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akademanie · 3 days
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Keine gewöhnliche Entdeckung: Orakel zum Welttag des Buches
Ein Orakel offenbart Antworten auf Fragen, die in aller Regel die Zukunft betreffen. Das das braucht auch nicht gleich das Orakel von Delphi oder der altĂ€gyptische König der Götter Amun zu sein, BĂŒcher können das nĂ€mlich auch! Zum heutigen Welttag des Buches eine Anregung:
Man nehme ein beliebiges Buch, schlage Seite 5 auf und lese den 5. Satz. Ganz Ă€hnlich wie berĂŒhmte OrakelsprĂŒche werden Fragen beantwortet und der Raum fĂŒr Interpretationen (und weitere Fragen) geöffnet. Zum Beispiel:
1. Wie wird sich die Liebe entwickeln?
«Dies war keine gewöhnliche Entdeckung.» 1
2. Wie wird sich meine Gesundheit entwickeln?
«Genaugenommen wohnte Konrad Lang nicht in der Villa, sondern in einem PförtnerhÀuschen, einem kalten, feuchten Maueranbau im Schatten des PinienwÀldchens, das die Einfahrt sÀumte.» 2
3. Welche Aussichten habe ich im Beruf?
«Der hoffnungsvolle Dichter schrieb unter der Bank gerade sein achtes Gedicht, Lehrer OndrĂĄĆĄ erwischte ihn dabei, nahm das Heft an sich, schlug es Hugo um den Kopf, ĂŒberlas flĂŒchtig die Verse seines SchĂŒlers und sagte: [...]» 3
4. Wie werden sich meine Finanzen entwickeln?
«Sie mĂŒssen mir aufmerksam zuhören.» 4
5. Wie wird meine Zukunft ganz generell aussehen?
«Diese Nacht, diese Worte, dann die gestellten Fragen und die Antwort auf diese Fragen – nun wird sich alles fĂŒr alle Menschen so sehr Ă€ndern, dass sie sich selber nicht wiedererkennen werden, aber vorerst Ă€ndert sich nichts; alles bleibt so ruhig, so aussergewöhnlich ruhig ĂŒber dem Wasser mit der nahenden DĂ€mmerung, und vor ihrer schönen weissen Farbe raucht der Kamin eines grossen Schiffes, das man nicht sieht.» 5
Die BĂŒcher
1 «Das Tagebuch von Edward dem Hamster, 1990 – 1990», von Miriam Elia & Ezra Elia, Fischer Taschenbibliothek 2017
2 «Small World» von Martin Suter; Diogenes Taschenbuch, 1999
3 «Maiandacht» von Ota Filip, Fischer Taschenbuchverlag, 1980
4 «Die Zeitmaschine» von H. G. Wells, Diogenes, 1974
5 «Sturz in die Sonne» von C. F. Ramuz, Limmat Verlag, 2023
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akademanie · 23 days
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Schnipsel
«Das ist so cringe! Ich meine, das ist doch voll peinlich! Die L., das ist ihre Freundin aus ZĂŒrich, war auch dort. Sollen sie doch nach ZĂŒrich, die mĂŒssen doch nicht bei uns in den Ausgang!» «Voll! Da fragt man sich: Wo ist die Ehre?» «Voll! So cringe 
 Dass der noch mit denen rumhĂ€ngt. In seinem Dorf 
 Peinlich.» «Und S. erst. Die hat ja gar keine Chance, einen Neuen kennenzulernen, wenn der immer dabei ist.» «Ehrenlos!»
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Passend dazu: KIZ - Ehrenlos
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akademanie · 1 month
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Eines Nebelmorgens am Stadelhofen: Badeentchen, die als Werbetragende herhalten mĂŒssen. Es ist frĂŒh, ich warte auf Tante Frieda, super busy Businessmenschen warten drauf, am Rad zu drehen.
Der See glitzert im Nebelgrau.
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akademanie · 2 months
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Dadadialoge
oder
OTPoesie
Dadaisten hÀtten vielleicht auch Einwegpasswörter abgelehnt, hÀtte es die 1916 schon gegeben. Die OTPs, nicht die Dadaisten. Die gabs schon, 1916 haben sich Emmy, Hugo, Hans und Co. nÀmlich im Cabaret Voltaire zusammengesetzt und an allem gezweifelt.
Wie das damals wohl so klang? Wohl so:
Sigukuce, wrabiprume! Slamutruki, hepaspubri? Mafripijic. Freclugi? Beswuhicra bujethecra. Pehechasw? Hiswitus ...
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Mehr zu Dada beim Cabaret Voltaire: Cabaret Voltaire – Geburtsort von Dada in ZĂŒrich. Ein Überblick von Laura Sabel
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akademanie · 1 year
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Vom Gehen – und vom Kommen
Im April vor einem Jahr, da war einer noch da, der es heute nicht mehr ist. Und eine noch nicht, die es heute ist. Und einer noch nicht Planung, der in wenigen Tagen sein wird.
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Die Frauenkirche werden sie beide sehen. Nicht mehr als TrĂŒmmerhaufen zwar, so wie er sie gesehen hat als er kam, aber als mĂ€chtiges Mahnmal, wie er sie gesehen hat, bevor er ging.
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akademanie · 1 year
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LiteraTour d‘Horizon | Zehn SĂ€tze aus zehn BĂŒchern
Neulich bei Twitter: «Lesesafari – Schlage in zehn beliebigen BĂŒchern aus deinem Regal S. 126 auf und lies den ersten kompletten Satz. Was hast du Spannendes entdeckt?»
Entdeckt habe ich dabei mehr als Spannendes, viele schöne SĂ€tze zum Beispiel, pure Poesie im Nachschlagewerk, MerkwĂŒrdigkeiten in der «Erziehungskunst» und eine ĂŒber einhundert Jahre alte Widmung.
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So wanderten und ritten sie etwa eine Meile. Geoffrey Trease – Die Reise nach Varna (1996)
Aber die Traurigkeit stieg höher und erreichte seine Knie. RĂ©gis de SĂĄ Moreira – Das geheime Leben der BĂŒcher (2004)
Die Wolken wichen schneller, als wir zu hoffen wagten. Walter Heuer, Max FlĂŒckiger, Peter Gallmann – Richtiges Deutsch; VollstĂ€ndige Grammatik und Rechtschreiblehre unter BerĂŒcksichtigung der aktuellen Rechtschreibreform; Kapitel «Die Konkjunktion» (2004, 26. Auflage)
ErfahrungsgemĂ€ss wirkt auf junge SĂŒnder dieser Art oft heilend, somit heilsam, wenn sie in Sorge, Kreuz, schwere BemĂŒhungen kommen, welche ihr ganzes Sinnen und Denken gewaltsam in Anspruch nehmen. Alban Stolz – Erziehungskunst (1921)
Ist dir, JĂŒngling! denn bei dem Beschauen der Landschaften alter Meister nicht ganz wunderbarlich zu Mute geworden? E.T.A. Hoffmann – NachstĂŒcke. Erster Teil; Die Jesuitenkirche in G. (1817; in der Reclam-Ausgabe von 1999)
Die Archivmappe ergab, dass es in Kymenlaakso noch mindestens zwei Personen mit Selbstmordabsichten lebten. Arto Paasilinna – Der wunderbare Massenselbstmord (2002)
«Und wie war das mit diesem eigenartigen Menschen, dem GĂ€rtner?» erkundigte sich Mr. Hitchcock. Alfred Hitchcock – Die ??? und der weinende Sarg (1988) (Die Seite 126 ist ĂŒbrigens die letzte Seite dieses Buches.)
Der Anruf meiner Frau erreichte mich im Nachbarort. Roland Gallusser – Die Einsamkeit des Landarztes; ErzĂ€hlungen (1978)
Er liess sich eine tĂŒchtige Mauleselin anschirren, versah sich mit Geld, Kleinodien und einigen Lebensmitteln, und nachdem er seinen Leuten gesagt hatte, er wolle ganz allein auf ein paar Tage verreisen, ritt er fort. Dalziels illustrierte «Tausend und eine Nacht» (nicht nach 1893; Widmung von Hand: «FĂŒr Hermann Haagen zu Weihnachten 1893 von Gotthard Keller»)
Derweil lag Gian die Brughi auf seiner RuhestĂ€tte, die struppigen roten Haare voller trockener BlĂ€tter hingen ihm ĂŒber die Stirn, die grĂŒnen Augen röteten sich durch die Anstrengung, und so las er und las, wĂ€hrend er die Kinnbacken beim eifrigen Buchstabieren bewegte und einen mit Spucke benetzten Finger in die Höhe hielt, um gleich die nĂ€chste Seite umwenden zu können. Italo Calvino – Der Baron auf den BĂ€umen (1984)
LiteraTour d‘Horizon | Was ist das?
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«LiteraTour d‘Horizon»: Was ist das? Tour d‘Horizon bedeutet so viel wie Â«Ăœberblick, Blickfeld», und die Literatour ist eine Wortschöpfung aus der Literatur und – eben – der Tour.
In loser Folge erscheinen in der LiteraTour d‘Horizon Buchbesprechungen, meist von Wiederentdeckungen, hin und wieder auch von Neuerscheinungen und -entdeckungen. Dabei geht es mir nicht darum, brillante Verrisse zu schreiben, sondern das, woran ich Gefallen finde, zu erzĂ€hlen. FĂŒr die Besprechung der Werke werde ich nicht bezahlt und auch sonst in keiner Weise unterstĂŒtzt. Die LiteraTour d‘Horizon ist vielmehr ein Liebhaberprojekt und der Versuch, schöne Werke aus den BĂŒcherkisten zu holen und zugĂ€nglich zu machen.
Lese- und Besprechungstipps nehme ich allerdings gerne entgegen. Wer mag, darf mir auch Leseexemplare schicken, wobei ich mir ausdrĂŒcklich vorbehalte, von einer Besprechung abzusehen.
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akademanie · 1 year
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De Ries SĂ€ntis und sini Menschli
Sinder scho mol im Appezellerland gsi? Döt, wo sich HĂŒgel a HĂŒgel reihet, herzigi HolzhĂŒsli verstreut uf saftig-grĂŒene Wiese umestönd und id Sunne blinzled und de SĂ€ntis – «de Berg» – ĂŒber allem wachet? Wenn nöd, denn mĂŒender mol döt ane. Isch nĂ€mli schö döt. Und vor allem hens choge guets Esse. Und was es au hend: En liebenswĂŒrdige und mengmol au chli glatte Dialekt und eis vo mine Schwiizer LieblingsmĂ€rli. Und da verzelli eu ez do. NatĂŒrli so, wie ichs in Erinnerig ha und uf SanggallerdĂŒtsch, nöd – wies eigentlich richt wĂ€r – uf AppezellerdĂŒtsch. Nume eis chani sĂ€ge, z‘Innerrhode sĂ€gets a mengs Ort «Sönd wöllkomm» und nöd wie mer do «sind willkomme». Wie au immer, ez wömmer mol lose, wa de Ries SĂ€ntis so agstellt het.
Es isch scho choge lang her, döt het de Ries SĂ€ntis im Appezellerland gwohnt. Mengs LĂŒĂŒt sĂ€ged em au SĂ€mtis, aber mir wönd bim Name bliibe, wo de Berg au het. De Ries isch e so choge gross gsi, dass s‘ganz Schwendibachtal sis Bett gsi isch und dass er d‘Meglisalp het chöne als ChopfchĂŒssi neh. Da isch natĂŒrli super gsi, will die gad im Summer uh schö weich und volle BlĂŒemli gsi isch. Im Winter hetter aber mfall au nöd gfrore, so en Ries kennt sich schliesslich us mit Wind und Wetter und weiss ganz gnau, wieme sich im Schnee so bettet, dass au de schö warm git 
 Wenner denn am Morge amel ufgstande isch, denn heter sich zersch amel mit em Ellboge abgstĂŒtzt, de Chopf id Hand gno und volle Freud und Zfriedeheit ĂŒber sis Appezellerland glueged. Und denn heter sich amel gad no meh gfreut, wells eifach e so choge schö gsi sich. A eim Morge heter sich aber denkt, dass es doch schö wĂ€r, wenn er e paar Menschli um sich ume hetti. Die hetter nĂ€mli scho vo sine Reise kennt, die chline, luschtige Gschöpfli, wo am Morge amel umgewuslet sind wie varruckt und mit dem Tagwerch agfange hend. Am Obed sins denn meischtens mĂŒed gsi und is Bett gkeit, so viel hens gschaffed. E paar uf all FĂ€ll, sind nĂ€mli nöd all Menschli gliich gsi. Da hetter uf sine Reise au scho gseh gha und au de Ries SĂ€ntis selber isch ez nöd gad de gschaffigscht gsi. Er isch gern eifach chli umeglege, het Sunne, Mond und Stern beobachtet und
au gern fein gesse. Uf all fĂ€ll sind die einte Menschli nĂ€mli mengmol ersch um de Mittag ume ufgschtande, hend sich ersch mol gschtreckt und in Tag blinzled, bevors denn wiitergmacht hend mit dem, wos z‘mizd i de Nacht ufghört hend. Do hets zum Bischpiel Döktere drunder gha, wo i de Nacht no bi de Chranke gsi sind oder Menschli, wo Kunscht gmacht hend. Aber die chömmer sĂŒs e anders Mol go bsueche. De Ries SĂ€ntis het aso chli schtudiert und ĂŒberleit, wiener da ez eso chönt mache mit dene Menschli. Waner nĂ€mli scho gha het, sind ganz viel Tier. Uf de Weide hets en Huufe ChĂŒe gha, viel grossi bruuni, aber au gschecketi und dĂ€rig, wo en wiisse Streife um de Buuch gha hend. Dene heter denn «Gortchueh» gseit, «Gort», wie en Gurt, aso, en GĂŒrtel, wo mir ĂŒs au um de Buuch schnalled. Und de Ries SĂ€ntis het au ganz viel Geisse gha und e paar Schöf. Und waner au no gha het: En Huufe BlĂ€ss. Da sind die herzige HĂŒnd, meischtens sins schwarz-wiiss und hend no bizeli gel-bruuni Stelle im Fell. Mengmol hens richtigi Augebraue und chönd eim aluege und blinzle, als wĂ€reds ganz eso wie mir. Mengs LĂŒĂŒt sĂ€ged ene au «WĂ€dlibiisser» – und, i muess es zuegeh, da macheds mengmol au. Aso, id WĂ€dli biisse. Aber eigentli nöd richtig. Da macheds au nume, wells HirtehĂŒnd sind. Die passed vor allem ufd Schöf und ufd Geisse uf, wenn die ellei dusse sind. Und wennses mönd zĂ€metriibe, zum Bischpiel well ez denn glii e Gwitter chunt, denn klĂ€ffeds wie wild und renneds um die Herde ume wie varruckt. Und schnapped mengmol au noch de Tier. Nöd bös, nume zum sĂ€ge: «Ez mach emol vorwĂ€rts, es chunt ez denn gad go gwittere! Me mönd ez go underschto!» Und wemme son BlĂ€ss dihei heit, denn verwechslet de sin Mensch halt mengmol mit eme Schof 

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Wo de Ries SĂ€ntis so a sine Tier umeschtudiert und ĂŒberleit, wiener da echt chönt aschtelle, dass er au e paar Menschli um sich ume chönt ha, chunt em plötzlich s‘Montafon in Sinn. Da isch e Tal z‘Öschtriich, gar nöd so wiit weg vonem. Döt isch er au scho paar Mol gsi und weiss, dass es döt ganz herzigi Dörfli mit ganz herzige HĂŒsli git. Und döt wohned en Huufe Menschli, wo no chli luschtiger reded als er selber. Und do chunts em plötzlich in Sinn: «I chönt jo bi de Montafoner Zwerg e paar HĂŒsli bschtelle!» Er weiss nĂ€mli, dass die erschte herzige HĂŒsli döt im Montafon vo de gschickte Zwerge gmacht worde sind, d‘Mensche hend denn vo ene glernt, wie da goht und wieme sone HĂŒsli richtig baut. «Und wenni denn e paar HĂŒsli do anestell, zum Bischpiel neb d‘Megglisalp, denn giz do au sone schös Dörfli und denn chömed sicher aud Menschli do ane go wohne!» So ĂŒberleits de Ries SĂ€ntis luut und verschreckt mit sinere luute Schtimm gad e paar Schöf, wo bi em um de Ellboge gschliche sind. Aber sie kenned en jo und sind nume ganz churz vaschrocke, wells nöd demit grechnet hend, dass de Ries SĂ€ntis am Morge frĂŒeh scho so luut isch. Da isch er nĂ€mli eigentli nie. Er ghört zwor zu dene, wo immer frĂŒeh wach sind – so isch da mit de Riese: die sind gross und bruuched viel z‘Esse und z‘Trinke, aber nume ganz wenig Schlof, nöd wie mir Mensche. Bi ĂŒs ischs jo so: Je chlinner dass mer sind, desto meh mĂŒemmer schlofe. Aso, wenni ez sĂ€g «chlinner», denn meini eigentli «jĂŒnger». Babys schlofed jo uh viel, Chind denn e chli weniger, aber immer no viel und die Erwachsene denn chli weniger. Und die ganz alte LĂŒtlis, die schlofed mengmol nume no ganz wenig.
Uf all fĂ€ll freut sich de Ries SĂ€ntis gad so fesch ĂŒber sini Idee, dass er fasch nos z‘Morge vergesse het, weller am liebschte gad sofort losmarschiert wĂ€r. Aber nume fasch, isch jo schliesslich fasch die wichtigischt Mohlzyt am Tag. Er holt aso s‘Brot und de ChĂ€s, nimmt no en Öpfel dezue und e grosses, grosses Glas Milch. Und wills gad e chli en chliine Feschttag isch fĂŒren, nimmt er sich au no e TĂ€feli Schoggi, woner ganz langsam uf de Zunge schmelze loht, vorers abeschluckt. Isch ebe scho öppis guets, sone Schoggi. Aber z‘viel söttme denn au nöd devo esse, da weiss er jo und drum gnĂŒsst ers so choge fesch. Woner da alles schnabuliert het, packt er sin grosse Rucksack, nĂ€mli nimmt er sich gnueg Wasser fĂŒr d‘Wanderig mit und nomel z‘Esse. Brot und ChĂ€s und gad nomel en Öpfel und will ers so gern het, packt er au no paar RĂŒebli ii. Die chame nĂ€mli au ganz guet roh esse. Sind fein und gsund. DrĂŒ riesegrossi Tafle Schoggi packt er au no ii, aber nöd fĂŒr sich, da sölls Gschenk sii fĂŒrd Montafoner Zwerg, wonem die HĂŒsli sölled baue. Und denn marschiert er los. Willer e so choge lange Bei und vor allem wellers so pressant het, isch er au ger nöd lang underwegs wie sĂŒs amel und hets Montafon scho um de Mittag ume erreicht. Da mol hetter ez au ger nöd so fesch uf d‘Menschli i de herzige Dörfer glueged, aber em einte oder de andere hetter denn gliich zuegwunke, woner dra vorbicho isch. Und denn isch er denn ebe scho um de Mittag ume gad am richtige Berg, de heisst nĂ€mli «Mittagsspitze» und döt isch de Iigang zum Zwergeriich.
Er pöpperled sĂŒĂŒferli an Bergspitz und obwohl er ganz, ganz vorsichtig pöpperled het, verschrecked e paar GĂ€mse und gumped hurtig devo und rugeled e paar grossi Stei de Berg durab. Aber da macht zum GlĂŒck nĂŒd, isch nĂ€mli uf sĂ€bere Siite, wo niemer wohnt. Churz druf abe goht ganz une am Fuess vo de Mittagsspitz s‘Zwergetor uf und de Chef höchschtpersönlich chunt em Ries SĂ€ntis go Hoi sĂ€ge. Sie plaudered bizeli, verzelled sich, wies ihne so goht und wa sit em letschte Bsuech vom Ries SĂ€ntis im Montafon alles eso passiert isch, bevor denn den Ries SĂ€ntis endli cha loslege. «Du, Chef», seit er denn, «i hett ez no choge gern so paar HĂŒsli, wie die, woner fĂŒr eui Menschli gmacht hend. Die sind eso herzig, die wĂŒred au no guet zu mer is Appezellerland passe. Und wenni denn paar vo dene HĂŒsli hetti, denn wĂŒred denn sicher au zu mer paar Menschli cho und ufd ChĂŒeh und d‘Geisse und d‘Schöf ufpasse. Und de eint oder ander BlĂ€ss wĂŒreds sicher au no ufneh. Und i het eifach en Riesespass a dem Gewusel und Getue und Gemache!» De Chef vo de Zwerge lached und seit, da sig alles kei Problem. ZuefĂ€llig hegeds soger no paar vo dene HĂŒĂŒsli uf Vorrot, wos im Moment do nieneds chöned anestelle. Aso, wenn de Ries SĂ€ntis die gad wöll ilade, denn chönger no hĂŒt Obed bi sich dihei zrugg sii und die HĂŒsli ufstelle. Do freut sich de Ries SĂ€ntis so fesch, dass er vor luuter Freud fasch ufgumpet wĂ€r. Aber denn chunt em gad no in Sinn, dass er jo en Ries isch und dass da vilich nöd e so guet wĂ€r, wenner do eifach wĂŒr umegumpe. Woner da vor vielne, vielne Johre zum letzte Mol gmacht het – und döt isch er im Vergliich zu ez no en chline Bueb gsi – döt het nĂ€mli gad d‘Erde chli bebt. Aso freut er sich eifach so und grĂŒbled die grosse Schoggitafle us sim Rucksack, woner em Chefzwerg git. Er seit fasch tuusig Mol «danke» und ladt d‘HĂŒsli ii, wo wĂŒrklich gad wie fĂŒr ihn parat gstande sind. Und denn isch er au scho wieder ufem Heiweg. Es isch nonig spot, woner underwegs e chlini Pause macht.
Er isch scho zwor scho fasch bi sich dihei, aber er merkt, dass er scho zimli mĂŒed isch. «Kei Wunder», denkter sich, «i ha jo usserd em z‘Morge au ger nĂŒd meh gesse!» Und drum höcklet er sich ane, packt Brot, ChĂ€s, Öpfel und RĂŒebli us und mampft, waner so debii het. Lang bliibt er aber nöd sitze, weller nĂ€mli gliich hei will, dass er endli sini HĂŒsli cha ufstelle. Und scho isch er wieder ufgstande, het de Rucksack mit de HĂŒsli ĂŒber d‘Schultere gworfe und lauft wieder los. Ez hetters aber ase pressant gha, dass er ger nĂŒme gnau glueged het, woner sich de Rucksack agschnallt het. Und so ischs passiert, dass er de Rucksack a de eine Bergkante ufgrisse het und ez wĂ€hrend er lauft, d‘HĂŒsli einzeln us eme lange Riss purzled. Ersch, woner wieder im Schwendibachtal achunt, merkt er, dass de Rucksack scho fasch leer sch. Do verschrickt er natĂŒrli z‘ersch gad emol e Rundi, aber woner hindere lueged, gseht er no im letzte Sunneliecht, dass die HĂŒsli alli einzeln und verstreut ĂŒber s‘Appezllerland lieged. Do isch er gad beruhigt und ĂŒberleit, dass er die denn morn chöng go zĂ€mesammle. Ez wirds nĂ€mli denn scho wieder Nacht und dunkel und im Dunkle sött me nöd go HĂŒsli zĂ€melese. «Die chlaut scho niemer», seit er sich, bevor er sich wie jedi Nacht uf sis blĂŒemlete ChopfchĂŒssi leit und trotz allem ganz zfriede ischloft. I de Nacht trĂ€umt er vo sim Dorf, wo mit vielne fröhliche Menschli gfĂŒllt isch, wo tag i, tag us umewusled und luschtigi Sache mached. Woners nögscht mol verwached isch es scho zimli spot, isch ebe gliich en strenge Tag gsi mit dere Wanderig is Montafon und dem Heischleppe vo all dene HĂŒsli, und cha sine Auge chum glaube, woner um sich lueged. Die verschtreute HĂŒsli im Appezellerland sind alli scho bsetzt, ĂŒberall wohned Menschli drin. Er weiss ger nöd, wie da so schnell het chöne go! Eini vo sine LieblingschĂŒeh verzellt em denn e Wiili spöter, dass er ebe nöd nume ei Nacht gschlofe hegi, nanei, e ganzi Wuche heger tĂŒĂŒf und fesch pfuused – und gschnarchled. Do hegs denn au gad mol agfange gwittere, aber da sig nöd schlimm gsi, well denn scho die erschte Menschli ume gsi seged, wo d‘ChĂŒe in Schtall brocht heged. Und denn siged immer meh Menschli cho, bis jedes vo dene verschtreute HĂŒsli besetzt gsi seg. Es heged sogar scho paar agfange, selber HĂŒsli baue, wellsne do so guet gfalle heg. Do isch de Ries SĂ€ntis so choge zfriede und froh, dass er gar nĂŒme viel cha sĂ€ge usserd e luuts, frĂŒndlichs: «Sönd wöllkomm!»
Übrigens, döt, wo de Ries SĂ€ntis amel sind Ellboge abgstĂŒtzt het, döt hets e sone Tolle im Bode geh und döt isch hĂŒt de Seealpsee.
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💡 MĂ€rli oder Sag?
Ob d‘Gschicht vom Ries SĂ€ntis es MĂ€rli oder e Sag isch, da dörfeder selber entscheide. Die beide Gschichtsforme sind nĂ€mli zimli gliich. Wemmer so id SchuelbĂŒecher inelueged, denn heissts amel, e MĂ€rli seg frei erfunde, meischtens vo MĂ€rliverzeller oder sogar vo Glehrte, und e Sag sig e Gschicht, wo meischtens vom Volch selber verzellt wore isch und mindestens öppis Wohrs drin heg. Ez isch es natĂŒrli so, dass me de Ries SĂ€ntis nĂŒme chönd froge, obs en ĂŒberhaupt mol geh heg, well, wenns en denn mol geh hetti, denn wĂ€r er scho lang nĂŒme do. Oder irgendwo versteckt am pfuuse. Aber wamer sicher wĂŒssed: De Seealpsee, de gits. Und s‘Schwendibachtal und d‘Megglisalp gad au. Und d‘HĂŒsli im Appezellerland sind wĂŒrkli verstreut, da mönder eu mol go aluege, wenners nonig gmacht hend.
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akademanie · 1 year
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akademanie · 1 year
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Grosi selig hat zu dem Himmel immer gesagt: «Christkindchen bÀckt.» Das hab ich immer gern gehört, weil gibt Guetsli. Was sollte man auch sonst backen zu Weihnachten?!
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akademanie · 1 year
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Les drĂŽles de Carambar | Solutions
Hors-d'Ɠuvre: Dans un frigo un Ɠuf apercoit un kiwi Ă  cĂŽtĂ© de lui: «Tiens, il est pĂ©rimĂ© celui-lĂ  !»
(1) Comment appelle-t-on une maman qui a le hoquet ? La mÚre-hic. (l'Amérique)
(2) Un chat tombe dans un pot de peinture. De quelle couleur en ressort-il ? Chat teint ! (chĂątain) (3) Que disent deux fantĂŽmes qui se sont fait surprendre ? Et bien, on est dans de deaux draps. (4) Pourquoi les chats n'aiment-ils pas l'eau ? Parce-que dans l'eau, minet rĂąle. (l'eau minĂ©rale) (5) Qu'est-ce qu'un chat Ă  roulettes ? Un chariot. (6) Qu'est-ce qu'une souris prĂ©tentieuse ? Celle qui se plaint d'avoir un chat dans la gorge ! (7) Que dit une tasse dans un ascenseur ? Je veux monter ! (mon thĂ©) (8) Quel est le fruit le plus explosif ? La grenade. (9) Qu'est-ce que un boomerang qui ne revient pas? Un bĂąton. (10) Que font deux tranches de pain quand elles se rencontrent? Elles font amie-amie. (Ă  mie - Ă  mie) (11) Quel est le comble pour un morceau d'emmental? C'est d'avoir un trou de mĂ©moire. (12) Quel est le comble pour un joueur de bowling? C'est de perdre la boule. (13) Quel est le sport prĂ©fĂ©rĂ© des chĂȘvres? L'aĂ©robique. (aĂ©robic) (14) Pourquoi les plongeurs plongent-ils toujours en arriĂšre et jamais en avant? Parce que sinon ils tombent dans le bateau. (15) Qu'est-ce que un souris prĂ©tentieuse? Celle qui se plaint d'avoir un chat dans la gorge.
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akademanie · 1 year
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Les drÎles de Carambar (aka «Plombenzieher»)
Hors-d'Ɠuvre: Un chat entre dans une pharmacie et demande: «Bonjour, je voudrais un sirop pour matou!»
(1) Comment appelle-t-on une maman qui a le hoquet ?
(2) Un chat tombe dans un pot de peinture. De quelle couleur en ressort-il ?
(3) Que disent deux fantĂŽmes qui se sont fait surprendre ?
(4) Pourquoi les chats n'aiment-ils pas l'eau ?
(5) Qu'est-ce qu'un chat Ă  roulettes ?
(6) Qu'est-ce qu'une souris prétentieuse ?
(7) Que dit une tasse dans un ascenseur ?
(8) Quel est le fruit le plus explosif ?
(9) Qu'est-ce que un boomerang qui ne revient pas?
(10) Que font deux tranches de pain quand elles se rencontrent?
(11) Quel est le comble pour un morceau d'emmental?
(12) Quel est le comble pour un joueur de bowling?
(13) Quel est le sport prĂ©fĂ©rĂ© des chĂȘvres?
(14) Pourquoi les plongeurs plongent-ils toujours en arriĂšre et jamais en avant?
(15) Qu'est-ce que un souris prétentieuse?
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Ne t'en fais pas, le solutions seront publiĂ©es ici demain 😆
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akademanie · 1 year
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Schöne Wörter
✒«verschlingen»✒
Damit lassen sich ein paar hĂŒbsche Dinge ausdrĂŒcken: Man kann sich etwas gierig, hastig, mit viel VergnĂŒgen zu GemĂŒte fĂŒhren. Und man kann etwas verknĂŒpfen, verknoten, verwirren. BĂŒcher können verschlungen werden, Essen auch. Wege können verschlungen sein, Herzen und Arme auch. Und Wurzeln ganz offensichtlich auch. Die Wurzeln halten sich fest, umarmen sich und verknĂŒpfen sich mit dem Boden, mit der Erde.
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akademanie · 1 year
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Wie Joschek sein Herz wiederfand
Drei NĂ€chte im Jahr brutzelt stinkendes Öl in grossen Kesseln vor sich hin, werden KĂ€fer und Maden knusprig gebraten und nicht nur die klapprigen Skelette tanzen bei Katzenmusik nackt auf den Tischen. Es sind die NĂ€chte, in denen die Unterwelt ein grosses Fest feiert, ihr grosses Fest. Denn in der zweiten Nacht, da stehen die Tore zur Welt der Menschen offen. Dann ist es fĂŒr die Geschöpfe der Unterwelt die Zeit, sich zusammenzutun und die grosse Jagd auf die Menschen eröffnen.
Joschek sass abseits und beobachtete das wilde Treiben mit gerunzelter Stirn. Es war nicht das erste Mal, dass er das grosse Fest miterlebte. Und es war nicht das erste Mal, dass er sich angewidert abwandte. Denn Joschek war kein gewöhnlicher Untoter: KĂ€fer, Maden und ganz besonders Menschenfleisch widerten ihn an, von Blut wurde ihm speiĂŒbel –
und ausserdem hatte er blasse Erinnerungen an eine Zeit vor der Unterwelt, an ein Leben. Er war nun aber schon so lange hier, dass die Erinnerungen immer schwĂ€cher wurden, nur der Traum blieb immer gleich. Seit vielen, vielen Jahren schon trĂ€umte er immer wieder denselben Traum: Joschek schaute vom Kirchturm auf den Fluss, der sich wie eine silberne Schlange durch die Felder wand. Dann betrachtete Joschek seine HĂ€nde und stellte ĂŒberrascht fest, dass es krĂ€ftige, gesunde MenschenhĂ€nde waren und nicht die grauen, dĂŒrren, von vielen Narben gezeichneten Finger mit den schmutzigen NĂ€geln. Und wenn er seine staunenden Augen vom Anblick der HĂ€nde endlich lösen konnte und um sich sah, bemerkte er, dass er plötzlich am Ufer des Flusses sass. Immer konnte er einen schimmernden Gegenstand am Grund des Flusses ausmachen, von dem er nur wusste, dass alles gut sein wĂŒrde, wenn er ihn nur nur bergen könnte. Joschek aber konnte nicht ins Wasser steigen, Untote konnten fliessendes Wasser nicht berĂŒhren.
Auf der Erde musste es Tag geworden sein, denn das Fest in der Unterwelt war ein bisschen leiser und die Feiernden ein bisschen geschĂ€ftiger geworden. Joschek beobachtete, wie emsig die Feuer geschĂŒrt wurden, ĂŒber denen das Menschenfleisch geschmort werden sollte. Er schĂŒttelte den Kopf, als er sich an die letzten Feste erinnerte, an denen das Öl in den Kesseln verbrannt war, denn immer hatten die Untoten ihre Körbe leer zurĂŒckgebracht, immer war ihre Gier zu gross gewesen.
Inzwischen war es an der Zeit, sich fĂŒr den Ausflug an die Oberwelt zu richten, er wollte der Erste sein, der oben ankam, und der Letzte, der zurĂŒckkehrte. WĂ€hrend in der Höhle die Vorbereitungen fĂŒr das grosse Kochen weitergingen, schlich sich Joschek zu einem langen Gang, der zu einem der AusgĂ€nge fĂŒhrte. Er setzte sich auf einen Stein und lauschte dem entfernten Grunzen und Schmatzen, das den Aufbau der grossen KĂŒche begleitete. Irgendwo hörte er ein leises Wimmern. Ein Wimmern? dachte er verwundert und strengte seine fahlen, runden Augen an, die in der Dunkelheit sehr viel besser sehen konnten als jedes Menschenauge. Zwischen Felsen, bleichen Knochen und grinsenden SchĂ€deln entdeckte er ein zitterndes BĂŒndel aus dem ein zartes Stimmchen sprach: «Bitte, tu mir nichts.»
Joschek erstarrte und glotzte das BĂŒndel an, das sich ganz langsam erhob und sich als MĂ€dchen mit verstrubbelten Haaren und einem abgetragenen Flickenkleid entpuppte.
«Wer bist du?»
«Cara.»
«Cara... Und was willst du hier, Cara?»
«Meinen Papa finden.»
«Deinen Papa?»
Joschek grinste und antwortete: «Heute ist eine heilige Nacht fĂŒr die Geschöpfe der Unterwelt. Sobald sich die letzten Sonnenstrahlen von der Erde verabschiedet haben, öffnen sich die Tore und wir können die Welt der Menschen betreten. Dann wird die Jagd auf die Menschen eröffnet. Und das wird der Augenblick sein, in dem du in meinen Korb springst und dich solange versteckt hĂ€ltst, bis ich dir sage, dass du rauskommen kannst.»
Cara nickte aufgeregt. «Sie hat gesagt, dass ich ihn hier finde. Sie hat es mir versprochen!»
«Sie?»
«Varka.»
«Varka...» wiederholte Joschek leise und sagte mehr zu sich selbst als zu dem MÀdchen: «Hat es die alte Hexe wieder mal geschafft!»
«Sie ist nicht alt!» protestierte Cara und Joschek huschte ein LĂ€cheln ĂŒbers Gesicht. Vielleicht, dachte Joschek dann, kann sie mich an den Fluss fĂŒhren. Er wandte sich wieder dem MĂ€dchen zu: «Da hast du wohl recht, so alt sieht die Varka nicht aus. ErzĂ€hl mir, Cara, hat sie dich hierher gebracht?»
«Ich habe den Weg hierher ganz alleine gefunden, nur den Weg nach Hause kann ich nicht finden. Und Papa ist ganz bestimmt nicht hier, hier hĂ€tte es ihm nicht gefallen.» Sie blickte zurĂŒck und schauderte. Joschek fragte sich, wie weit sie sich wohl in die Höhle vorgewagt haben mochte.
«Cara, sag mir, kennst du einen grossen Fluss hier in der NÀhe?»
«Du meinst die Nazdya?»
«Kann sein, kann sein», murmelte Joschek und beschloss, dass er Cara heil nach oben bringen wĂŒrde, damit sie ihm den Weg zum Fluss weisen wĂŒrde. «Ich werde dir den Ausgang zeigen, Cara, und du zeigst mir dafĂŒr den Weg zum Fluss. Einverstanden?» Cara nickte und liess sich von Joschek tiefer in den Gang fĂŒhren. Sie gingen eine ganze Weile schweigend nebeneinander her, bis Cara schliesslich fragte: «Wie heisst du?»
«Joschek», sagte Joschek.
«Joschek...», murmelte Cara nachdenklich, bevor sie aufgeregt ausrief, «hier bin ich reingekommen!» Die Umrisse eines hölzernen Tors waren vor ihnen aufgetaucht. Cara wollte gerade nach dem grossen Knauf greifen, als Joschek sie zurĂŒckzog.
«Du darfst das Tor nicht berĂŒhren, noch nicht! Der Zauber wĂŒrde dich töten – oder Schlimmeres mit dir anstellen. Du könntest hier landen.» Er machte eine ausladende Bewegung und Cara zog ihre HĂ€nde hastig zurĂŒck.
«Wie kommen wir hier also raus?»
Cara starrte ihn mit grossen Augen an, wich ein bisschen zurĂŒck und fragte vorwurfsvoll: «Die Jagd auf die Menschen?»
Körper stiessen gegeneinander, Metall klirrte, Körbe knarrten, es wurde geschrien, gekeift und gelacht; als die letzten Sonnenstrahlen ĂŒber die Erde glitten, hatte sich im Gang eine wilde Horde versammelt, die gierig darauf wartete, das Tor durchqueren zu können. Joschek stand irgendwo mittendrin und hielt auf den Felsvorsprung zu, hinter dem Cara kauerte. Als er den Felsvorsprung erreicht hatte, setzte er seinen Korb ab und Cara kletterte hastig herein. Das Tor stand inzwischen weit offen und gab den Blick frei auf eine Ebene, die in der DĂ€mmerung lag. Rauch stieg von den DĂ€chern des fernen Dorfes auf.
Joschek zuckte mit den Schultern und nickte. «So ist der Lauf der Welt. So war er schon immer und so wird er immer sein. So lange die Gier unter den Menschen regiert, solange feiern ihre Geschwister in der Unterwelt ihre Feste und rufen einmal im Jahr zur Menschenjagd.»
«Und warum tust du mir nichts?»
Joschek kicherte und erwiderte: «Ich bin eine Ausnahme, mir bekommt Menschenfleisch nicht.»
Joschek trat ĂŒber die Schwelle, sah nach rechts und nach links, sprang schliesslich mit einem leichten Satz ĂŒber die Friedhofsmauer und ging tief in den Wald. Erst als er sich sicher war, dass ihm niemand gefolgt war, setzte er seinen Korb ab und liess Cara herauskommen. «Sag, bist du Joschek, der Drachensucher?» frage sie ihn, noch bevor sie ganz aus dem Korb geklettert war. Joscheks Ohren klingelten. Joschek Drachensucher, so hatte man ihn geheissen, noch bevor er wirklich ausgezogen war, den Drachen zu bezwingen!
Als er nicht antwortete fuhr Cara fort: «Grossvater erzĂ€hlt viele Geschichten, auch die von Joschek dem Drachensucher aus unserem Dorf. Er war ein armer MĂŒllerssohn und hat vor langer Zeit hier gelebt. Der MĂŒllerssohn hat sich in die Tochter eines hartherzigen FĂŒrsten verliebt, die zwar schön und klug war, aber eben auch so hartherzig und gierig wie ihr Vater. Nur wegen ihr hat Joschek sich in die Höhle des Drachen gewagt! Wenn Joschek dem Drachen dem Kopf abschlĂŒge, so versprach sie ihm, wĂŒrde sie ihn zum Mann nehmen und zum FĂŒrsten des Reiches machen. Joschek hat sich blenden lassen und den Drachen in seinem Schlaf gestört. Grossvater sagt, dass Joschek mit seinem Herzen dafĂŒr bezahlt hat und dass er noch heute danach sucht. Sein Herz soll auf dem Grund der Nazdya liegen und Joschek solange zwischen den Welten wandeln, bis er es wieder gefunden hat. Fehlt dir das Herz, Joschek?»
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Joschek nickte stumm, plötzlich erinnerte er sich an alles; an den FĂŒrsten und seine Tochter, an den Drachen, an die glĂ€nzenden Schuppen, die goldenen Augen und an die Stimme, die zu ihm gesprochen hatte: «Joschek, Joschek. Man stört eines Drachen Schlaf nicht ungestraft!» Danach wusste er nichts mehr, bis er irgendwann aus langer Dunkelheit aufgewacht war und sich in der Unterwelt wiedergefunden hatte.
All die Jahre hatte er immer wieder versucht, den Fluss zu finden, aber nie war es ihm gelungen. Und jetzt, da er plötzlich an seinem Ufer stand, wusste er, dass er nichts wĂŒrde tun können, denn er konnte sich sich dem Wasser nicht nĂ€hern, seine Beine versagten ihm einfach ihren Dienst. So kniete er in der weichen Erde und seufzte, Cara grinste. «Hab ich dir schon erzĂ€hlt, dass ich eine wunderbare Schwimmerin bin?» Sie stand schon mit beiden FĂŒssen im Wasser.
Joschek nickte und lÀchelte.
«Warum tust du das fĂŒr mich?»
«Grossvater sagt, wir mĂŒssen Augen – und TĂŒren – offen halten und von allen Geschöpfen Gutes denken. Sie zeigen dir frĂŒh genug, wenn sie nicht gut sind», antwortete sie fröhlich, streifte ihr Kleid ab und sprang mit einem gekonnten Sprung in den Fluss. Sie winkte Joschek zu, bevor sie tief Luft holte und tauchte. Als sie das dritte Mal auftauchte, jubelte sie und hielt ein glitzerndes Etwas hoch. Mit krĂ€ftigen ZĂŒgen schwamm sie zum Ufer zurĂŒck und hielt Joschek eine Schatulle hin. Sie sah so aus wie in seinem Traum. Joscheks Finger zitterten, als er den Deckel hochhob. Seine Augen wurden weit und rund, als er sein Herz darin fand; es pochte leise, als er es berĂŒhrte. Eine TrĂ€ne rollte ĂŒber seine Wange. Cara sah ihn an und fragte: «Jetzt darfst du gehen, nicht wahr?»
In der folgenden Nacht war Cara das einzige lebende Wesen, das sich freiwillig auf den Friedhof wagte und eine Kerze fĂŒr Joschek und all die anderen verirrten Seelen anzĂŒndete.
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akademanie · 2 years
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Kafigschichtli
Es war einmal eine kleine Bohne, die eigentlich eine Kirsche ist, die kam den ganzen weiten Weg von Abessinien in die Provinz Helvetien. Sie bestaunte das Matterhorn, machte eine Dreiseenfahrt und degustierte verfaulte Milch, die ĂŒber dem Feuer geröstet worden war. Eines grauen Morgens wachte sie auf und fand sich in einer Tasse wieder, und zwar als starkes, erquickliches GetrĂ€nk. Und das gefiel der kleinen Bohne, die eigentlich eine Kirsche ist, so gut, dass sie ihre Freundinnen aus Abessinien zu sich rief – und sie von nun an den Menschen Freude und Energie brachten. Dass der morgendliche Zaubertrank den ganzen Tag ĂŒber und auch in der ganzen Nacht getrunken wird, ist eine andere Geschichte und soll an anderer Stelle erzĂ€hlt werden 

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«Der Kaffee muss heiss sein wie die KĂŒsse eines MĂ€dchens am ersten Tag, sĂŒss wie die NĂ€chte in ihren Armen und schwarz wie die FlĂŒche der Mutter, wenn sie es erfĂ€hrt.»
Mehr Kaffee? Unbedingt!
Tolle Reportage ĂŒber das Kaffeeland Äthiopien mit den beiden Entstehungsmythen aus Äthiopien zum Kaffee. Erschienen im Surprise n° 447, 2019.
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akademanie · 2 years
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Was wÀre wenn?
Tempus fugit – und wir hinken hinter ihr her.
Was wÀre wohl, wenn wir schneller als die Zeit wÀren?
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akademanie · 2 years
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«BÀume sind Gedichte, die die Erde in den Himmel schrieb», hielt Khalil Gibran einst fest. Daran denke ich oft, wenn ich zwischen mÀchtigen StÀmmen wandle und meinen Blick an ihnen hochwandern lasse. Und dann stelle ich mir vor, wie sie selbst anfangen zu wandeln, so wie Tolkiens Ents in Fangorn. Und dann wird mir klar: Sie tun das schon. Nur halt so gemÀchlich, dass ein Menschenleben nicht ausreicht, um auch nur einen ihrer Schritte zu sehen.
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akademanie · 2 years
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LiteraTour d‘Horizon | Der Schatz des Bucoleon
«Da liess sich Watkins vernehmen: â€čIch auch, Eure Lordschaft. Wahrhaftig, das will ich. Wenn Sie mir noch ein Glas Whisky geben, bin ich imstande, gegen sie alle aufzukommen. Jawohl. Ich kann ein Eisen noch schwingen, auch wenn ich eins auf den Kopf bekommen habe. Lassen Sie mich mithalten, meine Herren. Das ist alles, worum ich Sie bitte.â€ș»
Ein Held bricht auf in eine fremde, gefĂ€hrliche Welt, lernt exotische Orte kennen und trifft auf finstere MĂ€chte. Dabei kann er aber immer auf die Hilfe seiner Getreuen zĂ€hlen und findet erst noch Hilfe an Orten, an denen er sie nicht erwartet. Und am Ende seiner Reise wartet vielleicht sogar ein Schatz. «Der Schatz des Bucoleon» von Howden Smith hat alles, was es fĂŒr eine typische Abenteuergeschichte braucht. Held Hugh Chesby will eigentlich nichts weiter als nach dem Krieg an der Wallstreet viel Geld zu verdienen und «glĂŒcklich werden, reich, zufrieden und fett». Deshalb kam er mit seinem Freund «Jack herĂŒber nach New York, anstatt zu Hause zu bleiben und mich mit meinem Onkel herumzuraufen.» Dieser Onkel allerdings telegraphiert gleich zu Beginn der Geschichte und kĂŒndigt seine baldige Ankunft in New York an, und zwar mit dem Hinweis, er habe endlich das RĂ€tsel um den Schatz gelöst. Der Schatz ist eine Familienlegende der Chesbys, in dem alten englischen Herrenhaus gibt es dutzende Hinweise darauf. Seit Generationen allerdings ist es den Chesbys nicht gelungen, das RĂ€tsel zu lösen. Und nun will also Hughs Onkel James das RĂ€tsel endlich gelöst haben. Hugh glaubt nicht so recht daran und will eigentlich mit der ganzen Geschichte nichts zu tun haben. Sein Freund Jack und seine Cousine Betty hingegen finden die Sache Ă€usserst spannend und wĂŒrden am liebsten gleich abreisen, Hugh wehrt aber ab. Noch. Denn Onkel James wird kurz nach seiner Ankunft in New York ermordet – und Hugh sieht sich gezwungen, sich der Familienangelegenheit anzunehmen. Seine Reise fĂŒhrt ihn von Amerika erst zum Familienwohnsitz nach England und dann bis nach Konstantinopel zum berĂŒhmten «Bucoleon», einem Palast am Marmarameer. Begleitet wird er dabei von seinen Freunden Jack und Nikka, seiner Cousine Betty, deren Vater und Watkins, dem Diener von Onkel James.
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Die Abenteuergeschichte ist kurzweilig, bisweilen einfach gestrickt, aber durchaus unterhaltsam. ErzĂ€hlt wird sie aus der Sicht von Jack, der als Ich-ErzĂ€hler nahe am Geschehen ist und seine EindrĂŒcke schildert. Die Sprache ist eine altmodische. So beschreibt Jack den Diener Watkins etwa als: «Plump, recht solide gebaut, mit dem maskenhaften Gesicht eines englischen Faktotums.» Hin und wieder gibt es Übersetzungsfehler, zum Beispiel als etwas auf dem «MantelstĂŒck» stehen soll. Damit ist das Kaminsims gemeint, das im Englischen «mantlepiece» heisst.
Aber 


 man muss die Geschichte in ihrer Zeit lesen, will heissen: Sie ist nicht frei von kritischer Haltung. So gibt es zum Beispiel den Freund «Nikka, den Zigeunerviolinisten». Überhaupt sind bestimmte Beschreibungen aus heutiger Sicht mindestens gewöhnungsbedĂŒrftig, wenn nicht gar untragbar. Erschienen ist das Original in den 1920ern, wahrscheinlich 1923. Allerdings hĂ€tte man, hĂ€tte der Autor Howden Smith, auch schon vor fast 100 Jahren wissen können, dass man allen Menschen mit Respekt begegnen sollte. Gerade einem jungen Mann in den Vereinigten Staaten von Amerika, in dem die (formelle) Abschaffung der Sklaverei kaum drei Jahrzehnte zurĂŒcklag – der 13. Zusatzartikel der Verfassung war 1865 in Kraft getreten, Smith 1887 oder 1888 geboren – hĂ€tte es besser wissen können. Über die Persönlichkeit des Autors ist nicht viel bekannt, er soll aus einer alten «New England»-Familie stammen, introvertiert, eher klein und schmĂ€chtig gewesen sein und im Alter von 17 Jahren beschlossen haben, Journalist zu werden. Zeitlebens eine grosse Inspiration soll ihm sein Verwandter Montreville Howden Smith gewesen sein, «British Vice Counsel to Zanzibar and an Africa expert, representative to several importing companies» wie das Real-Estate-Magazin «Brownstoner» mit Sitz in Brooklyn in einem Beitrag von 2014 schreibt. Montreville soll 1901 verantwortlich gewesen sein fĂŒr die grösste Elfenbeinlieferung von Sansibar in die Vereinigten Staaten, eine Fotografie zeigt ihn wohl auf dem Haufen Elfenbein umgeben von Sklaven. Es scheint nicht unbedingt wahrscheinlich, dass man sich im Hause Smith kritisch mit bestehenden Vorurteilen auseinander gesetzt hatte. Ganz im Gegenteil: Howden Smith selbst hat sich mit etwa 20 Jahren selbst in fremde LĂ€nder aufgemacht, und zwar in den Balkan. «Like foreign journalists before and after him, Howden Smith wanted to experience war and adventure firsthand as a newspaper correspondent. He traveled across the Balkans and embedded himself with a group of expat Bulgarians who called themselves â€čChetniksâ€ș», heisst es im Brownstoner-Beitrag. Klingt nun auch nicht besonders – nun ja – ĂŒberlegt. 1907 schloss er sich dann einer bulgarischen Untergrundorganisation an, die gegen das Osmanische Reich kĂ€mpfte. Nur ein Jahr spĂ€ter kehrte er allerdings nach New York zurĂŒck, wo er seine Erlebnisse im Buch «Fighting the Turks in the Balkan» niederschrieb. Ausserdem war die Zeit damals reif fĂŒr Abenteuergeschichten, die BlĂŒtezeit der «Pulp Fiction» hatte begonnen.
ZurĂŒck zum «Schatz des Bucoleon»: NatĂŒrlich dĂŒrfen Charaktere so dargestellt werden, dass man sie als Leserin nicht mag, wenn sich dahinter aber eine grundsĂ€tzlich abwertende Haltung verbirgt, so ist das schwierig bis nicht zu ertragen. Howden Smith dĂŒrfte den damals gĂ€ngigen Vorurteilen und Stereotypen gegenĂŒber durchaus unkritisch gegenĂŒber gestanden haben. Allerdings liest sich aus dem Abenteuerroman auch immer wieder Bewunderung heraus. So ist in der deutschen Übersetzung zwar von «Zigeunern» die Rede, aber in der Beschreibung des Onkels von Freund Nikka zum Beispiel liegt auch Respekt fĂŒr dessen WillensstĂ€rke und Schlauheit. Alles in allem ist die Frage, ob das Buch heute noch gelesen werden sollte, nicht einfach und allgemeingĂŒltig zu beantworten. Versteht man es als Zeitzeugnis und trĂ€gt beim Lesen die richtige Brille, so ist der «Schatz des Bucoleon» eine unterhaltsame Geschichte, die aber eben auch zum Nachdenken ĂŒber bis heute vorherrschende Stereotypen und Denkmuster anregt. Kaum jemand ist frei davon, problematische Begriffe oder Muster zu reproduzieren. Davon können wir uns nur befreien, wenn wir uns immer wieder damit auseinandersetzen und unser Bewusstsein dafĂŒr schĂ€rfen. Und das kann auch die LektĂŒre alter Geschichten leisten sofern wir willens sind, uns entsprechend damit auseinanderzusetzen.
Howden Smith: «Der Schatz des Bucoleon», Neufeld & Henius, Berlin, vermutlich 1928
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LiteraTour d‘Horizon | Was ist das?
«LiteraTour d‘Horizon»: Was ist das? Tour d‘Horizon bedeutet so viel wie Â«Ăœberblick, Blickfeld», und die Literatour ist eine Wortschöpfung aus der Literatur und – eben – der Tour.
In loser Folge erscheinen in der LiteraTour d‘Horizon Buchbesprechungen, meist von Wiederentdeckungen, hin und wieder auch von Neuerscheinungen und -entdeckungen. Dabei geht es mir nicht darum, brillante Verrisse zu schreiben, sondern das, woran ich Gefallen finde, zu erzĂ€hlen. FĂŒr die Besprechung der Werke werde ich nicht bezahlt und auch sonst in keiner Weise unterstĂŒtzt. Die LiteraTour d‘Horizon ist vielmehr ein Liebhaberprojekt und der Versuch, schöne Werke aus den BĂŒcherkisten zu holen und zugĂ€nglich zu machen.
Lese- und Besprechungstipps nehme ich allerdings gerne entgegen. Wer mag, darf mir auch Leseexemplare schicken, wobei ich mir ausdrĂŒcklich vorbehalte, von einer Besprechung abzusehen.
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