Tumgik
#die stadt der müll und der tod
rwpohl · 2 years
Video
youtube
1 note · View note
eggi1972 · 5 days
Text
[Rezension] Die Kraft des Bösen – Fabio Paretta
Tumblr media
Klappentext: Franco De Santis ist Polizist von Beruf, Neapolitaner aus Überzeugung und Ex-Ehemann wider Willen. Jeden Sonntag fährt er in das Nobelviertel der Stadt, um seinen Schwiegereltern eine glückliche Ehe vorzuspielen. Doch an diesem schwülen Sommertag wird er in den Arbeiterstadtteil Bagnoli gerufen: Der Gemeindepfarrer hat sich erhängt. Franco kennt ihn seit der Kindheit und weiß, wenn er an eines glaubte, dann an das Leben. Gegen den Willen seines Vorgesetzten beginnt Franco zu ermitteln. Doch in einer Stadt, in der der Schein trügt und der Tod Alltag ist, ist die Suche nach der Wahrheit gefährlich ... Rezension: In letzter Zeit sind bei mir die Krimis ziemlich kurz gekommen. Irgendwie habe ich eher Lust auf Thriller gehabt, wobei ich gut geschriebene Krimis sehr schätze, auch wenn diese nicht so blutrünstig und dunkel sind wie Thriller. Gut, bei dem Titel „Die Kraft des Bösen“ dachte ich erst, es geht doch stark Richtung Thriller und gerade deswegen, wollte ich das Buch nicht richtig lesen. Ich wollte mal wieder was anderes. Nun kam der Große Tag. Ich dachte, ach, komm lies es mal an. Ich wollte den Kriminalpolizisten Franco De Santis einfach mal kennenlernen – mehr nicht. Doch dann kam da doch recht schnell der Tote - ein Gemeindepfarrer, der sich im Glockenturm erhängt hat. Schneller als gedacht hatte mich der Krimi in seinen Fängen und ließ nicht mehr los. Alle wollten es als Selbstmord abtun, nur nicht Franco De Santi. Er glaubt nicht daran, da er den Toten kannte.  Dadurch laufen die Ermittlungen auch nicht so einfach. Da gibt es zum einen Francos Vorgesetzter, welcher ihm laufend Knüppel zwischen die Beine wirft. Und dann gibt es immer wieder die Probleme mit der Familie. Er lebt gerade mit seiner Frau in Trennung, möchte es aber nicht wahrhaben. Die pubertierende Tochter, möchte unbedingt ein iPhone und ein Pferd haben und ihr Vater soll bitte dafür aufkommen. Das ist dann noch das Tüpfelchen auf dem i. Also schon genug Störgeräusche, wenn dann da nicht auch noch die Camorra wäre, welche in Italien, und erst recht in Neapel, immer wieder präsent ist, und mit der man sich auch als Polizist scheinbar irgendwie gut stellen muss - auch wenn es in diesem Falle nur ein alter Schulfreund ist, der da immer wieder auftaucht. Aber viel schlimmer ist natürlich die Kirche, die über den toten Pfarrer möglichst schnell den Mantel des Schweigens werfen möchte. Da noch zwei Frauen umkommen, wird daraus allerdings nichts. Die Sinti und Roma spielen auch noch ein wenig mit. Dies rundet das ganze irgendwie ab und man möchte genauso wie Franco De Santi endlich wissen, warum kommen da Menschen um und wie hängt das ganze denn zusammen? Hat man bei dem Buch die Halbzeit erreicht, hat man so eine ungefähre Ahnung wer es denn sein könnte - und die Betonung liegt auf könnte! Alles in allem ein Krimi, den man einfach mag, wenn man auf intelligent geschriebene und konstruierte Fälle steht. Das Ende hat so eine gewisse Logik, die einem aber erst zusammen mit dem Team um Franco De Santis klar wird. Man lernt nebenbei einiges über Neapel, vor allem über das Tunnelsystem unter der Stadt, aber auch über den Müll und das Wohnungsproblem der Stadt oder allgemein in Italien, vor allem im Süden des Landes. Fabio Paretta ist ein Autor, den ich mir merken werde und ich weiß ja, dass das nächste Buch mit dem Polizisten Franco Di Santi schon fast da ist. Ich freue mich, mehr über Neapel und Italien zu erfahren und ein wenig in die Lebensweise einzutauchen. Wobei es mich schon gewundert hat, dass der Autor eigentlich aus Deutschland kommt, aber in Italien bei seiner Frau lebt und so eine Tiefe im Roman erzeugen kann. Dafür ziehe ich schon jetzt den Hut vor ihm,  denn ich denke, der Autor hat es recht gut geschafft das Lebensgefühl in Neapel einzufangen und ganz nebenbei einen intelligenten Krimi zu schreiben, der ein überraschendes Ende hat. Und genau deswegen will man doch einen Krimi lesen. Titel: Die Kraft des BösenAutor/in: Paretta, FabioBand: 1ISBN: 978-3-328-10050-8Verlag: Penguin VerlagPreis: 10,00 €Erscheinungsdatum: 12. Dezember 2016 Bei unseren Partnern bestellen: Bei Bücher.de bestellen. Bei Genialokal.de bestellen. Bei Hugendubel.de bestellen. Bei Thalia.de bestellen. Die Buchhandlung Freiheitsplatz.de unterstützen! Die Büchergilde FFM unterstützen! Lesen Sie den ganzen Artikel
0 notes
Text
9.3.23
Frühsport ist eigentlich überhaupt nichts für mich. Ich kann mich dann nicht zwischen Kopfschmerzen und Übelkeit entscheiden. Trotzdem war ich in den Katakomben und habe mich freiwillig foltern und beschimpfen lassen. „Ja da gehen bestimmt noch zwei Zentimeter? Nicht? Ok, alt.“ Ich bin voll motiviert.
Sehr entspannend war der Termin beim Orthopäden, ein wirklich netter und freundlicher älterer Herr. Viel neues war allerdings nicht dabei, diese Sehne ist im Eimer, aber die Verengung bekommt man vielleicht wieder hin. Lustig war es auch. Er mußte die Liege ab und an mal hoch und runter fahren. Jedesmal mußte er dazu einen Schlüssel in irgendeine Bedieneinheit stecken. Das muß so sein, sagte er, weil einmal eine Putzfrau irgendwo auf der Welt unter so einer Liege ohnmächtig wurde, auf den Schalter fiel und von der Liege zerquetscht wurde. Schöner Tod, immerhin beim Facharzt. Trotzdem ist die Menschheit einfach zu dumm, meinte er. Juchu, ein Verbündeter! Wir haben noch ein bisschen über das Leben rumgeklönt und dann durfte ich gehen.
Krankengymnastik dann in einer Spezialabteilung. Nur Rollstühle oder Rollatoren bis zum Horizont. Wenn man das sieht, fühlt man sich kerngesund. Wahrscheinlich ist das die eigentliche Therapie. Die Physiotherapeutin hat sogar hochdeutsch gesprochen. Sie hat mich nach einem Theraband gefragt, hab ja zu Hause eins bekommen, in rosa. Sagen wir mal so, sie hat mich erst später ausgelacht. Die Farben sind die Stärke, blau oder schwarz wären wohl besser. Also wenn ich nach Hause komme wird das erstmal ausgewertet! Sieht aber trotzdem so aus als ob die das vielleicht in Griff kriegen.
Am Nachmittag war Vorstellung des Küchenteams. Gleich am Eingang kläffte mich von links unten ein untersetzter Typ mit Glatze, riesigen Ohrringen und einem Nasenpiercing an: „AUCHZUMKÜCHENVORSTELLUNGSDINGS?“ „J…a“ „DAHINSETZEN!NENKAFFFE?“ Der Typ war mir gleich sympathisch. Ich nenne ihn ab heute Nackenfilet, das beschreibt ihn am besten. Wie diese hässlichen kleinen Hunde auf Stöcken mit zu viel Haut. Aber so ist der scheinbar ganz Ok.
Er hat uns dann alles erzählt was es so gibt, was da drin ist und wenn man Probleme hat, kann man auch zur Ernährungsberatung. Die Ernährungs-Bitches schreiben sowieso vor was gegessen wird und was nicht. Dann noch die alles entscheidende Frage. „VEGANERHIER?, keiner „VEGETARIER?“ Jetzt mußte ich mich outen. Puh, noch zwei andere. „IMMERHINDREI.WERDENAUCHIMMERMEHR“. Ich darf also weiterleben. Zum Schluß dann „SO.NOCHFRAGEN?SONSTKÖNNTIHRWIEDERGEHEN“
Geht doch, jeder weiß Bescheid. Bei manch andere Veranstaltung hat man ja den Eindruck die letzte Ölung zu erhalten.
Am Nachmittag war auf einmal Sonnenschein. Also, schnell Klamotten an und ab in die Stadt. Hab wieder mehr herausbekommen. Eigentlich habe ich einen Friseur gesucht, weil ich schon wieder eine Mütze entwickle. Ich hab noch zwei weitere Barbershops gefunden. Vor der Tür des einen telefonierte einer der Angestellten lauthals. Irgendwas hebräisch oder kurdisches. Ich bin mir immer nicht sicher, ob er das Abholen der Kinder organisiert, Ware bestellt oder ein Attentat plant. Nein, Spaß, das sind ganz normale Leute, trotzdem hab ich wieder gekniffen. Ich bin dann zu einem anderen Laden mit zwei Schnicksen drin gegangen. „Morgen, viertel nach drei! Jetzt hab ich sie! „Viertel vier?“ frage ich belanglos nach. „Äääääääähm, ja. Soll ich a Zettele schreibe?“ „Danke, geht noch. Also viertel vier.“ Wenn sie mich morgen nicht mit der Schere die Kehle aufschlitzt, werde ich mindestens wie Sinéad O’Conner aussehen. Egal, man muß auch mal etwas wagen im Leben. Das nächste Mal gehe ich in den Barbershop, da haben sie auch noch Wasserpfeifen.
Heute hat auch noch „Das Problem ist“ (Annika) angerufen. Sie hadert mit ihrem Körper, weil der sich nicht entscheiden kann, ob er krank wird oder nicht. Ich habe gleich mal nachgelesen, was die ersten Anzeichen für Schizophrenie sind, hab aber nur Müll gefunden. Das Personen ihren Körper von außen betrachten. Das ist bei ihr bestimmt nicht, oder?
Dann abends das Übliche, 20 km Rad, wieder ein paar Minuten besser. Schön. Duschen, Kiste.
Ach ja, ich hab mein Bett gepimpt! Unter den Matratzenblock habe ich eine alte Wolldecke aus dem Auto gelegt. Vielleicht hört sie jetzt auf nachts zu ächzen. Hoffentlich vergesse ich das Teil nicht…
0 notes
rebuild121421rwpohl · 2 years
Photo
Tumblr media Tumblr media
2 notes · View notes
nikooktaetab · 3 years
Text
convenience store au 1
Es war die zweite Woche der Semesterferien und Yunhee war aus Seoul zurück in die Provinz gekommen, um in dem Dorf, in dem sie groß geworden war, etwas Geld dazu zu verdienen. Natürlich hätte sie genauso gut in Seoul irgendwo arbeiten und weiterhin in der Wohnung ihres Vaters, der in der Stadt wohnte, bleiben können - aber nachdem ihre Mutter bei ihrer Geburt gestorben und sie damals bei ihrer Großmutter aufgewachsen war, sah sie sich verpflichtet, diese über die Ferien zu besuchen und ihr etwas zur Hand zu gehen.
Außerdem war ihre beste Freundin Eunsook über die Ferien auch immer hier und manchmal hatten sie geteilte Schichten im Gemischtwarenladen, was lustiger war als Nachtschichten allein. Auch Eunsook war nach dem Tod ihrer Mutter bei ihrer Tante groß geworden und wohnte während der Schulzeit in Seoul in der Wohnung ihres Onkels, der in der Firma arbeitete, wo Yunhee’s Vater auch angestellt war. Sie waren also zusammen aufgewachsen und sie kannten das merkwürdige Dorf mit all seinen Marotten und rätselhaften Ereignissen und seinen Bewohnern.
Yunhee schlenderte gerade über eine schmale Brücke, die über einen der Flüsse, die vom Berg herunter plätscherten, führte und dem Dorf immer einen Beigeschmack von feuchtem Stein und diesiger Luft gaben. Grillen zirpten und die Sonne war bereits hinter den Hügeln verschwunden; der Himmel war indigoblau und das flammende Orange am Horizont wurde sanfter, sie war auf dem Weg zu ihrer Nachtschicht. Zwar begann diese erst in einer halben Stunde und sie brauchte nur zehn Minuten, aber sobald die Sonne verschwunden war wurde es stets sehr still im Dorf. Keine abendlichen Grillfeste auf den Dächern der Häuser, keine lachenden Kinder auf den Straßen. Es lag nicht daran, dass die Nachbarschaft ausgestorben war, es war wie ein ungeschriebenes Gesetz. Nachts war nicht die Zeit der Dorfbewohner, es war die Zeit von etwas… Anderem.
Yunhee schauderte bei den Gedanken, die aus ihrem Unterbewusstsein wisperten, verdrängte sie aber wieder und lief über den Parkplatz zu dem hell erleuchteten Laden. Mit einem dreimaligen Ding-Dong öffneten sich die Schiebetüren und sie nickte Eunsook zu, die ihre schlaksigen Arme auf den Tresen gestützt hatte und einen Lolli von einer Wange in die andere schob. Sie grinste und winkte ihrer Unnie zu, die im Hinterzimmer verschwand, um sich einzustempeln. Dann warf sich eine der dunkelblauen Westen über das helle T-Shirt Kleid, das sie trug, und klipste ihr Namensschild an. Es war unsäglich heiß, auch nachts, deswegen hatte sie nicht mal eine Jacke mitgebracht. Rasch band Yunhee sich das karamellfarbene, lange Haar zu einem Dutt und kam dann raus zu Eunsook. Diese öffnete gerade ihren Zopf und fuhr sich durch das knapp über der Schulter liegende, schwarze Haar.
“Und, viel los heute?”, fragte Yunhee und stellte ihren Energy Drink unter der Kasse ab. Eunsook schlürfte und nahm den Lolli aus dem Mund, nickte. “Klar, Sommerferien! Heißt zu den Pendlern, die in die Stadt wollen, kommen auch haufenweise Kleinfamilien. Hier waren heute so viele Kinder im Laden…”, stöhnte Eunsook und verzog entnervt das Gesicht, Yunhee’s Brauen wanderten nach oben und sie feixte grinsend: “Ich dachte, du magst Kinder?” Eunsook verdrehte die Augen und schlüpfte sichtlich erleichtert aus ihrer Weste und stempelte sich aus: “Naja, mögen ist übertrieben. Sie sind faszinierend…”, murmelte sie und warf sich ihren Jütebeutel über die nackten Schultern; sie trug ein gestreiftes Top und Shorts zu ihren ausgelatschten Sneakers.
“Das sind Affen auch…”, entgegnete Yunhee und grinste breit, als Eunsook losprustete und ihr auf die Schulter schlug. “Unnie! Du bist unmöglich-” “-ich hab was unmöglich gehört?”, sagte plötzlich eine helle Stimme und Park Jimin hüpfte vor den Tresen. Er trug ein weißes T-Shirt mit dem Aufdruck LOVER zu seinen Ripped Jeans, die viel zu heiß sein durften, und mehr Ringe als er Finger hatte. Charmant grinsend fuhr er sich durch das schlampig gebleichte Haar während hinter ihm Taehyung auftauchte. Er hatte, wie eigentlich immer, seine Tennisjacke über einem weißen T-Shirt und dunkle Short an. Er war barfuß in den Tennisschuhen, die Hacke war herunter gedrückt, das dunkle Haar hing ihm strähnig ins Gesicht; er hatte offensichtlich Training gehabt.
“Mit unmöglich kannst nur du gemeint sein, gut aufgepasst!”, triezte Eunsook ihn, er riss die Augen auf und starrte sie drohend an während Taehyung gluckste und Yunhee die Augen verdrehte. Jimin wandte sich mit sorgfältig einstudierter Fuckboy Manier wieder seiner Nuna zu.
“Nuna~ Hast du etwa Nachtschicht? Schade, ich wollte dich gerade fragen, ob du-” “-gehen kannst. Lass die Arme bloß in Ruhe!”, schnaubte Eunsook und steckte Taehyung einen Lollipop zu, den er strahlend entgegen nahm. Yunhee seufzte schwer und schüttelte mit leicht zuckenden Mundwinkeln den Kopf: “Sorry, Jiminie, irgendwer muss ja nachts die Stellung halten…”
“Wenn du Nachts und Stellung in einem Satz benutzt, macht das was mit mir~”, schnurrte Jimin und wackelte übertrieben mit den Augenbrauen. Eunsook simulierte einen Kotzanfall und klammerte sich mit einer Hand an Taehyung, der ihr das Haar hielt und mit angewidertem Gesicht den Hinterkopf seines besten Freundes musterte. “Jiminie! Schäm dich…”
“Okay, raus hier - alle miteinander! Passt mir fein auf Eunsook auf und lungert nicht so lange draußen rum”, wies Yunhee die drei augenrollend aber grinsend an, Eunsook und Taehyung riefen wie aus einem Munde artig “Ne~” während Jimin ihr zu zwinkerte und mit seinem Handy wedelte - Wir hören voneinander!
Yunhee wandte sich mit einem Augenrollen um. Drehte aber den Kopf und beobachtete, wie die drei die Straße hinunter schlenderten. Taehyung versuchte anscheinend gerade Eunsook zu überreden, auf seinen Rücken zu springen und Jimin hatte seine Sonnenbrille aufgesetzt, die er um diese Uhrzeit eigentlich nicht mehr brauchte, um sein Image als der schärfste Typ in der Town zu unterstreichen. Grinsend schüttelte sie den Kopf - dieser Kerl! Sie kannten sich alle schon ewig, und Jimin’s Annäherungsversuche waren ihr täglich Brot. Sie musste zugeben, dass er süß war und sie vielleicht ein wenig enttäuscht wäre, würde er ihr nicht mehr den Hof machen - aber mehr als ein guter Freund war er nicht.
Sie hörte Schritte und wandte sich um, ein paar Jugendliche aus der Stadt wollten Alkohol kaufen. Sie fragte wie immer nach den Ausweisen, bekam nur drei Gültige, und gab augenrollend den Alkohol raus. Sie gab Hanbin einen Korb, Momo einen warnenden Blick und überflog danach die Liste, die der Manager raus gelegt hatte. Als es draußen bereits stockfinster war, brachte sie den Müll raus und ignorierte die Ratte, die ihr über den Weg lief und das flackernde Licht an der Türe am Rücken des flachen Gebäudes, das die einzige Lichtquelle war, und verschwand rasch wieder im Laden. Sie überprüfte die Haltbarkeit der Lebensmittel und verkaufte ein paar Misosuppen und heiße Dumplings an ältere Herren, die aus der Stadt auf dem Weg nach Hause waren. Eine Flasche Champagner und Kondome an das junge, kichernde Paar. Um 22:50Uhr kam wie immer die alte Frau Kim mit dem Rollator herein; sie ging jeden Abend zum Friedhof abseits der Stadt das Grab ihres Mannes besuchen, kam auf dem Rückweg auf eine Kleinigkeit herein und benutzte die Toilette. Yunhee begrüßte sie wie immer höflich lächelnd, ließ sich ein mehr als großzügiges Trinkgeld zustecken, und beobachtete wie das Ömmchen die Straße in Richtung des Dorf nach Hause wanderte.
Und ab 23:00Uhr wurde es still.
Ein Ladenradio gab es nicht, aber manchmal spielte Yunhee etwas Musik auf dem Handy. Wenn sie in der Tür zwischen Hinterzimmer und Ladentheke stand, erfassten die Überwachungskameras des Ladens sie nicht und sie hatte trotzdem einen Überblick, während sie KakaoTalk und SNS checken konnte oder Musik hörte, ein paar Videos schaute.
Das dreimalige Ding-Dong ließ sie zusammenschrecken und warf rasch ihr Handy auf den schmalen Tisch, auf dem auch der Monitor mit den kleinen Ausschnitten der Überwachungskameras war, und trat wieder hinter den Tresen. Sie sah gerade noch einen großen Kerl mit muskulösem Rücken in dem hinteren Gang bei den Gefrierschränken verschwinden bevor die Schiebetüren sich wieder schlossen.
Und mit dreimaligem Ding-Dong wieder öffneten. Allerdings kam keiner herein, und durch die mit Postern und Werbung beklebten Fensterfronten konnte man niemanden erkennen. Nur den klapprigen, kleinen Wagen, mit dem der Kerl gekommen sein musste. Stirnrunzelnd reckte Yunhee ein wenig den Kopf, konnte aber kein weiteres Auto, geschweige denn einen weiteren Kunden, erkennen. Spinnte die Tür etwa?
Schwere Schritte ertönten und der Kerl kam den Gang auf sie zu, verstohlen musterte sie ihn. Er war groß und das dunkle Haar fiel ihm leicht gelockt auf beiden Seiten in das relativ junge Gesicht. Er trug eine ausgebeulte Bluejeans, die an den Enden in schweren Boots teckte, und ein dunkles Balenciaga T-Shirt. Kein Fake, dafür war das Design zu neu und selten, das wusste Yunhee. Eine schmale Kette hing lang um seinen Hals, außerdem der Riemen einer Kamera. In seinen großen Ohren waren mehrere Ringe und als er einen kleinen Sixer Bananenmilch, ein paar Protein-Riegel und drei weitere Tüten Süßes erstaunlich vorsichtig für sein schroffes Äußeres auf dem Tresen ablegte, sah Yunhee die Tattoos auf seinen Fingern und die, die sich seinen Unterarm hoch zogen. Sie murmelte ein leises Hallo und begann die Sachen abzupiepen und beobachtete verstohlen, wie er aus der hinteren Hosentasche ein paar gerollte Geldscheine zog. Das und die schwarzen Schlieren auf seiner Hose und an seinen Armen ließen sie darauf schließen, dass er wahrscheinlich in einer Werkstatt einen Job hatte. Vermutlich nur einen Sommerjob, denn ein Nagelbett war blutig verschmiert und auf einem Wangenknochen hatte er einen roten Ratscher - etwas ungeschickt für einen kräftigen Neuling. Und ein wenig zu artsy, um auf dem Dorf groß geworden zu sein oder noch in einem zu wohnen.
Die großen, dunklen Augen unter den streng gekräuselten Brauen wanderten zu der Preis-Anzeige und er zählte langsam ein paar Scheine ab, wobei seine Lippen sich mitbewegten als er abzählte, bevor er sie Yunhee entgegen hielt und sie das erste Mal ansah. Ein Ausdruck der Überraschung schwappte über sein Gesicht und seine Brauen glätteten sich; er sah sofort um einiges jünger und unschuldiger aus.
“Hallo”, sagte er mit weicher, rauer Stimme recht verspätet während Yunhee ihm das Geld abnahm. “Danke”, sagte Yunhee mit hoher Stimme recht unpassend, und irgendwie musste sie grinsen und schnauben und er giggeln.
Okay, vielleicht war er wirklich süß. Sein Stil gefiel ihr.
Er nahm das Wechselgeld entgegen und steckte es in die Tasche und musterte dabei verstohlen weiterhin Yunhee, was sie natürlich spürte. Dann blinzelte er und wandte sich zur Tür um, die nach wie vor fröhlich klingelnd auf und zu ging. Seine imposanten Brauen runzelten sich wieder.
“Ist die Tür kaputt?”, sagte er, die leicht nasale, raue Stimme dialektlastig. Allerdings nicht von hier, eher Richtung der See. Busan oder so.
“Anscheinend”, rutschte es Yunhee resigniert heraus, er schnaubte belustigt und neigte, ähnlich wie Yunhee vor einer Minute, den Kopf ein wenig von Seite zu Seite, um raus zu schauen. Nach wie vor stand niemand auf dem Parkplatz außer sein Wagen. Er runzelte die Stirn.
“Merkwürdig. Sollte sich mal jemand angucken…”, murmelte er geistesabwesend, blinzelte dann und sah zur Decke hoch. Irritiert folgte Yunhee seinem Blick - da war nichts. Die großen, dunklen Augen des Kerls fuhren die Decke ein Stück ab und wanderten an der Wand wieder herunter. Einige Sekunden stand er wie fest gefroren, dann zuckte er leicht zusammen und drehte sich ein letztes Mal zu Yunhee um. Grinste verkniffen, was ein Grübchen in seine eine Wange bohrte, und murmelte ein knappes Tschüss, bevor er mit großen Schritten nach draußen verschwand.
Verwundert sah Yunhee ihm hinterher während sich die Tür weiterhin öffnete und schloss, öffnete und schloss. Dann blinzelte sie, lehnte sich auf den Tresen und sah hoch zur Decke und die Wand hinunter. Da war doch gar nichts? Ein Kribbeln kletterte Yunhee’s Rücken hoch und trotz der lauen Sommernachtsluft, die hier drinnen trotz der Klimaanlage spürbar war, erschauderte sie. Rasch ging sie ins Hinterzimmer und schob ihr Handy beiseite, griff nach der Maus und vergrößerte das Bild der Kamera, die auf den Parkplatz filmte. Der schnuckelige, merkwürdige Kerl fuhr gerade auf die Straße, die Richtung Dorf führte. Ob er gerade im Dorf wohnte oder wollte er tatsächlich noch bis nach Seoul heute nacht? Ihre Gedanken wurden jäh unterbrochen, als sie etwas vor der Ladentür sah - da stand jemand.
Ein kleiner Junge, trotz der groben Pixel gut zu erkennen, barfuß und in dreckigen Klamotten. Direkt vor der Ladentür, die sich öffnete und schloss und dabei fröhlich klingelte. Das Kribbeln in Yunhee’s Nacken wurde noch stärker, das Blut in ihren Adern schien zu gefrieren. Langsam wandte sie den Kopf und sah durch die geöffnete Tür des Hinterzimmers über den Tresen auf die Schiebetüren. Die Kasse war genau im Blickfeld und langsam erhob sie sich, um darüber hinweg sehen zu können.
Ding Dong machten die Türen, sie gingen auf und wieder zu. Das grelle, weiße Licht des Ladens flackerte, der Parkplatz lag schwarz außerhalb der Fenster. Und vor der Schiebetür war nichts und niemand.
Gänsehaut krabbelte Yunhee die Arme und Beine herunter, mit weit aufgerissenen Augen riss den Kopf wieder herum und starrte auf den pixeligen Screen vor sich. Da stand er, nach wie vor. Doch zu Yunhee’s Grauen wantde er nun den Kopf und starrte zur Kamera hoch. Dank der schlechten Qualität konnte man sein Gesicht kaum ausmachen; es war schattig und schmal. Als sie erneut den Kopf herum riss, um nach draußen zu sehen, schepperte es im Hinterhof und Yunhee zuckte mit einem Schrei zusammen und ihre Hände zuckten zu ihrem Kopf, der Instinkt, sich die Ohren zuzuhalten und in die Knie zu gehen, war stark.
Mit nun brennenden, nach wie vor aufgerissenen Augen, starrte sie auf die Ladentür, die sich ein letztes Mal schloss. Und nach einigen Sekunden geschlossen blieb. Yunhee rührte sich nicht, sie atmete ein paar Mal tief ein und aus und wandte sich dann rasch wieder zum Screen der Überwachungskameras. Nichts. Alles lag still und verlassen dar. Sie vergrößerte den Ausschnitt, der die Rückseite des Gebäudes mit den Müllcontainern zeigte, und sah dass einer der Eimer umgefallen war. Sie stieß die angehaltene Luft an und ließ den Kopf kurz hängen, fuhr sich mit den Händen durch’s Gesicht und klatschte sich auf die Wangen, bevor sie ihr Handy mit raus nahm und das Hinterzimmer verließ, um den Mülleimer wieder hinzustellen.
Über ihre Schulter konnte man auf dem flimmernden Screen etwas Langes, Dürres erkennen, das hinter dem Container hervor kroch und rasch über den rissigen Asphalt auf die Mauer zu krakselte und in den Schatten verschwand.
+
Die restliche Nacht war ruhig und Nichts Außergewöhnliches passierte mehr. Um 6:00Uhr tauchte ihr Manager auf und sie erzählte ihm von der defekten Tür, und dass das Problem sich anscheinend von selbst gelöst hatte. Von dem Jungen sagte sie nichts, aus irgendeinem Grund hatte sie das Gefühl, dass sie es lieber unerwähnt lassen sollte.
Als sie sich aber am nachmittag, nachdem sie einige Stunden geschlafen hatte, mit Eunsook, Jimin und Taehyung am Spielzeug traf, erzählte sie ihnen sofort davon. Jimin und Taehyung, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, als Geisterjäger dieses Dorfes zu fungieren, waren sofort Feuer und Flamme und sinnierten darüber, wo der Geist - denn natürlich war es ein Geist gewesen! - her kommen könnte und was er wollen würde. Eunsook hingegen lauschte mit gerunzelter Stirn der Geschichte und kaute danach gedankenverloren auf ihre Unterlippe herum.
“Nächste Nacht kommen wir mit - das können wir uns nicht entgehen lassen!”, rief Jimin und Taehyung nickte euphorisch. Yunhee verdrehte die Augen. “Ihr könnt doch nicht die ganze Nacht im Laden abhängen, wie lame ist das denn bitte? Was sagt ihr deiner Oma?” Taehyung zuckte die Schultern: “Ich sag Oma, ich schlaf bei Jiminie. Und Jiminie sagt, er schläft bei mir - so einfach ist das!” “So einfach ist das nie, und das wisst ihr. Das Ganze gefällt mir nicht…”, murmelte Eunsook und begann an ihrer Nagelhaut zu kauen, Yunhee schlug ihr auf die Finger. “Hör auf damit! Auch damit, dir Sorgen zu machen. Vielleicht war’s nur ein Hirngespinst, wer weiß… aber merkwürdig war’s auf jeden Fall…”, schloss sie leise und dachte aus irgendeinem Grund an den Kerl mit den dunklen Locken und den großen Augen zurück. Warum hatte er so an die Decke gestarrt?
“Was war denn das für’n Kerl? Was, wenn das ein Verfluchter war? Oder ein Dämon!”, japste Taehyung, Eunsook gab ihm eine auf den Hinterkopf. “Hör auf, uns Angst zu machen - ich hab heute Nacht Schicht!” “Deswegen müssen wir ja mitkommen!” “Der Manager mag es nicht, wenn Freunde da sind. Der sieht doch auf den Überwachungskameras, wenn ihr die ganze Nacht da rumlungert…”
“Die Überwachungskameras!”, rief Jimin aufgeregt und zeigte mit einem kleinen, beringten Finger auf Eunsook’s lange Nase, die erschrocken schielte. “Vergiss’ es. Der Manager ist der Einzige, der darauf Zugriff hat. Und ich hab nicht vor ihm zu stecken, dass ich was Komisches gesehen hab. Sonst war’s das im Zweifelsfall mit meinem Sommerjob…Und der Kerl hat da wohl kaum was mit zu tun, dafür war er zu normal.” “Wie normal ist es, die Decke anzustarren, wenn da nichts ist…”, murmelte Taehyung stirnrunzelnd, Eunsook verdrehte die Augen. “Vielleicht ist er schizophren? Ist doch egal! Mal schauen, was mir die Nacht so über den Weg läuft”, scherzte sie lachend, doch ihr Gesichtsausdruck wirkte geuqält.
Die Freunde brachten Eunsook noch zu ihrer Nachtschicht und während Yunhee schon wieder nach Hause musste, um ihrer Großmutter beim Essen machen zu helfen, blieben Jimin und Taehyung noch eine Weile, damit Eunsook sich nicht so einsam fühlte. Zwar beteuerte sie, dass sie keine Beschützer brauchte und es ihr gut ging, aber über ihr abwehrendes Gezeter sah sie sehr erleichtert aus.
Yunhee bekroch ein merkwürdiges Gefühl, ihre beste Freundin so allein zu lassen, und sie machten aus, später Sprachnachrichten auszutauschen oder zu FaceTimen.
+
Als sie sich am nächsten Mittag erneut am Spielzeug trafen, war Eunsook zwar müde aber erleichtert.
“Es war kaum was los, alles normal… Oh, der Kerl war wieder da!”, sagte sie aufgeregt und beugte sich geheimnistuerisch vor, die kleine, rostige Schaukel, auf der sie saß, quietschte verheißungsvoll. Jimin auf dem Schaukelpferd bremste und hielt inne, Taehyung drehte immer wieder den Kopf auf dem herumwirbelnden Kreisel, um ihr Gesicht zu sehen und Yunhee, die auf dem weichen, minzgrünen Gummiboden saß, zog die Brauen hoch und blinzelte gegen das grelle Sonnenlicht.
“Echt? Und?”
“Naja, er hat wieder Bananenmilch und seine Protein Riegel gekauft und er hat nach dir gefragt”, sagte Eunsook und bemühte sich um einen neutralen Tonfall, doch ihr feixendes Grinsen sprach Bände. Yunhee runzelte die Stirn, ihr Herzschlag ging etwas reger. “Aha?” “Er wollte wissen, wie du heißt. Und weil ich ihn so freundlich-” “-also super aufdringlich-”, unterbrach Taehyung sie lachend, Eunsook ignorierte ihn. “-so super freundlich gefragt hab, warum er das wissen wollen würde, hat er gefragt, ob ich zufälligerweise deine Nummer habe oder du SNS hast!”
Yunhee spürte Hitze ihre Wange hochkrabbeln, Jimin sprang mit einem wütenden “WAS?!” von dem Wackelpferdchen, blieb mit der Spitze seines zu großen Turnschuhs hängen und strauchelte japsend zu Boden. Eunsook wackelte mit den Brauen, Yunhee legte kokett den Kopf schief und kämmte sich gespielt desinteressiert durch das lange Haar.
“Aha. Sag bloß, du hast ihm meine Nummer gegeben?” “Quatsch, ich bin doch nicht wahnsinnig!”, echauffierte sich Eunsook naserümpfend. Yunhee spürte, wie ihr Herz etwas enttäuscht tiefer rutschte, versuchte aber, so neutral wie möglich zu nicken. Eunsook verdrehte grinsend die Augen und zückte ihr Handy. “Aber natürlich hab ich seine Nummer gekriegt! Hier, ich schick sie dir. Er ist schon ein Schnuckelchen, ich kann dich verstehen”, murmelte sie geistesabwesend, während sie Yunhee seine Nummer schickte, Yunhee ignorierte Jimin’s geschocktes Gesicht und wie er sich die Haare rauft und wie ein angeschossenes Tier jammernd in die Knie ging. “Ich hab doch gar nicht gesagt, wie ich ihn finde, oder?” “Ach friend, I know you! Er heißt übrigens Jeongguk”, grinste Eunsook und zwinkerte ihr zu, bevor sie von der Schaukel aufstand und los wieherte als sie beobachtete, wie Taehyung von dem Kreisel sprang und mit einem ordentlichen Drehwurm auf Jimin zusteuerte, um ihm den Rücken zu tätscheln. Allerdings verfehlte er ihn um einiges und landete mit einem Ächzen auf dem Hintern. Nun musste selbst Jimin loslachen und es hallte schallend von den Wänden der umliegenden Häuser wider.
+
Die nächste Nachtschicht trat Yunhee zwar mit einem leicht mulmigen Gefühl in der Magengegend an, jedoch war ihre Stimmung aufgelockert denn sie hatte sich getraut, diesem Jeongguk mal eine Nachricht zu schreiben, nachdem sie ihn bei SNS gestalked hatte. Inzwischen wusste sie, dass er ein College Freshmen und zwei Jahre jünger als sie war. Er fotografierte und sang gern und er schrieb zwar knapp aber mit Emoji’s, was ziemlich süß war.
Es war eine Dienstagnacht und somit war normaler Betrieb und als Frau Kim mit ihrem Rollator herein geschlurft kam, war es schon lange still gewesen und würde nach ihr wahrscheinlich auch still bleiben. Yunhee war gerade dabei, eine Band zu checken, die Jeongguk gefiel und hatte ihm im Austausch etwas von Gnash geschickt, als das Ding Dong der Tür ertönte. Rasch legte Yunhee ihr Handy unter die Kasse und hob den Blick. Ein Mann mittleren Alters war eingetreten, er hatte langes, leicht fettiges Haar und Arbeiterkleidung an. Er roch nach Bier und Zigaretten. Mit schmalen Augen scannte er die Umgebung bevor sein Blick auf Yunhee fiel. Das Grinsen, das sich auf seinem Gesicht ausbreitete, gefiel Yunhee gar nicht. Sie murmelte ein Hallo und tat so, als ob sie etwas furchtbar wichtiges zu tun hatte. Doch die schlurfenden Schritte kamen in ihre Richtung und machten vor dem Tresen halt.
“Bier”, sagte er mit rauer, viel zu lauter Stimme und sie zuckte zusammen, bevor sie sich aufrichtete und mit dem Finger zu der hinteren Wand deutete.
“Wir haben eine Auswahl an Getränken da hinten an der Wand”, erwiderte sie übertrieben freundlich und nickte einmal, er starrte sie nur an. Dann nickte er langsam, sie wartete unschlüssig. “Ich will eins”, sagte er dann schließlich und deutete mit dem Kopf zu der Wand. Yunhee blinzelte hektisch, rote Flecken tauchten auf ihrem Hals und ihren Wangen auf.
“Okay? Welches denn”, hakte sie irritiert nach, er winkte sie nur heran während er einen Schritt rückwärts ging und deutete erneut mit dem Kinn in Richtung der Gefrierschränke. Mit einem resignierten Schnauben klappte sie das Brett beiseite und machte es sorgfältig wieder zu bevor sie zur hinteren Wand ging. Sie spürte seinen Blick förmlich auf ihren Beinen und beeilte sich. Mit gereizter Stimme nannte sie ihm zwei Marken, bevor er mit ungeduldiger Geste zustimmte und sagte, er wolle zwei. Rasch nahm sie zwei aus dem Gefrierschrank und kam zur Kasse. Er ging nicht zur Seite und sie machte lange Arme, um nicht zu nahe an ihn heran treten zu müssen, als sie die Flaschen abstellte. Gerade als sie wieder hinter den Tresen klettern wollte, sagte er mit einem widerlichen Grinsen: “Ich glaub’, ich nehm noch zwei…”
Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu und hastete dann den Gang wieder runter, holte zwei weitere. Diesmal blieb sie vor ihm stehen und sah zu ihm auf, wartete einige Sekunden. Er starrte nur mit schmalen, dunklen Augen zurück, sein Blick wanderte an ihr runter und wieder rauf.
“Wollen Sie noch was?”, fragte Yunhee, die eigene Stimme laut und ungeduldig in ihren Ohren, der Herzschlag laut und angespannt daneben.
“Noch zwei.”, sagte er gehässig und lachte dreckig, verschluckte sich und hustete auf diese Art und Weise, wie nur Kettenraucher husten, würgte offensichtlich Schleim hoch und schluckte laut. Angewidert suchte Yunhee das Weite und holte noch zwei Flaschen, das Glas nass und kühl unter ihren kribbelnden Fingern. Rasch stellte sie auch diese auf den Tresen und wollte dann das Brett beiseite heben, um den Dreckskerl endlich abzukassieren, als sich plötzlich eine große, schwitzige Hand um ihr Handgelenk legte und es verdrehte. Schmerz zuckte durch ihren Arm, sie gab einen Schreckenslaut von sich und stemmte sich dagegen, griff mit der freien Hand nach der Ecke des Tresens und rutschte ab.
Der Mann zog sie auf sich zu bis sein Gesicht ihrem ganz nah war und sie japste erschrocken und bekam eine volle Nase seines Schweißgeruchs in die Nase. Sein glänzendes, vernarbtes Gesicht wurde von einem breiten Grinsen geteilt und sein stinkender Atem kam ihr entgegen, als er mit heiserer Stimme ein “Hab ich dich!” hervorbrachte.
Yunhee handelte reflexartig: sie holte aus und trat ihm kräftig zwischen die Beine. Zum Glück hatte sie sich trotz des warmen Wetters für ihre hellen Balenciaga’s entschieden, es schien ordentlich zu zwiebeln denn mit einem Brüllen ließ er sie los und sein Oberkörper kippte nach vorn, leicht schwankend blieb er kurz so stehen bevor er sich wieder aufrichtete und Yunhee zornig anfunkelte. Die kleinen Augen waren wütend aufgerissen und er griff mit einer Hand nach einer Flasche und mit der anderen bekam er eine handvoll von Yunhee’s Haaren zu packen.
“Was ist denn hier los?!”, rief auf einmal Frau Kim, die gerade mit dem Rollator um die Ecke kam, anscheinend fertig mit ihrem Geschäft. Verwirrt drehte der Kerl sich um - und bekam die Einkaufstasche mit Konserven vor die Nase geknallt. Blut tropfte auf den Boden und Frau Kim kreischte wie eine Furie bevor sie mit dem Rollator einen Ruck tat und dem Mann ordentlich in die Seite rammte, der nun eingeklemmt war zwischen dem Ding und der Kasse. Es knackte, er stöhnte, und Yunhee staunte nicht schlecht als Frau Kim sich eine der Flaschen schnappte und sie ohne zu zögern dem Kerl über den Kopf zog. Er schnappte nach Luft, bekam schäumendes Bier und Blut in den Mund, röchelte und hustete.
“Die Polzei, Kleine, schnell!”, zeterte Frau Kim doch bevor Yunhee reagieren konnte, machte die Tür erneut Ding Dong und schob sich auf.
Niemand geringeres als Jeon Jeongguk stand im Türrahmen, heute Nacht ein weißes Tank Top zu schwarzen Shorts und Vans, die Augen wurden riesig angesichts der Situation und doch schaltete er recht schnell: er sah den mit Bier überschütteten Kerl mit Nasenbluten, der zwischen Rollator und Kasse klemmte, die aufgebrachte Frau Kim und die geschockte Yunhee, das Haar wirr, das Gesicht mit hektischen Flecken und die Augen groß.
Er ließ seinen Rucksack fallen, machte einen großen Schritt und packte den Mann am Kragen um ihn auf den Boden zu werfen. Rasch griff er sich seine Arme und stemmte sich mit dem Knie darauf. Jedes Mal, wenn der Mann zwischen seinem Husten und Prusten sprechen wollte, drückte Jeongguk sein Knie besonders fies auf seinen Steiß, sodass er aufschrie. Jeongguk hatte eine kleine, zornige Falte zwischen den Brauen und die Venen an seinem Hals traten hervor, was Yunhee ganz entzückend gefunden hätte, wenn sie nicht so geschockt gewesen wäre.
Die Polizei kam, und kurze Zeit später der Manager.
“Wie können Sie nur ein kleines Mädchen des Nachts ohne Security in einen Laden mitten im Nirgendwo stehen lassen?!”, zeterte Frau Kim, der ältere der beiden Polizisten schob sich die Kappe etwas nach hinten, kratzte sich am Kopf und nickte beipflichtend.
“Recht hat se, Mister. Wenn se hier mittem im Nirgendwo ‘n Laden haben, macht Security Sinn. Was’ denn mit dem jungen Hüpfer, hier? Der hat doch ordentlich Muckis!”, röhrte der Polizist und schlug Jeongguk, der etwas abseits stand, eine Hand in den Nacken. Jeongguk ruckte leicht nach vorn und blinzelte hektisch, grinste dann verlegen. “Im Gegensatz zu anderen…”, fuhr der Polizist fort und warf einen leidenden Blick hinter sie, wo sein jüngerer Kollege sich gerade mit dem angetrunkenen Widerling abmühte, der röhrend und brüllend von Körperverletzung und schlechtem Costumer Service brabbelte und sich mit Händen und Füßen wehrte.
Der Manager kratzte sich überlegend das Kinn und musterte Jeongguk. “Bursche, kommst du aus der Nähe?” Jeongguk nickte einmal. “Ich bin den Sommer über bei meiner Oma. Gerade arbeite ich noch in Lee’s Autowerkstatt, aber die haben mich heute zufälligerweise gefeuert…”, grinste Jeongguk, er hatte nichtmal den Anstand, verlegen zu wirken. Der Manager runzelte die Stirn. “Warum das denn, wenn ich fragen darf?” “Diese Mucki’s sind eben nicht zum Basteln gemacht…”, grinste Jeongguk schulterzuckend und machte dann einen Ausfallschritt nach hinten, spielte ihnen ein paar Boxhiebe vor. Der Polizist brach in Gelächter aus und klatschte in die Hände. “Der Kleine gefällt mir!”, sagte der Polizist. “Du bist eingestellt.”, sagte der Manager.
So kam es, dass Jeongguk den Rest der Nacht mit Eunsook’s etwas zu kleiner, blauen Weste in der Nähe der Tür blieb und seine erste Schicht als Securtiy machte. Der Manager hatte Yunhee zwar gefragt, ob sie über diesen Schreck nach Hause gehen wollte - doch sie hatte nur schwach lächelnd abgewunken und gemeint, dass sie sich mit Jeongguk vor Ort direkt viel sicherer fühlte.
“Was für eine Aufregung”, seufzte Yunhee um 1:45Uhr, als die Polizei von dannen gefahren und Frau Kim nach Hause gekrakselt war. “Und wie unnötig! Der hätte mich zu Beginn des Sommers mal anstellen sollen, dann wär das Alles nicht passiert”, meinte Jeongguk und ließ die Knöchel knacken, Yunhee verdrehte grinsend die Augen und stellte Jeongguk eine Bananenmilch hin. “Alles klar, du Hengst. Hier, geht auf’s Haus.” Jeongguk strahlte und trankt die Milch in zwei Zügen leer und wischte sich mit dem nackten Arm über den Mund. “Danke!”, sagte er und musterte eine Weile den Parkplatz, die Straße und die dunklen Wiesen und Hügel draußen. Dann wandte er sich wieder Yunhee zu und musterte sie eindringlich, die großen Augen besorgt. “He, Nuna, geht’s dir wirklich gut?”, fragte er dann, die leise Stimme rau.
Yunhee musterte ihn einige Sekunden und fühlte in sich rein. Erschrocken stellte sie fest, dass ihre Augen begannen, zu brennen, sie presste die bebenden Hände vor das Gesicht und holte tief Luft, stieß sie zitternd wieder aus. Sie hatte vor dem Tresen gelehnt und spürte plötzlich Wärme, als Jeongguk einen Arm um sie legte und das Kinn auf ihren Kopf. Er brummte, und sie spürte es im Körper, es beruhigte sie.
“Alles gut, Nuna. Jetzt bin ich ja hier”, murmelte er und tätschelte ihr etwas unbeholfen die Schulter. Sie atmete tief ein und wischte sich rasch über die Augen, lächelte schief zu ihm hoch. “Auf jeden Fall zur richtigen Zeit am richtigen Ort… danke”, murmelte sie und er kräuselte die Nase, als er ihr zuzwinkerte und finger guns zuwarf.
“Immer doch!”
Die restliche Nacht verlief ruhig, sie war sogar angenehm. Die Stunden verstrichen viel schneller, wenn man jemanden zum Reden da hatte, und es war angenehm, mit Jeongguk zu reden. Er war witzig und konnte gut zuhören, sie waren auf einer Wellenlänge.
Nachdem sie ein paar Sachen für die Frühschicht schon aufgefüllt hatte, kam sie aus dem Lager den Gang hinunter. Sie hörte das Ding Dong der Schiebetür und dachte, dass einer der Kunden, die früh in die Stadt aufbrachen, da sein musste. Doch dann hörte sie das Ding Dong erneut. Und noch einmal. Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend kam sie um die Ecke und stieß beinahe mit Jeongguk zusammen.
Er stand, wie festgewachsen, auf Höhe der Kasse und starrte geradeaus auf den Eingang. Zu weit weg, um die Tür auszulösen. Und doch ging sie auf und wieder zu, auf und wieder zu. Ding Dong, Ding Dong.
“Jeon...guk?”, murmelte Yunhee und streckte die Hand nach seiner Schulter aus. Bevor sie ihn berühren konnte, zuckte er heftig zusammen, riss den Kopf herum als würde er etwas mit den Augen verfolgten und starrte hoch zur Decke. Genau der Fleck, auf den er schon gestarrt hatte, als er zum ersten Mal hier war.
Seine Augen waren groß und schwarz, sein Gesicht ausdruckslos.
Ding Dong, Ding Dong.
“Jeongguk!”, fuhr Yunhee ihn laut an, Gänsehaut krabbelte ihr im Nacken.
Er blinzelte heftig und drehte sich um, sah sie an. Sein Gesicht wurde wieder lebendig, er runzelte die Stirn und sah zur Tür. Die sich ein letztes Mal öffnete und wieder schloss um dann geschlossen zu bleiben. Ein Ruck ging durch Yunhee als sie sich an Jeongguk vorbei drängelte, in das Hinterzimmer stürtzte und rasch auf das Fenster der Kamera beim Ladeneingang klickte.
Ein kleiner Junge lief barfuß am Laden vorbei und verschwand am Ende um die Ecke, in Richtung der Müllcontainer hinter dem Haus. Sie hörte Jeongguk’s Schritte hinter sich, er schob den Kopf über ihre Schulter.
“Was machst du da?” “Da war er wieder”, murmelte Yunhee, Jeongguk’s Atem stockte. “Was? Wer?” “Der Junge… ich bin doch nicht bescheuert.”, schloss Yunhee beinahe euphorisch und packte Jeongguk am Shirt, zog einmal kräftig daran und sprintete durch den Laden nach hinten. Rauschte durch’s Lager, stieß die schwere Hintertürauf und das Licht über der Tür ging flackernd an.
Ein dürrer Schatten hangelte sich gerade über die Mauer, die dreckigen, langen Finger mit den dunklen Nägeln gerade noch ersichtlich. Wie erstarrt stierte Yunhee auf den Fleck, wo sie verschwunden waren, Jeongguk’s Wärme im Rücken.
Der Wind wisperte, die Mülltüten raschelten. Sie hörten das Quieken einer Ratte, irgendwo schrie ein Kauz in den fernen Baumwipfeln. Dann griff Jeongguk an ihr vorbei nach dem Türgriff und rammte die Tür zu. Yunhee blinzelte hektisch und wirbelte herum.
“Bitte sag mir, dass du das auch gesehen hast!”, zischte sie und sah eindringlich zu ihm auf, sein gequältes, blasses Gesicht sagte mehr als tausend Worte. “So ‘ne Scheiße. Ja, hab ich. Leider hab ich das”, nuschelte er und fuhr sich durch’s Gesicht und ging wieder nach vorn in den Laden. Rasch folgte sie ihm.
“Jeongguk… warte doch mal!”, rief sie, er war viel schneller auf seinen langen Beinen. Vorn beim Tresen griff er sich gerade einen Schokoriegel und schob ihn sich beinahe ganz in den Mund, starrte mit dunklen Augen ins Leere.
“...alles gut?”, fragte sie schließlich unsicher, wusste nicht recht, was sie sagen sollte. Jeongguk nickte gedankenverloren. Dann fokussierte sich dein Blick blinzelnd wieder und er sah ernst zu Yunhee herunter. “He, Nuna. Was hast du auf dem Tape gesehen? Also der Kamera?”
Yunhee erwiderte seinen Blick eine Weile, unsicher, ob sie etwas sagen sollte. “Einen… einen Jungen. Einen kleinen Jungen. Er stand barfuß vor dem Laden, das hat die Tür ausgelöst. Man sieht ihn nur auf den Kameras, er war auch in der Nacht da, als du das erste Mal hier warst.”, erzählte sie schließlich und musterte seinen Gesichtsausdruck.
Wieder dieses gequälte Gesicht. Er fuhr sich mit den großen, tätowierten Händen durch’s Gesicht und sah plötzlich sehr klein aus, seine Hände zitterten. Rasch griff sie danach und zog sanft daran, sah zu ihm hoch.
“Hey, was ist denn?” “Ich glaub, ich brauch Hilfe”, murmelte Jeongguk mit kleinlauter Stimme, kaute auf seiner Unterlippe.
“Ich glaub, ich kann dir helfen. Zumindest kenn’ ich jemanden, der das kann!”
Jeongguk runzelte die Stirn: “Und wer wäre das?”
Yunhee grinste nur triumphierend.
“Ich kenn’ da jemanden, der jemanden kennt…”
2
3 notes · View notes
vanichkoennte · 4 years
Text
Spricht man von Corona, denkt man auch in Mexiko nicht mehr ans Bier
Noch nicht mal zwei Wochen ist es her, da haben wir in Mexiko zum ersten Mal vom Corona Virus gehört. In Deutschland galt da schon fast den Notstand. Letztes Wochenende wurde hier noch ein Latino-Festival mit über 100.000000 Besuchern gefeiert. Der Präsident wollte offiziell nicht zugeben, dass Corona auch Mexiko betrifft. Noch immer ist Mexiko das einzige Land in Mittel- und Südamerika, dass seine Grenzen nicht geschlossen hat. Aber auch hier entwickelt sich die Lage schnell und unvorhersehbar.  Aber ich will nicht nur von Corona schreiben, vor allem, weil es bis zuletzt unseren Reisealltag nicht berührt hatte. Deswegen berichte ich euch lieber zunächst, was wir alles erlebt haben.
Wisst ihr was „topes“ sind? Im Englischen auch als Speed Bumps bekannt. Zu Deutsch in etwa Geschwindigkeitsreduzierende Hubbel. In jedem Fall gibt es davon in Mexiko sehr, sehr viele. Insbesondere auf der Strecke von San Cristobal nach Palenque, die keine 400km lang ist, beläuft sich die Anzahl auf rund 300 Stück. Viele davon sind selbstgebaute, halsbrecherische Konstruktionen aus einer Mischung von Schläuchen, Steinen und Zement. Fährt man schneller als Schrittgeschwindigkeit über diese herüber, hüpfen nicht nur alle Insassen, Tassen, Teller und sonstiges Mobiliar einmal in die Höhe, man hat auch das Gefühl der Van bricht entzwei. Die eigentlich nicht so lange Strecke nach Palenque wurde dementsprechend nach etwa der Hälfte und rund 4 Stunden Fahrtzeit unterbrochen. Glücklicherweise gab es auch einen sehr lohnenden Zwischenstopp: Die Maya Ruinen von Tonina.
Die Tonina Ruinen sind nicht sehr bekannt, denn sie sind verhältnismäßig klein und schwer erreichbar. So kam es auch, dass wir tatsächlich die einzigen Besucher waren, als wir uns am Morgen – nach einer erholsamen Nacht auf einem Campingplatz nebenan – zum Erforschen aufmachten. Gemeinsam kletterten wir auf die aus dem 688 Jahr n. Chr. erbauten Ruinen und erkundeten so alte Tempel, heilige Ballspielplätze und Paläste, die wir als alles andere als klein empfanden. Immerhin war dies auch die Maya Stätte die das mächtige Maya Reich Palenque in die Knie zwang, indem sie ihren Führer gefangen nahm und ihn Köpfte. (Generell hatte das Köpfen, das Opfern und die Kriegsführung für die Maya einen sehr hohen Stellenwert, wie wir an vielen Darstellungen oder auch in den Musen nachlesen konnten.) Johnas Highlight waren aber natürlich nicht die beeindruckenden Bauwerke oder Köpfungsaltare, sondern die Eidechsen die sich überall auf dem Gemäuer sonnten und denen wir versuchten hinterher zu flitzen.
Von Tonina ging es in den Jungel nach Palenque. Diese Ruinen sind weitaus bekannter (und voller!), weil sie viel größer sind und eines der besten Beispiele für die Maya Architektur abgeben. Außerdem haben sie etwas Mystisches: Mitten im dichten Urwald umgibt sie ein leichter Nebel, man hört den Ruf der Brüllaffen und Papageien wiederhallen… wären da nicht Reisebus Ladungen von Touristen, die einen zurück in die Wirklichkeit holen. Aber auch hier konnten wir wieder nach Herzenslust klettern, verstecken spielen und als wir ein paar Infos wollten, hängten wir uns einfach kurz an einer der Reisegruppen mit dran und lauschten ein wenig.
Nach so viel Maya-Kultur fuhren wir in Richtung Campeche. Das koloniale Städtchen wirkte wie aus einer anderen Zeit. Dicke Stadtmauern, einst gebaut zum Schutz vor Piraten, schützen die historische Altstadt mit ihren schmalen kopfsteingepflasterten Gassen und Häusern in Pastelltönen. Für mexikanische Verhältnisse fanden wir die Stadt sehr ruhig: nirgendwo Lautsprecher, keine lauter Reggeaton Musik aus den Läden, kaum „Marktschreier“. Stattdessen waren Lichtershows scheinbar sehr beliebt. Gleich zwei Abende hintereinander versammelten wir uns mit vielen anderen Mexikanern zu den gratis Spektakeln: zunächst bestaunten wir Springbrunnen die scheinbar zu Musik und Licht tanzten, am nächsten Abend sahen wir auf einer 30 Meter breiten Häuserwand die künstlerische Projektion von Campeches Entstehung. Beide Vorführungen waren faszinierend und standen dem Deutschen Standard in nichts nach.
Als wir am letzten Tag zum Strand etwas außerhalb der Stadt fuhren, waren wir mal wieder überwältigt von der Anzahl von Straßenhunden und der Menge Müll die überall herumlag. Das ist hier leider ein großes Problem, möge der Stadtkern noch so gepflegt und schön sein, auf den Landstraßen herum türmt sich der Müll und es tummeln sich verwaiste verwahrloste Hunde und Katzen. Schnell hatten wir angefangen diesen Hunden (und Katzen) eine Art Soforthilfe zu bieten. Wenn wir können halten wir an, geben ihn etwas zu fressen, versorgen sie mit Anti-Floh-Mittel und falls sie es zu lassen, desinfizieren wir ihre Wunden. Viele sind natürlich trotzdem dem Tod geweiht und es berührt uns jedes Mal sie leblos am Straßenrand liegen zu sehen. Aber an diesem Morgen auf dieser besagten Straße erblickte ich einen Welpen mit seiner Mutter und 6 weiteren Hunden zwischen Müll sitzen. Wir stiegen aus und stellten ihnen Futter hin, wobei sich nur der Welpe zu uns traute und uns freudig anwedelte. Die anderen Hunde sahen schlimm aus. Kurz entschlossen sagte ich, dass wir den Welpen mitnehmen sollten. Da die Hunde aber alle vor einer Art vermüllten Haus rumlungerten und wir natürlich auch keinen Hund stehlen wollten, fragte ich kurzerhand in einem Hauseingang nebenan. Ich setzte zu meiner kleinen zurechtgelegten Rede an, kam aber nur bis: „Uns ist der Welpe aufgefallen“ und die prompte Antwort des verwahrlosten aussehenden Mannes war „nimmt den bloß mit, dann ist sie weg. Alle anderen sind schon gestorben.“ Gesagt, getan. Plötzlich saß ein ca. 10 Wochen alter Baby-Hund bei uns im Van und Johna sagt nur: „Schau mal, überall Ameisen auf ihr“. Ich gucke hin uns sehe, dass der ganze Hund mehr Flöhe, Zecken und sonstiges Krabbeltier hat als Fell. Kurzerhand setzte ich sie in eine Kiste, in der Hoffnung, dass das Getier nicht überall im Van landet. Nächster Stopp ist ein Tierarzt der uns eine Tablette zum Abtöten aller internen und externen Parasiten gibt. Und tatsächlich, nach knapp drei Stunden ist der Boden der Kiste schwarz bedeckt mit Ungeziefer. Nur die ca. 60 Zecken aus beiden Ohren müssen wir ihr am Abend noch einzeln herausziehen…
Mit dem neuen vierbeinigen Familienmitglied, dass sich jeden Tag mehr als Energiebündel herausstellte und von Johna den Namen „Aui“ bekommt, geht es weiter nach Merida und von dort über Valladolid nach Playa del Carmen, wo wir die ersten drei Nächte mit Julius und Rabea, die uns für zwei Wochen besuchen kommen, verbringen. Um die zwei nicht ganz einem Kulturschock auszusetzen haben wir uns ein nettes Airbnb gemietet und Playa del Carmen, als wohl die touristische Stadt Mexikos, ausgewählt. Hier tummeln sich scharenweise Pauschaltouristen an den schönen Strandresorts und schlürfen dabei ihren Starbucks Latte. Zum ankommen ist es aber wirklich sehr nett und wir genießen ein paar Strandtage und den Regen den Julius und Rabea mitgebracht haben. Nach drei Tagen geht es weiter Richtung Tulum Ruinen. Direkt am Strand war dies ein Handelsknotenpunkt der Maya zum heutigen Honduras. Das Highlight für Johna waren aber natürlich - ihr erratet es bestimmt – die großen Leguane die sich überall tummelten.
Danach fuhren wir gen Valladolid, wo wir auf einem Campingplatz, der gleichzeitig eine Imkerei war, einkehrten. Wir machten sogar eine Bienen-Führung mit. Dabei lernten wir für uns neue Bienenarten kennen (wusstet ihr zum Beispiel, dass in Mexiko die Bienen nicht gestreift sind und auch teilweise beißen können wie Julius berichten kann?) und durften köstlichen Honig naschen. Das absolute Highlight in Valladolid war für uns alle aber die Zaki Cenote. Dieses riesige „Schwimmloch“, halb überdacht von einer Höhle, voll mit klarem, kaltem Wasser, in denen sich kleine Welse tummeln, verschlug uns allen den Atem. Keiner von uns hatte je etwas vergleichbares gesehen, ich glaube in Europa gibt es so etwas gar nicht. Begeistert erkundeten wir am folgenden Tag gleich zwei weitere Cenoten, eine davon war diesmal noch ganz in einer dunklen Höhle voll mit riesigen Stalaktiten. Kein Wunder, dass diese Orte für die Maya der Eingang zur Unterwelt darstellten, es hat wirklich etwas schaurig Schönes. Mit einem Zwischenstopp bei den Ruinen von Chichen Itza und dem Besuch einer weiteren Cenote, ging es zurück nach Merida.
Hier konnten wir im Hinterhof eines Hostels unseren Van parken und Julius und Rabea konnten unser Zelt aufschlagen. Bei 35C genossen wir jedoch insbesondre den Hostel eigenen Pool, in dem sich Johna vollends zur Wasserratte entwickelte. Aufgrund der Hitze verlegten wir die Stadterkundungen und Markteinkäufe auf den frühen Abend. Dabei hat Merida als kulturelles Zentrum von Yucatan wirklich einiges zu bieten und scheint erst in der Abenddämmerung zu erwachen. Wir führten Julius und Rabea in das köstliche mexikanische Street Food ein und aßen bergeweise Tacos an gut besuchten Straßenständen. Außerdem schlenderten wir von einem Markt zum nächsten, bis die beiden auch das letzte Mitbringsel geshoppt hatten.
Zurück ging es mal wieder über Valladolid, wo wir diesmal auf dem Zoogelände campierten. Hier hatten wir ein riesen Gelände nur für uns und konnten am nächsten Morgen sogar den Zoo besuchen, in dem wir für uns ganz neue Tierarten kennenlernten. Der letzte gemeinsame Stopp mit Julius und Rabea war Cancún. Für die drei übrigen Nächte hatten wir uns wieder ein Airbnb gemietet. Die Stadt wirkte auf uns leider nicht sehr einladend, aus diesem Grund peilten wir lieber den Strand an, wo wir aber auch schnell merkten, dass dieser komplett mit Hotels zugebaut ist. Der Sand ist wie Puderzucker, das Meer türkis blau, aber die kleinen öffentlichen Strandabschnitte die einem bleiben sind leider sehr überschaubar und wenn man nicht in der sonne braten möchte, bleibt einem auch hier nichts anderes übrig als Liegen zu mieten. Ich glaube mittlerweile sind wir einfach zu verwöhnt mit den wunderschönen mexikanischen Stränden, die wir schon so oft fast für uns allein hatten…
Als wir Julius und Rabea am 19 März zum Flughafen brachten, wurde einem plötzlich erstmals auch das internationale Ausmaß der Corona Virus bewusst. Viele Fluggäste hatten plötzlich keinen (Rück)Flug mehr, da Grenzen geschlossen oder Flüge gecancelt wurden. Mexiko selbst hat inzwischen die Schulen und viele andere öffentliche Einrichtungen geschlossen, Ab Montag (23.März) sollen dann auch alle weiteren Läden sowie die Restaurants und Hotels/Campingplätze schließen. Wie es weiter geht, weiß keiner so genau, aber klar ist, dass wir unseren eigentlichen Plan bis nach Panama zu reisen nicht aufrechterhalten können. Alle Grenzen sind zu, wir kommen nicht mehr in den Norden oder Süden. Die Polizei hat ganze Dörfer und Straßen gesperrt. Gepaart mit der eher mäßigen medizinischen Versorgung ist die Aussicht die nächsten Wochen oder Monate auf der Straße zu campieren nicht sehr einladend, sodass wir beschlossen hatten frühzeitig zurückzukehren. Nachdem unser ursprünglicher Flug mit der Lufthansa gestrichen wurde, meldeten wir uns beim Auswärtigen Amt. Dort bekamen wir am Freitag um 16 Uhr eine E-Mail, dass wir am nächsten Tag um 6:00 Uhr am Flughafen sein sollen. Für uns ging es mit der Fluggesellschaft Edelweiß nach München. Mittlerweile sind wir zurück Daheim und auch wenn wir es noch nicht ganz glauben können, freuen wir uns mit euch alleine Zuhause zu sitzen… und natürlich auch darauf euch irgendwann wieder zu sehen. :)
1 note · View note
amivegana · 4 years
Photo
Tumblr media
Adventskalendergeschichten 21. Dezember
---------------------- .:: Herzenskälte ::. ----------------------
„Ich sitze in meinem Versteck und betrachte das Treiben auf den Straßen. Niemand bemerkt mich, aber meine Sinne sind geschärft. Ich studiere die Zweibeiner genauso wie die Vierbeiner. Ich halte mich von ihnen fern, weil das am sichersten ist. Immer wieder wurde mir gesagt, dass ich für die Straße völlig ungeeignet bin. Sie hat mich nie hart gemacht. Mein Herz steht weit offen, für jede Beleidigung und jede Respektlosigkeit.
Ich bin kein Dummkopf und auch kein Masochist. Ich weiß, dass viele dieser Menschen nicht gut auf mich zu sprechen sind. Sie sind es gewohnt in Katzen etwas schmutziges zu sehen. Es gibt zu viele von uns und wir ernähren uns von dem, was die Stadt uns bietet. Wir versuchen satt zu werden, von den Abfällen. Wir haben uns das nicht ausgesucht. Es ist unfair, es uns vorzuwerfen.
Ich sitze hier und beobachte das Geschehen. Wenn es dunkel wird, wechselt das Publikum. Es bricht die Zeit der Streuner an. Wir sind viele. Ich sehe ihnen zu. Ich passe ein bisschen auf sie alle auf. Ein guter Beschützer bin ich nicht. Ich kämpfe nicht gerne. Ich mag es nicht, anderen weh zu tun. Ich habe keine Angst, ein paar Schläge oder Tritte einzustecken, aber ich möchte mein Leben auch nicht sinnlos vergeuden. Jemand könnte kommen, der mich braucht und da ist es besser, gesund zu sein.
Oft sind Jungkatzen in den Straßen unterwegs, die die Regeln noch nicht verstehen und zu schwach sind, um sich zu behaupten. So manches Mal habe ich ihnen etwas von meinem Essen abgegeben. Ich bin ein magerer, ziemlich kleiner Kater, aber ich weiß, dass ich das besser aushalte, als die Jungtiere, die noch im Wachstum sind. Manchen zeige ich den Weg zu besseren Futtergründen. Die Fischer werfen Teile ihres Fangs in den Müll. Menschen sind sehr wählerisch.
Manchmal bleibt der ein oder andere Betrunkene in einer Gasse liegen. Dann halte ich Wache, bis er wieder zu sich kommt. Den meisten Händen, die dann nach mir greifen, weiche ich aus und springe davon. Ich weiß, dass manche mich nur streicheln wollen, aber ich lasse mich nicht von jedem berühren. Die Stimmung muss passen. Es fällt mir nicht schwer, die Gefühle der Menschen zu lesen.
Das ist einer der Gründe, wieso ich mich weigere, ein harter kleiner Straßenkater zu werden. Wenn man sein Herz erst mal verschließt, dann fühlt man die Härte und Kälte der Welt nicht mehr in sich brennen, aber man sperrt mit den schmerzhaften Gefühlen auch immer die schönen aus. Deshalb bleibt mein Herz weit offen. Das ist nicht immer einfach, aber lieber spüre ich mein Leben lang die Herzenskälte der Welt, als dass ich mir auch nur eine warme Woge entgehen lasse. Ich möchte nicht, dass mein Herz erblindet. Für mich wäre das schlimmer, als zu sterben.
Mein Mitgefühl ist mein kostbarster Schatz. Niemand kann mir das wegnehmen. Sie haben mir viel genommen, im Laufe meines Lebens, aber diese Eigenschaft bewahre ich mir, denn wenn eines Tages wieder ein Freund in meiner Welt auftaucht, dann will ich ihn nicht versehentlich ausschließen. Es wäre so traurig, wenn ich wegen all jener, die uns Katzen verachten, den einen Menschen übersehen würde, der uns mit offenem Herzen sieht.
Ein junger Straßenhund taucht in meinem Blickfeld auf und versucht sich sein Abendessen zusammen zu stehlen. Ein Zweibeiner vertreibt ihn wutentbrannt, ehe er wieder ins Haus geht. Der junge Hund kommt zurück und gerät an das nächste kalte Herz. Es ist ein grimmiger, mittelalter, von der Straße gebrochener Kater. Er ist sich selbst der nächste und wird dabei immer fetter. Er merkt gar nicht, dass er dem Alter entwachsen ist, in dem er sich mit aller Gewalt durchkämpfen musste, um nicht zu verhungern. Es hat ihn so tief geprägt, beinahe zu verhungern, dass er kein Gefühl mehr dafür hat, wann es genug ist.
Ich verlasse meinen Posten und folge dem kleinen Hund auf leisen Pfoten. Er erschrickt sich, als er mich bemerkt, aber ich schmeichle sacht um seinen Körper, um ihm zu zeigen, dass alles in Ordnung ist. Ich bin nicht wie der fette Kater, auch wenn ich so hätte werden können. Wir haben dieselbe Geschichte. Wir leben dasselbe Leben. Wir gehen nur anders damit um. Er wird wohl älter werden, als ich, aber geboren wurden wir im gleichen Frühling. Wir könnten Brüder sein und einst waren wir Freunde.
Der junge Straßenhund und ich ziehen in dieser Nacht zusammen durch die Gassen. Ich zeige ihm, wo er etwas zu fressen findet und teile geduldig mit ihm. Sein Appetit ist groß. Ich werde den nächsten Tag hungrig beobachten, was sich in den Straßen tut. Das ist schon in Ordnung. Die Jungtiere brauchen das Futter so viel dringender als ich. Ich werde immer ein magerer Kater sein und ich werde kein hohes Alter erreichen, aber ich werde ein gutes Leben gelebt haben. Mein Herz wird immer sehen können.
Ich habe viele verlorene Seelen durch die Nächte begleitet. Ich schenke ihnen alle Liebe, die ich in mir finden kann. In meinem Herzen trage ich ein ganzes Universum. Die Liebe reicht für sie alle. Ich tröste Menschenkinder, die nach einem Streit davon gelaufen sind und ich setze mich zu Menschen, denen gerade das Herz gebrochen wurde. Ich teile ihren Schmerz und nehme ein bisschen davon mit mir mit.
Wenn ich einmal sterbe, wird es niemanden geben, der mich vermisst. Ich werde ihren Kummer und ihre Geheimnisse mit zu den Sternen nehmen, aber die Liebe lasse ich bei ihnen zurück. Dort wo ich eines Tages hingehe, gibt es so viel davon, dass ich nicht noch mehr davon bringen muss. Die Welt hier unten braucht diese Liebe viel dringender. Ich fürchte den Tod nicht. Ich bin überzeugt, mein Leben an jedem einzelnen Tag so herzlich wie möglich gelebt zu haben.
Ich sitze in meinem Versteck, als eines Tages ein tollkühner Streuner vorbei kommt. Es ist ein brauner, zotteliger Hund, der mich durch Zufall entdeckt. Unsere Blicke treffen sich. Er weiß es nicht, aber wir werden in diesem Leben nie wieder ohne einander sein. Sein Herz ist verschlossen und doch begegnet er mir mit heiterer Freundlichkeit. Es ist nur eine Maske. Eine Schutzmauer, um der Welt sein Inneres nicht ehrlich zeigen zu müssen. Er versteckt die Narben und ist blind für meine. Sein Herz sieht nicht mehr gut, meines aber schon.
Mein Herz steht offen und lauscht empfindsam auf alles. Er ist eine dieser Seelen, für die ich jeden Schmerz erduldet habe, ohne mich hinter Mauern zu verstecken. Wir werden Freunde und gemeinsam verändern wir unsere Welt. Wir finden einen Menschen, der uns hilft. Jemanden, der sich um uns kümmert. Jemand, der sich mit mir um die anderen Streuner kümmert. Um all die heimatlosen Seelen, ganz gleich auf wie vielen Beinen sie gehen. Und der zottelige Hund wird unser treuer Begleiter. Gemeinsam tauen wir die erkalteten Herzen wieder auf und zeigen ihnen, wie viel heller die Welt ist, wenn man Liebe hinein haucht.“
3 notes · View notes
allezretour · 5 years
Text
Tumblr media
Medellin hat keine wirkliche Altstadt. Es gibt vereinzelt ein paar Kolonialgebäude, etwas Art déco und ein paar Ziegelkirchen- damit erschöpft sich die historische Architektur der Stadt. Medellin ist in den letzten hundert Jahren durch massive Zuzüge stark gewachsen und hat zu verschiedenen Zeitpunkten vollständige Umbauten ganzer Viertel durchlebt. Die Stadt war seit der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts Ziel tausender Migranten aus Antioquia und dem weiteren Kolumbien, die aufgrund von militärischen Auseinandersetzungen und Vertreibungen in die Stadt kamen, um hier unbebautes Land zu besetzen und Häuser darauf zu bauen. Sie besiedelten die die Stadt umgebenden Hügel oder bauten Bretterverschläge, Turgias, auf den Müllkippen der Stadt, die mehrfach von der Polizei abgerissen und von den Menschen wiederaufgebaut wurden. Die Menschen, die in diesen Vierteln lebten- vorb allem arme ehemalige Bauern und Afrokolumbianer- wurden stigmatisiert, ausgegrenzt und mit Repressalien belegt. Durch die fehlende Möglichkeit der Teilhabe entwickelte sich eine hohe Kriminalitätsrate in den Vierteln, gleichzeitig entstand ein hoher Grad an Gewaltbereitschaft gegen die etablierte Gesellschaft und deren Vertreter, die die Ausgrenzung aufrecht erhielten. Es bildeten sich Banden, die die Viertel terrorisierten und sich untereinander bekämpften. Im Gegenzug bildeten sich Grupos de Autodefensa, Bürgerwehren, die brutal gegen alle nicht konforme vorgingen: Drogen- und Alkoholabhängige, Prostituierte, Bettler, Obdachlose. Die Kirche war die erste Institution, die die Notwendigkeit der Zusammenführung der Menschen erkannte. Ein Pastor begann, den „Gott des Mülls“ zu predigen und damit die Armen in die Gesellschaft aufzunehmen. Die Stadt Medellin versuchte, den Prozeß der Segregation duch städtebauliche Maßnahmen zu beeinflussen: Es wurden ganze Armenviertel abgerissen und neue Häuser gebaut, Wasser- Abwasser- und Stromversorgeng an die wuchernden Slumsiedlungen angelegt, Bibliotheken mit öffentlichem Zugang gebaut. Eine der größten Errungenschaften der Stadt ist die Metro, die eine neue Dimension des Transportes über die ganze Stadt geschaffen hat. Sie wurde entgegen vieler und starker Widerstände gebaut, in einer Zeit, als das Zentrum hochgefährlich war und in einigen Vierteln kriegsähnliche Zustände herrschten, in einer Zeit, als Pablo Escobars 15jährige Gewaltherrschaft zwischen 20000 und 40000 meist unschuldiger Todesopfer durch Erschießungen oder Bombenanschläge forderte und in der die Menschen Angst hatten, auf die Strasse zu gehen, weil es jeden Tag Erpressungsentführungen durch die Guerillagruppen oder Paramilitärs oder Morde oder Raubüberfälle durch Banden gab. Die Metro gilt vielen Menschen heute noch als Wunder. In den Metrostationen stehen Altäre mit Marienfiguren, die Metro selbst ist sauber, niemand isst oder trinkt etwas, niemand schmiert Graffititags an die Wände. Zusammen mit den später gebauten Metrocables besitzt die Stadt ein in Kolumbien einzigartiges Transportsystem, welches auch den Menschen aus den armen Vierteln eine Teilhabe ermöglicht (nicht einmal Bogotá besitzt eine Metro). Und seit dem Ende des Krieges zwischen den Guerillas, Banden, Paramilitärs und dem Militär der Regierung nach der Orion- Operation 2002 sowie dem Tod Pablo Escobars 1993 und dem nachfolgenden Niedergang des Medellin- Kartells wächst in der Stadt die Sicherheit und damit auch die wirtschaftliche Prosperität.
Heute ist Medellin eine sehr moderne Stadt und besitzt neben Bogotá die größte wirtschaftliche Dynamik des Landes, der Tourismus boomt, es gibt Viertel voller Restaurants, Geschäfte und Bars, in denen sich Kolumbianer und Ausländer ohne Gefahr bewegen können, viele Menschen können von ihrer Arbeit leben, obwohl es auch hier zahlreiche Bettler, Obdachlose oder perspektivlose Flüchtlinge gibt. Aber die Menschen sind deutlich besser gelaunt als in Bogota, und jeder erhebt die Freundlichkeit zum höchsten Gebot im Miteinander, egal ob man sich mit einem Geschäftspartner oder einem Bettler unterhält. Diese unglaubliche Freundlichkeit und gute Laune überrascht mich immer wieder, wenn ich an diese noch gar nicht solange in der Vergangenheit liegende schmerzhafte Geschichte der Stadt denke, die von vielen Menschen hier noch selbst erlebt wurde.
Tumblr media Tumblr media Tumblr media Tumblr media Tumblr media Tumblr media
1 note · View note
diekleinereise · 5 years
Text
S07E01 Killing Fields
So weit liegt Phnom Penh bereits hinter mir, einmal der Quere durch Kambodscha nach Bangkok in Thailand und einen Flug nach Jakarta in Indonesien.
Die vergangenen Wochen waren relativ unproduktiv, was den Blog angeht.
Also wieder aufarbeiten!
Noch im Dunkeln sind wir mit dem Bus von Can Tho los zur kambodschanischen Grenze. Im Verlauf des Vormittags erreicht man sie dann, drückt 36 Dollar an einen Polizisten in Unterhemd und Hütchen ab und ist mehr oder weniger im Land und fährt auf buckeligen Straßen weiter. Der Verkehr ist dem in Vietnam recht ähnlich, wenn nötig wird eine dritte oder vierte Spur aufgemacht und Hupen dient der zwischenmenschlichen Verständigung.
Fast entlang der ganzen Strecke ziehen sich, zwar spärlich aber in erster Reihe kleinere Häuschen, aber auch mal eine Siedlung. Direkt dahinter gefolgt von Feldern.
Das Stadtbild von Phnom Penh ist ähnlich dem von Hanoi oder auch in Teilen dem von Saigon mit kolonialem Einfluss der Franzosen. Trotz ca. 1,5mio Einwohnern, und damit die größte Stadt in Kambodscha, wirkt die Stadt nicht sonderlich groß. Man erreicht schnell ländliche Gebiete.
Auch in Kambodscha ist der Umgang mit Müll erschreckend. Aber das scheint nun mal hier so zu sein.
Wichtig zu erwähnen ist ein Teil der jüngeren Geschichte von Kambodscha. Als Begleiterscheinung des Vietnamkrieges konnte sich Mitte der Siebziger in Kambodscha Pol Pot zusammen mit seiner Bewegung die Roten Khmer an die Macht bringen. Seine Idee war es, den Staat radikal zum kommunistischen Bauernstaat herunterzuführen (Kambodscha galt zuvor als die Schweiz Asiens). Die Bevölkerung wurde aus den Städten deportiert und aufs Land zur Zwangsarbeit geschickt. Akademiker, Gebildete, und politische Gegner, sowie deren Familien (egal ob jung oder alt) wurden zu den Schuldigen für die schlechte Situation der Landbevölkerung gemacht und wurden in den später „Killing Fields“ genannten Konzentrationslagern, brutal und im Accord mit Hacken, Schaufeln, Hämmern umgebracht. Schon wer eine Brille trug, machte sich verdächtig. So wurde ca. ein Viertel der Bevölkerung in vier Jahren, bis zur Intervention Vietnams aufgrund von Scharmützeln an der Grenze, ausgelöscht.
Pol Pot galt als äußerst paranoid, aber auch charmant und gebildet. Er studierte in Paris.
„Lieber einen Unschuldigen mehr getötet, als einen Schuldigen am Leben gelassen“ Zitat Pol Pot.
Mit dem Eingreifen der Vietnamesen setzte er sich ins Grenzgebiet zu Thailand ab, führte von dort noch einen wenig erfolgreichen Versuch eines Bürgerkriegs, und wurde später bis zu seinem Tod mit guten 80 Jahren unter Hausarrest gestellt, und hat nie eine öffentliche (und gerechte) Bestrafung erfahren.
In Phnom Penh existiert ein als Mahnmal eingerichtetes „Killing Field“. Auf den unteren Bildern ist die Stupa, das Hauptgebäude des Museums zu sehen. In der Stupa sind auf vielen Geschossen ein Teil der gefundenen Gebeine aufbewahrt. Auf dem Gelände existieren ausgehobene und nicht ausgehobene Massengräber mit bis zu 450 gefundenen Körpern pro Grab. Ebenso Kindermassengräber und Frauenmassengräbern. Auf den Bildern ebenso zu sehen ein Baum an dem Babys totgeschlagen wurden.
Für mich immer wieder unverständlich wie so etwas von der auch damals existenten internationalen Gemeinschaft zugelassen werden konnte.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Killing_Fields
1 note · View note
taunuswolf · 6 years
Text
Wie die Staatspresse Glauland zur Skandalnudel Nr.1. macht!
Immer bizarrere Versuche der Medien AfD-Politiker vor der Landtagswahl zu diffamieren  
Was waren die größten politischen Skandale in Hessen? Da fallen mir auf Anhieb eine Menge ein. Zuvorderst der verzweifelte Versuch des Wiesbadener Oberbürgermeisters Achim Exner in den 90ziger Jahren seine grüne Lebensgefährtin Margarethe Goldmann als Dezernentin zu halten und mit ihr eine Art neofeudale rotgrüne Dynastie zu gründen. Ein ähnlicher Filzteppich privater und politischer Verflechtungen erschütterte 1995 die rotgrüne Landesregierung und das sogenanntes „Küchenkabinett der Ministerin Iris Blaul“ Weitere Protagonisten des Skandals waren Mayer und Zahn. Skandalös, aber vor allem erheiternd, war die Panne der SPD bei der OB-Wahl 2007, als die Genossen vergaßen ihren Kandidaten, Ex-Dekan Ernst Ewald Roth, rechtzeitig anzumelden. Hohe Wellen schlug auch das Theaterstück „Die Stadt der Müll und der Tod“ von Rainer Werner Fassbinder, dass die Immobilienspekulation und den Häuserkampf thematisierte. Der Streit, ob dieses Stück antisemitische Tendenzen hat, wird bis in die Gegenwart geführt. Und da gibt es noch einen Roland Koch, der eigentlich eine gute Innenpolitik machen wollte, dann aber nach der sogenannten „Spendenaffäre“ ordentlich was auf die Mütze bekam.          
Das alles scheint jedoch hinter der heutigen Hassfigur des linksgrünen Mainstreams zu verblassen. In einem Artikel der Frankfurter neuen Presse (FNP) „Gauland und co: Fünf Polit-Skandale, die Hessen erschüttert haben“ wird der AfD-Vorsitzende nicht nur mit Konterfei vorangestellt, sondern auch in einem Atemzug mit „veruntreuten Steuergeldern, großzügigen Diätenerhöhungen und einem Mord“ genannt. Thematisiert wird unter anderem die Helaba-Affäre – verlustreiche Spekulationen der hessischen Landesbank – die verfassungswidrige Bereicherung von Landtagsabgeordneten 1988 – der Mord an Heinz-Herbert Karry (das ist eher ein Verbrechen als ein Skandal) und der Versuch eines Psychiaters 2009 vier Steuerfahnder für paranoid zu erklären. Dazwischen hat man Gauland gepackt. Überschrieben mit der Unterzeile „1989 Die Affäre Gauland“. Was ist da passiert oder besser gesagt, was hat die gleichgeschaltete Merkelpresse da ausgegraben? Für alle Leser mit der Gnade der späten Geburt nachfolgender atemberaubender Enthüllungsbericht aus Gaulands Vergangenheit als hessischer Staatssekretär:
1989 versetzt der Staatssekretär Alexander Gauland den leitenden Ministerialrat Rudolf Wirtz ohne dessen Einwilligung in eine unbedeutende Position. Gauland - heute Oppositionsführer im Bundestag – begründet seine Entscheidung damit, dass Kirchenvertreter mit Wirtz‘ Amtsführung unzufrieden seien. An dessen Stelle will Gauland Wolfgang Egerter auf die Position des Leiters der Verbindungsstelle zwischen Kirche und Landesregierung setzen. Egerter wird eine rechtsradikale Gesinnung vorgeworfen, vor allem, weil er der Führungsriege des „Witikobundes“ angehört hat, der bis 1967 vom Bundesinnenministerium als rechtsextrem eingestuft wurde.
Was bleibt da eigentlich als Skandal oder gar Affäre übrig? – abgesehen davon, dass das Ereignis fast 30 Jahre her ist. Ein Staatssekretär versetzt einen Beamten, weil andere mit dessen Job nicht zufrieden sind. Ein Vorgang, der wohl auch heute noch tausendfach vorkommt. Skandal? Eher politischer und beruflicher Alltag. Der Nachfolger gehörte – also Vergangenheit – einer Organisation (sudetendeutscher Heimatverein) an, die bis 1967 als rechtsextrem eingestuft wurde. 1989, als sich das Personal-Karussell drehte, lag auch dieses Ereignis bereits mehr als 20 Jahre zurück. Weiterhin festzustellen ist, dass diese sogenannte „Gauland-Affäre“, keine juristischen Konsequenzen hatte. Was bleibt? Übrig bleiben staatlich gesteuerte, paranoide Nazijäger, die wie einst die Häscher der Mac McCarthy Ära oder die willigen Helfer des Stalin-Regimes und der DDR eine Hexenjagt auf Andersdenkende machen, die ihre Macht in Frage stellen. Nach dem Artikel fragt man sich vor allem: warum ziert eigentlich nicht das Bild von Joschka Fischer den zusammengebastelten Skandalhaufen? Besonders nach diesem Absatz zum Mord an Karry wäre das doch eigentlich zwingend notwendig gewesen:
„Die Tatwaffe soll im Auto des späteren deutschen Außenministers Joschka Fischer transportiert worden sein, jedenfalls behauptet das ein Spitzel der hessischen Polizei. Bis in die 1990er Jahre wird Fischer mit der Tat in Verbindung gebracht.“
http://www.fnp.de/lokales/frankfurt/Fuenf-Polit-Skandale-die-Hessen-erschuettert-haben;art675,3082249
3 notes · View notes
rwpohl · 11 months
Photo
Tumblr media Tumblr media Tumblr media Tumblr media Tumblr media
*
youtube
https://www.youtube.com/watch?v=P3BzwxvgXH4
1 note · View note
dieatzeninindien · 6 years
Text
Mumbai(Bombay)
Wir haben ehrlich gesagt ziemlich Respekt vor den ganz großen Städten gehabt, weil oft schon "kleinere Städte" uns fordern und uns Trommelfellhärchen kosten. Doch als wir in Mumbai aussteigen, sind wir von der Struktur und Ordnung überrascht. Wir sind im reichen Viertel gelandet, erfahren wir später. Diesem Fact haben wir auch zu verdanken, dass wir ewig kein Hotel unter 1000 Rupien finden (der Wechselkurs ist immer noch 1:75 :)). Eine Lodge nach der anderen ist voll oder zu teuer. Außerdem tarnen sich die Schlaf Möglichkeiten gut zwischen Schildern und Läden. Doch wir bekommen Hilfe und werden zum Gateway of India geführt. Da hinter ist der Taj ma hall palace in dem eine macht 25,000 Rupien kostet. Wiederum ein paar Straßen dahinter kommen wir endlich in einem süßen, alten Hotel unter. Die vier Besitzer wollen es noch renovieren und so kostet uns ein Doppelraum 700 Rupien pro Nacht.
Der vorne liegende (Mumbai ist eine Art Landzunge) moderne Stadtteil ist übrigens nicht nur sehr strukturiert und mit Straßenbegrünung zurechtgemacht, sondern durch die britische, koloniale Zeit mit Architektur erster Klasse versehen.
So laufen wir bei unserer Lodgesuche gleich an der berühmten Victoriastation vorbei und sehen mehrere londoner Doppelbusse.
Wir lernen gleich am Abend Raj aus Rajastan und seine Frau aus London kennen.( Ich habe ihren Namen leider vergessen, was peinlich ist, denn ich habe sie für ihr Auftreten und Wissen sehr bewundert. Sie dreht Dokumentationen und zeigte uns Trailer und Filme von sich. Es geht um die Kasten in Indien, um Slums und Prostitution in Rajastan)
Die beiden geben uns Tipps für die Reise in Rajastan und zeigen uns wo man in Mumbai lecker, local essen kann.
Am nächsten Tag suchen wir die berühmten Slums von Mumbai. Doch wer eine Fläche mit kleinen Wellblechhütten, in Sand und Müll erwartet, hat sich geirrt. Erst wird uns geraten, nicht alleine hinein zu gehen, weil wir uns verlaufen würden. Doch wir gehen trotzdem und beschließen nur geradeaus zu gehen. Am Rand des Stadtteils stehen teure Autos und die Menschen sehen eher reich aus. Wir kommen vorbei an großen Hochhäusern mit vielen Wohnungen, an kleinen Schneidereien, und Schulen. Es wirkt eher wie eine stadt mit gut strukturiertem eigenleben, abgeschlossen und unabhängig. Wir kommen zu einem Vorplatz in einem Hinterhof auf dem wir erst von einem Security Mann weggeschickt und dann wieder geholt werden. Es findet gerade eine hinduistische Beerdigung statt. Ich bin etwas ängstlich aber neugierig. Wir gehen auf den Hof. Unter einem Großen Pavillon liegt auf einem Tisch, mit Blumen geschmückt die Tote. Um sie herum stehen andere alte Frauen die weinen und ihr Wangen tätscheln. Es wirkt als wäre sie noch am Leben. Wir halten Abstand und fühlen uns etwas fehl am Platze. Neben der Zeremonie wird, unter einem Gestell Holz, aufgestapelt und uns wird erklärt das die Frau dort gleich verbrannt wird. Doch wir verlassen, trotz bitten, die Beerdigung. Aus Respekt und Angst.
Am Abend erzählt uns Raj, dass es im Hinduismus üblich ist zu fremden Bestattungen zu gehen, weil es gut für das Karma ist. Außerdem erzählt er das Frauen nicht bei der Verbrennung dabei sein dürfen, bzw. nicht in nähster Nähe. Die Asche wird danach in den Ganges oder ein anderes heiliges Gewässer gestreut. Das Ziel ist das Brahman-Nirwana, das Einswerden mit dem Ewigen und Absoluten.
Der Tod und das Leben bilden einen Kreislauf, den ein Hindu mit dem Karma, seinen Taten, zu durchbrechen versucht. Das persönliche Karma, das sich aus positiven und negativen Handlungen zusammensetzt, ist dafür entscheidend, in welcher Gestalt ein Hindu wiedergeboren wird. (http://m.tod-und-glaube.de/hinduismus.php)
Wenn es dem sterbenden nicht möglich ist noch zum Ganges zu gelangen werden nach dem Tod manchmal Zähne und Nägel zum Fluss gebracht. Oder er trinkt selber eine Flasche von dem heiligen Wasser.
Als wir von dem Platz runter gehen, kommen wir mit einem Jungen ins Gespräch, der in dem "Slum" wohnt. Er führt uns rum und zeigt uns Tongrugmanufakturen und erklärt uns wie die Töpfe gebrannt werden. Wir schlängeln uns durch die, immer enger werdenden, Gassen und kommen bei seinem Häuschen an. Unten ist die modernste und kleinste Küche die ich in Indien gesehen habe. Eine leiter nach oben führt zum genauso kleinen Schlafzimmer, mit Doppelbett und Flachbildfernseher für die vier (Vater, Mutter, kleine Schwester mit tollem Englisch, und Er). Die Leute haben anscheinend genug Geld aber keinen Platz. Auf den Gassen vor den Wohnräumen sitzen die Menschen draußen, Kinder spielen und Arbeiten werden gemacht. Man fühlt sich als würde man durch ein ewig langes Wohnzimmer stapfen. Die Leute lächeln und die Kinder holen ihr bestes Englisch raus.
Unser Guide führt uns aus dem Labyrinth und wir nehmen spontan eine Rikscha zu einem Aussichtspunkt über Mumbai.
Tumblr media Tumblr media
Ich hab leider kaum Fotos von Mumbai, weil wir viel mit der Kamera gemacht haben.
Nach vier Tagen reisen wir zu den Ajanta Hölen weiter. Das ist jedenfalls der Plan. Wir nehmen um 6:00 Uhr morgens einen Zug von der Victoriastation.
Tumblr media
4 notes · View notes
Text
Der Baum
Seine starken Äste trotzen jedem Sturm. Er war am Anfang da und vergeht erst am Ende. Er hat das Dorf wachsen sehen, bis es zu einer Stadt wurde. Nun steht er da. Schon seit Jahren. Neben der Bank auf der kleinen Geröllwiese. Der Schrott schneidet in seine Wurzeln, aber er braucht jeden Wassertropfen, den er kriegen kann. Die Menschen haben sich an den Anblick der Tanne gewöhnt. Unverwüstlich thront sie über ihrer kleine Oase. Im Winter sind ihre Nadeln vom grauen Schnee bedeckt. Im Sommer erstickt sie fast an den Abgasen.
Sie erinnert sich oft an damals. Da war der Müllplatz um sie noch eine saftige Wiese gewesen. Überall blühten Blumen und ein klares Bächlein plätscherte in der Nähe. Nun fliest ein Rinnsal aus Müll an ihr vorbei. Es ist ein Wunder, dass sie noch steht. Sie hatte es so gewollt, das Land auf dem die Tanne steht gekauft und verfügt, dass niemand den Baum jemals beschädige. Dann starb sie. Niemand kümmerte sich mehr um die Tanne. Sie musste sich selbst durchkämpfen, gegen Unkraut und andere Bäume behaupten, welche ihren Platz einnehmen wollten. Aber sie schaffte es.
Das Kinderlachen drang zu ihr rüber. Es war ein kleines Mädchen. Sie zeigte freudig auf den Baum, rannte zu ihm. Die weiche Kinderhand strich über die harte Rinde und es schien, als ginge ein Zittern durch das Laubwerk. „Das gefällt dir, stimmt´s?“ flüsterte sie und sah auf. Dann begann sie zu klettern. Immer höher, bis sie ganz oben in der Spitze ankam. Die Tanne hielt still, wollte nicht dass, das Mädchen abrutschte und hinunterfiel. Der Wind wehte durch ihre Haare und sie genoss die Aussicht. Zärtlich streichelte sie die alte Borke, bevor sie wieder hinunter kletterte und ihr versicherte morgen wieder zu kommen. Von nun an besuchte  das Mädchen die einsame Tanne jeden Tag, wurde bald zur Frau. Die Stadt veränderte sich ebenfalls, verfiel und wurde wieder zu dem was sie früher einmal war. Ein Dorf. Die Frau war nun alt, besuchte ihren Baum aber weiterhin.
Eines Tages war es still. Niemand strich über die Rinde, folgte den Einkerbungen, kletterte in die hohe Spitze. Niemand sprach mehr mit der Tanne. Das Dorf war untergegangen. Das ehemalige Mädchen war schon längst Tod. Der Schuttplatz verwandelte sich wieder in eine reich blühende Blumenwiese. Alles war wieder wie damals. Fast.
Die Äste wurden schwächer, brachen ab, die Nadeln verloren ihr saftiges Grün und wurden Braun. Der ehemals so majestätisch anmutende Baum starb. Mit ihm die Erinnerungen an die alten Zeiten, an  Kinderlachen und Glück.
Geräuschlos wehte der warme Sommerwind über das tote Holz, die Blumen schwankten und neigten ihre Köpfe ein letztes mal.
1 note · View note
peterschoenau · 5 years
Photo
Tumblr media Tumblr media
Ein perfektes Ende – Don't cry for me, Argentina
  Novel by  Peter Schönau
  Eine Dreiecksgeschichte, die alle Zutaten eines griechischen Dramas hat: Liebe, Verrat, Ehrgeiz, Triumph und Niederlage, Sie spielt in Buenos Aires: zwischen Señor Tango,Teatro Colón und der Plaza Serrano.
  Die Protagonisten:
  Die Zwillingsbrüder Eduardo und Joaquín: beide stehen sie auf Seiten einer Erneuerung des öffentlichen Lebens, beide haben sie die gleichen Ideale, doch während Joaquín, ein Künstler, der Angst vor der Zukunft hat, weil die Ärzte bei ihm eine Gelenkarthrose festgestellt haben, in tiefem Pessimismus versunken ist, ist der andere der Mann der Tat und als Leiter der Gewerkschaft der "Cartoneros" davon überzeugt, dass die Wende möglich ist.
  Der Mann, der über eine seltene Gabe verfügt, auch der "Wahrsager" genannt . Sein ständig wiederholtes Motto: "Ich bin ein Vertreter. Andere verkaufen Staubsauger oder Enzyklopädien. Ich verkaufe den Leuten unbequeme Wahrheiten". Er kann den Todestag der anderen voraussehen und wird sehr populär, sogar der Präsident konsultiert ihn.
  Der Wahrsager stirbt durch einen Schuss mit einer Smith & Wesson Special Kaliber 38 – War es Mord oder Selbstmord? Die Polizei geht von einem Verbrechen aus und sucht den Mörder unter den Klienten des Wahrsagers.
  Nach dem Tod des Präsidenten nutzen die "Cartoneros" die Krisensituation und rufen zum Streik für mehr soziale Gerechtigkeit und gegen die Oligarchie auf. Der Müll überwuchert die Stadt. Eduardo glaubt zum ersten Mal wirklich an den Erfolg seiner Bewegung, noch wie war die Situation so günstig. Man einigt sich parteiübergreifend auf einen gemeinsamen Vorschlag für die Wahl des Staatspräsidenten. Eduardo wird der Posten des Innenministers angeboten.
  Lucia; Lucía arbeitet in einer Apotheke in der Avenida Corrientes, nicht weit vom Teatro Opera, in dem seit einigen Wochen das Musical „Dracula“ läuft. Sie hat sowohl ein Verhältnis mit Eduardo als auch mit Joaquín. Aber sie ist sehr ehrgeizig, und Eduardo, der Vorsitzender der Gewerkschaft der "Cartoneros" ist, hat unter dem voraussichtlichen Nachfolger des verstorbenen Präsidenten alle Aussichten, in das Zentrum der Macht vorzurücken. Als Joaquín ihr eröffnet, dass er es für seine Pflicht als Bruder hält, Eduardo über ihr Doppelspiel zu unterrichten, sieht sie ihre ehrgeizigen Pläne bedroht,
Sie sucht Joaquín in seiner Wohnung auf, um ihn in letzter Minute von diesem Vorhaben abzubringen. Doch der Mann, der ihr öffnet, ist Eduardo, der sich mit seinem Bruder in dessen Apartment getroffen hat. Joaquín hat die Wohnung für kurze Zeit verlassen, um im Kiosk einige Straßen weiter Zigaretten und eine Flasche Whiskey zu kaufen, und hat Eduardo in der Wohnung zurückgelassen. Eduardo lässt Lucía ihren Irrtum nicht merken. Das ist sein Verderben. Sie erschießt ihn.
  Der Tod "Joaquins" wird als Selbstmord dargestellt (die Polizei schließt ihre Untersuchungen über den Tod des Wahrsagers  ohne Ergebnis ab, aber sie hatte Joaquin des Mordes an ihm verdächtigt, wenn auch ohne schlüssige Beweise gegen ihn in der Hand zu haben).
Die Medien sprachen von einem schweren Leiden und von einer Krankheit, die nicht vergibt und der er mit seinem Freitod zuvorgekommen sei. Doch die Autopsie hatte keine Anhaltspunkte für diese Theorie ergeben. Natürlich hatte Joaquín in der letzten Zeit unter Depressionen und düsteren Vorahnungen gelitten. Es war Eduardo schwer  gefallen, ihm wieder etwas Optimismus einzuflößen. Doch auch das erklärte in seinen Augen nicht seinen Entschluss, aus dem Leben zu scheiden.
  In der Nacht vor der Amtseinführung des neuen Präsidenten, zu der auch Eduardo (der als Innenminister in das neue Kabinett eintreten soll) und Lucía eingeladen sind, ahnt sie beim Liebesakt plötzlich, dass sie nicht Eduardo vor sich hat, sondern Joaquín (ich habe Schmerzen in der Hüfte). Und als sie ihren Orgasmus erreicht, lächelt sie und sagt: "Ein perfektes Ende".
  Denn aus Joaquín ist Eduardo geworden, und sie ist der Verwirklichung ihrer ehrgeizigen Träume näher als je zuvor.
  Produktinformation
Format: Kindle Ausgabe
Dateigröße: 1723 KB
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 196 Seiten
Gleichzeitige Verwendung von Geräten: Keine Einschränkung
Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
Sprache: Deutsch
ASIN: B07XBVFVRJ
Text-to-Speech (Vorlesemodus): Aktiviert 
X-Ray: Nicht aktiviert 
Word Wise: Nicht aktiviert
Screenreader: Unterstützt 
Verbesserter Schriftsatz: Aktiviert 
 Produktinformation
Taschenbuch: 294 Seiten
Verlag: Independently published (8. September 2019)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 1691795399
ISBN-13: 978-1691795390
Größe und/oder Gewicht: 15,2 x 1,9 x 22,9 cm
0 notes
wtnvgerman · 7 years
Text
Episode 107 - Der fehlende Himmel
(Anhören [ENG])
Die beste Strategie für ein Labyrinth ist es, eine Hand auf eine Wand zu legen und dieser Hand zu folgen, bis man den Ausgang erreicht. Die zweitbeste Strategie ist zu schreien.
Willkommen in Night Vale.
Wir beginnen mit unserer Hauptstory: dem schwachen Knallen, das Leute unter der Erde hören. Es klingt als würden die Maulwurfmenschen massenhaft Popcorn machen, aber jeder weiß, dass die Maulwurfmenschen eine tödliche Allergie auf Mais haben, also vielleicht etwas anderes? Der Stadtrat veröffentlichte dieselbe Stellungnahme, die er immer bei Notfällen veröffentlicht, die erklärt, dass alles okay ist, dass wir uns keine Sorgen machen sollten und wenn wir uns Sorgen machen, dass das wahrscheinlich bedeutet, dass wir was falsch gemacht haben und uns deswegen schuldig fühlen. „Was habt ihr nur getan?“ fragt die Stellungnahme hunderte von Male und in immer größer werdender Schrift.
Carlos ist sehr an dem Knallen interessiert. Er nimmt eine kleine Einsatzgruppe seiner Topwissenschaftler, Lucia und Nilanjana, zur Untersuchung mit. Er hat Sensoren an einer Vielzahl von Orten platziert und versucht das Epizentrum des Geräuschs zu ermitteln.
Währenddessen erhalten wir weiter Berichte über Anomalien in der Realität, mit großen Spalten, die im Himmel und in Wänden in der ganzen Stadt auftauchen. Außerdem fast tägliche Berichte über falsche oder alternative Erinnerungen, welche, da möchte der Stadtrat uns wieder daran erinnern, wahrscheinlich okay sind. „Seht ihr, wir haben sogar eine Pressemitteilung herausgegeben, dass alles okay ist, also ist es wahr!“ sagten sie.
Mehr bald, aber erst eine Nachricht unseres Sponsors.
Die heutige Sendung wird euch von Ace Hardware in der Fifth und Shay Street präsentiert. Was ein echter Hardwareladen ist und nicht nur eine einfach getarnte Schlangengrube. Ace Hardware ist hier, um sich all euren Bedürfnissen anzupassen, auch wenn er wie eine grobe Repräsentation eines Ladens aussieht, der aus Blättern und Müll von hunderten von Tieren gebaut wurde, die ohne den Vorteil von Körperteilen arbeiten mussten. Vertraut uns, dass wir ein echter Laden sind, den ihr wirklich betreten könnt und definitiv wieder verlassen werdet, lebendig und ungefressen. Keine Sorge, das fast betäubende Zischen ist das Geräusch von Hardwareersparnissen auf alles, inklusive [ding] Kreissägen, Stichsägen, Laubsägen und natürlich Handsägen. Auf alle Arten von Sägen sind während dem „du sägst es, du käufst es“-Verkauf diese Woche 50% Rabatt. Kommt heute vorbei. Wir machen auch Schlüssel nach, falls ihr das braucht, also nochmal: kommt und kauft.
Das war die Nachricht unseres Sponsors.
Der Stadtrat steht immer noch in Konflikt mit der Situation im Haus der alten Frau Josie. Die alte Frau Josie ist vor mehreren Jahren von uns gegangen und wir denken immer noch liebevoll an sie. Ich selbst hab sie nie so gut kennengelernt, aber diejenigen, die mir nahe stehen, sagen, dass sie ein großzügiges, nettes und unglaublich schlaues menschliches Wesen war und die Welt schlechter ist ohne sie. Aber es ist schon seit einer Weile schlechter ohne sie und der Stadtrat deutet darauf hin, dass es Zeit ist, mit dem Plan voranzuschreiten ihr Haus für die neue Autobahnerweiterung abzureißen.
Die einzige Stimme, die gegen den Plan protestiert, ist Erika, die schon seit ein paar Jahren vor Josies Tod im Haus der alten Frau Josie wohnt. Erika hat keine Beziehung zu Josie, aber sagt, dass Josie sie vor Jahrzehnten aufgenommen hat. Niemand weiß viel über Erika. Sie ist eine Frau mittleren Alters mit kurzen Haaren und einem Tattoo von einem Engel auf ihrem rechten Unterarm. Sie hat die Stadt besucht, als der Kontakt mit der Außenwelt abgeschnitten wurde, und jetzt kann sie natürlich nicht mehr gehen. Sie argumentiert, dass es grausam wäre, sie aus dem Haus zu zwingen, welches sie sich selbst aufgebaut hat, angesichts der Tatsache, dass es keinen Weg gibt zu ihrer Familie zurückzukehren, die sie zurückgelassen hat. Wir werden diese Situation beobachten, während sie fortfährt.
Bürger, wir betreten die großen Wochen der Gedenkfeier, in denen wir dem bösartigen und unerklärlichen Angriff gedenken, der fast unsere Stadt zerstört hat, und die fruchtlosen Jahre Krieg, die danach folgten. Das wird in der gewohnten Manier gewahrt, mit Paraden und Militärauftritten. Bürgermeisterin Pamela Winchell  wird eine Rede halten, in der sie diejenigen ehrt, die im Kampf gestorben sind, inklusive Nachrichtenoffizierin Leann Hart und John Peters, ihr wisst, der Kriegsheld. Ich würde gerne diesen Moment nehmen, um einen gefallenen Helden meiner eigenen Familie zu danken. Er war ein großartiger Mann. Ich spreche natürlich von meinem Schwager und besten Freund, Steve Carlsberg. Seit dem großen Wandel, welcher uns von dem Rest der Welt abgeschnitten hat, hat er sich selbst dem gewidmet zu verstehen, was mit uns passiert ist. Er war nie vorher an Merkwürdigem oder Ungewöhnlichem interessiert, aber er stürzte sich in Recherche und Beobachtung. Er sagte, den neuen Himmel über uns betrachtend, dass er Striche und Schnittpunkte sehen konnte, ein großes Gittermuster am ganzen Himmel.
Als der Angriff eintraf war er einer der ersten, der sich verpflichtete. Wir versuchten alle, ihn aufzuhalten. Steve war kein natürlicher Kämpfer, aber er sagte, dass er seine Frau Abby und seine Tochter Janice beschützen muss. Und er schloss sich den wenigen Mutigen an, die unsere Grenzen verließen, um… was auch immer da draußen ist, zu erkunden. Und er kam nie wieder nach Hause.
Steve, ich liebe dich. Weißt du, manchmal gehe ich nachts raus und versuche dieselben Striche zu sehen, die du gesehen hast, das große Gittermuster im Himmel. Aber es ist so schwer durch diese Tränen zu sehen, weißt du?
Bürgermeisterin Winchell bereitet gerade ihre Rede vor. Sie steht vor der brandneuen Gedenkstatue mit einem umstrittenen Design, das von Harriet Ramone und Benjamin Gould aus dem Stadtrat ausgesucht wurde. Das Design, das menschliche Füße darstellt, ist mehrere Stockwerke groß. Lasst uns zu ihrer Rede rüber schalten.
Pamela Winchell: Leute aus Night Vale. Ich komme zu euch, wie ich es jedes Jahr tue, als eine einfache Bürgerin. Als ein anderes menschliches Wesen, das in dieser Stadt lebt. Die selbst Verluste erlebt, die selbst Ängste hat.
Keiner von uns ist alleine, außer wenn wir glauben, dass wir das sind. Wir standen alle Tatsachen gegenüber, die nur als außergewöhnlich kategorisiert werden können. Und dass wir immer noch hier sind, dass wir heute zusammengekommen sind, um zu gedenken, das ist ein Zeichen, dass wir auch außergewöhnlich sind.
Bürger, wir werden bestehen, komme was wolle. Egal wie, egal wie schwer das Gewicht in unseren Herzen ist, wir werden weiter [ding] ich mag den Schwanz und ich mag die Flanke und ich mag den Teil, wo das Fell sich sträubt, wenn sie aufgeregt sind, und ich mag die Ohren. Und die Zunge. Und das Gesicht. Und das sie die Teile von einem Hund, an denen ich mich erfreue. Ich wünschte, dass jetzt ein Hund zum streicheln hier wäre. Die Frage könnte sein: würde ich ein geregeltes Leben aufgeben, um ein Hund für immer und ewig streicheln zu können? Und die Antwort ist ja, natürlich, sofort, ohne Reue.
Danke. Ich werde keine weiteren Fragen beantworten. Das war eine Notfallpressekonferenz zum Thema merkwürdige Geräusche, die unter der Erde festgestellt wurden. Ich werde mich jetzt selbst in einen Stoffbeutel packen, der zugekettet wird und dann, einen Augenblick später, als leer enthüllt wird.
Cecil: Weise Worte von unserer Direktorin der Notpressekonferenzen, Pamela Winchell.
Carlos fährt seine Ermittlungen über das unterirdische Knallen fort. Es gibt jetzt auch Geräusche, die einem Singen ähneln, aber nicht auf einer Frequenz, die mit irgendeiner denkbar menschlichen Stimme übereinstimmt. Er versucht zu untersuchen, was für Änderungen einen Menschen so klingen lassen könnte. Eine Hypothese ist, dass es durch eine heftige Mutation durch genetische Manipulation oder dem Aussetzen auf massive Strahlung verursacht werden könnte. Er hat außerdem eine Kreidetafel voll mit Zahlen. Das sind seine Lieblingszahlen und immer wenn er sich überwältigt fühlt, kann er sich die Kreidetafel ansehen und sich so fühlen, als hätte er mehr Kontrolle über die Situation.
Jedenfalls, wie der Stadtrat sagt, es ist wahrscheinlich okay, macht euch deswegen keine Sorgen! Macht euch deswegen keine Sorgen.
Und jetzt, der Verkehr. Dafür werden wir zehn ununterbrochene Minuten von Farmgeräuschen für euch laufen lassen. [ding]
Alles sieht ziemlich frei aus, draußen auf den Straßen, wie an den meisten Tagen.
Zuhörer, warum berichten wir überhaupt noch über den Verkehr? Ich weiß es nicht. Ich hab mir selbst dieselbe Frage gestellt. Muscle Memory, nehme ich an? Gewohnheit? Der Grund, warum wir unsere Augen zusammen kneifen, wenn wir unser Haus verlassen, als ob die Sonne diesmal da sein könnte, aber wir jeder weiß, dass die Sonne nicht da sein wird. Es ist nichts mehr im Himmel. Und wir haben kein Benzin. Schon seit die LKWs aufgehört haben zu kommen. Keine Lieferungen mehr.
Draußen auf Route 800 macht Trish Hidge einen Spaziergang unter dem anhaltenden Donnergrollen, an den wir uns gewöhnt haben. Sie mag es manchmal, an, was in ihrer Vorstellung Abende sind, spazieren zu gehen, obwohl andere in der Stadt diese Zeiten als den Morgen auffassen und wieder andere immer noch Mitten in der Nacht schlafen. Sie spaziert draußen, wo die Straße endet und die großen Abhänge emporragen. Sie steht dort, am Rande der Stadt, was jetzt der Rand von allem ist, und sie weint. Ja, sie lässt es richtig raus. Niemand hört sie. Sie hat gerade ihre Hände direkt hinter das Ende der Autobahn gelegt und lässt sie dort für einen Moment und dann dreht sie sich um und macht sich auf den laaaaaaaangen Weg nach Hause. Zu einem Ehemann, der schläft, weil sie und ihr Ehemann sich darauf geeinigt haben nach verschiedenen Uhren zu leben, aus Gründen, die ihre eigenen sind.
Also, das ist das bisschen Verkehr in Stadt, nehme ich an. Wenn ihr Trish seht, gebt ihr eine Umarmung. Fragt erst. Man sollte immer erst fragen, bevor man jemanden umarmt.
Während wir die Paradereihen formen, während wir uns darauf vorbereiten raus zu marschieren und der grausamen Attacke auf uns zu gedenken, versinke ich, wie ich es jedes Jahr tue, in meine eigene Erinnerungen daran, was an diesem schrecklichen Tag geschehen ist. Wir hatten endlich angefangen uns so zu fühlen, als hätten wir eine Art Akzeptanz gegenüber der großen Veränderung erreicht, die vor Jahren unseren Himmel und unsere Verbindung zum Rest der Welt von uns genommen hat. Und all die Jahre später lebten wir unser Leben weiter unter dem leeren Himmel. Aßen im Moonlite All-Nite Diner, lernten in der öffentlichen Bibliothek. Halfen John und Jim Peters auf dem Feld, damit unsere isolierte Gemeinde weiterhin zu Essen hat. Wir hörten das gewöhnliche laute Poltern, wie ein Bergsturz über uns.
Aber dann war es da: ein Turm der Zerstörung. Eine Anomalie. Eine schreckliche Erscheinung. Eine Abscheulichkeit in unserem fehlenden Himmel. Und nichts sollte je wieder so wie vorher sein. Und danach, die Jahre des Krieges, der erst vor kurzem aufgegeben wurde.
Was haben wir getan, um all das, was uns passiert ist, zu verdienen? Erst die Entwendung unseres Himmels. Dann, Jahre später, der Angriff.
Zuhörer, denkt ihr jemals an den Mond? Ich saß letzte Nacht draußen und überlegte, ob eigentlich irgendjemand weiß, wo dieses Ding hin verschwunden ist? Gab es irgendwelche Studien darüber? Ich würde einen Wissenschaftler fragen, aber ich hab noch nie einen persönlich getroffen. Ich hab nur von berühmten Wissenschaftlern gehört, wie Rosalind Franklin und Lisa Meitner und Hidetaka Miyazaki. Ich bezweifle, dass ein Wissenschaftler sich jemals dazu herablassen würde, zu so einer keinen und isolierten Stadt wie unserer zu kommen, besonders jetzt, da es… so viel schwerer ist, hierher zu kommen.
Aber das Verschwinden vom Mond ist komisch, oder? Er war da und da und dann plötzlich nicht mehr. Alle Sterne sind auch verschwunden, durch eine gleichmäßige Leere ersetzt.
Wo. Ist. Der Mond. Hin? Hat er sich irgendwo versteckt und beobachtet uns? Wenn nicht, was beobachtet er stattdessen? Gibt es etwas Interessanteres als uns? Hey, beobachte uns, Mond! Wir sind vielleicht nicht immer die beste Show im Universum, aber wir versuchen es.
Das war die Kinder-Fun Fact-Wissenschaftsecke.
Und jetzt das Wetter. Klarer Himmel heute Abend, aber bewölkt und windig morgen mit Windböen bis zu 45 [ding].
(„The End and the Means“ von Robby Hecht)
Carlos und sein Team haben die Quelle der unterirdischen Knallgeräusche gefunden, aber es ist kein Ort, von dem wir weitere Störungen erwartet hätten und es ist kein Ort, zu dem – ich möchte, dass er hingeht. Sie rücken zu dem Bereich vor, nicken einander zu, um einander zu bestätigen, dass sie mit ihrem Verdachte richtig lagen und machen Handsignale um anzudeuten, dass sie sich vorher auf ein paar Handsignale hätten einigen sollen.
Zuhörer, ich bin, ich bin einfach, ich bin krank vor Sorge. Carlos… sei einfach vorsichtig!
Okay, er nähert sich der Quelle. Ähem. Das Singen ist lauter als sonst, komisch und schrill. Dort gibt es Knallgeräusche und eine pulsierende Vibration, er reicht vorsichtig über den Rand und er sieht nach und ja, ja, es ist, wie wir befürchtet hatten, es ist die winzige Stadt unter Bahn 5 der Desert Flower Bowling Alley und Arcade Fun Complex. Die winzigen Straßen gefüllt mit winzigen Paraden. Es ertönt lautes Knallen von winzigem Feuerwerk und der Gesang, den Carlos jetzt als den vereinten Klang von hunderten von Stimmen von winzigen Menschen bestätigt hat. Das letzte Mal, als Carlos sich der Stadt genähert hat, wurde er von den Bewohnern angegriffen und beinahe getötet. Dies führte zu einem jahrelangen Krieg mit den winzigen Menschen, was größtenteils ziemlich handhabbar war, weil sie außergewöhnlich klein sind, aber trotzdem. Vorsicht ist gewährt.
Okay, einen Moment, ich werde, äh, darüber gehen und ihm moralische Unterstützung leisten, also lasst uns zu dem Farmgeräuschen zurückkehren, die vorhin schon liefen.
[ding] Eine Anomalie, eine schreckliche Erscheinung. Eine Abscheulichkeit in unserem fehlenden Himmel. Während wir unseren Gedenkfeiermarsch marschierten und unsere tragbaren Schreine an unsere Götter hochhielten und unsere vielen Feuerwerke anzündeten, erschien über uns das riesige Gesicht des Wesens, das vor weniger als vier Jahren versucht hat unsere Stadt zu zerstören.
Ich bin mir nicht sicher, warum dieses große Wesen von jenseits sich dazu entschieden hat an diesem Moment zurückzukehren, aber das lässt mich beunruhigt zurück, Zuhörer. Es hinterlässt das Gefühl, dass die Geschichte wieder aufkocht. Dass vielleicht ein weiterer großer Wandel kommt. Wie dieser Wandel vor vielen Jahren, als Hunto-Kar, der Zerstörer – oh großer Gott Hunto-Kar – uns erschienen ist und uns unseren Himmel wegnahm. Wir haben jedes Jahr Hunto-Kar angebetet, aber sie kehrte nie wieder auf die Welt zurück, in der wir eins lebten. Sicherlich werden wir allmählich dahinschwinden, unfähig das zu bekommen, was wir von der Außenwelt brauchen. Warum hat Hunto-Kar uns das angetan? Das werden wir nie wissen.
Und dann diese Kreatur, die uns von der Welt oben mit dem gigantischen Fuß angriff, der so kontrovers in der neuen Gedenkstatue dargestellt wird. Als ich heute in seine tief braunen Augen sah… er war wunderschön. Uns Menschen sehr ähnlich, aber natürlich größer, mit Zähnen wie… ein Militärfriedhof, und absolut perfektem Haar. Kein einfacher Sterblicher könnte jemals so perfektes Haar erreichen.
Der letzte Angriff von diesem Wesen führte zu einem verheerenden Krieg mit diesen Giganten, einem, der fast unsere Stadt ruiniert hat. Ich hoffe, dass diese mächtigen Wesen sich von uns abwenden, uns vergessen uns sterbend zurück lassen, uns von der Welt abgeschnitten lassen. Außer Hunto-Kar macht das, was sie uns einst angetan hat, ungeschehen. Außer, wenn wir endlich von den Verbrechen, für welche auch immer wir bestraft werden, freigesprochen werden. Außer, wenn uns unser Himmel nach all diesen vielen Jahrzenten endlich wieder zurückgegeben wird. Aber bis dahin werden wir unsere Großen Wochen der Gedenkgeier fortsetzen und diesen Herbst werden wir dann die Monate der Erinnerung an den Wandel einläuten.
Bleibt dran für eine unserer beliebtesten Sendungen, Janelle Duartes Ratschlagssendung, „Hey Janelle, was hast du persönlich zu Hunto-Kars Wut gegen uns beigetragen?“
Und unter welchem sternlosen, mondlosen Himmel wir auch immer seit dem Tag des Wandels leben,
gute Nacht, Night Vale, gute Nacht.
Sprichwort des Tages: Anfang des Morgens für dich. Rest des Tages für mich. Ich hab nie gesagt, dass es fair wäre.
---
Ein großes Mysterium. Es gibt keine einzige Person in Paris oder in der ganzen Welt, die uns die mysteriöse Herkunft von Frankreichs heißgeliebtem Festtagsklassiker, die Zweite Imaginäre Symphonie, mitteilen kann. Ja, vor Jahrzehnten in einem Müllhaufen gefunden, wurde diese Tonaufnahme von einem unternehmerischen Müllsammler auf Platypus Eve nach Hause gebracht. Der Müllsammler spielte die Kassette, die er gefunden hatte, ab und erwartete Musik. Stattdessen war eine sehr merkwürdige Geschichte drauf.
„Das ist eine nette Nachbarschaft. Direkt hinter dem Hügel, Fabriken, bald voll mit fleißigen Erwachsenen, die hart arbeiten. Und das ist eine nette Straße, Telegraph Road.“
Was uns in die Moderne Zeit bringt, in der es keine einzige Platypus Eve Party in ganz Paris gibt, von der die Zweite Imaginäre Symphonie kein Teil ist.
„Das ist Herr Ackerman. Netter Nachbar und Freund. Herr Ackerman arbeitet in der großen Fabrik direkt hinter dem Hügel und ich fing an mich zu wundern, was es wohl ist, was diese große Fabrik hinter dem Hügel herstellt. Ich lockte die vielen Menschen weg, die die große Fabrik bewunderten. Und ich habe jede ihrer emporragenden Schornsteine und blinkenden Lichter kennengelernt.“
Das ist natürlich ein Geheimnis und das ist, um was sich das alles handelt. Wir haben der Geschichte zugehört, wir fanden, dass dies eine wohlige Art war, den Feiertagsabend zu verbringen, inklusive-
„Und das war das Gute: Dinge, die nicht für die Ohren eines kleinen Jungen geeignet waren.“
Und inklusive: „Wildes Gelächter, das kein Anzeichen von Glück anzeigte.“
Und natürlich inklusive: „Atomare Hypnose.“
„Atomare Hypnose? Die ist genau wie eine normale Hypnose, nur viel, viel kleiner.“
Es gibt nichts, was die Franzosen mehr begehren als sich zurückzulehnen, ihre Augen zu schließen und der Zweiten Imaginären Symphonie zu lauschen. Das ist etwas, das wir jedes Jahr genießen und hoffen, dass ihr das auch werdet.
Ein Orbiting Human Circus Spezial: Die Zweite Imaginäre Symphonie. Zum ersten Mal am Mittwoch, 10. Mai 2017 auf Night Vale Presents auf dem Orbiting Human Circus Feed mit neuen Folgen an jedem zweiten Mittwoch bis zum 7. Juli.
2 notes · View notes
brotkunstlose-blog · 7 years
Text
Solidarität
Seit meiner Kindheit erlebe ich Armut und soziale Ungerechtigkeit. Ich bin aufgewachsen mit Gewalt und Sucht. Gesellschaftliche Abgründe und Elend kenne ich nur zu gut. Ich habe Bürokratische Systeme hassen gelernt, in denen kein Platz ist für Individualismus und Gefühle. Da war kein Gott der mich gerettet hat, kein Staat der geholfen hat.
Ich bin davon überzeugt das Glaube nicht Wissen ist, ich denke das die Religion das Ende der Vernunft ist. Wir in einer Welt Leben in der wir viel zu oft den Kopf schütteln, in der die Dummen unsichtbare Götter und allmächtige Gottheiten anbeten, aber vernichten mit beiden Händen und mit offenen Augen eine sichtbare, lebenswichtige Natur , ich denke das kein Kind, kein Mensch in eine Schublade passt ,Individualismus belächelt wird, das verstrahlte Energie keine Zukunft hat, wir haben so viel Lebensmittel, das Nahrung zu Tonnen in den Müll geworfen wird, der Alltag mit Arbeitsschwachsinn ertränkt wird, das wir, unsere Gefühle vergessen uns selbst verlieren müssen in dieser Gesellschaft von Leistungsdruck und Kapitalistischen Nadelkonsum, in diese Welt, die Regiert wird von Herrschern, Werbungspropheten, Wahlversprechern, Symtomemachern, Luftabschnürern, Traumverkäufer, Wertpapierdrucker, Kriegstreiber diese verdammten Lügner sie verkaufen Freiheit in Stacheldraht verpackt, verschenken Braune Scheiße mit Konfetti, Nazi Horden marschieren wieder durch die Straßen, Menschen die vor einem Krieg fliehen ertrinken im Meer, laufen tausende km um vor einer Grenze zu stehen sie flüchten vor einen Krieg in dem die Waffen der Herrschenden Tod und Verderben bringen. In jeder Stadt in jedem Dorf Gebäude leer stehen aber kein Platz ist für die Flüchtlinge die nichts mehr haben außer ihrem Leben das sie vor Bomben und Granaten retten konnten. Ich Denke dass wir in genau dieser Welt uns Solidarisch mit den Menschen zeigen müssen die vor Krieg und Unterdrückung fliehen müssen ohne Herrscher, Werbungspropheten, Wahlversprechern, Symtomemachern, Luftabschnürern, Traumverkäufer, Wertpapierdrucker, Kriegstreiber
Für mehr Soziale Freiräume, Frieden und Freiheit
5 notes · View notes