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#EditionUnik
akademanie · 2 years
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Buch schreiben: Essenz des Lebens destillieren und in Worte giessen
Das eigene Leben zwischen zwei Buchdeckeln festhalten: Das Kulturprojekt Edition Unik machts für alle möglich. Was bedeuten das Aufschreiben und das Auseinandersetzen mit dem eigenen Leben für die Schreibenden? Zwei Autorinnen verraten es zum Tag des Buches.
«Mein Buch wurde zu meinem Sparringspartner», erzählt Eva-Maria Froidevaux aus Flawil, «ich konnte mich und meine Gedanken ausprobieren.» Ich habe mit zwei Frauen aus der Ostschweiz gesprochen, die an der Edition Unik teilgenommen und ihre Bücher geschrieben haben. Es sind dies die 85-jährige Theres Lehmann aus Ebnat-Kappel und die 65-jährige Eva-Maria Froidevaux aus Flawil.
Essenz des Lebens destillieren
Warum aber schreiben Menschen ihre Lebensgeschichte(n) überhaupt auf? Man destilliere die «Essenz des Lebens» und «giesse sich in Worte um», wenn man seine Lebenserfahrungen aufschreibt, sagte Daniel Perrin, Linguistikprofessor und Direktor des Instituts für angewandte Linguistik an der Zürcher Hochschule der Wissenschaft (ZHAW) in Winterthur, einmal in einem Interview mit der Edition Unik. Und dieses Destillieren kann wohltuend, gar heilsam sein.
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In der Edition Unik werden nicht nur Lebensgeschichten geschrieben, es entsteht auch Experimentelles.
«Querschnitt aus dem Leben»
Eine grosse Motivation für Theres Lehmann und Eva-Maria Froidevaux war es denn auch, ihre Geschichten festzuhalten, für sich selbst, aber auch für die Nachwelt. Eva-Maria Froidevaux hat inzwischen vier Bücher in der Edition Unik geschrieben, Basis für drei Bücher ist ihr Zettelkasten. «Ich schreibe Dinge auf, die ich im Moment nicht zu Ende denken kann. Irgendwann begegnen sie mir wieder.» Notizen aus diesem Zettelkasten sind zu Kurzgeschichten geworden, die nun zwischen zwei Buchdeckeln zu lesen sind.
Theres Lehmann hat ein Buch geschrieben, und zwar «einen Querschnitt aus meinem ganzen Leben.» Schmunzelnd fügt sie an: «Und ich habe sehr intensiv gelebt. Aber es sind natürlich nicht alle Erlebnisse in meinem Buch gelandet.» Zentral ist der Tod ihres Sohnes, der im Alter von sieben Jahren bei einem Unfall ums Leben kam. Theres Lehmann versammelt in ihrem Querschnitt auch Angaben zu ihren Eltern sowie Anekdoten aus ihrem eigenen Leben, etwa aus ihrer Lehrzeit, aus Aufenthalten im Ausland, aus dem Umzug vom Emmental erst an den Zürichsee und schliesslich ins Toggenburg.
Zum Interview
Wie hat sich die Arbeit am eigenen Buch angefühlt? Eva-Maria Froidevaux: Ich habe irgendwann erkannt, dass ich keine Ambitionen haben muss – und das war befreiend. Nach dieser Erkenntnis hat mir das Schreiben immer mehr Spass gemacht. Ich konnte ordnen und hatte während des Schreibens sozusagen feinere Antennen, war empfänglicher für Begegnungen mit anderen Menschen. Und versöhnlicher. Theres Lehmann: Ich konnte mir den Schicksalsschlag von der Seele schreiben, die Geschichte einfach mal festhalten. Gelitten habe ich beim Aufschreiben nicht mehr, ganz im Gegenteil. Beim nochmaligen Lesen habe ich festgestellt: Doch, das ist mein Leben und das ist gut so.
Die Edition Unik gibt eine eher strenge Struktur vor während der Projektwochen. Haben Sie sich daran gehalten? Theres Lehmann: Nein! Ich bin eine Person, die etwas so angeht, wie es gerade passt. Ich habe angefangen mit den einzelnen Kapiteltiteln, dann habe ich die Kapitel geschrieben und danach zusammengefügt. Das ging ziemlich zackig – und das Buch liest sich auch so. Eva-Maria Froidevaux: Für mich war dieses strukturierte Vorgehen super. Vor dem eigentlichen Schreibprozess hatte ich grossen Respekt, so habe ich mich zum Beispiel gefragt: Werde ich kreativ oder sind es dann doch nur die Zettel, die ich in meinem Kasten aufbewahre? Der gut strukturierte Ablauf hat mir sehr geholfen dabei, tatsächlich in einen kreativen Prozess zu kommen.
Haben Sie Ihr Buch zum Lesen weitergegeben? Und was sagt die Leserschaft? Eva-Maria Froidevaux: Ich hatte immer meine Töchter als Leserinnen im Blick. Da habe ich mich gefragt: Was könnte sie interessieren? Was fänden sie vielleicht auch lustig? Meine Töchter haben alle Bücher gerne gelesen, die Rückmeldungen waren durchwegs positiv. Auch schön ist, dass ich selber das Buch nochmal lesen und dabei auch Abstand nehmen kann. Theres Lehmann: Unter anderem meine Töchter haben es gelesen, ja. Ich habe nur Schönes gehört, etwa, dass ich ein ‹gutes Deutsch› hätte.
Edition Unik: «Schreib dein Buch»
Im Kulturprojekt Edition Unik entstehen zwei Mal im Jahr individuelle Bücher. 2015 entstanden als Pilotprojekt im Zürcher Kulturbüro des ehemaligen «Mister Expo» Martin Heller, ist die Edition Unik seit 2021 als eigenständiger Verein organisiert. Rund 700 Bücher sind seit Beginn des Projekts geschrieben worden. Geschrieben wird während 17 Wochen, und zwar meist allein am eigenen Computer. Am Ende jeder Projektrunde erhalten die Schreibenden zwei gedruckte und in Leinen gebundene Bücher.
Um am Schreibprojekt teilzunehmen, braucht es keine Vorkenntnisse und auch kein bestehendes Textmaterial, den Umgang mit Computer und Internet sollte man sich aber gewöhnt sein. Auch in puncto Alter gibt es keine Vorgaben, so sei die jüngste Teilnehmerin bisher 15 Jahre alt und die ältesten hätten die 1930er Jahre selbst miterlebt, wie es seitens des Schreibprojekts heisst. Die Edition Unik ist kein Verlag, sondern versteht sich als Kulturprojekt. Die Bücher werden von der Edition Unik weder verlegt noch veröffentlicht.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Online-Plattform hallowil.ch.
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akademanie · 3 years
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Nationalbibliothek, wir kommen!
Gleich zwei Antworten hatte Umberto Eco parat, wenn man ihn fragte, ob er die Bücher in seinen Bibliotheken alle gelesen hatte. Nämlich: «Nein, es sind nur die, die ich bis nächste Woche lesen muss.» Und: «Ich habe Keines gelesen. Warum sollte ich sie sonst hier aufbewahren?»
Eine Aufgabe der Schweizerischen Nationalbibliothek ist genau das: Das Aufbewahren und Konservieren von Schriftstücken. Oder wie es auf der Website heisst: «Die Schweizerische Nationalbibliothek sammelt, erschliesst, erhält und vermittelt Informationen über die Schweiz.» Dass wir von der Nationalbibliothek nun angefragt wurden, zwei unserer Buchprojekte dem Bestand zu überlassen, ist uns Ehre und Freude gleichermassen – und so sind die beiden Bücher per Post auf dem Weg nach Bern. 🥳
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Über die Bücher
Die «Encyclopaedia Fantastica» versammelt phantastische Familienangelegenheiten, will heissen: In ihr finden sich Illustrationen und Lexikoneinträge zu den verschiedensten Gestalten, Wesen und Sprüchen, die seit vielen Jahren in der Familie zum Standardrepertoire gehören. ISBN: 978-3-033-08288-5
Zu «Das ist Kunst!» haben wir geschrieben: «Warum ein Buch? Und warum ein Buch mit Tautogrammen? Ganz einfach: Weil wirs können. Und weils Spass macht. Die Tautogramme sollen anregen zum Schmunzeln, aber auch zum Weiterdenken: Was ist genau gemeint? Warum ist es gemeint? Und ist es überhaupt möglich, von einem einzelnen Buchstaben ausgehend eine ganze Geschichte zu erzählen? Soviel vorweg: Ist es, aber nicht ohne Einschränkungen und gleichzeitig nicht ohne grösstmögliche Freiheit.» ISBN: 978-3-033-07638-9
Auszug aus der Encyclopaedia Fantastica: Bogomil
Begriffsklärung Der Hausgeist Bogomil ist ein liebenswerter, etwas schelmischer Mitbewohner, der mit Menschen unter einem Dach wohnt.
Merkmale Der Hausgeist Bogomil ist ein familientreuer Schutzgeist, das heisst er bleibt stets mit den gleichen Menschen zusammen. Bisher hat noch kein Mensch den Hausgeist zu Gesicht bekommen. Die Abbildung (als Gespenst) auf der linken Seite lehnt an historische Darstellungen des Hausgeistes an. Man ging lange davon aus, dass sich Haus- und andere Geister in Bettlaken kleideten. Heute herrscht allerdings Einigkeit darüber, dass Geistwesen grundsätzlich unsichtbar sind. Die Vorstellung vom Bettlaken, ist auf die schweren Vorhänge in den alten Burgen (und deren bisweilen äusserst abergläubische Bewohner) zurückzuführen. So haben sich die Vorhänge in kaum merkbaren Luftzügen bewegt, der Burg damit eine unheimliche Atmosphäre verliehen und die schreckhaften Burgbewohner verängstigt.
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Auszug aus Das ist Kunst!
«C»halbsbrodworscht Chefs choched Chlöpfer, Chabis, Cholrabi, Chalbsbrodworscht. Chreis-Cheib-Chunde chömed, cheredi. «Chäs-Chnöpfli, Chäsgipfeli – choge chalt!» chreied Chunde, cheibe Chefs chalbered. Chemifeger chunt, chlotzt chum, chafled, chiflet: «Chäs-Chüechli choge chnuschprig! » Chefs chäräd: «Chemifeger! Cherum!» Chemifeger chnorzet: «Chnuschtis, Chäs-Chlumpe chocheder. Chrüzsatan!» Chefs chüüchäd. Chemifeger chertum. Chrampfendi Chefs choched chlobigi Chäs-Chalbs-Choscht – Chranki Cheibe chlaued Chläpf, Chaschper-Cops chillets.
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Haben wollen?
Die Bücher sind im Rahmen des Schreibprojekts «Edition Unik» entstanden und können erworben werden. Sie sind in der Schweiz gedruckt und in Leinen gebunden. Da sie «customized» sind, also auf individuellen Wunsch angefertigt werden und nicht in grösserer Auflage erscheinen, ist der Stückpreis nicht mit der Wühlkistenware im Supermarkt vergleichbar. Der etwas höhere Preis lohnt sich aber durchaus.
Der langen Rede kurzer Sinn: Melden Sie sich bei Interesse! [email protected]
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akademanie · 5 years
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Fünfminutengeschichte
Gustav hetzt. Jäh lungert Madeleine – olfaktorisch perfekt – seitens Taverne. Umsonst so? Xanthippe, yolo!
Eine kreative Pause braucht der Mensch. Spazieren hilft, ein entspannendes Bad und eine Tasse duftenden Tees auch. Und Geschichten in Windeseile erfinden auch. Sie müssen auch nicht perfekt sein, gar nicht. Vielmehr sollen sie frei von Druck und frei von Zwängen entstehen. Denn: Warum sollten Geschichten immer eindeutig sein müssen? Müssen wir uns immer an die Regelungen von Duden & CO. halten? Darf schreiben auch einfach mal Spass machen?
Die Fünfminutengeschichte oben ist so entstanden; inspiriert von der Buchstabenfolge aus einem Buchprojekt und gewünscht vom kreativen Geist, der im Moment eigentlich ganz gern ungestört wäre, aber wenns denn schon sein muss, dann beschäftigt er sich gern mit Unterhaltendem.
Zurück zur Übung: Ein zeitlicher Rahmen, eine inhaltliche Vorgabe oder wie hier eine zu verwendende Buchstabenfolge können helfen, der Kreativität freien Lauf zu lassen. Das klingt erst einmal paradox, ist aber wirklich so. Einschränkungen zwingen uns dazu, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren, in diesem Fall: das Durchbrechen eingeübter und festgefahrener Muster.
Und Probieren geht sowieso über Studieren!
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