Tumgik
#Suchtverlauf
agatha-abstinent · 4 years
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Tag 1733 / Normalerweise ist der Krankheitsverlauf eines Alkoholikers kein Genesungsweg
Das war ganz gut, besser als erwartet. Jetzt erst bewusst. Heute zwei bis vier Tränen auf dem Rad. Entgegen der Prognose. Sie sagt es nochmal. Ein Kampf, eine Anstrengung. Nicht nur gegen den Alkohol, gegen die Sucht, für das Leben. Sondern auch gegen Prognosen, Bewertungen, Einschätzungen. Normalerweise schafft man das nicht. Üblicherweise ist der Krankheitsverlauf eines Alkoholikers anders. Die meisten sterben dran. Die meisten schaffen nicht den Weg zurück in ein geregeltes Leben. Normalerweise ist der Krankheitsverlauf eines Alkoholikers kein Genesungsweg. Eine Prognose besteht, weil sich in den meisten Fällen erwiesen hat, dass Abstinenz nicht gelingt, wenn bestimmte Faktoren vorliegen. Der wichtigste Faktor, der für mich sprach, war meine Anbindung an AA. Und im Nachhinein würde ich sogar sagen, Isolation kann schützen. Keine Freunde wie Joris, die weitersaufen, obwohl der eine jetzt nicht mehr mitmachen kann. Keine Freunde, die als Redakteurin arbeiten, auch noch darüber schreiben wie respekt- und rücksichtslos sie sich verhalten, während es dem Suchtkranken ja gar nichts ausmacht. Soooo isoliert wie ich mich immer fühle und darstelle, war ich ja auch nicht. Nick war immer da. Leah hat den Faden wieder und wieder aufgenommen. Lizzy immer gefragt, ob ich in Berlin bin. Joschi gesmst, Pakete geschickt. Ich hatte gute Prognosefaktoren - ich hatte Tante und Onkel, die nicht abließen von Agatha, als sie bekannte, Alkoholikerin zu sein. Heute vor vier Jahren aus der Suchtklinik entlassen.
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Steve Winwood Valerie https://www.youtube.com/watch?v=AzCQt2e4_ys
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agatha-abstinent · 5 years
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Tag 1676 / So wie der Rückfällige es kürzlich sagte
Er habe sich morgens nach dem Aufwachen und abends vorm Einschlafen mit Abstinenzinhalten beschäftigt. Damit, wofür er dankbar sein kann. Damit, wie der Tag verlaufen ist, was auf der Soll-, was auf der Habenseite stehen kann.
Und wahrscheinlich hat das gar nicht immer Spaß gemacht. Wahrscheinlich hat er sich nicht cool dabei gefühlt. Aber es hatte eine gute Wirkung. Es sicherte ihm 15 Monate lang die Trockenheit. Es war Routine, Struktur, Kompensation, Reflexion, es half. Und als Arbeit wichtiger wurde, als Stress begann, neu geschaffene Routinen aufzubrechen, bekamen erlaubnisgebende Gedanken wieder mehr Raum im Kopf.
Erlaubnisgebende Gedanken - Ich kenne diesen Begriff aus der Zeit meiner Verhaltensanalyseprotokolle. Die Zeit, in der mein Abstinenzentschluss noch nicht gefasst war, es nur einen Entschluss gab, das Trinken zu reduzieren, die Frequenz, die Menge. Und wenn ich entgegen Absprachen trank, dann sollte ich auch benennen, was das für erlaubnisgebende Gedanken waren.
In mehrjähriger Therapie Methoden erarbeiten, die todbringenden Gedanken umzulenken, ihnen etwas entgegensetzen. In mehrjähriger Therapie, verschiedenen Behandlungsformen, mit einem multidisziplinären Team.
Sucht, Grenzlinie-Persönlichkeit, Depression - das sind einzeln und erst recht in Kombination so schwere Krankheitsbilder. Das sind aggressivste Formen von Gedankenkrebs. Selbstschädigende, todbringende Gedanken mutieren, multiplizieren. Der kranke Mensch ist 24 Stunden am Tag von seinen Gedanken umgeben. Er geht aus der Behandlung. Er geht aus der Therapiesitzung. Eben noch besprochen: Was tun bei erlaubnisgebenden Gedanken? Schon wieder einen Wein gekauft.
Wie oft habe ich direkt nach der DBT-Gruppen-Sitzung, direkt nach einem AA-Meeting getrunken?!?
Ich kämpfe mittlerweile weniger mit mir und meinen Gedanken. Aber ich versuche meinen Kopf auch sehr rein zu halten. Ich setze mich nicht zu Trinkenden. Das ist auch eine Form der Selbstfürsorge. Das ist nicht: "Oh, wie schwach!", "Oh, wohl immer noch nicht kapituliert!" Das ist Hygiene, Pflege, Reinigung.
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agatha-abstinent · 5 years
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Tag 1526 / Heute ist Tag 27
Ich gehe arbeiten. Abstinent arbeiten. Gestern hatte ich Brechdurchfall. Abstinent kotzen. In der U-Bahn sitzen Vater (Mitte 30) und Sohn (2-3). Mir schießen Tränen in die Augen. Abstinent heulen. Ich wäre lieber abstinent schwanger, abstinent Mutter. Ich entscheide das nicht. Ich gehe arbeiten. Da liegt ein Flyer der Ausstellung, in dessen Katalog ich am eintausendfünfhundertsten Tag der Abstinenz zur Zustandsmodulation las. An diesem Tag wusste ich nicht, dass diese Ausstellung bald erstmalig in Deutschland zu sehen sein wird. Den Katalog habe ich mir abstinent kurz vor Antritt der stationären Alkoholentwöhnungsbehandlung in der Suchtklinik an die Adresse meiner Mutter schicken lassen. Abstinent Interessen nachgehen. Alkoholismusbedingtem Interessenverlust entgegenwirken.
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agatha-abstinent · 5 years
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Tag 1442 / jetzt auf los
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agatha-abstinent · 5 years
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Tag 1434 / Was ich bisher fand, war nicht das Gesuchte
Auf der Straße ins Handy geschrieben: Ich komme nicht aus faul, ich komme aus krank, du arrogante Trulla! Was haben Sie denn gemacht seit dem Ende der LTA-Maßnahme? Eine Frechheit! Ich suche Arbeit, du Scheißehirn! Und wegen Leuten wie dir, die in Konzernen Arbeiten, die sich Vielfalt und Toleranz auf die Fahne schreiben, ohne zu verstehen, was das bedeutet, funktioniert das nicht. Frau X. ist so wertvoll! Ohne sie wäre ich jetzt in diesem Moment nicht so selbstbewusst, dass ich mir vornehme: Ich entschuldige mich nicht mehr für Zeiten der Arbeitslosigkeit, für Zeiten der Krankheit, für... "Zukunft der Arbeit" - Guckt es euch an. So wie ihr? Niemals mehr. "Timeout statt Burnout" steht auf dem Plakat da. Drei Tage später, eine S-Bahn-Station weiter: wieder ein Gespräch. "Alm, aber sexy" sagt die Schokoreklame. Ich muss lächeln und bekomme Lust auf Schoko. Aber in Deutschland ist es einfacher, ein Bier zu bekommen als eine Tafel Schokolade.
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Im Café ins Notizbuch geschrieben: Das ist es nicht, ist es auch nicht. Macht aber nichts. War wertschätzender als die letzten beiden. Anerkennung bekommen dafür, wie präzise ich das Aufgabengebiet erfasst habe, dass ich sogar weiß, welches CMS die nutzen. Im Excel-Test voll verkackt. Wieder gemerkt, wenn man behauptet, das zu können, müsste man Übungsaufgaben regelmäßig machen. Es wird erst der Job der richtige sein, für den ich nicht / kaum üben muss, wo mir alles liegt. Mittwoch vielleicht.
In diesem Café gewesen vor fünf Jahren, als ich mein Gesicht nach dem Lichte strecken wollte. Ambulante Entgiftung. Bei Kaffee und reichlich belegten, warmgemachten Riesenstullen Zeit totschlagen, Zeit retten, zwischen Therapie-, Untersuchungs-, Kontroll-, Anwesenheitspflichteinheiten. Nichts mit mir anzufangen gewusst. Für ein paar Tage Häkeln begonnen. Spätestens als Mutti sagte, ich häkele falsch, es wieder eingestellt. Was soll man abends machen, wenn man sonst immer gesoffen hat? Was soll man tagsüber machen, wenn sich die Gedanken nur ums Saufen drehen? Ich wusste das nicht.
Die Enttäuschung einer abgebrochenen Entgiftung wiegt für die Angehörigen schwerer als für den Alkoholiker. Zumindest habe ich in meiner Erinnerung an 2014 keine Enttäuschung über mich selbst abgespeichert. Das war kein klares Denken, keine nüchterne Entscheidung: "Dann trinke ich jetzt wieder." Als ich schräg gegenüber das erste Mal in meinem Leben eine Alkoholentzugsbehandlung, diese ambulante Entgiftung antrat, war dieses Café eines von Thürmann. Inzwischen heißt es Schäfer's und gehört zu Edeka. "Viel besser die Konditionen jetzt!" sagt die Angestellte auf meine Nachfrage hin. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, besser bezahlt... Bei dem Job eben hätte ich schlechtere Konditionen. Kein mobiles Arbeiten. Überfülltes Büro. "wird stressig", "wird stressig" - sie sagte das mehrmals. "Auf jeden Fall Vollzeit." Auf jeden Fall ohne mich. Im WC-Raum gedacht: So möchte ich nicht mehr arbeiten. Nicht ("nur"), so kann ich nicht... Ich will es nicht. Ich will keine Beziehung mit einem unzuverlässigen Luftschlosskonstrukteur und ich will keinen Arbeitsplatz, der Innovationen verkauft, aber nicht lebt, der außen sozial tut und innen diskriminiert, der Respekt predigt und würdelos verbal zutritt.
Auf jeden Fall war ich mehr ich. So wie ich es im Blogeintrag von Tag 1397 schrieb. Mich nicht zu sehr verstellen. Mut zum Anderssein. Nagellack, der nicht zur Lippenfarbe passt. Strickjacke, die absolut nicht blazermäßig ist. Traue mich wieder aufs Spielfeld. Vielleicht sogar motivierter als jemand, der die letzten fünf Jahre durchgearbeitet hat. Irgendwann könnte ich eine derer sein, die sich als externe Freie auf Ausschreibungen bewirbt, die ich in der Position verwalten sollte. Auf jeden Fall was dazu gelernt. Und sehr müde, obwohl es gar nicht so lange ging. Die Bewerberin nach mir war sehr alt. Ich hatte Gänsehaut beim Warten vorm Gespräch wie beim Friseur, wenn alles sehr schön ist. Aber die Konditionen sind halt STRESS. Arbeit und ich passen nur noch unter ganz speziellen Umständen zusammen. "Ich will euer Leben nicht", an den Refrain des Lieds von der Band Basis gedacht. Neben "Hymn" (Tag 973) und "Strangelove" im Café das Motto des Tages gehört: "I still haven't found what I'm looking for".
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agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1146 / Agatha als “timekeeper”
In der Nähe der Weinbergsgemeinde, unweit der Weinmeisterstraße, stoppt "die Frau, die sich vom Wein abgewendet hat", nachdem sie sich ihm täglich zugewandt hatte, die Zeit der Aussagen Anonymer Alkoholiker.
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agatha-abstinent · 5 years
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Tag 1553 / Im Orga-Stress blühte ich erst auf,
bis sich dann, irgendwann eine Scheißegal-Einstellung breit machte. Sehr engagiert, dann wieder Zweifel, dann: Leckt mich!
Ob ich das noch machen kann. "Eigentlich nicht, mein Termin ist um drei." Und es ist egal, was für ein Termin. Ich werde das alles erledigen, aber in meinem Tempo.
Heute gestärkter durch gestern. Durch Therapie, durch AA, durch: Aufgaben bekommen heißt, ich kann Aufgaben machen, durch: Katze bekommen heißt, ich hab was neben Arbeit, falls Arbeit wegbricht, noch doofer wird, überhaupt doof wird, denn zwischendrin war’s gut heute.
Jetzt haben mich nicht nur die Digital Natives überholt und die meiner Generation, sondern auch die Älteren. Mit einem Online Terminmanagement Tool, etwas einrichten sollen. Noch nie gemacht. Bloß nicht fragen! Selbst mal so eine Terminanfrage online beantwortet. Suppenküche für Obdachlose, Hilfe für Geflüchtete. Ich druff, denen helfend. Und dann vier, fünf Jahre nichts dergleichen. All die Neuerungen, die andere sofort nach Erscheinen ausprobieren (müssen), dies, das... Ich bin raus. Ich mach hier nur ein bisschen Aktenpflege, würde ich gern sagen.
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agatha-abstinent · 5 years
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Tag 1552 / Probezeit überstanden, aber ich trinke jeden Tag
Das war 2012.
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agatha-abstinent · 5 years
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Tag 1512 / Nach dem, was du alles mir durch hast
Diese Anrufe von mitten in der Nacht Von nicht wissen, wo ich bin Vom Lallen Würgen Ich glaube, ich sterbe Wie oft hast du das durch mit mir? Dieses Bangen, wenn ich mich nach dem fünften Mal Kotzen nicht mehr telefonisch zurückmeldete Wenn
Diese Eingeschränktheit Diese Behinderung Störanfälligkeit Anspannung Reizüberforderung Oft wo nicht sein können Sofort aufstehen und gehen müssen Gehen, weil es laut ist oder stinkt oder einfach, weil ich mich doch entgegen der Hoffnung schlecht fühlte, wo wir waren
Während andere Mütter mit ihren Kindern über Jahre, immer eben, belastungsfreie Begegnungen haben konnten Unbeschwertheit Schwerelosigkeit Wie im Karussell Lachen und freuen Spüren und glücklich sein War das mit uns über Jahre oder eben immer ein Begegnen, um zu helfen
Alter, wie hält man das aus!?! Du Ich spüre ja, was ich spüre und fühle mich scheiße und kann dann da nicht sein Aber du fühlst es ja gar nicht Du zeigst Verständnis Akzeptierst, dass der Wind oder die Geräusche in meiner Seele so wehtun
Ich wollte dir nur sagen Dass ich für dich hoffe, dass es das für dich war Dass vielleicht meine Schwester mich noch mal durch psychische Qualen begleiten muss Aber nicht du Dass wir noch schöne Sachen machen, zu denen ich mich wieder fühle in der Lage zu sein
Es geht mir gut im April 2019 Auch wenn ich mit meinen kognitiven Fähigkeiten, meiner Konzentration, meinem praktischen Denken da heute sehr haderte bei der Arbeit Aber es geht mir gut Ich werde zu AA gehen können Ich werde jetzt einkaufen können Zumindest die Hälfte
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Bear's Den Not every river https://www.youtube.com/watch?v=YUN2tpmVYxY
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agatha-abstinent · 5 years
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Tag 1511 / weil ich aus der Scheiße komme und mit Kotze beschmutzt war
Rekord-spät da. Naja, drei, vier Minuten später als 9.40 Uhr. Aber eben recht knapp vor dem Meeting. Ich bin so krass müde. Das geht so nicht. Ich müsste um 21 Uhr ins Bett. Oder den Wecker später stellen. Aber wenn ich ihn später stelle, komme ich später. Mir ist es unheimlich wichtig, gut auszusehen. Vielleicht, weil ich aus der Scheiße komme. Weil ich mit Kotze beschmutzt war. Weil die Alkoholsucht aus jeder Pore meiner Haut schrie. Weil mein ganzer Körper vergiftet war. Mein Denken, mein Fühlen, mein Handeln. Weil die Alkoholsucht irgendwann nicht mehr zu verbergen war. Und es war lange in Trockenheit offensichtlich, dass ich unter den Folgen der Alkoholsucht weiterhin litt. Ich habe jetzt ein besseres Auge für Kleidungskombinationen, für Rouge, für ein ansprechendes Äußeres. Es macht was mit mir, was ich trage. Ich muss mich nicht mehr verstecken in sackigen Schlurfklamotten. Ich muss mein Gesicht nicht komplett verhängen mit strähnigen Fusselhaaren.
Gestern trug jemand in Wedding eine Burka. "Die nur mit dem Augenschlitz." Und ich dachte an Tag 186 und realisierte, wie gigantisch viel sich gebessert hat seitdem. Es ist unfassbar, was ich inzwischen kann und mache und will. Und während ich das schreibe, schießen die Tränen und ich muss aufhören zu schreiben, denn ich bin bei der Arbeit.
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Würde ich jetzt nicht über Februar und März bloggen, könnte ich im April gar nicht feststellen, wie gut es mir geht, wie gut, obwohl heute der furchtbarste Tag war und nicht, weil die Arbeit furchtbar ist oder die Leute da. Ich glaube, das liegt eher an meinen gesundheitsbedingten Zustandsschwankungen. Ich bin inzwischen so weit, dass ich denke, warte mal ab, morgen gehts dir vielleicht schon wieder besser oder spätestens Montag. "Jeder bekommt so viel wie er tragen kann" - einer dieser AA-Sprüche. Und ich konnte große emotionale Belastungen trocken tragen und ich vermute, ich kann beruflich genau das jetzt tragen, nicht mehr, keine der oberen Tvöd-Gruppen. Denn mehr Geld bedeutet mehr Verantwortung, mehr Leistungsdruck, mehr Last. Ich bekomme nur das, was ich gut bewältigen kann neben der Trockenheit. Ich gehe da nicht mit Druck weg. Mit Erleichterung bisweilen, erfüllt darüber, dass der Tag geschafft ist oder dass ich zum Glück nur diese sechs Stunden machen brauche oder dass es ein tolles Haus ist, welches ich gerade verlasse, in das ich morgen wiederkehren werde. Mir geht es phänomenal, super, verglichen mit September, Oktober, November, verglichen mit Januar, Februar. Ich schleppe mich nicht so durchs Leben. Ich mache mich gerne schön. Ich war schon kurz davor, mich zu verurteilen, dass ich Zeit verplempere beim Schönmachen, aber es ist mir eben wichtig, einen guten Eindruck zu machen, jeden Tag, immer nur für 24 Stunden und es ist mir wichtig für mein eigenes Auftreten, für das Agatha-Arbeits-Ich, es ist ein Egoupdate. Es strengt mich trotzdem weniger an als beim Praktikum im Januar 18. Ich werde sehen, ob ich mich jetzt erhole am Wochenende oder ob ich mich weiter mit Streichholzaugen und Konzentrationsschwierigkeiten durch die nächste Woche kämpfe. Es geht mir besser, es geht mir gut, auch wenn der Tag furchtbar war. Er war besser als viele andere furchtbare Tage.
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agatha-abstinent · 5 years
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Tag 1471 / Übergangseinrichtung steht am Briefkasten
Meine Übergangseinrichtung schlecht beurteilt gerade. Ist das undankbar oder der Realität ins Auge geschaut?
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agatha-abstinent · 7 years
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Tag 714 / Das ist hier kein Schleimtagebuch
Das ist ein Abstinenztagebuch.
Im aktiven Alkoholismus habe ich nicht Tagebuch geschrieben. Als ich akut quasi täglich getrunken habe, schaffte ich es noch nicht mal mehr, meinen Papierkalender zu führen. Der von 2014 hat leere Seiten bis etwa Mitte Mai. Vorgespräch stationäre DBT-Krankenhausbehandlung, Termine bei der Psychiaterin, Krisengespräche bei der Psychologin, Erstgespräch Suchtberatung... diese jetzt rückblickend wichtigen, ersten Schritte auf dem Weg in die Abstinenz stehen da nicht drin. Manche finde ich in meinem auch zu der Zeit nur noch selten genutzten Notizbuch. Ein Notizbuch, das vom Frühjahr 2012 bis Herbst 2014 reichte. Seit ich nicht mehr trinke, komme ich mit einem Notizbuch nur wenige Monate aus. Wo ich wann war in den schlimmen Trinkzeiten, verrät mir am ehesten noch meine Fotosammlung auf dem Computer. Und das lediglich, weil durch das Digitale ja auch Datum und Uhrzeit der Aufnahmen gespeichert sind. Ich habe kein Tagebuch über die Entstehung meiner Alkoholabhängigkeit, über die Transformation von F10.1 (schädlicher Gebrauch) zu F10.2 (Abhängigkeitssyndrom) geschrieben, weil ich ja gar nicht wusste, dass und wann das passierte. So wie man eben häufig gar nicht mitbekommt, wo man sich die Schleimproduktion auslösenden Bakterien oder Viren eingefangen hat. Ich ahnte sehr wohl, dass mein Alkoholkonsum ungesund ist, wie man auch ahnt, sich zu erkälten mit nassen Socken unterwegs, verschwitzt in Zugluft... Aber nicht alle Menschen bekommen einen grippalen Infekt, auch wenn die klassischen Anfälligkeitsfaktoren vorliegen. Und nicht alle Menschen, die regelmäßig-übermäßig Alkohol konsumieren, die ihn schädlich gebrauchen, werden abhängig.
Ich habe kein Alkoholismustagebuch geschrieben, weil ich dazu gar nicht mehr in der Lage war und weil da meine Krankheitseinsicht noch nicht existierte. Ich habe mich sowohl in der ambulanten Alkoholentzugsbehandlung - zu der weder das Vorgespräch (Januar 2014), noch der Beginn (März 2014) in meinem Kalender steht - als auch in der stationären Entgiftung (August 2014) nicht als Alkoholikerin bezeichnet. "Ich habe Alkoholprobleme." war mir möglich, zu sagen. Mit den anderen Patienten konnte ich mich nicht richtig identifizieren. Mit der in beiden Kliniken vorgestellten Selbsthilfegruppe AA auch überhaupt nicht.
Ich habe kein Internettagebuch in meiner akuten F10.2-Phase geschrieben, weil Alkoholismus noch ekeliger und tabuer und gesellschaftsunkonformer als Schleim ist. Weil ich mich sehr geschämt habe und weil ich ja gar nicht wissen konnte, dass ich es zumindest 714 Tage am Stück trocken schaffen würde. Sucht ist sowas furchtbar Intangibles. Die Folgeschäden nicht. Die sind bei einigen so, bei anderen so sichtbar. Ich kann meine Alkoholsucht, die immer noch da ist, nicht vorzeigen wie den Rotz in meinem Taschentuch. Meine Augen sind nicht gerötet und geschwollen, sie tränen nicht bei Suchtdruck - außer ich bin gleichzeitig sehr traurig.
Das ist ein Abstinenztagebuch, ein Abstinenzblog. Und in diesem Blog postet eine Frau Blumen so wie Milliarden von Frauen und Millionen von Männern Blumen in Blogs, in Timelines, auf Websites posten. Weil Blumen schön sind. Weil sie die Sinne und die Seele erfreuen.
Doch wenn eine trockene Alkoholikerin Blumen postet, dann ist das etwas ganz Besonderes. Wenn ich das mache, ist das für mich etwas ganz Besonderes. Es ist mehr als freie Nase, freier Hals, Erkältung überstanden. Ich war so verdammt stumpf und leer und antialles in meiner täglichen Trinkzeit. Mir waren Blumen, mein Aussehen, das Festhalten meiner Gedanken, das Umsetzen meiner Vorhaben ziemlich bis scheißegal.
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agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1271 / Vor kurzem an Boris Mikhailov erinnert
Mich faszinierten seine Fotos sehr, als ich studierte. Fotos von Menschen im Alkoholrausch, im Elend, in Armut, in Einsamkeit. Fotos von Menschen am Rande der Gesellschaft.
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agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1247 / Der Sommer, in dem ich einen Entzug gemacht habe
Feststellungsbescheid Schwerbehinderung gesucht, Abschlussbericht stationärer Alkoholentzug gefunden. Nochmal gelesen.
"Die stationäre Aufnahme erfolgte aufgrund Ihrer Einweisung zur Alkoholentgiftung." "Eingeschränktes Krankheitsgefühl, starke Neigung zur Bagatellisierung der Suchtproblematik. Behandlungswunsch ist eingeschränkt." "Bei Frau Agatha liegt eine Alkoholabhängigkeit mit aktuell und zurückliegend unkritischer Einnahme vor." "Alkoholkrankheit seit 15 Jahren, bislang keine Entwöhnungstherapie" "Das Gefühl einer Abhängigkeit habe sie erst seit dem letzten Jahr." "Einen ambulanten Entzugsversuch im März 2014 habe sie nach vier Tagen bei fehlender Kraft abgebrochen" "Ende April hat sie sich bei einer Suchtberatungsstelle angebunden." "F10.2 Alkoholabhängigkeit" "K70.0" Alkoholische Fettleber, "ICD-K76.0" Fettleber [fettige Degeneration] "Grad I-II", "ICD-K60.0 akute Analfissur", "D12.6 Polypenknospen im Kolon" "Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe besteht bisher noch nicht."
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agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1235 / Jetzt soll ich das nicht mehr Krankheit nennen
Schon gar nicht von "schwerer Krankheit" sprechen. Ich soll die Dauer der Auszeit nicht als "lang" deklarieren. Dass es vor einem halben Jahr unvorstellbar war, in diesem Vorstellungsgespräch zu sitzen, dass vor einem Jahr unklar war, ob ich für den 1. Arbeitsmarkt überhaupt noch fähig bin, dass vor weniger als zwei Jahren noch ungewiss die Berentung als Szenario überdacht wurde, das soll ich so nicht sagen, das klinge zu dramatisch. Jetzt soll ich meinen Ex-Arbeitgeber mitverantwortlich machen, denn die Arbeitsbedingungen seien für meine Gesundheit nicht zuträglich gewesen. Meine bereits in anderen Gesprächen vorgetragene Begründung, ich hätte ab 2014 angefangen, mich ambulant um meine Erkrankung zu kümmern, das sei nicht erfolgreich gewesen, deshalb 2015 stationär, das, wird mir empfohlen, anders zu beschreiben, dass ich ja auch verstärkt eigenen Interessen nachgegangen sei. Aber war nicht das Hauptinteresse meines völlig kranken, verseuchten Hirns Saufen? Was kann der Ex-Arbeitgeber dafür, wenn ich mich zum Stressabbau jeden Abend in den Rausch trinke? Warum kann ich meinen Gegenüber nicht ehrlich sagen, dass es um Leben und Tod ging und dass das Kernmotiv meiner Bewerbung ist: "Ich möchte einfach arbeiten."? Ich möchte nicht mehr zu einer Bezugsgruppe, zu einer Therapiegruppe, zu einer Patientengemeinschaft, zu einer DBT-Gruppe, zu einer Nachsorgegruppe, zu einer Gruppe Rehabilitanden gehören! Ich möchte ein Kollegium haben, Mitglied eines Arbeitsteams sein. Ich möchte banale Grußformeln wie "Guten Morgen!", "Mahlzeit" und "Schönes Wochenende" austauschen. Keine Befindlichkeitsrunden mehr, kein soziales Kompetenztraining auf der Theorieebene, keine Rollenspiele, keine Atemalkoholkontrolle, kein Drogenscreening nach Sichturin sowieso, keine Verhaltensanalysen und Anspannungsprotokolle, ich möchte einfach nur leben, mitlaufen, mitmachen, zu den (vermeintlich) Gesunden gehören, weder über Gesundheit, noch über Krankheit reden. Aber das, wo ich herkomme, das, warum da "Krankenhausaufenthalt", "Klinikaufenthalt", "Medizinische Reha" und / oder ähnliches in meinem Lebenslauf steht, das hat nunmal etwas mit Krankheit zu tun. Das macht niemand Wochen und Monate und länger noch, wenn er ein bisschen Entgrenzung beim Ex-Arbeitgeber erlebt hat. Da bemühen sich mehr als eine Handvoll studierter Leute aufs Härteste, mich zur Krankheitseinsicht zu bewegen, mich erkennen zu lassen, dass ich alkoholabhängig bin und mich in Behandlung begeben muss - und jetzt, damit das softer wirkt, damit das weniger beängstigend klingt, damit ich weder Zweifel an meiner Stabilität wecke noch Mitleid für meine Geschichte auslöse, jetzt soll ich nicht mehr sprechen über diese schwere, unheilbare Krankheit, die mein Leben lang in mir schlummern wird.
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agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1222 / Im Halbschlaf prostet die kleine Agatha mir zu
Anfang der 90er. Ich in der Mitte. Rechts zwei Jungs, links zwei Jungs. Ein anderes Mädchen macht das Foto. Ein analoges, das Joschi gestern für Thorge rausgesucht hat. Und nun schickt er es mir als MMS. Ich wache auf an diesem Tag, der mein tausendzweihundertzweiundzwanzigster trockener werden kann, greife nach dem Mobiltelefon und öffne die Nachricht von ihm. Der weiß doch, dass ich zur Entwöhnungstherapie war! Der weiß doch, dass ich außer AA fast keine sozialen Kontakte mehr habe! Wie kann der nur!?
Etwas Freundliches zurückgeschrieben, ihm meine Empörung nicht aufdrücken müssen. Das ist Teil meiner Vergangenheit.
Einen Jade-Heilstein am Lederband um den Hals und ein Zellgiftgetränk in der Hand. Das war damals modern. Ich auf diesem Foto mit den beiden Jungs, die mich nach einer der Tequila-Partys nach Hause begleitet haben, mehrere Kotzzwischenstopps inklusive. (Tag 147 / My wasted youth) Wie die anderen beiden Jungs heißen, weiß ich nicht mehr. Heute würde man das vielleicht Vernachlässigung der Aufsichtspflicht nennen, wenn sich 13-, 14-, 15-Jährige mit noch nicht ausgewachsenen Körpern und Gehirnen im Haus von Joschis Eltern regelmäßig so besaufen, dass die Persönlichkeitsentwicklung gestört wird, zu einer Persönlichkeitsstörung führt.
Entwicklung und Entfaltung meiner Persönlichkeit sind mit Beginn der Abstinenz wieder aufgenommen, aber noch lange nicht auf dem Level von Erwachsenen meines Alters, die in den entscheidenden Jugendjahren das Ausbilden von Interessen, den Umgang mit Gefühlen, soziale Interaktionen, (...) ohne regelmäßigen Alkoholkonsum gelernt haben, deren Hobby nicht Saufen war.
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