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#mit steinhauern familiär werden
fabiansteinhauer · 7 months
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Mit Steinhauern familiär werden
Kennen sie den großen Josef Thura?
Klar kenne ich den! Was der mit Shakespeare gemacht hat, das machen wir jetzt mit Polen.
Es gibt keine größere, keine kleiner Zeil aus ,to be or not to be' als diese hier. Edwin Justus Mayer könnte sie verfasst haben, Ernst Lubitsch hat einen Film daraus gemacht. Der Film ist eine göttliche Komödie, mit ihm lernt man nicht mehr über den Faschismus oder den Antisemitismus, den Sozialismus und den Asozialismus, nicht mehr über den Menschen, über Deutsche, Hamlet und Polen, über nur einen davon, als mit anderen Dingen. Man lernt nicht mehr über Pole als mit dieser Zeil.
Weniger auch nicht. Mit diesem Film könnte man es nur schneller und witziger lernen, wenn man Komödie kann. Von dem Film kann man unter anderem den Witz lernen, der sich einstellt, wenn andere einen kennen und einen das beleidigt. Die Frage oben, die stellt der verkleidete Josef dem Nazi, die Antwort muss er schlucken. Der dümmste Nazi, ausgerechnet der, kennt den großen Josef Thura, den sonst keiner kennt, sehr gut, erkennt ihn aber nicht, wenn er sich verstellt.
3.
Kennen sie den kleinen Steinhauer? Klar, sagt der Kannibale. Was der mit Josef Esser gemacht macht, das mache ich jetzt mit meinem Nachbarn.
Mit den Steinhauers kann man familiär werden, Geduld! Gerhard Steinhauer, der das Buch über nur einen einzigen Esser mehr geschrieben hat, ist mein Großonkel, der Bruder meines Großvaters Karl-Heinz, der an der Schule Lehrer war, auf die Karl-Heinz Ladeur ging. Die Welt ist winzig, auch in Wuppertal, aber nicht nur da. Man kann sich trotzdem verfehlen, die beiden Karl-Heinz haben sich auch entweder nie getroffen oder nie erkannt.
Die Generation von Gerhard und Karl-Heinz Steinhauer waren 13 Geschwister, katholisches Kleinbürgertum aus dem nordwestlichen Ruhrgebiet, darum und darüber auch das Buch von einer Welt, in der schon ein Esser, nur einer, mehr ist. Zwei Esser mehr machen da den Kohl auch nicht mehr fett. Das Buch handelt von einem Haushalt, der zusammenrückend tafelt und dabei eine zusammen insgesamt rückende Welt im Rücken hat. Das Buch ist ein Atlas, auch von der Sorte, deren Töchter dann Kalypso heißen.
Die Leichtigkeit des katholischen Kleinbürgertums fasziniert, aber da stimmt etwas nicht, an der Geschichte. Die sind nicht von alleine leicht, anderen sind sie es auch nicht von selbst. Urgroßvater Steinhauer ist der Stammvater und schon der letzte Steinhauer, von dem ich was weiss. Nur, aber immerhin 4 Generationen sind heute zusammengerückt. Das familiäre Wissen reicht nur bis 1860 zurück. Die Frauen schrieben dort entweder gar nicht, kaum, mir nicht oder Einkaufszettel. Von Oma Hannah ist nur ein Einkaufszettel geblieben, auch nur deswegen, weil er als Lesezeichen verwendet wurde. Ich halte ihn in meinem Zettelkasten liebevoll in Ehren, fantastischer Zettel. Irgendwann brauchte die Familie offensichtlich Eier, Butter und Seife, da hat sie es aufgeschrieben. Je größer der Abstand zum Schreiben, desto größer die Literatur. Der Einkaufszettel ist mir vom Format Josef Thura, mehr braucht man nicht schreiben als das, was eine Familie einmal braucht. Die Brandis, aus Armut groß geworden, waren da anders, da haben sich dann auch die Frauen irgendwann so wichtig genommen, dass sie schrieben. Katholisch waren sie alle.
Der Stammvater konnte Stammvater mit 13 Kindern werden und alle 13 durchfüttern, weil er Beamter war, Musikdirektor in Oberhausen. Reich wurde er nicht, für'n Häuslein an einer lauten Hauptstraße hat es aber gereicht, im kleinen ummauerten Garten wuchsen Pommes: Kartoffeln unten, Äpfel oben.
Der hat arrangiert. Sein Sohn, mein Großvater, jener Karl-Heinz auf der Schule von Karl-Heinz, hat auch arrangiert, auch Beamter, Oberstudienrat, sich arrangiert mit dem Dritten Reich, 1933 kann er sich ein Haus in Wuppertal kaufen. Ab da habe Fotos von der Familie, Alben und Acht bzw. Super-Acht-Filme. Man kann mit den Steinhauers familiär werden, weil die auch nur sind, was Familien sind. Eine Cousine hat sich ISIS angeschlossen, die Bildzeitung stürzte sich drauf, das kommt in den Familien vor, nie sind sie die besten, kam vom Paulus zum Saulus verwandelt aus Damaskus zurück, um sich der Bundesstaatsanwaltschaft zu stellen und sich als Mitglied einer terroristischen Vereinigung bestrafen zu lassen. Kann alles vorkommen, Kalypso kann vorkommen, dazu ist sie versteckt.
Man muss nicht viele Schritte machen, um vom Mythos zum Logos oder zurück zu kommen. Einer reicht. Was sag' ich? Keiner reicht. Jeder für sich auch nur ein Esser mehr. Jedes Detail macht diesen Schritt.
Mein Vater war Anwalt, der in Wuppertal in den 60' er Jahren einen Spitznamen hatte: Der Düsenknallanwalt. Er hatte die Bundeswehr verklagt, die dann angeblich über Wuppertal nicht mehr Überschall fliegen durften. Das hatte ihm regional und kurz mediale Berühmtheit verschafft...und viele Mandanten. Vier Wochen nach der Büroeröffnung hat er sich einen Porsche bestellt, nach 8 Wochen ist erst einmal zwei Wochen nach Sylt gedüst. Der liebe Düsenknallanwalt ist in einem Porsche zu früh verunglückt und nach 3 Monaten Wachkoma gestorben, das ist jetzt bald 30 Jahre her. Zwischendurch waren jeweils viele Jahre vergangen, viele Jahre vergehen immer zwischendurch.
Zum Recht und zu Porsches, zu Vätern und Müttern, zu Familien und Fremden, wie zu allem, pflege ich eine gewisse Hassliebe, die ich wenigsten in melancholisches Talent zu übersetzen und so zu üben versuche, los wird man eh nichts.
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fabiansteinhauer · 2 years
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