Tumgik
#Strassen im Schatten
newmaster-newz · 8 months
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Cù lao Chàm in 4 Szenen
Für mein erstes Reiseziel in Vietnam gab es nur ein ausschlaggebendes Kriterium. Der Ort sollte vollkommen von Wasser umgeben und nicht mit einem Landgefährt erreichbar sein. Im Volksmund auch >Insel< genannt. Begrenzung der Möglichkeiten, Seelenruhe und Wellenrauschen. Für den Auswahlprozess bin ich die Küstenlinie auf Google Maps abgefahren um alle potentiellen Kandidaten näher zu begutachten. Sofort sympathisch erschien mir Cù lao Chàm. Ein größerer Inselkörper mit 2 kleinen Ortschaften, umgeben von 7 kleineren Inselgefährten. Das Marineleben soll auffällig lebendig sein, auch durch den Schutz der UNESCO. Die Fähre braucht circa 30 Minuten vom Startpunkt Hội An. Die Küstenstadt ist für ihre zahlreichen Bauten aus der Kolonialzeit und ihre künstlerische Atmosphäre bekannt. Dann gibt es gleich noch was zu entdecken, wenn dann doch jeder Quadratmeter und jedes Gesicht der circa 3000-köpfigen Insel bekannt sein sollte. Na dann auf auf, rauf auf die Fähre! Fun Fact am Rande: Namen von Menschen und Orten können oft auch als andere Wörter verstanden werden und haben zumeist einen poetischen Charakter. Hội An etwa bedeutet so viel wie ruhige Gemeinschaft oder friedvoller Versammlungsort. Aber genug mit der Theorie, nun rauf auf die Fähre!
Schon beim ersten Blick vom Hafenrand ins Wasser dürfen meine Augen einen riesigen Fischschwarm im türkisklaren Nass erblicken. Auch die folgenden Tage waren ein Schwarm voller schöner Erlebnisse. Exemplarisch folgen an dieser Stelle 4 eindrückliche Szenen aus Cù lao Chàm.
Szene I: Das Boot
3 Tage war ich in dem Fischerdorf Bãi Hương und 3 Tage hat es gedauert. Von Fingerspitze zur Fussspitze bekleidet in der Mittagshitze. Nur der Schatten seines neuen Bootes spendete ihm Schatten vor dem allzeit brütenden Feuerball am Himmel. Nicht wenig Schatten, denn dieses Boot war grösser als die üblichen Boote auf der Insel. Für gewöhnlich besitzen die Fischer ein für Vietnam typisches basket boat (thúng chai). Diese werden mit Bambus und viel Handarbeit in die Form eines grossen Korbes gebracht. Das war zu den wirtschaftlich herausfordernden Zeiten der franzoesischen Besetzung recht nuetzlich, denn für Behältnisse müssen natürlich keine Steuerabgaben bezahlt werden. Und wie durch Zufall dienten die giantischen Körbe eben auch als Boote! Das Boot dieser Szene aber war länglich geformt und bestand aus robustem Metall – ein echtes Prachtstück. Am ersten Tag stand die Grundierung an. Schweiss- und Lacktropfen vereinten sich sicher schnell zu einer Flüssigkeit. Die Sonne bringt den Vorteil des raschen Trocknens mit sich, weshalb an Tag 2 bereits die Farbmission starten konnte. Trotz dẻr abweichenden Form hielt sich der Fischersmann an die Regeln der Farbgebung. Die obere Hälfte in ein einem kräftigen Blau, die untere in Knallrot und am Bug 2 große Fischaugen. Am dritten Tag werde ich von einem kommunalen Schrei mit dem Dezibelpegel einer Fussballmannschaft geweckt. Ein Blick aus dem Fenster verrät, dass das Boot feierlich seinen ersten Anflug ins Meer antritt. Es müssen mindestens 10 Mopeds (x2 Menschen = 20 Menschen) aus dem Nachbarort angereist sein um den Kraftakt gemeinsam zu meistern. Von 8 – 80 sind alle Altersgruppen vertreten. Das vietnamesische Äquivalent zu Hauruck schallt durchs Dorf. Und wie im Flug ist das 3-Tage-Projekt 3 Meter im Wassser. Die Helfer verschwinden genauso schnell wie sie gekommen sind. Der Fischer steuert genüsslich in den Sonnenaufgang.
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Szene II: Das Rudel
Im Dorf frequentieren genau 6 Hunde die Strassen und Strände. Tagsüber suchen sie Schutz im Schatten der Boote (das große Neuankoemmling-Boot ist da sicher sehr willkommen!) oder setzen sich zur Abkühlung mit dem Allerwertsten ins Meer. Besonders herzerweichend ist das Pärchen bestehend aus einem kleinen, geschecktem Stummelschwanzmännchen und einer grazilen Edelbraundame. Stets laufen sie im Duo. Oder besser gesagt folgt Stummelschwanz seiner Angebetenen auf Schritt und Tritt. Aber auch zwischen allen anderen Vierbeinern besteht ein starker Zusammenhalt. Es ist nun 18 Uhr, die Sonne geht langsam unter und die Tiere ruhen sich auf dem langsam abkühlenden Beton aus. Pltzlich ertönt ein lautes Jammern von Richtung des Strandes. In Blitzeseile erheben sich das 20-beinige Kollektiv in eine angespannte Haltung. Kurzer Blickabtausch – sollen wir eingreifen? Wenn Hunde geschäftig nicken könnten, würden sie das jetzt tun. Schnurstracks strotzt das 5er-Pack in Richtung des dunklen Strandes um ihrem Kumpanen treu zur Seite zu stehen.
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Szene III: Der Karaoke-Onkel
Pünktlich um 18 Uhr, wie es sich für eine deutsche Pflanze gehört, sitze ich am Bootsteg um den Sonnenuntergang zu sehen. Mehr Kitsch könnte das Bild kaum abgeben: allein am Ende des Steges, die Boote schwelgen sanft im Licht der orangenen Abendsonne. Einzig die Wellengeräusche und Moskitos tönen. Bis zu dem Zeitpunkt, an welchem eine schrecklich schrillen Stimme von Seiten des Dorfes schallt. Karaoke 101. Die melodramatischen Klänge schallen vermutlich in jede einzelne Stube der Insel bis zur letzten Koralle tief im Meer. Vielleicht haben die Tiefseefische schon eine passige Choreographie entwickelt? Denn dieses Ereigniss scheint keine Seltenheit zu sein. Auf dem Weg zurück in den Dorfkern deuten einige Augenroller der Bewohnenden auf eine recht hohe Frequenz dieses speziellen Unterhaltungsprogramm hin. Ich stelle mir vor, wie der dorfbekannte Onkel jeden Abend seine Karaokemaschine auf die Mitte des Dorfplatzes stellt und diesselben Songs zum 100. Mal dahinschmettert. Besonders belustigend ist, dass die Lieder regelmäßig von Anrufen, SMS-Tönen und Werbeanzeigen unterbrochen werden. Das ganze Dorf hört mit. Der Bass überspielt die allabendliche Kommunistenpropaganda aus den Lautsprechern. Als ich dem Geschehen näher komme, finde ich drei oberkörperfreie Männer mittleren Alters neben einem Berg von leeren Bierdosen vor. Der Sänger fühlt den Song sichtlich und dreht sich mit dem Mikro im Kreis. Der Abendanbruch am nächsten Tag bestätigt die Theorie des Karaokeonkels. Die Sonne geht unter, die Karaokemaschine geht an, die altbekannte Stimme ertönt.
Szene IV: Der Gerät
Ein tschechisches Paar, ein Vietnamese, eine Deutsche. Was haben alle gemeinsam außer dem Tisch in der Mitte? Richtig, ein Übersetzungsgerät. Für 400$ Einkaufspreis reist das Pärchen um die Welt ganz ohne Englischkentnisse. Mit der technischen Hilfe können sie sich nun angeregt mit allen unterhalten. Selbst die Dorfältesten erzählen ihre Geschichten – alles durch das Wunder einer 2-knöpfigen Konstruktion mit kleinem Display und Sprachfunktion. > Technik, die begeistert. < So kommt es an einem lauen Abend dazu, dass wir uns kunterbunt auf 3 Sprachen unterhalten. Dazu gibt es vietnamesischen Wein und Wassermelone. Nur wenn die Internetverbindung des Gerätes schwach wird, verstummt das gemeinsame Gelächter kurz. Dann starren alle wie gebannt auf den Ladekreis auf dem Display. “Connection failed”. Alle werfen die Arme in die Luft – egal, dann wird nochmal angestoßen. Das ist international einheitlich. Kommunikation nur soweit das WLAN reicht. Oder wie der Gastvater des Homestays über die Cham-Inseln sagt: „no rain, no signal!“ Ich geniesse es. Die Strassenhunde kommen immer wieder vorbei und holen sich eine Streicheleinheit ab. Der Karaoke-onkel legt auf. In der Hängematte neben unserem Tisch liegt der Fischer des neuen Bootes (gleichzeitig der Opa des Homestays) und schnarcht. In den Ladepausen plätschern die Wellen gegen das Ufer. Und umso mehr Tageszeit und Wein dahinrinnen, desto eher werden Worte durch Zeichensprache ersetzt.
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Und weil es so schön war, noch ein paar weitere Bilder aus Cù lao Chàm:
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neuewelt · 6 years
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Sonnentage Es ist ein Morgen wie jeder andere auch Der Wecker klingelt laut Ich stell ihn aus und stehe auf Verschlafen wank ich aus dem dunklen Zimmer Während noch der Wecker an meinen Traumerinnerungen sägt Es scheint als wärs der gleiche Tag wie gestern, wie immer Bis mir die warme Sonne ins Gesicht schlägt Leuchtende Strahlen erhellen das Loft Zwischen Schatten und Licht eine tiefe Kluft Im Licht tanzen Staubpartikel durch die Luft Fröhlich geh ich auf und lauf auf die Strassen vor dem Haus Ich bin nicht der einzige der lächelt, Menschen sind wie ausgetauscht Niemand versteckt sich drinnen, alle gehen raus Wie wenn man einer Ballade auf einem Metal-Album lauscht Gestern waren die Gesichter noch lang Wie beim zweiten Rang Wie bei den Tagen im Schrank Jetzt ist es anders, keiner weiss, was heller strahlt Die Farben der Natur, die Sonne oder die Gesichter der Kinder Jetzt versteht jeder, dass sich der Winter ausbezahlt In Gedanken Liebe zur Wärme und zum Licht nicht minder Die Dunkelheit scheint vergessen Keine Leiden der Sehnsucht, der Eifersucht Kein Verdrängen, keine Flucht
lewaxx
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mimischreibt · 3 years
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Dauerregen.
Der Dauerregen hegte dem Strassenteer  ein Unbehagen ein und leerte die Strassen leer. Die Weisswäsche war keine weisse mehr. Barfuss stand ich ohne Gewand am Rande der Szenerie. Ich habe mich umgeschaut, da war ein fremder Schatten um meine eigene Knie. Es war als würden diese miteinander schwatzen. Ich seufzte, was machte, dass ich augenblicklich lachte.  Die Schattenhaare wehten im Wind.
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uruguru · 4 years
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Du bist das Licht im Dunkeln.
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Da wird die Nacht zum Tag. Hallo aus Uruguay, es ist dunkel, Du siehst die Hand kaum noch vor den Augen, dennoch siehst Du sie, weil sie das Licht im Dunkeln ist. Und selbst den dunkelsten Menschen erkennt man in der Nacht an den Augen und weißen Zähnen, welche er nicht verbergen kann. Du bist in dunkler Nacht, draußen ganz alleine im dunklem Wald, du fürchtest Dich und suchst den hellen Punkt an dem Du Dich orientieren kannst, es ist das Einzige was Du siehst. Wir fahren Nachts auf Strassen und haben Scheinwerfer welche uns das Licht dazu bringen, denn sonst ginge es wohl kaum. Das Licht dominiert unsere Welt, doch der Schatten versucht es immer wieder zu verdrängen. Das Licht ist Leben. Dunkel ist der Tod für deine Hülle wobei Deine Seele immer hell bleiben wird.  In der Nacht schließen wir unsere Augen, denn sie benötigen eine Pause, dennoch leben wir nicht im Dunkeln sonder träumen in Licht und Farben, so als wäre es heller Tag. Unser größtes und bestes Licht steht am Himmel. Die Sonne. Sie spendet nicht nur Wärme zum überleben, nein sie sorgt auch dafür, dass alles Leben wieder von vorne anfängt. Durch sie wachsen nicht nur die Pflanzen, auch wir Menschen benötigen sie dringend den sie gibt uns Vitamine ohne die wir krank werden. Read the full article
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covidiary-blog · 4 years
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17. März 2020
Vorstellungsgespräch. Entsprechend musste/ durfte/ konnte ich meine Wohnung verlassen und sogar Zug fahren. Wie das schon klingt. Als wäre es etwas Besonderes. Aber es hat sich so angefühlt. Die Strecke, die ich fahren musste, kenne ich noch von Früher. Damals habe ich am selben Ort gearbeitet, an dem ich mich Heute vorstellen war und bis entsprechend gependelt. Doch Heute hat es sich anders angefühlt. Der Bahnhof wirkte verlassen. Die wenigen Menschen, die draussen waren, wirkten ernst und huschten wie Schatten ihrer Selbst durch die Strassen. Nur niemandem zu nahe kommen. Erschreckend viele Leute trugen Atemschutzmasken. Sie wirkten weder krank, noch schienen sie einer Risikogruppe anzugehören. Jeder sass in seinem eigenen 4er- Abteil. Abstand halten. Social Distancing. Mit einer Mischung aus Bestürzung und Amüsement beobachtete ich beim Anhalten des Zuges, wie alle Leute aus ihren Abteilen rannten und sich dicht hintereinander in einer Reihe vor die Tür schoben. Es gibt halt trotz Allem noch Gewohnheiten, die wir nicht ablegen können. Ich für meinen Teil genoss alles. Besonders das Zug fahren. Versteht mich nicht falsch, mir ist das aktuelle Risiko absolut bewusst. Allerdings liebe ich Zug fahren und da ich es im Moment nicht zum Vergnügen machen kann, habe ich die kurze Fahrt, die Heute bei mir notwendig war sehr genossen. Habe das Gefühl der minimalen Normalität genossen. Habe es besonders genossen, dass ich mich mit dem Bus, den ich am Ende noch nehmen musste verfahren habe und einen Moment einfach der Schussel sein konnte, der ich immer war. Und ich habe es genossen, dass der Bus auf dem Rückweg zu lange nicht gekommen wäre und ich ein paar Minuten zum Bahnhof spazieren konnte. Wieder am Bahnhof Zuhause angekommen, ging ich ganz Langsam durch den Bahnhof. Ich wollte jeden Moment auskosten. Wollte alles sehen und erleben. Am Ende entschloss ich mich, in der Bahnhofsapotheke zu schauen, ob sie meine Haarfarbe haben. Eine absolut unnötige Banalität. Wenn ich ehrlich sein soll, wollte ich nur sehen, was in den Apotheken abgeht. Dumm, ich weiss. Vor der Apotheke stand ein Mann von der Security. Mit Maske und Handschuhen. Er wies jede Person ein. Drinnen musste man sich entscheiden, ob man Risikopatient ist oder nicht. Dass man einfach nur so in die Apotheke geht, schien nicht mehr vorgesehen zu sein und ich werds wohl in Zukunft auch nicht mehr tun. In dieser Zeit ist das sowieso das Schlimmste. Meine Neugier. Ich möchte alles sehen, alles erleben. Möchte verstehen, was um mich herum passiert, denn es macht mich irre, es nicht zu tun. Das wohl verstörendste war allerdings, dass ich von meinem Schwager in Spe eine Nachricht bekommen habe, in der er mir viel Kraft wünschte, mir seine besten Gedanken zusicherte und mir Mut zusprach, dass ich mein Corona heil überstehen werde. Die schrägste Nachricht meines bisherigen Lebens war dann wohl meine Antwort, in dem ich ihm erklären musste, dass ich gesund bin. Es ist verrückt, wie wir alle Geister sehen. Wie paranoid wir bereits geworden sind. Allerdings ist es schön zu sehen, dass sich die Leute umeinander kümmern und sich gegenseitig Mut zusprechen. Das ist doch ein kleiner Lichtblick in dieser doch sehr bedrückenden Zeit.
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nonotravel-blog · 6 years
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Ilha Grande - Insel der Strände
14. November, Ilha Grande, Brasilien
Nachdem wir noch zwei Tage in Rio verbrachten, machten wir uns auf nach Ilha Grande. Eine grosse Insel - zweieinhalb Stunden entfernt von Rio, von der wir von Reisenden sowie Einheimischen nur das beste hörten.
Unsere Reise beginnt in einem gefüllten Minivan, der von unserem Hostel aus startet. Vierzig Minuten zu spät aber da und die netten Hosteljungs tragen unsere Rucksäcke hinunter. Geladen und verstaut, ein kurzes Tschüss und ein paar Umarmungen und ruck zuck los geht die Fahrt. Kurz nach dem Start ruft ein Mitreisender (nennen wir ihn Rudi), dass seine Frau (nennen wir sie Helen) ihren Pass im Hostel vergessen habe. Ohjemine, die zwei etwa 40 jährigen Verheirateten geraten in eine regelrechte Panik und können auch nicht durch die beruhigend auf sie einredende “Reiseleiterin” beschwichtigt werden. Man einigt sich, zum Hostel zurück zu fahren, sodass Helen den Pass bergen kann. Kein Problem für uns. Alle Mitfahrer inklusive dem Fahrer sind relaxt, was das aufgekratzte Paar jedoch nicht zu beruhigen scheint. Als wir in der Nähe ihres Hostel’s sind, lässt Rudi verlauten, man solle hier anhalten und warten, Helen würde ab hier rennen. Wieso wir nicht bis vor die Tür fahren und sie rennen muss, ist mir ein Rätsel. Janu, jeder wie er mag. Die etwas beleibte Helen springt in ihrer rosaroten Rüschchenjacke aus dem Minivan und rennt los, während sich Rudi unablässig in einem harsch klingenden Englisch bei uns anderen Reisenden entschuldigt. Alle haben Verständnis und niemand fühlt sich gestresst, besonders da das Boot, welches uns auf die Insel bringen soll, sowieso auf uns wartet. Rudi aber hält’s nicht lange ohne seine Helen aus und versucht sie nach wenigen Minuten erfolglos telefonisch zu erreichen. Aus lauter Panik entscheidet er sich eigenmächtig dazu, doch besser alles wieder auszuladen und den nächsten Transfer - am nächsten Tag - zu nehmen. Daraufhin klettert er aus dem Minivan und versucht die Gepäckstücke aus dem Kofferraum zu hieven, bis ihm der Fahrer zu Hilfe kommt. Schliesslich kommt Helen doch noch angerannt - patschnass, in Tränen aufgelöst und noch immer passlos. Es war niemand da, der sie ins Hostel reinliess. Die beiden sind nun knapp an Rande eines Nervenzusammenbruchs und nur die energische Beschwichtungen seitens der Reiseleiterin und das Versprechen, Helen könne den Pass nach dem Inselaufenthalt wieder abholen, bringen die passlose Helen und Rudi dazu, sich irgendwann dann doch noch von ihrer Hysterie zu verabschieden und mit zu fahren. Kurz und gut, das Gepäck wird wieder eingeräumt und die Fahrt geht endgültig los. Ich bin dankbar um das Wissen, dass wir uns wegen so was niemals so aus der Ruhe bringen lassen würden. Einmal mehr nehme ich mir vor, auch im Alter nie so zu werden und schaue die restliche Reise die Ruhe geniessend aus dem Fenster. Als wir am kleinen Hafen ankommen und in ein Speedboat wechseln, überkommt mich das gleiche Reisefeeling wie ich schon vor einigen Jahren in Thailand hatte. Die Motoren dröhnen, das Schiff schlägt immer wieder hart auf den Wellen auf und wir nähern uns einer grünen Insel mit einem kleinen verschlafenen Dörfchen. Die Sonne geht langsam unter, als wir ankommen und ich bin glücklich, da zu sein. Nachdem wir das Hostel gefunden, unsere Hochbetten im sechser Dorm bezogen und unsere Wertsachen eingeschlossen haben, beschliessen wir unsere Ankunft am Strand mit einem Drink zu feiern. Restaurants gibt es in Hülle und Fülle und wir entscheiden uns für das mit den meisten Lichtern. Die Füsse im Sand, den Drink in der Hand, das Meer nur zwei Meter entfernt - was will man mehr?
Erschöpft, happy und zufrieden ist die einzige Sorge am Abend beim ins Bett fallen, ob man denn nicht von dem wahnsinnig hoch wirkenden Bett mit dem Minigeländer runterfallen könne.
Am nächsten Morgen (nachdem wir nicht runtergefallen sind) begrüsst uns der Tag mit einem wolkenlosen Himmel. Unsere Tagemission: Zum nächsten Strand wandern und BADEN! Mit ausreichend Vorrat machen wir uns auf den Weg. Einer der schönsten Stände Brasiliens befindet sich etwa drei Stunden zu Fuss von uns entfernt, meint unser Lonely Planet Reiseführer. Zuerst durchqueren wir das Dörfchen, das aus ungefähr 15 Strassen besteht und überall sehen wir Restaurants, Bars, Hotels und kleine Einraumreisebüros, die einem verschiedenste Touren auf der Insel anbieten. Wir laufen am Stand entlang bis ein kleiner Weg nach links und den Berg hinauf führt. Es geht einmal den ganzen Berg rauf und wieder runter. Zwischendurch geniesst man überwältigende Ausblicke auf das Meer. Überall pfeift und raschelt es aus dem Wald um uns herum und wir fühlen uns ein wenig, als hätten wir direkt in der Masoalahalle in Zürich ein magisches Tor in den wahren Dschungel gefunden - ist ja irgendwie auch so.
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Wir erreichen den ersten Stand mit kleinen Bars und belohnen uns mit frischen Kokosnüssen. Schnell fällt uns auf, irgendjemand hier ist oder war besessen von Erdbeeren, die man hier wirklich überall findet. Sie sind auf die Tische gemalt, auf die Gläser gezeichnet, leuchten von den Stühlen und auch auf der Speisekarte sind sie natürlich vorhanden. Ganze Wände sind voll bemalt mit den süssen Früchten und sogar auch Blumenvasen sind mit kleinen Erdbeeren sorgfältig verziert. Das gesamte Restaurant ist regelrecht tapeziert mit lauter handgemalter Erdbeeren. Schon irgendwie faszinierend, dass jemand so viel Zeit investierte, um Tausende von kleinen roten Erdbeeren mit kleinen gelben Punkten versehen zu malen. Was das wohl für ein Mensch sein mag? Ob er wohl mit Vorliebe rote, grüne und gelbe Kleidung trägt? Wir bleiben bei unseren Kokosnüsse und die schmecken herrlich. Schlürfend beobachten wir die wenigen anderen Touristen, die an diesen Strand gekommen sind. Irgendwie lustig, dass alle weissen Menschen an der prallen Mittagssonne liegen und die dunklen geschützt am Schatten. Viele leicht Verbrannte, die so an der Sonne vor sich hin brutzeln, scheinen fest entschlossen zu sein, ihren ganzen Hautton in ein leuchtendes Rot umzuwandeln. Ob es was mit der Erdbeerobsession hier zu tun hat?
Wir machen uns an den nächsten Abschnitt der Wanderung, bis wir schliesslich am Strand “Lopes Mendes” landen. Der Strand ist wunderschön und riesengross. Die Boote, die einem sonst zu jedem Stand auf der Insel bringen und wieder abholen, fahren hier nicht hin, was auch sofort Sinn ergibt. Riesige Wellen schäumen hier auf und ab. Ideal zum Surfen, obwohl man heute leider niemand sieht. Ich glaube, die Wellen sind mit dem heutigen Wind auch für den mutigsten Surfer eine zu grosse Herausforderung und Baden wird hier deshalb leider auch eher schwierig. Macht uns aber nichts aus und wir erkunden stattdessen den Strand, noch nie hatte ich so feinen weissen Sand unter meinen Füssen wie hier. Die Konsistenz erinnert an Puderzucker und ich will am liebsten etwas davon mitnehmen. Auf der Seite kann man einen Felsen hinauf klettern, um die Wellen zu bestaunen und es lohnt sich, denken wir als wir oben stehen und hin und wieder von der Gischt der Riesenwellen angespritzt werden.
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Die Macht des Meeres kann man hier mit diesen Wellen richtig spüren und es wird einem bewusst, wie wehrlos man wäre, würde man unter so eine Welle geraten. Mächtige Natur, kleiner Mensch - lieber nicht runterfallen! Darüber nachdenkend frage ich mich einmal mehr, wie man sich über einen liegen gelassenen Pass aufregen kann. Die Sonne geht langsam unter und das Boot verschmähend, welches einem vom nächsten Strand zurück zum Dorf bringen würde, machen wir uns zu Fuss auf den Rückweg. Geld sparen und Sport machen, denken wir euphorisch und sprechen unseren Beinen Mut zu. Ich fühle mich energiegeladen beim Gedanken den ganzen Weg zurück zu wandern, aber beim letzten Aufstieg würde ich mich am liebsten auf den Boden werfen und den Rest wie ein kleiner Wurm kriechend hinter mich bringen. Doch nichts da, hoch erhobenen Hauptes kommen wir oben an und jede Anstrengung ist vergessenen. Die Abendsonne legt sich wie flüssiges Gold auf die Blätter und Bäume um uns herum - es ist ein Traum! Wir versuchen alles mit unseren Kameras festzuhalten. Wir kommen im Dorf an, als alles schon in weiches, blaues Nachtlicht getaucht ist. Ein Bootsmacher begrüsst uns und erzählt was auf Portugiesisch über den heiligen Berg der Insel, vermuten wir zumindest. Den Dschungel im Rücken laufen wir zum Dorf und fühlen uns von der Sonne geküsst.
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by Noëmi
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Das Surren brauchte wie immer ewig, bis es in mein Trommelfell vorgedrungen war, mit meinem ganzem Körpergewicht musste ich mich gegen die Eingangstür stemmen, hüpfte durch einen kleinen Spalt in das Treppenhaus und hatte kurz Angst, darin verloren zu gehen. Es war feucht und roch nach Apotheke, bis heute der einzige Geruch, der wirklich beruhigend auf mich wirkt. An der Lautstärke deiner Musik ließ sich vermuten, dass du die Tür bereits geöffnet hattest, also stieg ich eilig die Treppen empor, nahm immer 2 Stufen auf einmal, sah dein Gesicht, wollte dir in die Arme fallen, blieb dann nur kurz grinsend vor dir stehen, deine Hand an meiner Wange, ein Biss in dein Handgelenk, die Begrüßung wie immer. Lief den schmalen Flur entlang, ließ meine Jacke zu Boden fallen und nahm Platz auf dem schon lange durchgesessenen Ledersessel. Irgendwas war anders an dir, an diesem Tag. Überlegte kurz was, legte dann nur den Kopf in den Nacken und streifte mir die Stiefel von den Füßen. Du brachtest mir ein Glas Wein, ich biss mir bloß auf die Lippen und rührte es nicht an. Das Gefühl der Andersartigkeit schwappte in eine negative Emotion um, die ich nicht klar zu definieren wusste. Auf dem Boden lagen wie immer unzählige Notenblätter, der Aschenbecher auf dem Klavier, die Bücher verkehrt herum im Regal und die verhangenen Spiegel. Gerade wollte ich mich aufrichten, um mir ein Glas Wasser zu nehmen, als du es sagtest. ‘‘ Ich kann und will nicht mehr ‘‘ ich verharrte kurz in meiner Bewegung und sah dem Flugzeug nach, welches immer kleiner wurde am Himmel. Zählte die Sekunden, bis der Schmerz mich traf. Eins, zwei, drei, richtete mich auf, vier, fünf, ging die ersten Schritte, sechs, öffnete den Wasserhahn und heraus kamen sieben, Tränen, viel mehr von meinem Gesicht als aus dem Hahn. ‘‘Jeden Tag bist du ein anderer Mensch und ich habe das Gefühl, ich kenne nichts von dir. Bloß deine ungekämmten Haare, dein fehlender Anstand, diese immer gleichen bissigen Kommentare. Dienstags willst du in den Zoo und Samstags in ein Pornokino. Du bist immer pessimistisch und wenn du weinst, kann ich deinen Gesichtsasudruck nicht leiden. Paris, Paris, immer dreht sich alles nur um dich und Paris, immer redest du von der Zukunft und von dir. Du zitierst Schriftsteller, die ausser dir niemand kennt, du hast keine Ahnung von klassischer Musik und stehst Nachts in einer hell erleuchteten Wohnung und schreist ohne Grund. Deine Haare sind immer schlecht gefärbt, dein exzessiver Schokoladenkonsum widert mich an und ich hab nie verstanden, warum du mich immer beissen musst. Warum du alles romantisierst und glorifizierst, warum nie irgendetwas gut genug ist. Warum du so oft einfach nur schweigst und selbst jetzt nichts sagst und warum jemand wie ich eigentlich jemanden wie dich so mag.`` MIttlerweile standest du ein paar Meter neben dem Sessel und strecktest deinen Zeigefinger drohend in meine Richtung, eine tiefe Falte bildete sich zwischen deinen Augenbrauen, müde sahst du sowieso aus. Schlugst die Hände vor s Gesicht und fuhrst dir aggressiv durch die Haare. ``Nicht einmal jetzt, hm?`` entwich es dir. Da traf mich wieder der Schmerz, jetzt war es ein anderer, in der Hand, die ich die ganze Zeit über unbemerkt an den Wasserhahn krallte, meine Knöchel traten weiss hervor. Was danach geschah, kann ich nicht mehr rekapitulieren. Meine Stiefel liess ich in deiner Wohnung, ich lief barfuss durch die Strassen und du in deiner Wohnung auf und ab, mit der Möglichkeit im Kopf, ich könnte noch einmal zurückkehren und sie mitnehmen. Das passierte nicht. Meine Füße bluteten und der Dreck, der in die Wunden gelang, liess sie Tage später eitern. Wir haben nie wieder miteinander gesprochen. 1 Jahr später, lief ich an deiner Wohnung vorbei und es hing ein zu-vermieten Schild in deinem Fenster. Eines Nachts, dachte ich kurz, ich hätte dich auf der anderen Strassenseite erkannt, der Gedanke deinen Namen zu rufen fühlte sich jedoch falsch an, deswegen blieb ich stumm. Heute lief ich in deiner Strasse lang, von der ich zuerst gar nicht wahr nahm, dass es mal die deine war, da etwas fehlte. Was ich auf den ersten Blick übersah, war eine klaffende Lücke, dort, wo mal das zu-vermieten Schild hing. Nicht nur das Schild war nicht mehr zu sehen, den ganzen Gebäudekomplex haben sie abgerissen. Kurz dachte ich, in den Trümmern deinen Badezimmerspiegel wahrzunehmen, an den ich damals schrieb : ``Der Schatten des Himmels, eine Landschaft in Moll.``
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wiedermorgenmond · 7 years
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HERZZEILEN #20 | tagebuch ungedachter worte . . .
im winter da fiel wolkenstaub vom himmel während ich im sternensang nach verlorenen worten suchte.
wirre gedanken zerfetzten mein kleid …
jetzt - im sommer da herrscht das rosa wattenlicht ein trugbild frühlinghaften nebels einfach ein paar umdrehungen zu spät.
vergangen und vergessen, ersehnt und verpasst …
die schatten jagen mich durch graue strassen aus gold denn die nacht
sie verschlingt alle farben.
© wiedermorgenmond | lyenn_
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kulitsch · 7 years
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Adios Longo Mai Schon seit mehreren Jahren stand dieser Ort auf unserer Ferien-Wunschliste zuoberst und war der einzige Fixpunkt als wir die Planung unserer Reise in Angriff nahmen. Unser Gefühl hatte uns nicht getäuscht - dieses Dorf hat perfekt zu uns gepasst. Den Monat in der Casa de Cana auf der Finca Longo Mai im Südwesten Costa Ricas werden wir bestimmt als einen der Besten unserer Reise in Erinnerung behalten. Dazu beigetragen haben: *Ein schönes Ferienhaus. Den Luxus von 3 Schlafzimmern haben wir nach zwei Monaten Zusammenleben auf ca. 12 m2 sehr genossen. * Ein Garten mit Hängematte, Schaukelstuhl, viel Schatten, noch mehr schönen Blumen und Bäumen, Kolibris und Schmetterlingen. * Ein kleines, übersichtliches Dorf mit Schotterstrasse, zwei winzigen Läden, zwei Kirchen, einem Schneider und vielen sehr netten Menschen. * Warme Tage und kühle Nächte. * Ein regelmässiger Rhythmus: Aufwachen, wenn der Hahn kräht (zwischen 5 und 7), ins Bett wenn es dunkel wird. * Kein Internet. Kein Supermarkt. Kein Fernseher* Ein Fluss, um sich in den heissen Nachmittagsstunden abzukühlen. * Ganz liebe Pferde, die wir für 12$ zwei bis drei Stunden ausleihen konnten. * Wunderschöne Regenwälder rund um das Dorf herum. Spannend war - wie schon an andere Destinationen - wie sich der Horizont mit jeder Woche erweitert. Schnell wichen die ersten Eindrücken einer überarbeiteten Version. Nach zwei Wochen waren wir an der ersten Quelle dörflichen Tratsches - ab der vierten Woche hatten wir mehrere Quellen, die sich einerseits ergänzten, andererseits widersprachen, unsere Informationen über dieses spezielle Dorf und seine Geschichte aber sehr bereicherten. Longo Mai / Finca Sonador wurde in den 80-er Jahren von der europäischen Kooperative Longo Mai gegründet. Diese kaufte in Costa Rica Land, um salvadorianischen Flüchtlingen dort die Möglichkeit zu geben als Bauern leben und arbeiten zu können. Mit der Zeit ergab sich eine Durchmischung von Familien aus El Salvador, Costa Rica und Nicaragua. Was wunderbar tönt, kommt in der Realität etwas anders daher. Die Details sind uns wegen meiner mangelhaften Spanischkenntnissen und wegen sich widersprechenden Stimmen im Dorf etwas schleierhaft geblieben. Eindeutig scheint, dass nur die offizielle Geschichte von Longo Mai idyllisch tönt und dass inzwischen vieles im Argen liegt was mit der Kooperative zu tun hat. Die Menschen im Dorf nehmen es gelassen. Sie geniessen, was sie haben, auch wenn es nicht viel ist. Und das ist kein Klischee. Immer wenn wir eine Destination verlassen, kostet es die Mädchen und mich einige Tränen. Emil hat bisher immer ganz verständnislos darauf reagiert. Mit den Handflächen nach oben hat er uns jeweils angeschaut und Grimassen geschnitten. Vorgestern aber, unserem letzten Tag in Longo Mai, lag er plötzlich ganz ruhig auf dem Sofa. EMIL: GANZ RUHIG!!, kein gutes Zeichen. Auf seinen Wangen glänzten Tränen. Als ich mich zu ihm setze und frage, weshalb er traurig sei, sagt er: “ Ich will nicht weg von hier.” Und als ich wissen wollte, was ihm denn hier so gut gefalle, kommen die Tränen so richtig ins Rollen und er schluchzt: “Dass hier alles so schön aussieht.” Ja, ich weiss, was er meint! Die türkis und rosa gestrichenen Häuser, die schönen Hühner, Hähne und Pferde, und vor allem die Blumen, Pflanzen und exotischen Vögel… Nun sind wir für eine Woche an der Pazifikküste in Quepos. Emils Wangen glänzen wieder und zwar den ganzen Tag. Bei dieser Wärme ist sein ganzer Kopf ganztags feucht :-) Noch ein paar Details aus unserer Longo-Mai-Zeit: Costa Rica hat 27% seiner Fläche unter Naturschutz gestellt. Fast 100% des Energiebedarfs werden aus erneuerbaren Quellen gewonnen. Es gilt als DAS Land des Ökotourismus. (Was auch immer das heissen - wie auch immer dieser zertifiziert und überwacht sein wird.) Wir leben auf einer Finca, die vor allem Bioanbau betreibt. Aber: Wenn die Dorfkünstlerin im Wald an ihrer Blechdosenkunst arbeitet, bleiben die Überreste da liegen. Auf die Mangobäume in unserem Garten hatten wir uns so gefreut. Trotzdem, dass jetzt Erntezeit wäre, sind die Früchte aber nicht reif. Dafür versorgen uns die Nachbarn mit Ananas. Wir produzieren daraus frischen, dicken, süssen, goldigen Ananassaft. Mein Lieblingsgetränk auf Lebzeiten. So ein wunderbarer Luxus, diese Farbe und dieser Geschmack. Das Thema Abfall beschäftigt mich an jeder Destination. In grösseren und kleineren Zusammenhängen. Hier: Der Abfall wird nur einmal monatlich abgeholt. Die Familien produzieren zum Glück weniger Abfall als bei uns. Viele Nahrungsmittel stammen direkt von den Feldern. Konsumiert wird allgemein weniger - weil einfach das Geld fehlt. Dafür gibt es zusätzlichen Abfall, weil das Toilettenpapier nicht hinuntergespühlt werden darf. In unserem Klo steht also ein mit WC-Papier gefüllter Abfallsack, der auf die Zwischenlagerung im Gartenschuppen wartet (die Nachbarn müssen den zuerst aufschliessen) und der inzwischen lebt und sich bewegt. San Isidro ist die nächste Stadt. 2km zu Fuss an die Interamericana, dann je nach Verkehr 40 bis 70 Minuten Bus fahren. Dort gibt es alles, was es in Longo Mai nicht gibt: Post, Banken, grosse Läden, Internet. Ich war 40 Minuten auf der Bank, um Dollars zu wechseln. Das geht so: Am Eingang Rucksack öffnen und von zwei Sicherheitsleuten checken lassen. Von der Empfangsdame den Pass einscannen lassen und sich ein Ticket geben lassen. Ein bisschen warten, bis die Ticketnummer aufgerufen wird. Am Schalter freundlich begrüsst werden. Die Dollars werden nun von Herrn Hernandez ausgiebig untersucht. Gezählt. Vorne und hinten begutachtet. Wieder gezählt. Ein wenig Smalltalk zwischendurch. Dann beginnt er mit dem Ausfüllen eines Formulars am PC. Das geht gut, bis er meine Telefonnummer eintragen muss. Da ich weder ein Mobile noch eine Festnetznummer habe, ist er völlig ratlos. Er studiert lange. Ich überlege, ob ich die Nummer einer Nachbarin erfinden soll, weiss aber nicht einmal, wie viele Stellen sie haben müsste. Hernandez entschuldigt sich und verschwindet lange. Er kommt zurück, schaut mir tief in die Augen und will mehr Infos. Wo wir wohnen, was wir machen, etc. Er verschwindet wieder für längere Zeit und kehrt zurück, auf seiner Hand steht eine Telefonnummer. Er fragt mich, ob ich Spanischstunden nehme. Ich bejahe und er sagt, er habe mit meiner Lehrerin telefoniert. Ich meine, in falsch verstanden zu haben. Aber es ist wirklich so. Irgend eine Mitarbeiterin bei der Banco Popular in San Isidro lebt in meinem Dorf und hat gewusst, bei wem ich Spanisch lerne. Sie hat ihm dann bestätigt, dass meine Informationen stimmen könnten. Also weiter mit dem Ausfüllen. Der nächste Stolperstein ist die Adresse. Viele Strassen in Costa Rica haben keinen Namen, die Häuser keine Nummer. Die Lage des Hauses muss also beschrieben werden. Wir haben uns auf folgende Variante geeinigt: 2km von der Abzweigung Longo Mail der Interamericana, 500m südlich der Schule, 5m links von der Hauptstrasse. Weiter ausfüllen. 1. Quittung drucken, unterschreiben stempeln. Zweites Formular ausfüllen, drucken, unterschreiben, stemplen… Alles gaaaanz gemütlich und freundlich. Am Schluss war mir klar, wieso vor jedem Schalter ein Stuhl steht und die Kundinnen nicht stehen müssen. Insekten. Wunderschöne Schmetterlinge, nervige Maikäfer, faszinierende Leuchtkäfer und natürliche viele Mücken. Die Schmetterlinge sind gross und kommen in vielen Farben und Formen, nur leider fliegen sie so schnell und sitzen so selten ab, so dass wir sie kaum beobachten können. Die unibraunen Maikäfer mag ich gar nicht. Sie haben Mühe, sich zu orientieren und klatschen im Haus mit einem unangenehmen Geräusch von einer Wand zur anderen, zwischendurch stossen sie mit uns zusammen. Ida ist barfuss auf einen gestanden. Viel Saft und viel Geschrei. Unerklärlicherweise schaffen sie es auch irgendwie unter das Moskitonetz und dann krabbelt plötzlich etwas unter der Decke. Auch einige der Kissen leben. Wenn man den Kopf darauf legt, hört man ein Wuseln im Inneren. Leuchtende Käfer gibt es in Varianten: Blinkende in den Bäumen, kriechende Hundertfüssler am Boden und solche mit zwei leuchtenden “Augen”. Das Bier müssen wir im Dorfladen heimlich kaufen. Sie verkaufen zwar offiziell Wein und Rompope (mit Likör angereicherte Milch - ziemlich gewöhnungsbedürftig). Als ich mal nach Bier gefragt habe, hat die Ladenbesitzerin mich verschwörerisch angeschaut und leise gesagt, dass sie welches bestellen werde. Nun verpacken sie es jeweils im Hinterraum für uns in eine undurchsichtige Stofftasche. Jeden Abend geniessen wir das spezielle Licht. Wir sitzen um 18 Uhr in schon dunklen Häuschen, durch die Fenster und offenen Türen aber leuchtet das Grün des Gartens in ganz ungewohnter Intensität herein. Auch während des Tages gibt es oft wunderbare Lichtsituationen. Wenn die Wolken dunkelgrau sind, die Sonne aber doch irgendwoher den Weg durch die Palmen hindurchfindet und einzelne Flecken des Gartens bescheint. Das Ligretto-Zeitalter ist angebrochen. Alle helfen, dass Emil möglichst schnell im Bett ist und wir zu viert loslegen können. Ligretto ist nicht Kleinkindfrei. Bei diesem Spiel lernen unsere Mädels zu fluchen. Zu Beginn haben Ida und Jakobina mit 5 Karten im Stapel gestartet anstatt mit 10. Schon nach einigen Tagen haben sie auf 8 Karten aufgestockt - und Jesco und ich hatten keine Chance mehr. Man fühlt sich dann doch plötzlich ziemlich alt, wenn man merkt, wie unglaublich schnell die Kinder bei Spielen oder auch beim Sprachenlernen Fortschritte machen und man selber nicht mehr vom Fleck kommt… Ruhig ist es hier, aber nie still. Von der Interamericana (2 km entfernt) hört man zum Glück nur das Bremens der Trucks. Am lautesten sind die Vögel und unsere Kinder, in der Nacht die Zikaden und die Hähne. Letzte Woche haben sie auf dem Nachbarsgrundstück einen Baum gefällt. Diesen haben sie vor Ort in Bauholz verarbeitet, also mit der Kettensäge in Dachlatten zersägt. Das hat leider eine ganze Woche gedauert. Seit diesem Schuljahr stellen die Costa Ricanischen Schulen jedem Kind einen Laptop zur Verfügung. Der Kindergarten vor Ort aber ist absolut spartanisch eingerichtet. Es fehlt an Spielsachen, Bastelmaterial, geeigneten Tischen… Jetzt gibt es hier im Dorf Familien, die zwar keine Dusche, dafür einen Laptop im Haus haben. Die nachmittäglichen Regenschauer waren beeindruckend. Das Leben kommt jeweils für kurze Zeit zum erliegen. Man verlässt das Haus nicht und im Haus ist es wegen der Wellblechdächer so laut, dass man sich nicht unterhalten kann. Zeitweise haben sich die Kinder sogar die Ohren zuhalten müssen. So viel gäbs immer zu Berichten. Wir wissen gar nicht recht, wie und wo unsere Erlebnisse ordnen. Und erleben jetzt schon, wie sich unsere Erinnerungen an die ersten Reisemonate verändern, verfälschen, verflüchtigen, verglorifizieren. Also: Den Moment geniessen. Pura Vida!
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arthurbrehm · 3 years
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gefühlte 38 grad im schatten, kein lüftchen weht durch die strassen: #keepsmiling ;-) #troisdorf #affenhitze (hier: Troisdorf-Innenstadt) https://www.instagram.com/p/CQL0iWjLOwn/?utm_medium=tumblr
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sherlock-on-tour · 6 years
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Cape Canaveral
Fuer mich das bisherige Highlight der Tour. Haengen viele Erinnerungen dran. Mein Vater haette sich extrem gefreut.
Also der Reihe nach: ein paasr Meilen vor dem Cape geschlafen. Am Meer - altes Haus aber recht teuer- 113 USD fuer ne Absteige - das sind wohl hier die Preise. Wir machen wohl etwas falsch: man nutzt hier wohl fast nur airbnb - geht aber auch nur in Tourigebieten.
Es wra ein sehr heisser Tag - um die 35 Gard im Schatten - und wo soll der herkommen ? Also hingefahren - Eintritt 53,50 USD - happig.
Am Eingang retour geschickt: Schweizer Messer in der Hosentasche .. Paranoia, aber na ja.
Ein paar alte Raketen standen als Blickfang - das Beste war aber eine Saturn V - Original gross. Dann erst mal zu den Bussen- heiss - drinnen aber eiskalt - die Klimaanlage haette zum Bier kuehlen gereicht. Netter Fahrer, ein paar nette Sprueche und einige Filmchen auf den kleinen Bildschirmen im Bus. RAus zum Montagegebaeude - eines der groessten der Welt. 160m hoch ! und nur eine Etage. Wichtige Meldung: die groesste handgemalte Flagge der Welt aussen aufgemalt, 21 Stockwerke hoch und 602 Gallonen Farbe... wens interssiert. DAs fiel mir auf: es hat kaum jemanden wirklich interessiert. Die Kids haben teilweise gepennt, der Rest war mit Handy beschaeftigt. In meinem Alter gab es wohl noch das meiste Interesse. Startplattformen gesehen - alle Apoolo- Fluege und die meisten Space Shuttle von da. Leider immer im Bus, voll, kalt und getoente Scheiben.
Trotzdem: es war faszinierend mal die Original Schauplaetze zu sehen - da wurde Geschichte geschrieben.
Es ist ein riesiges Gelaende- das muessen mehrere hundert km ² sein - flaches Land am Meer, Strassen, Suempfe, Alligatoren- das volle Programm.
Dann der Stopp- man braucht  ja seine Cola und ein  Klo. Von wegen: der Hammer: erstmal gab es einen Film ueber einen Raketenstart. Wie im Imax, aber unten war ein Kontrollraum drunter. Dann kam der naechste Raum:   Original Rakete, die Apollo 18 werden sollte wird da in einer riesigen Halle ausgestellt - Hammer. Original  Raumanzuege,  Simulatoren, Bordbuch, Mondstein - das volle Programm - und natuerlich viel fasdt- food und einen grossen Shop- T- Shirts in meiner Groesse waren aber aus.
Dann mit dem Bus zurueck . Dachte das wars jetzt - von wegen: dann kam die Space- Shuttle- Show. Erstmal in ein grosses Gebaeude. DAan kam eine Art Kinosaal- Filmchen ueber die Idee der Shuttles. Tueren auf und rein ins naechste Kino: Simulation eines Starts, viel sehr rasche Sequenzen - es soll sich ja keiner langweilen. Rundherumkino, laut, Action halt. Und dann wird die vordere Leinwand transparent und es erscheint ein Original Space Shuttle, zu dem man dann gehen kann. Die Atlantis - ueber 30 mal im Orbit - ich war beeindruckt.
Auch wenn es viel Show ist und sehr nationalistisch: darauf koennen die USA stolz sein - es hat meine Kindheit begleitet und fasziniert mich heute noch.
Wir haben Orlando mit den ganzen Themenparks gestrichen - langweilig und teuer, aber das wars wert !
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uruguru · 4 years
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Ist Alles nur ein Spiel?
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Man kann das Leben kaum noch ernst nehmen.
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Sind wir nur die Figuren in einem Spiel? Hallo aus Uruguay, ja langsam kommt mir der Gedanke daran dass wir alle nur Figuren in einem Spiel sind. Wir hatten mal ein Spiel des Lebens. Aber eigentlich kann man es auch mit Schach vergleichen. Dann wären wir nun im Endkampf König gegen König. Wobei weiß noch ne Dame zur Verfügung hat und Schwarz eigentlich der König ne Königin ist. Doch auch mit den Sims können wir uns vergleichen, welche in Sim City ihr Dasein so fristen müssen wie es Ihre Erbauer erdacht haben. Wobei genau dieses Spiel eigentlich ein sehr guter Leitfaden für die meisten Politiker gewesen wäre. Von den Simpsons wollen wir ja gar nicht erst reden, die haben ja schon Trump und einiges Mehr vorhergesagt wenn man all dem glauben schenkt was tagtäglich so projiziert wird. Nicht zu vergessen, das schöne alte Monopoly in dem jeder mal ein Bankster sein durfte wenn er die Schloss -und Parkallee besaß, kamen da noch die anderen drei Strassen dieser Seite dazu, stand dem Rothschild des Spieles nur noch die Zeit im Wege um alle Anderen pleite gehen zu lassen. Risiko. Der Kampf um die Weltherrschaft. Man könnte gerade meinen, dieses Spiel findet heute tatsächlich statt. Zumindest wenn man den täglichen Medien glauben schenkt. Dagegen lässt einem das gute alte Mensch ärgere Dich nicht mittlerweile richtig (k)alt aussehen. Wenn man alle genannten Spiele nun vergleicht, sie haben alle etwas gemeinsam, es geht darum einen Gewinner zu ermitteln. Wer kann besser spielen oder wer hat am meisten Glück. Beim Schach, kommt es auf die eigene Auffassungsgabe an. Nur wer da voraussehen kann wird letztendlich auch gewinnen. Darum wohl kommt die jetzige Lebenssituation in der wir uns befinden, dem wohl am nächsten. Selbst machen können wir leider nichts. Wir stehen als Zuschauer außen vor! Reagieren müssen wir wenn der Sieger fest steht. Hoffen wir, dass der für uns Richtige gewinnt. Dann und nur dann wird es uns in der Zukunft richtig gut gehen. Gewinnt aber der Falsche, dann könne  wir einpacken, denn dann ziehen sie uns buchstäblich das, dann per Zang geimpfte, Fell über die Ohren. Im Moment bleibt uns nur Eines. Zuschauen und dem Richtigen die Daumen drücken. Geduld ist eine Tugend bei deren Verteilung ich nicht unbedingt hier geschrieen habe. Irgendwie hänge ich gerade ein wenig in der Luft. Lässt man mich nun fallen oder zieht man mich wieder hinauf? Na machen wir es wie im Kino, am Ende hat alles ein Happy End. Darum vertraue ich nach wie vor dem Plan oder war es die Macht? So das waren nun so meine Gedanken welche mir im Moment durch den Kopf gehen, ich muss gestehen, sehr viel durcheinander, aber so ist unsere Coronale Welt gerade. Warum soll es mir dann besser gehen. Wenn dies aber mein einziger Virus ist, dann bin ich wohl kern gesund, denn ich bin sicher auch Andere haben ähnliche Gedanken und wissen selbst nicht was gerade so los ist oder was kommt.
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Glaube an das Gute, dann wirst Du es auch erfahren. Die Hoffnung stirbt zuletzt und Gedanken erschaffen Realitäten, also richte ich meine nach wie vor nur auf das Gute. Das Licht wird über den Schatten siegen. Denn ohne Licht, gäbe es ihn erst gar nicht. Das sollte auch dem letzten Pessimisten klar sein. Darum mal wieder Licht und Liebe aus Uruguay Peter Read the full article
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