kirschrot und sie grinste noch etwas breiter. Es sah schon beinahe schmerzhaft aus wie glücklich sie war. Die anderen warfen sich kurze Blicke zu, aber wieder war es Melanie, die ihre Stimme ungläubig erhob und Trude erneut kritisch musterte. »Ach wirklich? Hat er dir denn auch eine genaue Beschreibung für deinen Seelenverwandten gegeben? Oder den Ort, das Datum und die Zeit eures ersten Treffens? Wie er dich galant aus den Socken hauen will? Wie sollst du ihn sonst erkennen? Was wenn du einfach an ihn vorbei läufst?! Oder ihn vielleicht sogar schon kennst?! Was dann?« Dieses Mal kassierte Melanie einen bösen Blick von Frieda ein und Sprotte warf blitzschnell ihren Radiergummi nach ihr, als Trude gerade den Blick nachdenklich auf den Tisch senkte. Ihr Lächeln hatte dabei schon etwas von seinem Strahlen eingebüsst. Aber der Radiergummi traf nur Matilda am Kopf, die nachdenklich in den Himmel blickte und es gar nicht zu bemerken schien. »Zu so etwas gibt Steve keine Auskunft. Aber es könnte schon was dran sein. Schließlich hat er die Schlägerei bei der Pygmäenparty vor einem Jahr vorhergesehen. Und das sich die Eltern von dem Jungen eine Klasse unter uns trennen würden.«, meinte sie langsam und schlug ihr Buch zu, wobei sie einen Finger als Lesezeichen zwischen den Seiten benutzte. Ihr warmer Blick traf auf den verunsicherten von Trude und sie lächelte sie aufmunternd an. Während Melanie und Wilma sie nur ungläubig anstarrten, nickte Trude heftig mit dem Kopf und drehte nervös an ihren Ohrsteckern herum. Als würden Matildas Worte der Voraussage plötzlich ein wenig mehr Wahrheit verleihen als zuvor. Wenn noch jemand anderes an Steves Worte glaubte, konnte diese ja nicht falsch sein, oder? »Genau. Steve kennt sich da bestens aus. Schließlich hat er schon für fast jeden in unserer Schule mal in den Karten gelesen und die Zukunft vorausgesagt.« Trude lächelte fast ein wenig siegessicher bei ihren Worten, als würde ihre Aussage plötzlich alles ins richtige Licht rücken. Zweifelnd verzog Sprotte das Gesicht, zuckte dann aber nur mit den Schultern, als sie Friedas fragenden Blick auf sich bemerkte. Sie selber hatte noch nie Steves Dienste in Anspruch genommen und sie glaubte genauso wenig an seine Fähigkeiten in die Zukunft zu sehen wie Fred. Aber Trude hatte das schon immer anders gesehen und sie hatte auch schon öfter Steves Karten über die Jahre befragen lassen. Mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg in ihren vorherigen Beziehungen. Und wenn sie selber daran glaubte ... »Ja, Steve weiß bestimmt, was er den Leuten sagen muss, damit diese seinen Voraussagen glauben schenken.«, gab Melanie ungerührt zurück und zog nacheinander die Haarnadeln aus Matildas Haaren, bis diese ihr wieder offen über den Rücken fielen. Vorsichtig packte sie die Nadeln in eine kleine Schachtel auf ihren Knien und ließ ihre Finger durch die offenen Haare gleiten, ehe sie sie zu mehreren Strängen teilte. »Er hat schließlich auch das Ende von deiner Beziehung mit Willi vorausgesehen. Und das Sprottes Vater zurückkommen wird.«, verteidigte sich Trude und wurde sofort rot, als sie die ungläubigen Blicke ihrer beiden Freundinnen auf sich spürte. Ruckartig hob Sprotte den Kopf und schüttelte diesen entschieden bis ihr rote Strähnen wild in die aufgerissenen Augen fielen. Ihr Gesicht lief vor Entrüstung rot an, ehe sie hörbar nach Luft schnappte und ihre Hände auf die wacklige Tischplatte knallen ließ, dass der Teller leicht klirrte und ein Bleistift ins Gras kullerte. »Das hat er ganz sicher nicht vorhergesehen! 'Ein geheimnisvoller Fremder wird in das Leben von jemanden treten.' Das hätte jeden betreffen können! Er hatte ja selber seine Verwandten dabei in Verdacht gehabt! Und außerdem ist an allem nur meine Oma Schuld, die sich in alles einmischen muss, was sie nichts angeht! Als wüsste sie am besten, was für jeden gut ist! Besonders für meine Mutter! Und daran waren sicher nicht Steves blöde Karten Schuld!« »Und das Willi und ich uns trennen würden, war schließlich keine Überraschung mehr gewesen! Für irgendjemanden. Nach dem zweiten Mal, wo es passiert ist, wurden sogar schon Wetten abgeschlossen, wann es wieder passieren wird! Und wenn du auf Ned anspielen willst, dann kann ich dir sagen, dass wir uns friedlich voneinander getrennt haben. Falls du es vergessen haben solltest.«, entgegnete Melanie mit gerunzelter Stirn und zusammengepressten Lippen. Wie jedes Mal, wenn von Willi und ihrer gescheiterten Beziehung die Rede war, schien sich ein dunkler Schatten über ihr Gesicht zusammenzuziehen. Trude blickte hilfesuchend zu Matilda hinüber, die jedoch wieder völlig versunken in ihrem Buch las, und schließlich zu Wilma, die abschätzend den Kopf hin und her wiegte, während sie auf ihrem Bleistift herumkaute. Sie selber hatte Steve auch schon einige Male zurate gezogen. Bei wichtigen Tests, wo sie unbedingt eine gute Note benötigt hatte und bevor sie das erste Mal mit Matilda ausgegangen war. Und auch wenn er ihr einige Aussagen vorenthalten hatte, so haben doch die meisten von ihnen gestimmt. Sie vertraute ihm, aber sie wollte es auch nicht unbedingt vor den anderen zugeben, dass sie an so etwas wie Magie glaubte. Schulterzuckend blickte sie Trude schließlich an und wandte sich genauso wie Sprotte, die immer noch wütend vor sich hin murmelte, wieder ihren Hausaufgaben zu. Ob Steves Künste wirklich echt oder doch nur alles Schauspielerei waren, konnte keines der Mädchen mit Gewissheit sagen. Aber Trude wollte ihm unbedingt glauben und so zog sie nach einigem Zögern ebenfalls ihre Hefter hervor und begann die Aufgaben darin mit gerunzelter Stirn zu lösen. Aber ihre vorherige Hochstimmung hatte sich merklich verringert und auch das freudige Lächeln war etwas verrutscht. Schweigen breitete sich zwischen den Freundinnen aus und Sprotte glaubte beinahe, dass das Thema damit erledigt war. Aber plötzlich hob Melanie ihren Blick und sah Trude prüfend an. »Hat Steve denn noch etwas zu dir gesagt?« Überrascht blickte Trude auf und legte fragend den Kopf schief, während ihr Bleistift einige Zentimeter über ihrem Papier schweben blieb. »Was meinst du? Er wollte mir keine genauen Einzelheiten zu Ort, Datum oder so geben. Auch nicht wie mein Traummann aussieht oder wie er heißt. Aber das macht er ja nie. Was sollte er mir denn sonst noch gesagt haben?« Ein wissendes Lächeln schlich sich auf Mellis Lippen, während sie Matildas geflochtene Haare schwungvoll hochsteckte und Trude einen verschmitzten Blick von der Seite zuwarf. Wie eine listige Katze, die im Begriff war mit einer ahnungslosen Maus zu spielen. Und dabei riesigen Spaß hatte. »Ach, was weiß ich. Vielleicht hat er dir ja doch einige Einzelheiten zu deinem Traummann mitgeteilt.« Sie schwieg für einen Moment und genoss das gespannte Schweigen ihrer Freundinnen, die sie jetzt allle erwartungsvoll ansahen. »Ihr wisst schon. Sein Alter, besondere Eigenschaften oder Merkmale. Was er besonders an dir mag. Wie er deine Aufmerksamkeit erregen möchte. Eben so was.« Verständnislos blickte Trude die immer noch lächelnde Melanie an, während Sprotte die Augen verdrehte und nun auch Frieda ihren Radiergummi nach der Blondine warf. Aber im Gegensatz zu Sprotte traf sie diese auch mitten am Kopf und bekam dafür die Zunge rausgestreckt. Beide wussten sehr genau, worauf Melanie hinaus wollte. Alle drei Mädchen wussten, dass Steve hoffnungslos in Trude verliebt war. Und das schon seit einigen Monaten. Immer wieder gab er ihr kostenlose Sitzungen oder berechnete ihr nur den halben Preis. Er verwies immer wieder auf eine heimliche Liebe in ihrem Umfeld, die Trude jedoch als ihre eigene Vernarrtheit in den Schulschönling abtat. Er brachte ihr Essen und kleine Snacks mit und hatte sie schon öfter zum Baumhaus der Pygmäen eingeladen, um da mit ihr gemeinsam Zeit alleine zu verbringen. Manchmal saß er einfach in der Schule an seinen Platz mit einem verträumten Lächeln auf den Lippen und sah Trude zu, wie sie in ihrem Heft herumkritzelte. Laut Fred soll er sogar schon einige Liebesbriefe an Trude verfasst haben, die er jedoch nie abgeschickt hatte. Seit sie gemeinsam im Schultheaterstück gespielt und viele Nachmittage zusammen geprobt und sich näher kennengelernt hatten, war Steve wirklich in Trude vernarrt. Und jeder konnte es deutlich sehen. Jeder, außer Trude selber. Wilma blickte fast ebenso verwirrt drein wie Trude, während Melanie nur gequält seufzte und sich ihr Kunstwerk von allen Seiten besah. Zufrieden rückte sie etwas von Matilda ab und zog nun ebenfalls ihren Mathehefter hervor, um ihre Aufgaben darin zu beenden. Dabei ignorierte sie gekonnt Trudes verzweifelte Fragen und mitleidigen Blicke. Auch Sprotte und Frieda schwiegen eisern, während Wilma wieder nachdenklich auf ihrem Bleistift herumkaute und schließlich gemeinsam mit Matilda verschwand, um noch rechtzeitig ins Kino zu kommen. Schließlich kam auch Fred vorbei um Sprotte zum Abendessen bei seinen Eltern abzuholen und gemeinsam mit Frieda machten sie sich auf den Weg, sodass nur noch Melanie und Trude allein am Wohnwagen zurück blieben. Als es langsam zu dämmern begann, schlossen sie den Wohnwagen ab und gingen noch mal zu ihren Hühnern, um sie im Stall einzuschließen und ihnen noch etwas Futter zu geben. Dabei fragte Trude Melanie weiter aus, aber diese schwieg beharrlich und warf noch etwas Grünzeug zu den gackernden Hühnern in den Auslauf, die sich sofort gierig darauf stürzten. Still beobachteten beide Mädchen, wie die Hühner zeternd übereinander herfielen und sich gegenseitig das Futter klauten, ehe Melanie nachdenklich in den dunklen Himmel hinauf blickte. »Hast du jemals darüber nachgedacht, dass er vielleicht in dich verliebt sein könnte?« »Wer?« Verdutzt über die plötzliche Frage nach ihrem beharrlichen Schweigen zuvor, starrte Trude ihre Freundin nur an, während sie wieder nervös an ihrem Ohrring drehte. Aber Melanie lächelte sie nur an und streckte sich kurz, ehe sie die Stalltür zumachte und den selbst gebauten Riegel davorschob. »Vielleicht ist deine wahre Liebe ja näher, als du glaubst.« Mit diesen Worten lief Melanie zu ihrem Fahrrad, das an der Hecke lehnte und ließ eine völlig verwirrte Trude zurück. Diese lief ihr nach kurzem Zögern nach, hob ihr eigenes Fahrrad auf und folgte ihrer Freundin auf den sandigen Weg, wo Melli bereits ungeduldig auf sie gewartet hatte. Nebeneinander fuhren sie auf der Straße weg vom Wohnwagen und zurück zu ihren Familien. Immer wieder warf Trude Melanie dabei fragende Blicke zu, die diese nur mit einem geheimnisvollen Lächeln quittierte. Als sie sich schließlich trennen mussten, um in ihre jeweiligen Straßen einzubiegen, hielt Melanie plötzlich an und strich sich ihre wilden Locken aus der Stirn. Sie lächelte immer noch, während sie Trude kurz zuzwinkerte und ihr zum Abschied zuwinkte. »Auch wenn ich nicht an Steves hellseherische Fähigkeiten glaube, so ist er doch ein toller Junge. Er kann bestimmt ganz leicht die ganz große Liebe für jemanden sein. Wenn sie ihn nur mal genauer in Betracht ziehen würde.« Damit ließ Melanie Trude allein auf der Straße stehen. Mit wirren Gedanken und einem laut klopfenden Herzen. Tagelang dachte sie über Melanies Worte und wissendes Lächeln nach. Und während sie dies tat, änderte sich plötzlich alles. Steves dunkle Augen ließen sie nicht mehr schlafen, sein Lächeln ließ ihr Herz höherschlagen und das strahlende Lächeln verließ sie nicht mehr, immer wenn er ihr eine Süßigkeit oder seinen Stift ohne Frage anbot. Ohne zu zögern, nahm sie seine nervös gestellte Frage nach einem Date mit ihm an und als er ihre Hand ergriff und sie küsste, da wusste sie es mit Bestimmtheit. Die Schmetterlinge in ihrem Bauch tanzten wie verrückt, sie lächelte tagelang selig vor sich hin und ignorierte die wissenden Gesichter und kleinen Sticheleien ihrer Freundinnen. Vielleicht war sie etwas blind für Annäherungsversuche von Steves Seiten gewesen und vielleicht hatte sie sich heimlich ihre ganz große Liebe ganz anders ausgemalt. Aber als Steve sie eng an seine Seite zog und zärtlich ihre Stirn küsste, während sie ihr Gesicht an seiner Brust verbarg, um die schrecklichen Szenen in dem Horrorfilm nicht sehen zu müssen. Da wusste sie, dass sie es sich niemals so perfekt ausgemalt hätte, wie es sich in Wirklichkeit anfühlte. Und schließlich hatte Steve und seine Karten doch recht behalten. Denn gezweifelt hatte sie an denen noch nie.
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